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Full text of "Geschichte des kostüms in chronologischer entwicklung von A. Racinet"

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UNIVERSITY  OF  PITTSBURGH 


Uarlington  j\lemorial  Jjiorary 


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University  of  Pittsburgii  Library  System 


http://www.archive.org/details/geschichtedeskos05raci 


^>>7^.3-    /.. 


GESCHICHTE  DES  KOSTÜMS 


A.  KACINET 


DEUTSCHE   AUSGABE 


VON 

ADOLF  ROSENBERG 


FÜNFTER  BAND 


BERLIN 

VERLAG  VON  ERNST  WASMUTH 

36  -  MARKGRAFENSTRASSE  —  36 


D  ^ 


FRANKREICH  —  XVIIL  JAHRHUNDERT 


TRACHTEN  UND  ZIMMEREINRICHTUNG,  1794 

Die  Trachten  dieses  Zeitraums  unterschieden  sich,  namentlich  in  der  Provinz,  in  welcher 
dieses  von  Jacques  Maui'in  aus  Perpignan  geraalte  Familienhild  entstanden  ist,  nicht  viel  von 
denen  der  Monarchie.  Man  trug  noch  Perrücken,  eine  Weste,  nur  ohne  Schösse,  einen  Rock, 
dessen  Schösse  seit  1789  fischschwanzartig  zugeschnitten  waren,  mit  zwei  breiten,  mit  Knöpfen 
besetzten  Aufschlägen.  Rock  und  Weste  waren  von  verschiedener  Fai-be.  Die  Schuhe  waren 
nicht  mehr  mit  goldenen  oder  silbernen  Schnallen  besetzt,  sondern  mit  Rosetten  oder  einfachen 
Bändern.  —  Die  Frauen  tragen  das  Costüm  des  spanischen  Catalonien,  welchem  Perpignan 
benachbart  ist. 

Nach  einem  Gemälde  im  Besitz  des  Herrn  Valentin  in  Paris. 


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FRANKREICH  —  XYIII.  JAHßllUNDEßT 


WEIBLICHE  COST^TME     1794—1800 

Die  Figuren  sind  sämmtlich  Modejoni-nalen  entnommen,  deren  Jahrgang  durch  die  unter 
einer  jeden  Figur  angegebene  Zahl  bezeichnet  wü-d.  Die  Periode  umfasst  die  letzte  Zeit  des 
Convents,  die  Herrschaft  des  Dü-ectoriums  und  den  Beginn  des  Consulats.  Während  sich  die 
Trachten  aus  dem  Jahr  1794,  namentli.ch  in  ihren  steifen  Taillen,  noch  an  die  Mode  der  Eococo- 
zeit  anschliessen,  beginnt  bereits  mit  dem  Jahi-e  1796  die  Annäherung  an  die  antilce  oder  für 
antik  gehaltene  Tracht  dui-chzudiingen.  Die  Taillen  werden  immer  küi-zer  und  der  Halsausschnitt 
immer  tiefer,  bis  sich  eine  Mode  herausbildet,  die  ihren  Namen  vom  ersten  Kaiserreich  erhalten 
hat.  Charakteristisch  ist  die  Vorliebe  für  matte,  gebrochene  Farben  (rosa,  gelb,  hellblau,  grau 
und  heUviolett).  Bei  der  Figur  aus  dem  Jalu-e  1799  (mit  dem  hellblauen  halben  Oberkleide)  zeigt 
sich  auch  in  der  Frism-  und  dem  Haarputz  das  Bestreben,  die  griechische  Mode  nachzuahmen. 


FRAMCEXVnif^  SIEGLE 

FRAHf  e  XVn!l"Cei!T-'  1)^  PRAKKRE 


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FRANKREICH  —  XVIIL  JAHRHUNDERT 


WEIBLICHE  TKACHTEN  UND  MODEN  VON   1794-lS 


Bis  zum  Jahre  1794  eiliielt  sidi  die  weibliche  Tracht  in  denjenigen  Foi-men,  welche  sich 
um  1790  gestaltet  hatten.  Die  Taille  verlängert  sich  inmier  mehi-  unter  dem  Druck  eines  Fisch- 
beingestells und  die  engen  Aermel  des  Rockes  gehen  bis  zum  Handgelenk  herab.  Der  Postiche 
oder  Cul^  ein  hinten  zusammengeraffter  Ueberwm-f  oder  halber  Rock,  verstärkt  noch  die  Ent- 
wicklung des  Kleides  nach  rückwärts,  während  das  weite  Brusttuch  von  Linon,  das  Fichu  men- 
teur,  bis  hoch  an  den  Hals  hinaufgeht  und  sich  über  der  Brust  aufbauscht.  (Vgl.'  die  ganzen 
Figuren  auf  der  Tafel  mit  dem  Binocle.)  Mau  trug  über  dem  Fichu  auch  noch  ein  Leibchen 
aus  chinesischem  Ki'epp  oder  ein  vorn  offenes  Schoossjäckchen,  den  Caraco.  Die  wii'kliche  Um- 
gestaltung besteht  nm-  in  der  Verwendung  der  Stoffe.  An  Stelle  der  gestreiften  traten  einfarbige. 
Man  vermied  den  Gebrauch  der  Seide  und  verwendete  mit  Vorliebe  Leüiewand  von  Jouy.  Die 
Schnallen  der  Güi'tel  waren  von  Kupfer  und  Stahl. 

Die  Frisur  bestand  in  Hängelocken  imd  einem  auf  den. Rücken  herabhängenden  Chignon, 
war  also  sehr  niedrig.  Ueber  dieser  Frisur,  welche  Marie-Antoinette  seit  1785  in  die  Mode  ge- 
bracht hatte,  trug  man  Hüte  oder  Mützen.  Im  Jalu'e  1794  hatten  die  Mützen  noch  etwas  von 
jener  Tibertriebenen  Ausdehnung,  die  man  wenige  Jahre  vorher  den  Frisuren  gegeben  hatte.  Sie 
■waren  fast  allgemein  in  Aufnahme  gekommen,  und  man  trug  nicht  mehr  die  hohen,  geraden,  den 
Männern  nachgebildeten  Hüte,  welche  die  englischen  Moden  1786  in  Franki-eich  eingeführt  hatten. 

Die  Physiognomie  dieses  Costüms  verschwand  fast  plötzlich.  Abgesehen  von  dem  Ai-range- 
ment  der  Haare,  findet  man  im  Jahre  1796  weder  das  fischbeinerne  Corset,  noch  die  lange 
Taille,  noch  den  glatten  Rock.  Der  Postiche  und  das  Fichu  menteur  werden  zusagmienhängend 
getragen.  Die  zarten  Farben,  das  vorherrschende  Weiss,  die  Bandgöi'tel,  das  an  der  Brust  ge- 
faltete Kleid  erinnern  im  Character  und  in  der  Farbe  an  jene  Epoche  aus  der  Herrschaft  der 
Königin  Marie-Antoinette,  in  welcher  man  sich  &  Venfant  trug. 

Diese  Umwälzung  in  der  weiblichen  Tracht  ist  den  Anstrengungen  der  Aerzte  in  der 
letzten  Zeit  des  Jahi-hunderts  zu  danken.  Diese  freilich  etwas  verspätete  Reform  wurde  von 
ihnen  mit  solchem  Eifer  und  solcher  Ki-aft  beh'ieben,  dass  Körperschaften  ihnen  ihre  Unter- 
stützung liehen  und  dass  Erziehimgsinslitute,  wie  Schuepfeuthal.  Preise  für  diejenigen  aussetzten, 


welche  die  Frage  lösen  würden.*)  Die  im  Jahre  1788  veröffentlichte  Autwort  hatte  dem  Publikum 
seitdem  die  Äugen  geöfEnet. 

Vernunft  und  Mode  pflegen  nicht  lange  Hand  in  Hand  zu  gehn.  Dieser  bequemen  Tracht, 
bei  welcher  der  Gürtel  in  einer  normalen  Höhe  angebracht  war,  folgte  bald  das  eng  anschliessende 
Kleid,  die  Robe  coUante,  deren  Gürtel  bis  dicht  unter  den  Busen  hinaufgeschoben  war,  und  der 
den  antiken  Statuen  entlehnte  Haar-  und  Kopfputz. 

Die  niedrige  Haartour,  die  wir  erwähnt  haben,  war  nur  modificirt  worden,  als  man,  um 
den  für  die  Guillotine  zugerichteten  Opfern  zu  gleichen,  die  Haare  aus  dem  Nacken  kämmte 
oder  schnitt,  ä  la  sacrifiee ;  aber  das  war  vorübergehend.  Man  fuhr  fort,  reichlichen  Haarwuchs, 
natürlich  mit  Hülfe  von  Perrücken,  zur  Schau  zu  tragen,  mit  Chignons,  Toupets  und  mehr  oder 
minder  zahlreichen  Seitenlocken.  „Des  Morgens  eine  blonde  Perrücke,  des  Abends  eine  schwarze", 
sagt  das  Journal  des  Dames  et  des  Modes  im  Jahre  1812  in  einem  Rückblick.  Das  war  noch 
das  letzte  Verbindungsglied  mit  den  Moden  der  Vergangenheit.  Als  der  Geschmack  am  griechi- 
schen und  römischen  Alterthum  immer  mehr  zum  Durchbruch  kam,  trug  man  kurze,  ci  la  Titus 
frisirte  Haare  und  alle  jene  Arten  von  Flechten  und  Bändern,  mit  welchen  die  Griechinnen  ihre 
Haare  zu  schmücken  pflegten.  Die  Perrücke  verschwand,  man  färbte  aber  dafür  die  Haare. 
Dazu  wui-den  Hüte  von  Stroh  oder  Stoff,  unter  dem  Kinn  zusammengebunden,  wie  der  Hut  ä  la 
lucarne,  getragen  oder  Capotten,  die  über  dem  Kopfe  zusammengebunden  waren  und  die  Stii'u 
imd  die  Ohren  verdeckten,  aber  den  Hals  frei  Hessen. 

Was  das  übrige  Costüm  von  1796  bis  1800  betrifft,  so  könnte  man  sagen,  dass  sein  Haupt- 
zweck war,  die  Wahrheit  des  zu  jener  Zeit  aufgestellten  Satzes  zu  beweisen:  „An  den  Frauen 
ist  nur  dasjenige  gut,  was  an  ihnen  schön  ist".  Der  eng  anschliessende  Rock  von  leichtem  Stoff 
mit  dem  schmalen,  unter  dem  Busen  angelegten  Gürtel  und  das  einfache  Battisthemd  darunter 
Hessen  aUe  Formen  hervortreten.  Die  weiblichen  Reize  wiu'deu,  auch  wenn  sie  leicht  verhüllt 
waren,  rückhaltlos  zur  Schau  getragen.  „Eure  Mütter",  sagt  das  oben  genannte  Journal  im 
Jalire  1812,  „gingen  etwas  weiter,  als  dass  sie  bloss  ilu'en  Busen  errathen  Hessen". 


(Nach  gleichzeitigen  Modejournalcii.) 


')  L'Ami  des  femmes  ou  Lettres  d'un  medeciii  par  J.  P.  Marie  de  Saint-Ursin.    Paris,  15 


DI. 


1)7 


All 


FRANKREICH.  —  XVIII.  JAHRHUNDERT 


MODETYPEX  AUS  DER  ZEIT  DES  DIRECTORIUMS, 

BÖRSENSPEKULANTEN  UND  C4AUNER. 

1795—1797. 


Die  Narrheit  de; 

Nr.  3. 
Begegnung  der 


Nr.  2. 
Die  Mei-veilleusen. 

Nr.  4. 
Die  „Croyables"  auf  dem  „Per! 


Nr.  1.  -  Die  Narrheit  des  Tages. 
ie  bestand  iii  dem  eben  erst  aus  Deutschland  eingeführten 
Walzer.  Das  bei  diesem  Tanze  und  sonstigen  Festlich- 
keiten getragene  Kostüm  der  Damen  suchte  die  körper- 
lichen Keize  möglichst  zur  Schau  zu  stellen.  Die  Jmpos- 
sibUs  de  la  nouvelle  France  trugen  die  Arme  nackt  bis  zur 
Schulter.  Ein  Tricot  aus  rosa  Seide  bedeckte  die  Beine, 
ein  der  antiken  Sandale  ähnlicher,  durch  Kreuzbänder  ge- 
haltener Schuh  die  Füsse.  Selbst  das  Hemde  aus  hellem 
Linon  verschwand  eines  Tages.  Die  en  aÜe  de  papülon 
gekleidete  Tänzerin  hat  in  ihrer  Nacktheit  kaum  noch 
Platz  för  eine  Tasche.  Sie  trägt  den  Fächer  im  Gürtel, 
die  Börse  im  Busen.  Das  Taschentuch  übergiebt  sie  einem 
ihrer  Günstlinge  zur  Aufbewahrung ,  oder  sie  steckt  es  in 
einen  säbeltaschenartig  vom  Gürtel  herabhängenden  Beutel, 
Ucula  corrumpirten  Namen 


lateinischen  i 


der  den 
ridicule  erhält. 

Der  Cavalier  trägt  das  anglisirende  Kostüm  der  Zeit,  das 
habitcarre,  die  cravate  f'crmtelique ,  die  lange,  enge  Hose 
mit  herabhängenden  Bandschleifen.  Die  kurze,  hochge- 
knöpfte Weste  lässt  in  der  Taille  das  feine  Batisthemd 

Den  Kopf  des  Geigers  bedeckt  noch  die  gepuderte  Perrücke. 

Nr.  2.  —  Die  Mtruilleuses  im  Strassenkostüm. 
Sie  bilden  in  der  Uebertreibung  der  Modethorheiten  ein  Pen- 


dant 7.n  den  Incroyahles.  In  ihrem  Kostüm  ist  die  Anglo- 
manie  und  die  Vorliebe  für  die  Antike  vorherrschend.  Die 
lange  Stola  a  la  Flore ,  ä  la  Diane,  ä  l'Oinphale  endet  in 
eine  Schleppe ,  die  bis  zum  Gürtel  aufgenommen  wird  und 
einen  Theil  des  Beines  und  den  mit  einem  spitzen  Schnh 
bekleideten  Fuss  frei  lässt. 

Die  Robe  der  mageren  Dame  zeigt  eine  breite,  im  Geschmack 
der  Antike  gestickte  Borten  die  Brust  ist  mit  einer  langen 
Schärpe  umschlungen,  deren  Ende  frei  nach  hinten  flattert. 
Den  Hals  und  einen  Theil  des  Kinns  bedeckt  die  cravate 
tcrouelique.  Der  Hut  ä  la  Jockey  sitzt  mit  dem  HaartuiF 
über  der  Stirn,  während  das  übrige  Haar  hinten  und  an 
den  Seiten  frei  herabfällt.  Weiche,  halblange  Handschuhe 
gehen  bis  zur  Mitte  des  Unterarms. 

Die  Dame  am  Arm  des  Incroyahle  trägt  eine  reich  mit  Fal- 
beln gamirte  Robe.  Das  über  der  Stii-n  getheilte  Haar  ist 
eine  gepudert«;  Perrücke,  deren  Scheitel  mit  einer  riesigen 
Schleife  geschmückt  ist.  Das  sehr  niedrige  Mieder  lässt 
den  grösseren  Theil  der  Brust  frei,  während  die  Schultern 
von  einer  Art  Mantille  aus  schwarzem  Tüll  umhüllt  sind. 

Der  Incroyahle  trägt  das  Haar  en  oreille  de  chitn.  Sein  Kinn 
steckt  in  einer  weissen  Musselincravatte.  Das  Hemde  ohne 
Jabot  und  Manschetten  wird  nur  ein  wenig  auf  der  Brust 
sichtbar.  Seine  lächerlich  kurze  Weste  ist  nur  durch  einen 
Knopf  geschlossen.  Die  enge,  lang  herabgehende  Hose  ist 
vom  auf  dem  Schienhein  geknöpft,  die  Spitzen  der  Schaft- 


stieffl  nach  oben  gekrümmt.  Ein  ausserordentlich  kleiner 
Dreispitz  mit  dreifarlüger  Kokarde  bedeckt  das  blond  ge- 
puderte Haar. 


Nr.  3.  ■ 


Die  Begegnung  der  Incroi/uhles. 


)ie  begrüösen  sieh  nach  der  Sitte  der  Zeit  durch  eine  Ver- 
scUingung  der  kleineu  Finger.  Der  Stärkere  eriunert  mit 
den  breiten  Aufschlägen  seiner  gestreiften  Weste,  dem  ge- 
puderten Haar  und  dem  dicken  Stock  noch  an  den  mits- 
cadin,  während  sein  Freund  mit  dem  kui-z  geschorenen 
Haar  und  dem  massig  aufgeschlagenen  redingote,  der  am 
Saum  mit  einem  Mäander  bestickt  ist,  mehr  der  angli- 
sirenden  Mode  folgt.  Der  uuter  dem  Arm  getragene  Riesen- 
hut gleicht  dem  bolivar  der  Restauration. 


Dieser  Stich,   gezeichnet  Btmhiry  iweiiit,   trägt  zwar  nicht, 
gleich  den  vorhergehenden,  den  Namen  Carle  Vernet's,  ge- 
hört aber  zu  derselben  Serie,  wie  die  3  übrigen, 
Nr.  4.  —  Die  Oroyahles  auf  dem  ^Perron''. 

Der  Perron  des  Palais-Royal  diente  den  Agioteuren  der  Zeit 
der  Assignaten  als  Börse.  Einer  derselben  wechselt  soeben 
diese  werthlosen  Papiere  gegen  klingende  Münzen  ein, 
während  ein  Dieb  in  der  rothen  Mütze  gleichzeitig  dem 
Betrogenen  das  Taschentuch  stiehlt. 

Seit  1797  beginut  das  Eindringen  des  militärischen  Schnitts 
in  die  bürgerliche  Tracht.  Das  Beibehalten  des  schwarzen 
Rockkragens,  des  Abzeichens  der  Royalisten,  verweist  also 
diesen  Stich  in  die  Zeit  vor  dem  Staatsstreich  vom  18. 
Fructidor  des  Jahres  1797. 


Vgl.  De  Goncomi,  L'Histoire  de  la  Societe  fran^aise  pendant  le  Directoire.  —  Charles  Blanc^ 
Les  peiutres  frangais  au  XIXe  siecle.  —  QttkJieroiy  Histoire  du  costtune  en  France. 


Df 


-3)Y 

FO 
EUROPA.  —  XVIII.  JAHEHUNDBRT 

DIE  MODEN  VOM  ENDE  DES  JAHRHUNDERTS. 

NACH  DEUTSCHEN  FACHJOURNALEN. 
Der  französische  Einfluss. 

Nr.  21,  22,  23,  24  und  26 
1783-1789. 

Nr.  3,  4,  5,  6,  7,  10,  11,  1.5,  16,  20,  21,  22,  23,  24,  26,  27,  28,  30, 

31,  32,  33,  34,  35,  36  und  37. 

1794. 

Nr.  1,  2,  12,  13  und  14. 

179.5. 

Nr.  29  und  38. 

1800. 

Nr.  8,  9,  17,  18,  19  imd  25. 


Frankreich  hatte  währeud  der  Revolution  kein  Modejoimial ;  dagegen  erschienen  seit  1793  in 
Ilarlem  das  Cabinet  de  la  mode,  seit  1794  in  London  die  Galerie  de  la  Mode  luid  gleichzeitig  die 
Berliner,  Göttinger  und  Leipziger  Alnianachs.  Besonders  den  Letzteren  sind  die  Figiu-en  unserer 
Tafel  entnommen. 

Abgesehen  von  der  Frankfurter  Dame  Nr.  29,  die  noch  die  Haube  n  la  laitiere  und  den  caraco 
der  Zeit  Ludwigs  XVI.  ü-ägt,  zeigen  die  Figuren  Nr.  5,  7,  11,  16,  27,  30,  32,  35  imd  37  die  fichus 
mentewrs  und  die  gortjes  anglaises,  wie  sie  sich  bis  ziu-  Entwickelung  der  Schreckenshen-schaft 
erhalten  hatten;  dazu  kommen  als  charakteristische  Merkmale  die  lange  Taille  imd  die  engen 
Aermel.  Als  Kopfbedeckimgen  erscheinen  das  gi'osse  Federban-ett  aus  gepufftem  Taffet  Nr.  37,  die 
hohen  Seidenhiite  Nr.  16  imd  32,  der  helmartige  Hut  mit  Rossschweif  Nr.  11,  und  der  einfache 
runde  Hut  Nr.  27,  von  gleicher  Form  fiii-  beide  Geschlechter. 

Nach  dem  neunten  Thermidor  machte  sich  der  diu-ch  die  französischen  Emigrantinnen  her- 
übergebrachte anglisirte  Luxus  bemerkbar.    Die  Haartoiu-en  wurden  niedriger ;  der  Puder  verschwand ; 


man  fasste  eine  Vorliebe  für  blonde  Perrücken;  die  Antikomanie,  verbunden  mit  der  Anglomanie 
beherrschte  die  Mode.  Die  deutschen  Damen  Nr.  8,  17  und  25  gehören  der  Zeit  des  Consulats  an, 
als  an  Stelle  der  Frisur  ä  la  Titus  die  ä  l'Antinous  trat.  Der  Hut  von  Nr.  7.  zeigt  die  Anglo- 
manie in  ihrer  reinsten  Form. 

Noch  stärker  machten  sich  die  Neuerungen  in  dem  männlichen  Kostüm  geltend. 

Seit  1790  verdrängte  der  rimde  hohe  Hut  den  Hut  ä  la  suisse,  den  man  dem  Militär  überliess. 
(Vgl.  Nr.  2,  12,  14,  15,  20,  31  und  33.)  Der  Kock  mit  langen  Schössen  (Nr.  12,  33,  34  imd  37) 
machte  dem  Frack,  vorn  mit  zwei  kurzen  Aufschlägen,  Platz.  Eine  geknotete  Spitzenki-avatte,  eine 
enge,  bis  zur  Wade  gehende  Hose,  Schaftstiefel  oder  Schuhe  und  ein  grosser  Rock  vervollständigten 
das  Kostüm. 

Der  lange  üebeiTock  (Nr.  20  und  24)  wiu-de  auf  Morgenpromenaden  und  unwichtigen  Besuchen 
getragen.  Die  jungen  Leute  adoptirten  vielfach  als  Reitkostüm  die  Jäger-  oder  Postillonsjacke  (Nr.  1 
und  14).    Der  militäi-ische  Rock  (Nr.  21,  22  luid  28)  ist  seit  1789  allgemein  verbreitet. 

Die  Perrücken  mit  geflochtenem  Zopfe  und  ä  catogan  wiu-den  nur  noch  von  alten  Herren 
getragen;  die  jungen  Leute  trugen  die  Haare  lang,  ä  Ja  Titus,  oder  kurz  und  leicht  gepudert. 

Unter  der  Schreckensherrschaft  begann  jene  Entwickelung  der  Moden,  die  unter  dem  Direktorium 
ihre  Vollendung  erreichte.  Dieser  Zeit  gehören  die  muscadins,  die  petits-maitres  und  die  incroyables 
an  (vgl.  Nr.  9,  10,  18  und  19). 

An  Stelle  der  den  Tag  über  getragenen  hohen  Hüte  trat  für  den  Abend  der  chapeau-clague 
(Nr.  19).  Die  Form  des  Rockes  weist  unzählige  Variationen  auf.  Der  Versuch,  Stoffgamaschen 
einzufühi-en,  gelang  nicht;  sie  verschwanden  1805. 

Unter  den  Modetypen  vom  Ende  des  XVIII.  Jahi-hunderts  ist  die  Augsbiu-ger  Dame  Nr.  38 
bemerkenswerth,  die  das  alte,  an  die  Zeit  der  Pompadour  erinnernde  Kostüm  beibehalten  hat. 

Alle  auf  dieser  Tafel  abgebildeten  Figuren  zeigen  den  vorherrschenden  Einfluss  der  englisch- 
französischen Moden  der  Zeit  Ludwigs  XVI. 

Nr.  29  und  30  aus  einer  Folge  von  Stichen  unter  dem  Titel  Vorstellungen  von  deutschen  National- 
trachten; Augsburg  1800. 

Alle  andern  Figuren  sind  dem  Göttinger,  dem  Berliner  und  Leipziger  Almanach  entlehnte  deren 
Zeichnungen  Chodowiecki,  Dietrich,  Riepenhausen  u.  s.  w.  lieferten. 

Vgl.  J.-B.  Pvjoulx,  Paris  ä  la  fin  du  dix-huitieme  si^cle,  an  IX.  —  A.  CaiUot,  Memoii-es 
poui-  sei-vir  ä  l'histoire  des  mceurs  et  usages  des  Fran^ais,  1827.  —  Qiiiclicrat,  Histoire  du  costume 
en  France.  —  Paiil  Lacroix,  Directoire,  Considat  et  Empire,  Paris  1884. 


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FP 


FRANKEBICH.  —  XVIIL  JAHRHUNDERT 


DIE  GBäECOMäNIE. 
MODEN  DES  DIRECTORIUIVIS  UND  DES  CONSULATS. 


DIHECTORIUM. 


Nr.  9. 
„Eine  Heroine  von  heute." 
intilvO  Tunika  mit  gestickter  Borte  und  Quasten  an  den 
Zipfeln;  Agraffen  auf  den  Scliultern;  hoher  Busengurtel. 
Der  Rock  ist  vorn  aufgenommen  und  durch  eine  Agraffe 
üher  dem  Knie  des  mit  Tricot  bekleideten  Beines  befestigt. 
Cotlmrne.  Zehen-  und  Fingerringe.  Armbänder,  elastische 
Reifen  mit  Perlen.  Seidenes  Haarnetz,  die  en  frisoas 
d'ebine  arrangirten  Haare  bedeckend.    Grosse  Ohrringe. 


„Moden  und  Sitten  des  Tages." 
Die  Abbildung,  nach  einem  Stich  mit  der  Bezeichnung  y,le 
Pre'Uxte'^,  zeigt  eine  Modedame,  welche  die  Bänder  ihres 
Schuhes  befestigt.  Das  gelockte  Haar  ist  mit  einem 
Spitzenhäubchen  bedeckt,  in  dessen  Schleifen  ein  langer 
schwarzer  Tüllschleier  befestigt  ist.  Kurze  Tunika  mit 
weit  ausgeschnittenem  Mieder;  durchsichtiger  Rock  mit 
Halbschleppe,  die  Tunika  von  der  Taille  ab  bedeckend. 

Nr.  13. 

„Die  eifersüchtige  Äminta,  in  hutartiger  Haube,  mit  Kreuz- 
bändern über  der  einfarbigen  Kobe,  gesticktem  Shawl, 
Kidicule,  im  Garten  von  Idalien." 

Tief  in  die  Stirn  gelocktes  Haar;  Robe  mit  Ilalbschleppe, 
mit  Nakaraschleifen  garnirt;  enge  Aermel  bis  zur  Hälfte 
der  Hand;  spitze  Schuhe. 


Strassentoilette. 
Capotte  von  antiker  Form ,  an  die  altgriechische  sphendone 
und  den  liehryphalos  eriunernd.  (Vgl.  Nr.  1  u.  2.)  Robe  mit 
Halbschleppe,  von  einer  am  Gürtel  mit  einer  Metallschnalle 
befestigten  Tunika  bedeckt;  der  Saum  dieser  hinten  offenen 
Tunika  ist  mit  Rauten  bestickt.  Sehr  kurzes  ärmelloses 
Mieder.     Fichu  als  Schärpe  arrangirt. 

Nr.  4. 

Strassentoilette. 

Sammethut  mit  Spitzenschleier;   Tunika  mit  Schleppe ,   vorn 

ausgeschnitten.    Lange  Handschuhe;   Shawl   als   Halstuch, 

vorn  durch  einen  Ring  gezogen. 

Nr.  5. 

Balltoilette. 

Capotte  mit  Straussenfeder;  Tunika  mit  gesticktem  Saum, 

unterhalb  des  Mieders  geknotet;  Robe  mit  Schleppe  und 

griechischem  Sanm;  blosse  Arme. 

Nr.  6. 

Haustoilette. 

Griechisches  Haarnetz;    lange  Robe  mit  rund  geschnittenen, 

durch  Kameen  geschlossenen  Schlitzen;   über  den  Ellbogen 

gehende  Handschuhe. 


Nr.  7. 
Abendtoilette, 
laare  mit  breiter  Bandscbleife,  der  Knoten  durch 
gehalten;  mehrreihiges  Perlhalsband;  Tunika  aus 
Krepp,  tief  ausgeschnitten.    Kurze  Aermel,  unabhängig 
Mieder ; 


Musselingürtel,  an  der  Seite  geknotet. 


Seidene  Capotte,  deren  Falten  durch  mit  einander  verknüpften 
Haarsträhnen  bedeckt  sind;  Federbusch  in  goldenem  Halb- 
mond. Tief  ausgeschnittene  Tunika  mit  dreieckigem,  links 
zurückgeschlagenem  Zipfel.  Handschuhe  von  der  Farbe  des 
Bockes.    Grosso  Ohrringe. 

Nr.  18. 

Tolubilis. 
Kopftuch  en  marmotte  geknüpft,  an  den  Enden  goldene 
Quasten;  Winden  auf  der  Oberfläche  dieses  Kopfputzes. 
Tunika,  ähnlich  der  griechischen  chtaene,  mit  Quasten  an 
den  Zipfeln ;  eine  Seite  des  Leibchens  umgeschlagen  und 
ebenfalls  mit  einer  kleinen  Quaste  versehen.  Handschuhe 
von  gleicher  Farbe  wie  die  Robe. 

Nr.  20. 
Haustoilette. 
Chlaene,  über  der  Brust  gekreuzt;  weisser  Keck. 


Kopftnchartige  Capotte,  durch  ein  S3eidenband  gehalten; 
Musselintunika  mit  blauem  Saum;  rosa  Rock  mit  Leibchen 
mit  PufFärmeln ;  lange  weisse  Handschuhe. 

Nr.  2. 
Strassentoilette. 
Musselinkopftuch;  das  Chigno 
Asel 

Nr.  8. 

Kostüm  ä  la  Vestale. 

Leichter  weiter  Kopfschleier ;  einfache  Tunika  mit  Schleppe. 

Nr.  10. 

Abendtoilette. 

In  den  Haaren  ein  Kranz ;  weisser  Canezon ,  auf  der  Brust 

und  am  Arm  geschnürt,  mit  blauem  Besatz.    Unter  dem 

las  an  den  gleichfarbigen 

Nr.  14,  15,  16  n.  19. 
Haubenartige  Kopfbedeckung;  Paris  und  London. 

Nr.  17. 
Phaeton  mit  zwei  Pferden,  von  einer  Dame  gelenkt. 
Seit  1786  war  das  Ausfahren  der  Damen,  allein  oder  nur  von 
einem  Jockey  begleitet,  in  Mode  gekommen. 


Die  während  der  Schreckensherrschaft  von  dem  Maler  David  inaugurirte  Nachahmung  des 
griechisch-römischen  Kostüms  entwickelte  sich  unter  dem  Directorium  mehr  und  mehr.  Die  mer- 
veilleuses  kleideten  sich  in  Anlehnung  an  antike  Statuen  a  la  Flore  imd  «  la  Diane;  man  trug  Tuniken 
ä  la  Ceres  und  ä  la  Minerve,  Schleier  ii  la  Vestale  u.  s.  w.  Die  Modistinnen  liessen  sich  bei  ihrer 
Arbeit  von  Malern  und  Bildhauern  unterstützen:  Nancy  für  das  griechische,  Raimbaut  flir  das 
römische  Kostüm. 

Die  meisten  Modestoffe,  Musselin,  Linon  und  Battist,  waren  englisches  Fabrikat  und  entstammten 
den  Versteigerungen  der  im  Seekriege  gemachten  Prisen  in  Brest  und  Lorient.  — 

Der  dui-ch  das  antike  Kostüm  geförderten  Vorliebe  für  das  Nackte  trat  als  Correctiv  die 
Anglomanie  gegenüber,  der  man  die  Shawls,  den  Strohhut  und  den  Turban  verdankte.  Auch  die 
Coiffure  a  la  Titus  siegte  gegen  Ende  des  Consulats  über  das  lange  Haar.  Gegen  Ende  des  XVIII.  Jahr- 
hunderts begegnete  Pujoulx,  wie  er  in  Paris  a  la  fin  du  dix-huitieme  siech  berichtet,  in  einem  Pariser 
Salon  zugleich  drei  Frauen ,  die  auf  einem  Maskenball  a  la  grecque,  a  la  twgue  und  a  l'anglaise 
gekleidet  waren. 

Nr.  9  nach  einem  Stich:  „Les  Heroines  d'aujourd'hui,"  Deret  del.  und  Blondeau  sculp. 

Nr.  11  aus  einer  Folge  von  Stichen:  „Modes  et  manieres  du  jour,"  ohne  Bezeichnung. 

Nr.  13  nach  einem  colorirten  Stich,  wie  man  sie  bei  Basset,  rue  Jacques  Nr.  670  kaufte. 

Die  übrigen  Figuren  aus  dem  Journal  des  modes,  de  la  M^sangere,  Jahrgänge  1800  und  1801. 

Vgl.  de  GoncouH,  La  Societe  fran^aise  pendant  le  Directoire.  —  Quicherat,  Histoire  du  costume 
en  France.  —  Paul  Lacroix,  Directoire,  Consulat  et  Empire. 


FRANCE  XVIII^"  CENT!       FRANCE  XYIII"^  oIECLE       FRANKREICH  XVnr^MAHR'^ 


^/3 


FRANKEEIOH  —  XVIIL  u.  XIX.  JAHRHUNDERT 


FRAUENTRACHTEN  —  SHAWLTÜCHER 

1.2           3          4          5  6  7  8           0           10  11           12           13 

1805     1811  1807  1805     1804  1811     1804     1811     1809     1809  1803       1808       1810 

14        15        U;        17  18 

1803     1802  1814  1804  1794 

19  20                 21  22  23                24  25                26 

1803  1803              1804  1803  1804             1803  1807            1804 

Während  mau  bis  um  die  Mitte  der  neunziger  Jahre  des  XVIII.  Jahrhunderts  nur  weite 
Brusttücher  von  Krepp  getragen  hatte  (Nr.  18),  kamen  gegen  Ende  des  Jahrhunderts  die  feinen 
Cachmirgewebe  und  damit  auch  die  Shawls  und  Shawltücher  in  Gebrauch.  Die  Figuren  dieser 
Tafel  zeigen ,  in  welch'  mannigfaltiger  Form  der  Shawl  —  ursprünglich  ein  länglich  viereckiges 
Stück  Zeug  mit  mehr  oder  weniger  breiten  Stickereien  an  den  Enden  —  getragen  und  drapirt 
wurde,  bald  als  Hals-  und  Brusttuch  (Nr.  19—21),  bald  als  vollständige  Umhüllung  des  Ober- 
körpers (Nr.  9,  11,  23). 

Die  ersten  Gewebe  aus  Cachmir  kamen  schon  im  Jahre  1775  nach  Paris,  fanden  damals 
aber  keine  Gnade  vor  den  Augen  der  Damen.  Erst  nach  der  egyptischen  Expedition  des  ersten 
Consuls  verbreitete  sich  die  Mode,  indische  Shawls  zu  tragen,  immer  mehr,  bis  sie  um  die  Wende 
des  Jahrhunderts  allgemein  und  der  Shawl  als  ein  unerlässlicher  Bestaudtheil  der  weiblichen  Toilette 
erachtet  wurde.  Cachmir  lieferte  dann  nicht  mehr  allein  die  Gewebe.  Man  verfertigte  schliess- 
lich Shawls  in  allen  Grössen  je  nach  den  Jahreszeiten  und  aus  den  verschiedenartigsten  Stoffen, 
aus  Tuch,  Wolle,  Seide,  Baumwolle,  ostindischem  Cattun  und  Spitzen.  Daneben  waren  natürlich 
immer  noch  die  feinsten  Gewebe  im  Gebrauch,  deren  Feinheit,  wie  man  erzählt,  von  den  Frauen 
dadurch  geprüft  wurde,  dass  sie  versuchten,  die  Shawls  durch  ihre  Ringe  zu  ziehen. 

Als  die  Mode  der  Shawls  aufkam,  trennten  sich  die  Damen  von  denselben  nicht.  Sie 
trugen  sie  auf  der  Promenade,  in  der  Gesellschaft,  auf  dem  Ball.  Der  Shawl  war  eine  will- 
kommene Ergänzung  des  gleichzeitig  auftauchenden  „griechischen"  Costüms.  Man  fand  dadurch 
einerseits  Gelegenheit,  sich  nach  antiker  Art  zu  drapiren  und  sich  nach  dem  Vorbilde  der 
antiken  Statuen  darin  einzuhüllen  (Nr.  23),  andrerseits  die  Blossen  des  Körpers  zu  verhüllen 
welche  das  griechische  Costüm  allzu  freigebig  preisgab.  Neben  diesen  weiten  und  grossen  Shawls 
waren  aber  auch  die  schmalen,  schärpenartigen  in  der  Mode,  welche  nur  den  Hals  schützten 
(Nr.  21).  Den  Gipfel  der  Beliebtheit  erreichte  der  Shawl,  als  man  ihm  zu  Ehren  einen  Tanz, 
le  pas  du  schall,  veranstaltete,   mit    welchem  die  schöne  Gräfin  von  Hamilton  in  der  vornehmen 


Gesellschaft   einen  grossen  Erfolg  erzielte.     Man  bediente  sich  bei  diesem  Tanze  eines  leichten 
Seidenshawls  (Nr.  6). 

Während  des  Consulats  und  der  ersten  Hälfte  des  Kaiserreichs  waren  die  Shawlstoffe 
einfarbig  mit  breiten  Borten,  welche  mit  Palmen  oder  Blumen  auf  einem  andersfarbigen  Grunde 
gestickt  waren.  Man  nannte  sie  damals  türkische  Shawls.  Gelb,  grün,  weiss  und  ponce.iu-roth 
kamen  nach  einander  in  Mode.  Um  1811  trug  man  blaue  Shawls  ä  la  Marie -Louise  mit 
grossen  Palmen  auf  breiter,  weisser  Borte.  Um  den  Faltenwurf  zu  erleichtern  und  die  einmal 
arrangirte  Drapirung  zu  erhalten,  befestigte  man  an  den  Enden  des  Shawls  goldene  Eicheln 
oder  mau  nähte  solche  von  Blei  in  die  Ecken  ein  (Nr.  11,  22—24). 

(Nach  verschiedenen  gleichzeitigen  Modejournalen.) 


D/^ 


FRANKREICH 


DIE  MODEN  UNTER  DEM  CONSULAT.  —  SPAZIF.EFAIIRT  NACH 
LONGCHAMP  IM  JAHRE  X.  (1802). 

DOPPELBLATT. 

Der  Schöpfer  der  oberen  Darstellung  auf  imsei-m  Blatte,  welche  das  bunte  Leben  auf  der  soge- 
nannten „Promenade  de  Longehamp"  bei  Paris  in  kaiTikatiu-artiger  Uebertreibung  schildert,  ist  un- 
bekannt. Man  glaubt  annehmen  zu  düi-fen,  dass  der  Kunsthändler  und  Kupferstecher  Martinet,  der 
mit  KaiTikatiu:en  imd  Modeartikeln  handelte,  der  Urheber  dieses  kolorirten  Stiches  ist.  Bei  seinem 
Erscheinen  hatte  das  Blatt  mu'  einen  massigen  Preis.  Heute  wird  es,  wegen  seiner  Seltenheit,  mit 
400  Eres,  bezahlt.  Die  Promenade  nach  der  Abtei  Longehamp,  wo  m  der  Charwoche  geistliche 
Musikauffühnmgen  stattfanden,  war  seit  dem  XVin.  Jahrhimdert  der  Sammelplatz  der  ele- 
ganten Welt,  wo  man  die  extravagantesten  Moden  zur  Schau  trug.  Eine  Zusammenstellimg  der 
letzteren  lag  auch  in  der  Absicht  des  Zeichners,  der  zugleich  in  der  Chai-akteristik  der  verschiedenen 
Nationen  Vortreffliches  geleistet  hat.  Aus  diesem  Bestreben  wird  auch  die  Steifheit  der  Komposition 
erklärt.  Man  war  damals  in  Paris  ernst  und  gravitätisch  geworden.  Noch  im  Jahi'e  1807  schrieb 
Prudhomme  im  Miroir  de  Paris :  „Man  sieht  an  den  Parisern  nicht  mehr  jene  Heiterkeit  mid  Eröhlich- 
keit,  die  sie  noch  vor  fünfundzwanzig  Jahren  auszeichneten;  ihre  Gesichter  sind  nicht  mehr-  so 
lachend,  ihi-e  Miene  ist  nicht  mehr  so  oifen.  Man  liest  auf  ihi-en  Gesichtern  geschäftliche  Verlegen- 
heiten, Verpflichtungen,  Projekte.  Jeder  verhält  sich  reservkt,  der  eine  beargwöhnt  den  andern,  jeder 
beobachtet  den  andern." 

Im  Jahre  1802,  als  Frankreich  sich  mit  allen  Nationen  im  Frieden  befand,  war  Paris  wieder  der 
Mittelpunkt  der  internationalen  Gesellschaft.  Auch  die  Emigranten  kehrten  zurück,  und  einer  von  ihnen 
scheint  der  Herr  im  Mittelgrunde  rechts  zu  sein,  welcher  noch  den  schwarzen  Kragen  der  vergangenen 
Epoche,  die  gepuderte  Peniicke  mit  Zopf  und  ebenfalls  nach  alter  Mode  den  Hut  imter  dem  Anne 
trägt.  Auch  der  Herr  auf  dem  Stuhl  im  Vordergi-unde ,  der  einer  Dame  zuhört  und  eine  Kleidung 
von  englischem  Charakter  trägt,  scheint  zu  den  Royalisten  zu  gehören.  Der  Mann  in  der  grünen 
Uniform  und  dem  Zweispitz  mit  dem  gewaltigen  Federbusch  ist  vermuthlich  einer  der  Ivriegs-Kom- 
missai'e  oder  überschüssigen  Offiziere,  die  damals  ohne  Beschäftigimg  waren.  Erst  im  Jahre  180.3 
wm'den  Verordnur^en  in  Bezug  auf  Militärpersonen  erlassen,  welche  u.  a.  das  Tragen  von  Feder- 
büschen verboten.    Das  ausschliessliche  Kleidungsstück  der  eleganten  Herren  war  damals  der  Frack 


von  grauem,  blauem,  grünem,  braunem  oder  violettem  Tuch  mit  Metallknöpfeu ;  dazu  ein  runder  breit- 
kremjiiger  Hut,  kiu'ze  Hosen,  weisse  Strümpfe  oder  weite  Beinldeider  und  russische  Stiefel  mit 
breiten  Aufschlägen.  Der  Frack  war  ausserordentlich  knapp  und  der  Kragen  desselben  hochstehend 
und  enganliegend.  Unter  dem  Fracke  trug  man  scharlachfarbene  oder  weisse  Westen  mit  einer  Reihe 
von  Knöpfen,  feine  gefaltete  Jabots  und  Manschetten.  Ausser  den  runden  Hüten  wiu'den  auch  zwei- 
spitzige, sehr  grosse  Chapecmx  claques  getragen,  die  ganz  flach  zusammengelegt  werden  komiten 
und  die  man  a  Ja  Vintimüle  nannte.  Die  Herren  waren  meist  ä  la  Titus  oder  a  la  Caracalla  fiisirt. 
Zu  dem  Hauen  Frack  gehörten  gelbe  Knöpfe ;  zu  dem  grünen  Frack,  der  in  allen  Nuancen  getragen 
wurde,  weil  grün  die  Leibfarbe  des  ersten  Consuls  (Bonaparte)  war,  nahm  man  weisse  Knöpfe. 
Das  Tragen  von  hohen  Stiefeln,  welches  militärische  Neigungen  andeuten  sollte,  wm-de  schliesslich 
so  allgemein,  dass  Herren  mit  hohen  Stiefeln  auch  in  den  Salons  zugelassen  wurden. 

Obwohl  die  weibliche  Tracht  imter  dem  Consulat  der  Grecomanie  nicht  mehr  in  so  übertriebenem 
Maassstabe  huldigte,  wie  imter  dem  Directoriiun,  geht  sie  in  der  Entblössmig  des  Körpers  immer  noch 
sehr  weit.  Die  Damen  brachten  dieser  unsinnigen  Mode  nicht  nm-  das  Opfer  ihi-er  Gesundheit, 
sondern  auch  das  ihres  Lebens.  Man  citirt  als  solche  Opfer  Frau  Ch.  de  Noailles,  die,  neunzehn  Jalu-e 
alt,  beim  Verlassen  eines  Balles  starb,  Fräidein  de  Juigue,  achtzehn  Jahi-e  alt,  Fräulein  Chaptal, 
sechzehn  Jahre  alt,  und  die  Fiü'stin  Tufaikin,  siebenzehn  Jahre  alt.  Gleichwohl  war  die  weibliche 
Tracht  luiter  dem  Consulat  bei  weitem  gemässigter  als  diejenige  unter  dem  Directorium,  wo  man 
bereits  so  weit  gediehen  war,  die  Nacktheit  für  die  Lieblingsmode  der  Damen  zu  erklären  luul 
über  eine  Tracht  h  la  sauvage  zu  berathen.  Immerhin  verrieth  die  enganliegende,  weit  aus- 
geschnittene, mit  ganz  schmalen  Achselstücken  versehene  Robe  noch  genug  von  den  weiblichen 
Reizen.  Mau  trug  jedoch  keine  Gazekleider  mein-  und  schlitzte  die  Kleider  auch  nicht  mehr  an 
der  Seite  auf,  so  dass  das  ganze  Bein  sichtbar  winde.  Doch  wirft  noch  Prud'homme  in  seinem 
Miroir  de  Paris  (1807)  den  Damen  vor,  dass  sie  das  Aussehen  hätten,  als  kämen  sie  aus  der 
Badewanne  und  als  wäre  ihnen  daran  gelegen,  ihre  Formen  durch  die  dm'chsichtigen  Gewänder 
sehen  zu  lassen.  Obwohl  die  Vorliebe  für  das  Alterthiun  immer  noch  herrschend  war,  gab  man  doch 
schon  um  1800  die  Tunika  auf.  Das  km-ze  Leibchen  hat  ebensowenig  etwas  Griechisches  wie  der 
Hut,  die  Kapuze  und  der  Tiu'ban  mit  Federstutz.  Auf  unserem  Bilde  sieht  man  jedoch  noch  eine 
Dame,  welche  ihren  Kopf  mit  einem  Schleier  nach  antiker  Manier  umwunden  hat.  Im  Jahre  1802 
wm-den  allgeüiein  gelbe  Strohhüte  getragen,  von  denen  man  damals  zwanzig  Fagons  kannte. 

Schon  seit  1800  war  es  Sitte,  dass  die  Damen  blonde  oder  braime  Perrücken  trugen,  die  nach 
antiken  Mustern,  meist  nach  Büsten  römischer  Kaiserinnen,  fi-isirt  waren.  Solche  Perrücken  gehörten 
auch  zu  den  Hochzeitsgeschenken.  Die  Tochter  des  ermordeten  Deputu'fen  Lepelletier-St.  Fargeau, 
welche  von  der  Republik  ausgestattet  wurde ,  erhielt  zwölf  Perrücken.  Doch  gab  es  Damen ,  die 
ilu-er  vierzig  hatten. 

Die  Halbfigiu-en  unterhalb  der  Hauptdarstellung  sind  Modejournalen  aus  der  Zeit  von  1800—1803 
entnommen. 

getragen  wurde.    —  Nr.  10.    Sfcvohliut  mit  einer  TülHiaubi' 
Nr.  1.    Kapotthut  aua  Perkai  (indischer  Kattun.)  -  Nr.  2  nnd  darunter.  -  Nr.  U  und  12.    Zwei  Jlmeiüinsis.    Die  eine 

3  NegUgehauben   mit  TüUbesatz;  dazu   ein  Ficlin  (Busen-  trügt  eine  liapottartige  H.inbe  mit  qesteilten   Rfisilicn.  - 

tuch.)  -  Nr.  4.   Turban  mit  Stirnlöckchen,  -  Nr.  5.  Hut  j,r.   13.    Beispie!  bürgerlicher  Tr;ul,l,    i ..    w.l  1.  r  lus,.,, 

von  dnrclibrochenem Stroh,  ctejifaiKjespaitavf genannt.-  nnd  Hals  verdeckt  wurden,  ohne  d;. 

Nr.  6.    Kostüm  i  la  Vestalin.  -  Nr.  7.   Atlasjiickchen  mit  andern  Schnitt  erhielt.  -  Nr.  14.    Tm       , 

Schwanenpelz  besetzt.  —  Nr.  8.  Leibchen  mit  offenen  Aer-  j(,._  jj^    Frisur  nach  antiker  Mode         Ni.  Ir      llut  i  h  li 

mein  i  l'athenienne.  -  Nr.  9.  Grosse  Haube,  die  im  Hause    I       „„garischer  Art  (d  ta  hcgmise). 


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FRANKREICH 


TRACHTEN  DER  IMODEHERREN,  1801,  1805. 

KLEIDÜKG  JE  NACH  DEM  BERUF. 

Der  Morgenverkehr;  die  Thiir  eines  Reichen  (Dehnco^t/ti,  Monat  Ventose  im  Jahre  13,  1805.; 

Der  Kupferstecher  Dehucourt  hat  auf  unserer  Tafel,  einem  jener  colorirten  Stiche,  mit  denen 
die  Bourgeoisie  ihre  Speisezimmer  zu  schmücken  pflegte,  eine  Reihe  Clienten  und  Bittsteller  ge- 
zeichnet, vrie  sie  die  Thür  der  Reichen  zu  belagern  pflegten,  Maler,  Musiker,  Sprachlelu-er,  Literaten, 
Gelehrte  und  verschämte  Arme. 


Vir  befinden  uns  ungefähr  um  10  Uhj  Morgens  in  der 
Chans s^e-d' Antin.  Ein  junger  Mann  ist  eben  im  Begriff, 
die  Treppe  hinaufzusteigen.  Eine  Dame  in  der  antildsirenden 
Modetracht  überschreitet,  von  einem  Herrn  in  elegantem 
Garrick  geleitet,  die  Schwelle.  Hinter  ihr  im  Vordergrunde 
fulgt  der  Poet,  schwarz  gekleidet,  mit  einer  Dedikations- 
epistel  in  der  Hand,  in  der  Tasche  einen  Roman  von  der 
„belohnten  Tugend".  Ihm  zur  Seite  brüstet  sich  der  Maler 
aus  derantikisirenden  SchuleDavidsraitsorgfältigdrapirtem 
Mantel.  Die  Dame  mit  ihren  drei  Kindern,  deren  jüngstes 
von  der  Amme  getragen  wird,  in  gesucht  einfacher  Tracht 
hat  wolüweislich  bei  ihrem  Bittgange  ihren  Mann  zu  Hause 
gelassen.  Zwischen  ihr  und  der  Amme  erscheint  im  hohen 
Dreispitz  der  Kopf  eines  jener  angeblich  Naiven,  die  ihren 
Patronen  mit  geheuchelter  Aufrichtigkeit  VFeihranch 
streuen.  Dann  folgen  in  einer  Keihe  ein  Musiker  im 
blauen  Frack  mit  goldenen  Knöpfen,  Kniehogen  und  Es- 
carpins,  ein  alter  Maler,  der  auf  einen  langen  Stock  ge- 


stützt ein  Staffeleigemälde  unter  dem  Arme  trügt,  und  ein 
Architekt  mit  seinem  neuesten  Bauplan. 

Hinter  den  drei  Künstlern  schreitet  eine  Anzahl  weniger  be- 
stimmter Typen ,  jnnge  und  alte  Leute  in  der  Tracht  der 
Uebergangszeit,  einher. 

In  der  Ecke  links  haben  sich  drei  Toilettenkünstler ,  ein 
Schuhmacher,  ein  Schneider  und  ein  Händler  mit  Ver- 
schönerungsmitteln zusammengefunden.  Der  letztere  trägt 
eine  gepuderte  Perrücke,  sodann  Frack  mit  rosa  Aufschlägen 
und  gestreifte  Strümpfe. 

Hinter  ihnen  ßhrt  auf  seinem  Tübury  ein  Coiffenr  mit  ver- 
schiedenen Schachteln  vorüber.  Nach  der  Aufschrift  der- 
selben begiebt  er  sichln  das  Hotel  der  Madame  Malvina  Fricot. 

Die  Kutsche  des  Finanzmannes,  um  dessen  Thür  sich  all'  diese 
Parasiten  sammeln,  hält  im  Hintergründe. 

Die  Mauerauschläge  kündigen  öffentliche  Versteigerungen, 
unfehlbare  Mittel,  Leihhäuser,  eine  neue  Stiefelwichse, 
Festlichkeiten,  Bälle,  Concerte,  Feuerwerk  u.  s.  w.  an. 


Die  15  Modefiguren  des  oberen  Theils  der  Tafel  zeigen,  wie  sich  während  des  Zeitraums  von 
1801 — 1805  aus  den  Thorheiten  des  männlichen  Kostüms  der  Incroyahles  von  1797  allmälig  die 
einfachere  moderne  Tracht  entwickelt. 


■  Kostüm  eines  jungen  Mannes. 

—  Gesellschaftsanzüg. 

—  Morgenkostüm. 

—  Pariser  Kostüm. 

—  Tracht  eines  jungen  Mannes. 

—  Grosse  Toilette. 

—  Ueberrockäl'^cuyfere.  WestevoiiSchwanen- 

pelz. 

—  Pariser  Kostüm. 

—  Französisches  Kostüm,  englische  Mode. 


804.  —  Nr.  8.  —  Alpaccarock  mit  Kapuze. 

—  10.  —  Frack    in    Savoyardenbraun ,    aprikosen- 

farbene  Hose. 

—  12.  —  Pariser  Kostüm. 

—  13.  —  Morgentostüm  eines  jungen  Mannes. 

805.  —        11.  —  Pariser  Kostüm. 

—  14.  —  Pariser  Kostüm. 

Die  Figuren  sind  Aem  Jmirnal  des  da7nes  et  des  modes  eni- 


Vgl.  E.  u.  J.  de  Goncow%  L'art  du  XVlIIe  siecle.  —  Deleduze^  Louis  David,  son  ^cole  et  son 
tenips,  1855.  —  De  Jouy,  L'Ermite  de  la  chaussöe  d' Antin,  1812—1814.  —  Frud'hmnme^  Miroir 
de  Fancien  et  du  nouveau  Paris,  1807.  " 


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BT 
SCHWEDEN 


DIE  LAPPLÄNDER. 

TRACHTEN,  WERKZEUGE,  WOHNUNGEN  ETC. 


Nr.  40. 
Mann  aus  Kaitum.    Lappmarken. 

Nr.  43  u.  44. 
Hochzeitskostüm  inKarasjat,  Finmarken;  der  Mann,  Mossan, 
Nr.  44;  die  Fran,  Mossa,  Nr.  "43. 
Nr.  45. 
Mutter  und  Kind.    Die  Wiege,  Ka&etn,  hingt  an  den  Deck- 
balken.   Lappmarken. 

Nr.  46. 
Der  Berglappe,  Fiall-lapp,  bewaifnet  mit  dem  SpaggoJi .  dem 
Bärenspiess.    Bezirk  Lule,  Lappmarkeu. 


Nr.  62. 
Lappe  mit  Schneescliulien,  SuJiSi.    Kaitum. 

Nr.  68. 
Metallpfeife  mit  Homspitze. 

Nr.  96. 
Njalla-,  Speisekammer. 

Nr.  97  u.  98. 
Tragbares  MilcMönnchen  mit  Löffel,  Miolk-kagge,    Man  trägt 
es  an  einem  durch  zwei  Ösen  gezogenen  Strick. 


Der  Stab  des  Schneeschuhlänfers,  SuUi. 

Nr.  106. 
Das  Dolchmesser  in  der  Scheide,  der  Knif. 

Nr.  103. 
Das  Gestell  des  lappländischen  Zeltes,  der  Kata. 

Nr.  105. 

Der  obere  schaufeiförmige  Theil  des  Hirtenstabes,  der  KtaUa. 

Holz  mit  Reunthierhorn  eingelegt  und  gravirt. 

Nr.  107. 

Der  Frauengürtel,  (himw-lalü ,  mit  dem  ganzen  Nähapparat, 

Nadelkissen,  Vorstecher,  Scheere  u.  s.  w.    Vgl.  Nr.  110, 

111,  120.    Gnrtelagraffen  und  Schnallen  aus  gravirtem  Eenn- 

thierhorn  oder  Metall. 

Nr.  108  u.  123. 
Kleine  Lölfel  aus  gravirtem  Reunthierhorn,  Skedars. 

Nr.  109. 
Frau  aus  dem  Bezirk  Lule  in  einer  grossen  Kapuze,  Kladd, 
die  das  Gesiebt  einschliesst   und  aus   der  oben   ein  Haar- 
büschel hervorsieht. 

Nr.  112. 
Winterschlitteu ,   Pulke,    für   einen  Mann  und  ein  Gepäck- 
stück.    Der  Kerres    ist  nur  für  Waaren  bestimmt,    der 
Lakkek  hermetisch  verschlossen. 
Nr.  114. 
OhrlöfFel,  0,08  cm.  lang,  aus  gravirtem  und  durchbrochenem 
Hörn  mit  beweglichen  Metallringen.    Er  wird  in  den  Haar- 
flechten oder  in  einem  Beutel  getragen. 
Nr.  115  u.  116. 
Thonpfeife,  Lirpipa.  und  Tabaksbehälter,  aus  Holz  mit  einem 
Kettchen,  an  dem  der  Pfeifenräumer  herabhängt. 


Nr.  117. 
Der  Stab  des  Schlittenkutschers,  Kor-happ ,  mit  dem  er  den 
einzigen  Zügel  des  Rennthieres  regiert,  indem  er  ihn  von 
der  Linken  zur  Rechten  und  umgftkehrt  herüberzieht;  der 
obere  Theil  ist  aus  gravirtem  Renuthierhorn. 
Nr.  118. 
Mädchen  aus  dem  schwedischen  Lappland.    Die  Haare .   in 
einen  Zopf  geflochten,  links  über  die  Brust  hängend. 
Nr.  119. 
Winterstiefel,  Vinter-slior,  mit  geflochtenen  Bändern. 

Nr.  121. 
Suppenlöffel  ans  Birkenholz ,  Kokse  af  bjorl' ,   der  Stiel  mit 
aufgelegtem,  gravirtem  Renuthierhorn. 


Nr.  122. 

Lappe  aus  dem  Bezirk  Lule.  Besonders  mannigfaltig  ist  die 
Form  der  Mütze,  des  Seita.  Den  verschiedenen  formen  ent- 
spricht eine  Unzahl  von  Namen,  rinUr-runtar ,  eine  Pelz- 
mütze, Ealtia,  in  Vasenform  u.  s.  iv. 
Nr.  124. 
Geldbeutel ,  Penm'ngpungar,  aus  seideiigesticktem  Leder  mit 
Ziehschnuren.  Sie  wurden  nach  alter  Mode  am  Halse  ge- 
tragen. 

Nr.  125. 
Sommerstiefel,  Sommar-sJcor,  mit  langen  Bändern. 

Nr.  126. 
Ring  von  vergoldetem  Silber  mit  kleinen  beweglichen  Ringen. 


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BE 


SCHWEDEN 


SCHWEDEN,  ISLAND  UND  LAPPLAND. 


Nrn.  40,  41,  43.  44,  45,  46  u.  47  den  Text  zur  Tafel  BT  über  die  Lappländer. 


.    Südermanland.     Kirchspiel  Wingäkir. 
Wintermantel  ans  Schaffell,  zusammengehalten 


Nr.  34,  35  u.  36.  Dalekarlien.  Kirchspiel  Leksand. 
Familie  im  Sonntagsstaat  {Sommertracht).  —  Der  Hausherr,  ein 
Dannemaa,  d.  h.  ein  freier  Bauer,  trägt  einen  rothen  Ueher- 
ziehei  mit  gestickten  Schulterstücken,  der  durch  eine  ehen- 
solche  Agraffe  zusammengehalten  wird.  Darunter  eine 
Weste  mit  rothem  Verstoss.  Weisse  Hose  und  Strümpfe 
mit  buntem  Strumpfband.  Ausgeschnittene  Schuhe  und 
niedriger  Filzhut. 

Die  Frau  in  niedrigem,  vom  geschnürtem  Mieder.  Das 
Hemd ,  über  dem  Mieder  durch  eine  Schnalle  zusammen- 
gehalten ,  geht  in  zwei  breite  Aufschläge  mit  farbiger 
Wollstickerei  auseinander;  darüber  ein  leinenes  Busentuch. 
Die  spitzenbesetzte  Haube  verdeckt  das  Haar.  Schurze 
von  gestreiftem  WoUenzeug.  Das  Schürzenband  bildet  einen 
Gürtel ,  dessen  Enden  seitwärts  herabfallen.  Kurzer  ge- 
streifter Kock  von  dunkler  Farbe.  Weisse  Strümpfe, 
Schuhe,  deren  Detail  Nr.  36  giebt.  Das  Häubchen  des 
Kindes  ist  dft*  Kallama  der  verheiratheten  Frau  ähnlich, 
nur  im  Nacken  für  die  herabhängenden  Zöpfe  offen. 

Nr.  37.  Provinz  Bleking. 
Junge  Frau  im  Sommerkostüm.  —  Eine  Frisenrin,  meist  eben- 
falls eine  Bauerfrau,  arrangirt  den  Zopf,  der  sich  um  das 
Häubchen  legt.  Das  Mieder  aus  schwarzer  Seide  oder  eben- 
solchem Sammet  mit  weissen  Seiden-  oder  Silberschleifen 
lässt  die  weiten  Aennel  des  Hemdes  frei,  das  am  Halse 
mit  einer  Agraffe  geschlossen  ist  (vgl.  Nr.  19  und  20  der 
Schmucktafel),  das  blaue  Seidentuch  auf  den  Knieen  der 
Frau  wird  unter  dem  Mieder  getragen  und  unterhalb  der 
Agraffe  zusammengeschlagen.  Die  Schürze  verdeckt  den 
Rock  zum  grösseren  Theil.  Schuhe  mit  Rosette  und  kleiner 
Silberschnalle. 


,  38  I 


Dalekarlien.    Kirchspiel  Rattvik. 


Bauer  und  Mädchen  im  Sonntagsstaat.  —  Der  Bauer  trägt 
Rock ,  Weste  und  Strümpfe  von  derselben  Farbe ,  blau- 
schwarz oder  braun.  Hose  von  ähnlicher  oder  lederartiger 
Färbung.  Hutschnur  mit  Eicheln  an  den  Enden.  Rock 
und  Kragen  mit  rothem  Verstoss. 

Die  weibliche  Kopftracht  ist  eigenartig,  lieber  dem 
spitzenbesetzten  Leinenhäubchen  eine  hohe  schwarze  roth- 
besetzte Tuchmütze,  die  mit  ihrer  Spitze  an  den  asiatischen 
Pileus  erinnert ,  hinten  geschlossen  bei  den  Frauen,  offen 
bei  jungen  Mädchen.  Das  Mieder  ist  vom  verschnürt, 
durch  Achselbänder  gehalten.  Das  Halstuch  wird  durch 
einen  Knoten  und  zwei  Schnallen  befestigt.  Schmale  ge- 
streifte Schürze,  wie  sie  die  Italienerinnen  tragen,  kurzer 
dunkelfarbiger  Rock,  sehr  dicke  rothe  Strümpfe,  die  mit 
einer  Falte  auf  die  Schuhe  herabfallen.  Das  Mieder  ist  roth 
für  die  Frauen,  blau  oder  schwarz  für  die  Mädchen. 

Nr.  42.    Schonen.    Bezirk  Jerrestad. 
Das  halbe  Kostümbild  gehört  zu  der  Gruppe  der  Verlobten 
auf  der  Tafel  mit  dem  FUntenhahn  Nr.  18  und  Nr.  29  auf 
der  Tafel  mit  dem  gekrönten  A. 

Nr.  48.    Island. 

Junges  Mädchen  aus  Reykiavik  im  Festgewand.  —  Die  dunkle 
oder  schwarze  Tuchtaille  ist  vom  und  hinten  mit  silber- 
gesticktem Sammt  galonirt.  Am  Saum  des  Kleides  vier 
rothe  Sammtstreifen.     Ein  steifer  schwarzer  Kragen  um- 

1  schliesst  den  Hals.  Er  ist  mit  einem  regelmässigen  Muster 
in  Silber  gestickt.  Ein  zweiter  ähnlich  gestickter  Hals- 
kragen ist  im  Nacken  umgelegt.  (Das  Stickmuster  ebenso 
wie  das  Detail  des  einfachen  Lederschuhs  am  unteren 
Ende  der  Tafel.) 


Das  bloiitle  Haar  der  Isländerinnen,  gewöhnlicli  lose  ge- 
tragen, verschwindet  bei  festlichen  Gelegenheiten  unter 
einem  schwarzen,  roth  geränderten  Seidentueh,  über  dem 
sich  ein  gesteiftes  Leinwandstück,  nach  vorn  getragen,  wie 
ein  Helmkamm  erhebt. 

Der  Aermel   ist  am  Handgelenk   mit  Silber  galonirt  und 


geschlitzt.  Die  OeiFnung  ist  durch  schellenähnliche  Silber- 
knöpfe geschlossen.  Der  durch  eine  Schnalle  befestigte 
Gürtel  ist  über  und  über  mit  goldenen  oder  silbernen 
Ornamenten  in  Gestalt  von  Eichenblättera  oder  herzförmigen 
Plättchen  bedeckt.  (Vgl.  Tafel  B  S  Nr.  79.)  Von  einem 
goldenen  Halsband  hängt  eine  Kette  mit  Medaillon  herab. 


In  Betreff  der  isländisclien  Tracht  vgl.  Tafel  B  S  Nr.  65,  67,  69,  72,  74,  79,  83,  86  u.  87. 
Wegen  des  Urspmngs  der  Originale  und  der  Literatur  s.  den  Text  zu  Tafel  B  S. 


a>2-2- 


SWEDBN 


SUEDE 


SCHWEDEN 


Imp.  Tirmin  DidoT,  et  C**.Par 


BS 
SCHWEDEN 


SCHWEDEN,  NORWEGEN,  ISLAND  UND  LAPPLAND. 

TRACHTEN  UND  SITTEN,  HAARTRACHTEN,  SCHIVIUCK,  GEBRAUCHSGEGENSTÄNDE  etc. 


Lappland.  —  In  Betreff  < 
Island.  -  Zu  Nr.  63,  67,  t 


r.  62  ?t.  69  vgl.  den  Text  bu  Tafd  BT. 
76,  83,  86  u.  87   vgl.  Tafd  B  R  AV.  48 


Die  Nationaltracht  der  Isländer  ist  verschwunden;  sie  tragen  jetzt  eine  Jacke  aus  Vadmäl  und 
eine  lange  Tuchweste  wie  die  Elsässer.  Wir  geben  daher  nur  ilu-e  Unterkleider  und  die  Fischer- 
tracht. 


Nr.  72. 
Familie  ans  Hiiappavellir.  Der  Mann  trägt  ein  Hemde  aus 
weissem  Flanell,  eine  Filzhose  mit  Tragbändern,  die  sich 
über  der  Brust  kreuzen,  Wollstrümpfe  bis  über  die  Kniee 
und  Schuhe  mit  Bändern,  die  sich  um  das  Bein  schlingen. 
Zu  dem  Kostüm  der  Frau  vgl.  Tafel  BR  Nr.  48,  zu  der 
Galonirung  des  Rockes  Tafel  B  S  Nr.  72  und  zu  der  Kopf- 
bedeckung Tafel  BS  Nr.  65. 

Nr.  74. 
Fisoherkostüm  aus  wasserdichtem  Seehundsfell.    Kurze  Bluse 
mit   Kapuze,   am  Knöchel   fest  zugebundene  Hosen,   Filz- 
mütze wie  die  Neapolitaner  oder  grauer  Hut  mit  schmaler 
Krampe. 

Nr.  86. 


Tabaksbeutel  in  Leder  mit  Kupferbeschlag. 

Nr.  79. 
Gürtelbeschlag  in  Bronze  mit  grobem  Filigrau. 

Nr.  83  u.  87. 
Durchbrochene  Knöpfe  in  Schellenform  mit  Gehänge. 

Schweden  und  Norwegen. 

Ganze  Figuren  Nr.  80.  81  u.  95. 

Nr.  80.    Schonen,  Bezirk  Jerrestad. 

Junge  Frau,  zum  ersten  Kirchgänge  kostümirt.  —  Sie  trägt 


chzeitsschmuck,    statt    der   Brautkrone   aber 


weisses  Kopftuch  mit  hinten  auseinander  stehenden  Enden. 
Dazu  ein  Mantel,  bestehend  aus  einem  Rock,  dessen  Taille 
das  Halsstück  bildet.  Vgl.  Nr.  81.  In  diesem  Kostüm 
wartet  die  Kirchgängerin  in  dem  WafFensaal,  wo  man  sonst 
die  Waifen ,  jetzt  den  Stock  ablegt ,  bis  man  sie  in  die 
Kirche  selbst  abholt. 

Nr.  81.    Schonen,  Bezirk  Torna  härad. 

Frau  in  Trauer.  —  Ein  schwarzer  Rock  über  den  Kopf  ge- 
zogen bildet  einen  Mantel  mit  Kapuze,  die  das  ganze  Ge- 
sicht bedeckt  und  nur  ein  Äuge  frei  lässt.  Ist  der  Ver- 
storbene ein  entfernter  Verwandter,  so  tragen  die  Frauen 
nur  ein  weisses  spitzenbesetztes  Kopftuch,  unter  dem  Kinn 
zusammengefasst  und  das  Gesicht  einschliessend ,  blaue 
Strümpfe  und  Röcke,  schwarze  Schürze  und  schwarzes 
Mieder.  In  Dalekarlien  ist  die  Trauerfarbe  gelb,  in  Suder- 
manland  füttert  man  den  Trauermantel  roth. 

Nr.  95.     Sudermanland,  Kirchspiel  Wingäker. 

Winterkostnm.  Frau  und  Kind.  —  Die  Haartracht  der  Sjel- 
fran,  der  verheiratheten  Frau,  besteht  in  einer  den  ganzen 
Kopf  bedeckenden  Haube,  darüber  eine  zweite  rothe,  mit 
gelber  Seide  gestickte  Haube,  Charldkana-mossa,  flach,  mit 
sichtbarem  Boden.  Ueber  dieser  Haube  breitet  sich  ein 
Kopftuch  aua ,  das  im  Nacken  zusammengeknüpft  wird. 
Im  Winter  einen  Mantel  aus  Lammfell,  die  rauhe  Seite 
nach  aussen,  auf  der  Brust  mit  einem  rothem  Tuchgürtel 

Das  Kind  trägt  einen  ähnlichen  Mantel,  am  Hals  und 
in  der  Taille  zusammengeschnallt,  Imit  Handtaschen  yer- 
sehen.    Rothe  Wollmütze  von  phrygiscber  Form. 


Eaarirachteii. 

Nr.  49,  50.  63. 

(''erscliiedene  Ansichten  der  Haube. 

Nr.  95. 
iudermanland,  Kirchspiel  Ortheratha,  Bezirk  Oppunda,  Win- 
gäker. 


Haube. 


Nr.  51. 


Frauenhaube,  schwarz,  bunt  gestickt.     Schweden. 

Nr.  55. 
Frauenhaube,  Musselin  über  Draht^gestell,  Spitzen,  künstliche 
Blumen,  Seidenbänder.    Schweden. 
Nr-  56. 
Haartracht.    Hallingdal,  Provinz  Aggerhus. 

Nr.  57. 
Haube  einer  Verlobten  in  Schonen,     binnen,  breite  Spitzen- 
bänder, die  man  offen  trägt.   Flacher  Boden,  Wolls tickereien 
mit  Perlen,  mit  umgeschlagener  federbesetzter  Kante. 
Nr.  58. 
Schwedische   Frauenbaube,  von  hinten  gesehen.    Der  hohe 
Aufbau  mit  Spitzen  und  Perlen  besetzt,  an  jeder  Seite  eine 
Hahnenfeder  und  künstliche   Blumen,    am  untern   Rande 
farbige,  gestickte  Bänder. 

Nr.  59. 


Filzhaube,  Valde 
Haube,    Nu 


Romsdal. 

Nr. 


Nr.  76. 
Leichte  Haube  aus  Leinwand  mit  zartfarbigem  Seidenband. 
Warend,  Provinz  Smaland. 

Nr.  77. 
Beguinenhäubchen,  gestickte  Seide.    Schweden. 

Nr.  78. 
Flügelhaube.     Seitenansicht.    Vos,  Provinz  Bergen. 

Nr.  82. 
Haube.    Nordmore,  Amtsbezirk  Romsdal,  Provinz  Drontheim. 

Nr.  90. 


Sogn,  Provinz 

Berge 

Nr 

91. 

lube.     ebenda,. 

Nr 

93. 

.    Fiesberg,  N 

ammed 

al,  Amtsbe 

Nr. 

94. 

smütze  für  Männer. 

Stoerdalen 

Nr 

64. 

e  Miederagraffe 

Q.    Dalekarlien. 

Das  Haus  in  Oma,  in  dem  Gustav  Wasa  eine  Naebt  Unter- 
kunft fand,  interessant  wegen  seines  hohen  Alters.  Vgl. 
den  Text  zu  Tafel  BP. 

Leuchter  und  h'amhlaher. 

Nr.  84. 
Kupferlcuchter.     0,30  m  h. 

Nr.  85. 
Eiserner  Dreifuss  zu  2  Lichten. 

Nr.  88. 
Kupferkandelaber  zu  3  Lichten 


höherem  Mittelstack   für 


m  hoch. 
Nr.  89. 
1    5  Kerzen   mit  Facettengehrmgen. 


edal,  Amtsbezirk  Buskernd,  Provinz  Drontheim 

Nr.  60. 
.Seidener  Haubenboden,  mit  Seidenbändern  garnirt,   .Schweden 

Nr.  70. 
Leinene  Haube.    Hardanger,  Provinz  Bergen. 

Nr.  71. 
Buntgestickter  Haubenboden.    Schweden. 

Nr.  73. 
Bnntgestickte  Haube.    Schweden. 

Nach  Gegenständen  des  skandinavischen  Museums  in  Stockholm,  ausgestellt  in  Paris  1878,  nach 
Abbildungen  aus  Forssell,  l'JEtt  ar  i  Sverige,  Stockholm  1836  und  Gustav  von  ßüben,  Om  Lapp- 
Innd  och  Lapparne. 


;ichten.     Gedrehtes   und    bemalte; 


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V?- 


8CHWEDEN 


LAPPLÄNDISCHE,  NORWEGISCHE  UND  SCHWEDISCHE  TRACHTEN. 


himl  mul  Lapplnml.     I'y/.  dn,  Text  zu  Ta/il  BT. 


Nr.  18 


sirk  Jerrestad. 


Junger  Mann  und  Mädchen  im  Brautstaat.  —  Der  Mann  in 
kurzer  Jacke  und  Weste ,  beide  mit  einer  dichten  Reihe 
silberner  Knöpfe  besetzt.  Hose  und  Weste  aus  gelblichem 
Wollstoff.  Steifer  weisser  Hemdkragen  ohne  Krlvatte. 
Weicher  Filzhut.  Scbwarzlederne  Reitstiefel,  weisse 
Strümpfe  mit  buntgesticktem  Strumpfband, 

Der  reiche  Brnstschmuck  des  Mädchens  besteht  aus  ver- 
goldetem Silber  ohne  Steine  und  Filigranarbeit  (vgl.  Nr. 
14,  25,  26  auf  Tafel  BQ).  Die  Masse  der  unter  dem  Arm 
befestigten  Unterröcke  verdeckt  die  Taille.  Das  Glieder 
besteht  aus  Wollstoff,  bisweilen  auch  aus  Seide,  der  rothe 
Wollgürtel  endet  in  Troddeln,  die  auf  eine  feine  weisse 
Schürze  herabfallen.  In  den  von  der  Taille  herabhängenden 
Hüftstücken  (Silberspitzen  auf  rothwollenem  Grunde)  führt 
die  Braut  ein  tragbares  Sitzkissen  bei  sich. 

Der  Kopfputz  besteht  aus  einer  geschlossenen  Krone  aus 
Wolle  mit  herabfallender  Feder  und  flachem  Boden.  Steifer 
Hemdkragen  ebenso  wie  bei  dem  Manne. 

Das  am  Gürtel  befestigte  Taschentuch  ist  ein  Geschenk 
des  Mannes.  Blaue  oder  schwarze  Strümpfe.  Ausge- 
schnittene Schuhe  ohne  Hacken. 


Nr.  20.  -  Dalekarlien.  Kirchspiel  Mora. 
Bergmann  und  Ackerbauer  in  Wintertracht.  Der  Oberrock 
ans  grobem  Tuch  ist  schwarz  oder  weiss  je  nach  dem  Canton. 
Charakteristisch  für  das  Kirchspiel  Mora  ist  der  ForsUnn, 
die  Lederschnrze,  von  deren  Gürtel  zwei  Dolchmesser  herab- 
hängen. Der  dicke  üeberzieher  ist  mit  Schaffell  gefüttert. 
Starke  Schuhe  mit  breiten  Schnallen.  Filzhut  mit  schmaler 
heruntergeschlagener  Krempe. 

Nr.  21  u.  22.  -  Provinz  Bergen.    Amtsbezirk  Sondre- 
Bergenhus.    Kirchspiel  Voss. 
Neuvermählte  und  Brautjungfer.     In  Betreff  der  Schmuck- 
stücke vergl.  Tafel  B  Q,  Nr.  4,  9,  12,  17,  20,  23,  24. 

Die  Brautjungfer  trägt  ein  Mieder  mit  Achselbändem  aus 
Wolle,  mit  schwarzem  Velours-Besatz.  Das  Bruststück  zeigt 
ein  farbiges  Stickmuster  in  regelmässigem  Mosaikstil.  Das 
Hemde  endet  in  einen  sclimalen  Stehkragen  mit  Cravatte 
oder  Goldkette. 

Die  Brautkrone  der  Neuvei-mählten  besteht  in  einer 
flachen  von  Schmnckgehängen  umgebenen  Platte,  dem 
Zeichen  der  Jungfrauenschaft,  unter  der  das  Haar  —  bis- 
weilen durch  eine  Pertcke  ergänzt  —  frei  herabwallt.  Das 
zusammengefaltete  Taschentuch  ist  für  den  jungen  Ehe- 
mann bestimmt  und  wird  sorgfältig  aufbewahrt. 


Wegen  der  Herkunft  der  Originale  und  der  Literatur  vgl.  den  Teod  zu  Tafel  B  S. 


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SCHWEDEN 


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SCHWEDEN 


BAUERNTRACHTEN  AUS  SCHWEDEN  UND  NORWEGEN. 


Nr.  23.    Schonen,  Bezirk  Jerrestad. 

Mädchen  während  der  Ernte.  —  Die  ganze  Betleiduug  he- 
steht  ans  einem  langen  Hemde,  hoste  sarlii},  das  am  Halse 
mit  einem  Knopfe  geschlossen,  über  der  Brust  offen,  durch 
einen  Wollengürtel  zusammengehalten  wird.  Um  den  Kopf 
schlingt  sich  ein  gerollter  Stoff,  dessen  Enden  hinten  lang 
herabfallen. 

Diese  alterthümliche  Bekleidung,  noch  vor  dreissig  Jahren 
allgemein  üblich,  bildete  die  gewöhnliche  Tracht  der  alten 
Skandinavier  männlichen  und  weiblichen  Geschlechts.  Die 
Vornehmen  trugen  sie  in  Seide  mit  möglichst  langer 
Schleppe. 

Nr.  24  und  25.    Provinz  Bergen.    Hardanger. 

Bauer  im  Sonntagsstaat.  Brautjungfer.  —  Der  Bauer  in 
langem,  hellfarbigem  Rock  mit  weissen  Knöpfen  und  schwarz 
wollenem  Verstoss.  Weste  mit  gestickten  Schössen,  Leder 
hose,  weisse  Strümpfe,  Reitstiefel  oder  Schuhe  mit  silbernen 
Schnallen.  Mütze  mit  Pelz  auf  schlag.  Uebergeschlagene: 
Hemdkragen  mit  bunter  Cravatte.  Das  ganze  National- 
kostüm entstammt  dem  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts 
und  wurde  noch  um  1840  regelmässig  Sonntags  getragen 
Die  Brautjungfer  ,  meist  selbst  eine  verheirathete  Frau 
trägt  das  Brautkörbchen  aus  bemaltem  Holz.  Bemerkens 
werth  ist  der  weisse  Fuss  über  dem  wie  gewöhnlich  dunklen 
Strumpf.  Die  ausgeschnittenen  Schuhe  sind  ohne  Band 
und  Rosette. 

Nr.  26.    Dalekarlien.    Kirchspiel  Leksand. 

Frau  und  Kind.  Wintertracht.  —  Die  Mütze  aus  spitzen- 
besetztem Wollstoff  mit  flachem  Grund  bedeckt  die  Haare 
vollständig.  Sie  ist  im  Sommer  aus  Linnen.  Unverheirathete 
Mädchen  tragen  sie  hinten  offen,  so  dass  die  bebänderten 
Zöpfe  darüber  hervorhängen.  An  den  Schuhen  ist  der 
mitten  unter  dem  Fuss  befindliche  Absatz  hemerkens werth. 


An  das  niedrige  Mieder  fügt  sich  ein  am  Halse  an- 
schliessendes Brusttuch.  Als  Ueberjacke  dient  eine  weisa- 
woUene  Weste  mit  Lammfellbesatz.  Von  der  Hüfte  fallt 
ein  meist  fein  vertikal  gemusterter  Rock  auf  eine  graue 
oder  blaue,  in  der  Trauer  gelbe  Schürze.  Die  Dale- 
karlierinnen,  ebenso  wie  die  Lappländerinnen,  tragen  ilu-e 
Kinder  in  einer  Art  Futteral  auf  dem  Rücken. 

Nr.  27  und  28.  Provinz  Drontheim.  Amtsbezirk 
Eomsdal.  Gerichtsbezirk  Sondmor. 
Mann  und  Mädchen  im  Hochzeitsstaat.  —  Die  Neuvermählte 
trägt  die  Brautkrone  aus  vergoldetem  Kupfer.  (Vgl.  Tafel 
BQ.  Nr.  21.)  Diese  der  Kirche  gehörige  Krone  wird  nur 
der  untadligen  Jungfrau  vom  Geistlichen  aufgesetzt  und 
mit  Blumen  geschmüctt.  Farbige ,  mit  schwarzer  Spitze 
besetzte  Bänder  fallen  an  den  Seiten  herab.  Das  Haar,  in 
der  Mitte  gescheitelt,  wallt  frei  über  den  Rücken. 

Eine  Art  Pelerine  aus  Wolle ,  mit  Spitzenstreifen  und 
seidenen  Schleifchen  gamirt,  bedeckt  die  Brust.  Das  rothe 
Mittelstück  ist  mit  einem  durch  Kettchen  gehaltenen 
Goldschinuck  decorirt.  (Vgl.  Tafel  BQ.  Nr.  9.)  Das  Ende 
der  Pelerine  wird  durch  eine  Breche  an  dem  Mieder  be- 
festigt. Der  kleine  Muff  ebenso  wie  der  Wollgürtel,  dessen 
Ende  über  die  kurze  Schürze  herabfällt,  ist  mit  kleinen 
Schmuckstücken  und  Agraffen  besetzt.  Dunkelfarbiger 
Rock  mit  zwei  Parallelstreifen  und  Soutache.  Dunkle 
Strümpfe.   Ausgeschnittene  Schuhe  mit  silberner  Schnalle. 

Der  Mann  trägt  einen  hohen  Seidenfilzhut  mit  schmalem 
Bande,  das  vom  durch  eine  Silberschnalle  zusammen- 
gehalten wird.  An  den  Ecken  eingeschlagener  Stehkragen 
mit  bunter  Cravatte.  Kurze  Weste  in  spanischem  Schnitt 
ohne  Gürtel.  Scharlachfarbene,  weiss  gefutterte  Jacke  mit 
weissen  Knöpfen. 


Nr.  29  und  30.    Schouen.    Bezirk  Ingelstad. 

Mann  und  Frau  im  Hochzeitsstaat.  —  Der  Brustschmuck  der 
Frau  ist  aus  vergoldetem  Silber  (vgl.  Tafel  B  Q.  Nr.  14,  25. 
26).    Der  Mann  trägt  ein  Reitcostüm. 
Nr.  31  und  32.    Südennanland.    Kirchspiel  Wingäkir. 

Braut  und  Bräutigam.  —  Der  hier  nicht  abgebildete  Hut 
ebenso  wie  bei  Nr.  27.  Der  Ueberrock  ist  eine  Art  weisser 
Kaftan  aus  ungebleichter  Leinwand,  Walmar  genannt. 
Knopflos  bildet  er  über  der  Brust  einen  Aufschlag,  der 
das  lichtpurpurne  Futter  sehen  lässt.  Weste  in  Tricot, 
enge  Hose,  weisse  Strumpfe,  Schnallenschuhe.  Um- 
geschlagener, spitzenbesetzter  Hemdkragen. 


Die  Braut  in  hoher  Leiiiwandmütze,  die,  sich  mitrenartig 
von  der  Stirn  erhebend,  die  Haare  bedeckt  und  in  zwei 
Spitzen  endigt.  lieber  den  Rücken  fallen  von  derselben 
buntfarbige  Bänder  herab.  Umgeschlagener  Hemdkragen 
mit  Spitzen  besetzt.  Eine  Art  Spencer  aus  feiner  schwarzer 
Wolle  bedeckt  den  oberen  Theil  des  Mieders  und  ist  dort 
mit  einer  breiten  Doppelagraffe  befestigt.  Eine  ähnliche 
Agraffe  schliesst  den  Gürtel  über  der  Seidenschüvze  und 
dem  scharlachenen  Rocke.  An  dem  Gürtel  wollene  Franzen- 
tüeher  und  eine  Schnur  befestigt,  von  der  Ledersäckeben 
mit  Silberlöffel,  Messer,  Gabel,  Nadelbüchse  u.  s.  w. 
herabhängen. 


Wegen  der  Herhinft  der  Originale  und  der  Literatur  s.  den  Text  zu  Tafel  B  S. 


V  ^' 


3WEDBN 


5i:HWEDEN 


-i?^^ 


SCHWEDEN  UND  NORWEGEN 


LANDLEUTE 

11        12        2        1        5        4        3 

10  9  8  7  6 

Die  Nr.  1  bis  5  stellen  Einwolmer  Dalekarlieus  tlar,  einer  nördlielien  Provinz  Schwedens, 
deren  gebirgiges  Terrain  die  Bevölkerung  auf  den  Bergbau  (Kupfer,  Eisen,  Blei)  anweist.  Das 
Küma  ist  rauh  und  der  Boden  unfruchtbar,  sodass  die  Bewohner  häufig  gezwungen  sind,  nach 
fruchtbareren  Gegenden  auszuwandern. 

Nr.  1  und  2.     Einwohner  von  Mora,  die  sich  mit  der  Uhrenfabrikation  beschäftigen. 

Nr.  3,  4,  5.  Familie  aus  Leksand  im  Sonntagsstaat.  Die  Tracht  ist  in  der  ganzen  Um- 
gegend die  gleiche.  Nm-  durch  die  Farbe  der  Schürze  unterscheiden  sich  die  einzelnen  Ge- 
meinden von  einander. 

Nr.  G.     Eine  reiche  Bäuerin  aus  Scanieu  im  südlichen  Schweden  im  Sonntagsstaat. 

Nr.  7  und  8.  Bauer  und  Bäuerin  aus  Sätersdalen  (Norwegen).  Der  Hauptbestandtheil  der 
männlichen  Kleidung  ist  eine  ungewöhnlich  lange  Hose,  die  durch  den  Hosenträger  an  die  kurze, 
mit  der  Jacke  ein  Stück  bildende  Weste  angeknöpft  ist.  Für  die  weibHehe  Tracht  charakte- 
ristisch ist  der  ungemein  kurze  doppelte  Eock,  der  über  den  Gürtel  empor  gezogen  ist,  so  dass 
er  oberhalb  desselben  ein  Mieder  bildet,  das  rothseidene  Kopftuch  und  der  plaidartige,  aus  selbst- 
gefertigtem WoUenstoff  bestehende  Umhang. 

Nr.  9  und  10.  Braut  und  Brautjungfer  aus  Hardanger.  Der  vergoldete  Füigi-anschmuck 
an  der  Brust  ist  nationale  Arbeit,  in  deren  Ornamentik  noch  uralte  nordische  Motive  zu 
erkennen  sind. 

Nr.  11  und  12.     Braut  und  Bräutigam  aus  Hitterdaleu. 

Nach  Exemplaren  einer  grossen  Samnilung  von  schwedischen  und  norwegischen  Costiim- 
figuren,  die  auf  der  Pariser  Weltausstellung  von  1867  zu  sehen  waren. 


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BQ 
SCHWEDEN 


SCHMUCKGEGENSTÄNDE  DER  SCHWEDISCHEN   UND 
NORWEGISCHEN  BÄUERES'NEN. 


Nr.  1. 
Mittelplatte  eines  Halsbandes  mit  Gehänge ,  das  aus  5  fein- 
gedrehten Silberschnüren  besteht.  Oblonge  vergoldete 
Platte  mit  aufgesetztem  Filigran  und  brillantartig  ge- 
schliffenen Steinen.  Ein  farbiger  Stein  als  Gehänge,  um- 
geben von  einem  Kettchen  ,  das  ein  zweites  grösseres  Ge- 
hänge trägt.    Norwegisch. 

Nr.  2. 
Brauttrone.    Strahlenförmig.    Vergoldetes  Kupfer  und  Silber. 
DurchbrocheiiesFiligran.  Rubinen  und  Smaragden.  Facettirte 
Gehänge.    Norwegisch. 

Nr.  3. 
Broche.    Vergoldetes  Silber. 

Nr.  4. 
Gürtel  aus  rother,  grünbesetzter  Wolle.    Aufgesetzte  quadra- 
tische Metallplättchen  mit  beweglichen  Scheiben.    Agraffe 
mit  Häkchen.    Die  Platten   gestanzt,   die  Agraffe  und  die 
grössere  Scheibe  daneben  mit  aufgesetztem  Filigran. 
Nr.  5. 
Mittelplatte  eines  Halsbandes,   das  aus  4  Kettchen  besteht. 
Farbige,  rautenförmig  geschliffene  Steine.    Norwegisch. 
Nr.  6. 
Goldring  mit  beweglichen  schellen  artigen  Kügelchen.    Nor- 
wegisch, isländisch  und  lappländisch. 
Nr.  7. 
Brustgehänge.    Die  Broche  hält  das  Hemd  zusammen ,  das 
Gehänge  breitet  sich  über  das  Mieder  aus.  Goldgrund  mit 
aufgesetztem  Silberfiligran,  Rubinen  undSmaragden.  Schwe- 

Nr.  8. 

Ohrring    in    durchbrochenem  Silber.     Kleine   Rosen,    zwei 

Rubine  und  bewegliche  SUberbrochen.    Norwegisch. 

Nr.  9. 

Broche,   silbervergoldet  oder  Kupfer.    Ausgestanzte  Buckel, 

von  denen,  eine  bewegliche  Scheibe  oder  ein  byzantinisches 

Krenz  herabhängt. 


Herzförmiges  Gehänge  mit  beweglichen  Scheiben.  Vergoldeter 
Grund,  Silberaiigran.  Rubine.  Das  Medaillon  ist  häufig  zu 
Öffnen  und  enthält  ein  Liebespfand.    Norwegisch. 


Gehänge  in  Form  eines  Kreuzes.  Vergoldeter  Grund,  Silber- 
filigran,  Rubine,  Smaragden,  Perlen  in  den  Innenwinkeln 
des  Kreuzes,  am  Ende  der  Kreuzanne  bewegliche  Scheiben 
Norwegisch. 

Nr.  12. 

Gehänge,  medaillenförmig,  leicht  convex.   Vergoldeter  Grund. 

Silberfiligran,  ohne  Steine.   In  der  Mitte  der  verschiedenen 

Plättchen  ein  Metallperlchen  in  der  Form  einer  beweglichen 

Schelle.    An  den  drei  kleineren  Hängern  sind  durch  einen 

Ring  Münzen  befestigt,  von  denen  je  drei  lancettfönnige 

Blättchen  herabhängen.    Norwegisch. 

Nr.  13. 

Gürtel  aus  auf  Leder  gesetzten,  durch  Scharniere  verbundenen 

Kupferplättchen,  von  denen  bewegHche  Ringe  herabhängen. 

Norwegisch. 

Nr.  14. 
Grosses  Brustkreuz  (Brautschmuck  in  Schonen)  mit  beweg- 
lichen Plättchen. 

Nr.  25  und  26. 


Nr.  15. 

Doppelknopf,  als  Agraffe  am  Hemdkragen.     Von  der  Mitte 

jedes  Knopfes  fällt  eine  Kette  mit  einem  byzantinischen 

Kreuz  herab,  an  dessen  Armen  kleine  Ringe  hängen.    Das 

Silber  ist  leicht  ciselirt. 


Silberne  Broche  mit  rautenförmigen  Gehängei 


Brustgehäuge  aus  vergoldetem  Kupfer.  Einfach  gestanzt  und 
mit  beweglichen  Plättchen  versehen,  hängt  es  vom  Hals  bis 
zum  Gürtel  herab. 


Nr.  21. 
Brautkrone  in  getriebenem  Kupfer,  vergoldet  mit  Sternchen, 
von  denen  bewegliche  Platten  herabhängen  (vgl.  die  Tafel 
mit  dem  gekrönten  A  Nr.  28). 


Nr.  20. 
Brnstschnalle.   Vergoldeter  Grund,  Silberfiligraii,  Rubine  und 
Smaragden.    Norwegisch. 


Nr.  23  und  24. 
Braufckopfschmuck    des  Kirchspiels  Voss.     (Tafel   mit    dem 
Flintenhahn  Nr.  22.)    Carton  mit  gesticktem  Wollzeug  be- 
zogen, Kupferplättchcn  mit  SilberOligran. 


Alle  Äbbildwngen  sind  auf  die  Hälfte  der  natwiichen  Grösse  reduciii  und  stammen  aus  der  schtve- 
disclien  Sedion  der  Pariser  Ausstellung  1878.  Sie  sind  Eigenthum  des  skandinavischen  Museums 
in  Stockholm. 

(Für  die  Literatw  vgl  den  Text  zu  Tafel  B  S.) 


^33 

BP 
SCHWEDEN 


DAS   HOLZHAUS.  —   LANDLEBEN.  DAS   INNERE    DER  WOHNUNGEN. 

HOLZGERÄTHE  DES  LANDMANNS. 

Dos  abgebildete  Zimmer  gelmi  zu  einem  Sause  mit  Sparrendach  (Byggastuga) ,  einem  alten 
Wohnimgstypus ,  dem  man  noch  in  mehreren  Provinzen  begegnet.  Das  dargestellte  Exemplar 
stammt  aus  dem  Distrid  Halmstad  und  Arstad  in  Halland. 

Pas  uonvegisch-schwedische  Bauernhaus  ist  gewöhnlich  aus  Fichtenholz  erbaut,  lUis  von  .Jahr 
zu  .Jahr  an  Härte  zunimmt  und  schliesslich  der  schärfsten  Axt  widersteht.  Mehrere  solche  Gebäude 
bilden  einen  Gaard,  eine  Faiin.  Der  Schlatraum  der  Familie,  der  Schlafraum  der  Arbeiter,  die 
Speisekammer ,  der  Werkzeugschuppen ,  der  Stall ,  der  Kornspeicher ,  der  Backofen ,  alles  ist  in 
bestimmten  Zwischenräumen  der  Feuersgefahr  halber  in  besonderen  Gebäuden  untergebracht.  Die 
einzelnen  Gaards  sind  oft  durch  meilenweite  Entfernungen  getrennt.  Diese  Isolirung  zwang  den 
Landbewohner  von  jeher,  sich  fast  alle  Gebrauchsgegenstände  selbst  anzufei  tigen,  ein  Umstand,  der 
zur  Jahrhunderte  langen  Conservirung  der  Formen  und  der  Ornamentirung  geführt  hat. 

Das  Zimmer  unserer  Abbildung  gehört  zu  einem  solchen  Hause  aus  rohen  oder  behauenen, 
durch  Holzpflöcke  verbundenen  Fichtenstämmen.  Die  Zwischenräume  sind  mit  einer  Mischung  aus 
Moos  und  Lehm  verstopft.  Das  Dach  besteht  aus  leichtem  Zimmei-werk,  mit  Birkenrinde  bedeckt. 
Darüber  unterhält  man  zur  Verminderung  der  Feuersgefahr  einen  dichten  frischen  Rasen.  Das 
ganze  Haus  enthält  gewöhnlich  nm-  zwei  Bäume,  eine  Art  Vestibül  mit  nicht  mehr  als  fusshohem 
Eingange  und  ein  gi'osses  Zimmer,  das  zugleich  als  Schlaf kammer ,  Küche  imd  gemeinsamer  Ver- 
sammlungsort dient.    Das  einzige  Dachfenster  liegt  nach  Süden. 

Ein  Bett  ist  mu-  für  das  Haupt  der  Familie  und  die  Hausfrau  vorhanden,  alle  Anderen  schlafen 
auf  mit  Stroh  und  Schaffellen  bedeckten  Bänken. 

Die  Aussenseite  des  Hauses  ist  meist  mit  einem  röthlichen  Anstrich  versehen.  Als  Innen- 
decoration  dienen  die  an  der  Wand  und  an  der  Decke  befestigten  Linnengewebe  der  Hausfrau,  die 
•  der  Gatte  mit  Wasserfarben  bemalt.  Die  Motive  dieser  Malereien  sind  der  Bibel  entnommen  (Ge- 
burt Christi,  Noah  und  die  Arche,  Opfer  Abrahams),  doch  kommen  auch  Genrescenen  vor,  die  dann 
vielfach  den  Charakter  der  Caricatur  annehmen.  Der  Boden  ist  mit  Fichtenzweigen ,  im  Sommer 
mit  Blumen  bestreut. 


Das  Mobiliar  ist  das  denkbar  einfachste.  Es  besteht  auf  unserer  Abbildung  aus  der 
einer  Wanduhr,  einem  secretärartigen  Schrank,  einem  gefällig  geschnitzten  Tisch  mit  Schublade, 
auf  dem  ein  dreifilssiger  Armleuchter,  eine  Butterbüchse  und  anderes  Geräth  bemerkenswerth  sind, 
einer  Bank,  einer  holzgeschnitzten,  eisenbeschlagenen  Lade  für  die  Garderobe  und  einer  darauf 
stehenden  ovalen  Hut-  und  Haubenschachtel  aus  bemaltem  Holz.  Im  Dachgiebel  und  an  der  Seite  der 
Bettlade  befinden  sich  Wandbretter,  die  mit  bemalten  Schüsseln,  Thonleuchtern  u.  s.  w.  bestellt  sind. 


Nr.  1. 
Doppellöffel,  angefertigt  für  die  Neuvermählten  am  Hoch- 
zeitstag.   0,20  m  lang. 

Nr.  2. 
Kaffeekanne    aus    geschnitztem   und  gemaltem  Holz.     Nor- 
wegisch.   0,35  m  hoch. 

Nr.  3  u,  12. 
Holzlöffel  aus  der  Provinz  Herjeadale  im  nördlichen  Schweden. 
15  und  13  cm  lang. 

Nr.  4. 
Bierkrug  aus  geschnitztem  und  bemaltem  Holz.    Norwegiscli. 
0,20  m  hoch. 

Nr.  5. 
Löft'el  mit  gravirtem  und  gemaltem  Stiel.    0,10  m  lang. 


Nr.  6  I 


Nr.  8. 

Dreifacher    Venirlöffel 

mi 

durchbroch 

Griff. 

Dalekarlien. 

0,35 

m  lang. 

Doppellöffel  derselben  Art,  i 


und   bemaltem 

1  Holz  geschnitzt.   0,17  m  lang. 

10. 

bemalt.     Norwegisch. 


Vexii 


oder  drei  vereinigte! 


Biernapf  von  aussen  und  innen  bemaltem  Holz  in  Form  eines 
Schilfes  mit  einem  Hahnenkopf  als  Vordertheil.     Auf  dem 
weissen  Band  ein  Bibelvers.    Norwegisch.    0,30  m  lang. 
Nr.  12,  13  u.  16. 
Butterbüchsen  mit  Lincaroruamenten  im  Geschmack  der  Lapp- 
lander.   Norwegisch.    0,30  m  hoch. 
Nr.  14. 
Doppellöffel  mit  durchlöchertem  Stiel  und  beweglichen  Itingen. 
Die  Innenseite  gravirt.     0,18  m  lang. 


Interieur  und  Hausrath  gehörten  der  schwedischen  Section  der  Pariser  Ausstellung  von  1878  an. 
Sie  entstammen  dem  skandinavischen  Museum  in  Stockholm.  Bezüglich  des  Textes  s.  die  Nach- 
weise zu  Tafel  BS. 


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SWEDEN 


SIIEDE 


SCHV/EDEN 


Schirndt   lith 


Imp  tiimm  Diiot  et  C* 


BP 


1)3^ 


HOLLAND 


VOLKSTRACHTEN  AUS  DE]\I  ANFANG  DES  XJX.  JAHRHUNDERTS. 


Fig,  1.  -  Brautkostüiii;  Inj^ol  Marken,  Zuideizee. 

Fig.  2  u.  3.  —  Friesische  Kostüme.  Der  sch/pper  oom ,  der 
Onkel  SchifFsführer  und  seiue  Frau,  die  Tante  in  Fest- 
tracht. 

Fig.  4.  —  Nordholländerin  aus  Älkmaar. 

Fig.  5  u.  6.  —  Dame  und  Dienerin,  Friesland. 

Fig.  7  u.  8.  —  Fischer  von  der  Insel  Eris  oder  Schokland. 
Zuiderxee. 

Fig.  9  u.  10.  —  Bauer  und  Bäuerin,  Gueldern. 


g.  11  u.  12.  —  MiUhfrau  und  Magd.  Kotterdara. 
g.  13  u.  14.  —  Bewohner  von  Walfheren. 
g.  15.  —  Fischhändlerin,  Scheveniiigen. 
g.  16  u.  17.   —   Bauer   und  Bäuerin  von   der   Insel   Zuid- 
Beveland. 
Fig.  18  u.  19.  —  Nordholländerinnen  in  Festtracht;   Fig.  18 
aus  dem  Dorf  Catwyk  an  der  Nordsee;  Fig.  19  aus  Volen- 
dam  an  der  Zuiderzee. 


Die  sechs  Tafeln  mit  dem  Tragkorb,  dem  Kaninclieri,  dem  gekrönten  E,  AO,  AV,  AX  schildern 
das  Holland  des  XIX.  Jahrhunderts  und  bilden  die  Vervollständigung  des  von  Maaskamp  1803—1807 
in  Amsterdam  herausgegebenen  Werkes,  dem  ein  Theil  der  Abbildungen  entnommen  ist.  Die  übrigen 
Figuren  der  genannten  Tafel  sind  theils  nach  Originalphotographieen,  theils  nach  den  Figiu-inen  in 
der  holländischen  Abtheiluug  der  Pariser  Welt-Ausstellung  von  1878  angefertigt. 


Fig.  1.  -  Brautkostüm;  Insel  Marken.  —  Die  Kleidung  der 
Männer  auf  dieser  Insel  ist  sehr  einfach ;  sie  gleicht  der 
der  Fischer  von  Urk  (vgl.  Tafel  A  V  Nr.  1),  die  der  Frauen 
ist  charakteristisch  und  ffir  Kinder  und  erwachsene  Mäd- 
chen gleichartig.  Die  Braut  trägt  eine  leinene,  mit  feiner 
Gaze  bezogene  und  mit  Spitzen  besetzte  Mütze,  die  mit 
rothen  und  schwarzen  Seidenbändern  garnirt  ist.  Unter 
derselben  sehen  ein  paar  Haarlocken  über  der  Stirn  und 
an  den  Schläfen  hervor.  Die  Ärmel  des  Hemdes  werden 
zwischen  Schulter  und  Ellenbogen  sichtbar  und  enden  ober- 
halb des  Handgelenkes  in   schwarzgestickte  Manschetten. 


Ein  Stück  rothen  Stoffes  umschliesst  Hals  und  Brust. 
Darüber  legt  sich  ein  ärmelloses  gleichfarbiges  Camisol, 
das  oben  durch  eine  GoldagrafFe,  unten  durch  Schnürsenkel 
befestigt  ist.  Darüber  befindet  sich  ein  zweites  gelbes, 
reich  geblümtes  Camisol  mit  breiten  Achselstücken,  über 
den  Hüften  durch  Fischbein  verstärkt.  Die  braunen  Ärmel 
sind  besondere  Stücke.  Unter  dem  dunkelblauen  Rock 
werden  je  nach  dem  Vermögen  bis  sechs  Unterröcke  ge- 
tragen. Eine  gro.sse,  weisse  Schürze,  ein  leicht  geknüpftes 
Halstuch  und  Schuhe  mit  silbernen  Schnallen  vervollstän- 
digen das  Kostüm. 


■  kleinen  Stadt  in  Feat- 

Der  Schipper  ooni  mit  der  woeff,  Tante,  kommt  aus  dem 
Gottesdienst.  Er  trägt  die  hölzerne  Kohlenpfanne  seiner 
Fran.  Sein  Kostüm  besteht  aus  einem  langen  Rock  von 
brauner  Serge  ,  ebensolchen  Hosen ,  die  unter  dem  Knie 
durch  ein  Band  befestigt  sind,  einer  Weste  aus  Damast 
mit  .Silberknöpfen,  enger  Halsbinde  und  unter  dem  Kinn  mit 
einem  goldenen  Dop^elkn^f  geschlossenem  Hemde.  Unter 
dem  Dreispitz  sitzt  eine  eingepuderte  Perrücke. 

Die  Tante  trägt  eine  vorn  offene  Jacke  aus  Zitz,  einen  viel- 
fach geßltelten  Damastrock  über  einem  Hüftwulst,  ein 
kattunenes  Halstnch,  ebensolche  Schürze  und  einen  mit 
demselben  Stoff  gefutterten  Strohhut. 

Fig.  4.  —  Nordholländerin  aus  Alkmar.  —  Der  Kopf  ist  zu- 
nächst von  einer  weissen,  seh  waregeblümten  Beguine  um- 
hüllt, unter  der  nur  zwei  Löckchen  an  den  Schläfen  her- 
vorsehen. Die  Beguine  wird  durch  ein  breites  biegsames 
Goldblech  um  den  Hinterkopf  herum  gehalten.  Dasselbe 
endet  über  den  Ohren  in  zwei  offene  längliche  Arme,  auf 
denen  zwei  andere  Platten  liegen,  welche  di-e  Beguine  am 
Vorderkopf  befestigen  (vgl.  Tafel  E  Nr.  4  u.  7,  Tafel  mit 
dem  Kaninchen  Fig.  18).  Dazu  kommt  noch  ein  Stirnstück 
aus  demselben  Metall,  das  quer  über  einen  Theil  der  Stirn 
fortläuft  und  an  seinem  Ende  bisweilen  mit  Perlen  und 
Diamanten  besetzt  ist  (vgl.  Tafel  ÄO  Fig.  7  u.  10).  Das 
Ganze  ist  mit  einer  Haube  mit  durchsichtigem  Gazeboden 
bedeckt.  Dazu  kommt  ein  Schoossmieder  mit  langen  Är- 
meln, ein  Kamelotrock  und  eine  seidene  Schürze, 

Fig.  5  u.  6.  —  Reiche  Friesländerin  und  Magd.  —  Die 
letztere  tragt  ein  weisses,  unter  dem  Kinn  durch  eine 
goldene  Agraffe  geschlossenes  und  ein  rothes  Fichu,  das, 
vorn  offen,  shawlartig  eingeschlagen  ist. 

Die  Herrin  trägt  eine  fast  runde  Kopfbedeckung  aus  Spitzen, 
die  am  Hinterkopf  durch  eine  Goldplatte  befestigt  ist.  Von 
den  beiden  Enden  der  letzteren  geht  ein  Goldfaden  aus, 
der  sich  reifenartig  über  der  Stirn  erweitert  und  das  Vor- 
dertbeil  des  Kopfputzes  stützt.  Darüber  sitzt  ein  Hut  von 
gleichem  Schnitt  aus  feinstem  Strohgeflecht  mit  einem  Über- 
zug aus  geblümtem  Zitz,  von  dem  zwei  lange  Bänder  über 
die  Brust  herabhängen. 

Fig.  7  u.  8.  ~  Bewohner  der  Insel  Ens  oder  Schokland.  — 
Der  Mann  ist  bekleidet  mit  einer  gestickten  wollenen  Kappe, 
einer  rothen  Weste  mit  Silberknöpfen,  einer  dunkelblauen 
Jacke  und  einem  wollenen  Überrock.  Die  Hose  ist  aus 
demselben  Stoff,  die  Strümpfe  aus  grauer  Wolle.  Als  Fuss- 
bekleidung  dienen  Holzschuhe. 

Die  Frau  trägt  ein  Scharlachraieder,  dessen  Ärmel  sich  unter 
dem  Ellenbogen  mit  einem  Knopf  schlieasen.  Charakte- 
ristisch sind  die  Goldgalonniruiigen  der  Nähte.  Über  dem 
Mieder  sitzt  ein  blaues  ärmelloses  Camisol.  Ein  blau  und 
violett  karrirtes  Halstuch  ist  cravattenartig  geknotet.  Die 
Mütze  ist  ein  turbanartig  um  den  Kopf  gewickeltes ,  vorn 
gesticktes  Stück  Leinwand,  unter  dem  das  Haar  vorsieht. 
Der  graue  Rock  ebenso  wie  die  blaue  Schürze  sind  aus 


Wolle.  Als  Fussbekleidung  dienen  blaue  Strümpfe  und 
Holzschuhe. 

Fig.  9  u.  10.  —  Bauer  und  Bäuerin  aus  Geldern.  —  Die 
Frau  trägt  ein  Spitzenhäuhchen  und  darüber  einen  grossen 
mit  blauer  Seide  gefütterten  Strohhut.  Ein  Busentuch  aus 
weissem  Musselin  und  ein  zweites  aus  geblümtem  Kattun 
umhüllen  den  Hals.  Das  Mieder  ist  ebenfalls  aus  bedruck- 
tem Kattun.  Der  Rock  aus  Wolle,  die  Schürze  aus  frie- 
sischem Linnen. 

Der  Bauer  ist  bekleidet  mit  an  den  Seiten  aufgeschlagenem 
Hut,  seidenem  Halstuch,  blauem  Tuchrock,  Weste  und  Hose 
von  gleicher  Farbe,  Wollstrümpfen  und  Schnallenschuhen. 

Fig.  11  u.  12.  -  Magd  und  Milchmädchen  ans  Rotter- 
dam. —  Die  jüngeren  Müchhändlerinnen  tragen  einen 
grossen,  vorn  und  hinten  aufgeschlagenen  Strohhut,  mit 
geblümtem  Stoff"  gefüttert,  grosse  Ohrringe  und  Korallen- 
halsband. Die  Magd  zieht  das  Geld  aus  einem  grossen, 
mit  einem  silbernen  Haken  am  Gürtel  befestigten  Beutel, 
der  in  einer  andern  Abtheilung  Nähutensilien  zu  enthalten 
pflegt. 

Fig.  13  u.  14.  —  Seeländer,  Bewohner  der  Insel  Walchoren, 
in  Festtracht. 

Der  Mann  trägt  einen  feinen  Castorhut,  eine  langschössige 
Weste  aus  dunkelblauem  Tuch,  dunkelfarbigen  Rock,  eben- 
solche Hose,  schwaree  Strümpfe  und  Schnallenschuhe. 

Die  Frau  tragt  unter  dem  Strohhut  mit  an  den  Seiten  her- 
untergeschlagenem Rande  ein  gefälteltes  Häubchen  nnd 
Stirnblech.  Den  Oberkörper  bedeckt  ein  Schoossmieder. 
Dazu  kommt  ein  gestreifter  Rock  und  eine  karrirte  Lein- 
wandschürze. 

Fig.  15.  —  Fischhändlerin  aus  Scheveningeu.  —  (Vgl.  Tafel 
AV  Fig.  23). 

Hut  aus  grobem  Strohgeflecht,  mit  geblümtem  Zitz  gefüttert, 
der  Rand  mit  rothem  Band  besetzt;  flacher  Boden  zum 
Tragen  von  Körben.  Darunter  eine  Haube  aus  Cambrai- 
Leinen.  Daran  befestigt  der  gewöhnliche  Schläfenschmuck 
aus  Gold  oder  Silber  mit  Goldkugeln  oder  Perlengehänge. 
Halsband  aus  Korallen  mit  Goldagraffe.  Halstuch  aus 
Linnen.  Mieder  aus  Serge  oder  Kattun,  Rock  aus  blauer 
Serge  und  gleichfarbige  Schürze.  Mäntelchon  ohne  Kapuze 
aus  brauner  Serge,  mit  rothem  Flanell  gefüttert.  Blaue 
Strümpfe  und  schwarze  Schnallenschuhe  mit  niedrigen  Ab- 

Fig.  16  u.  17.  —Seeländer;  Mann  und  Frau  von  Zuid-Beve- 
land.  —  Der  Mann  trägt  eine  Weste  aus  Damast  oder  ge- 
blümtem Kattun  mit  grossen  durchbrochenen  Silberknöpfen. 
Das  Vordertheil  der  Hosen  ist  mit  zwei  grossen  convesen 
Silberknöpfen  geschmückt,  während  zwei  kleinere  die 
Taschen  schliessen.  Ebensolche  Knöpfe  schmücken  die 
Strumpfbänder,  silberne  Schnallen  die  Schuhe.  Die  schwere 
Uhrkette  hängt  rechts  über  die  Hosen  herab.  Das  Haar 
wird  lang  getragen,  über  der  Stirn  rund  verschnitten. 

Die  Bäuerin  in  Visitentoilette  kennzeichnet  sich  durch  die  quer 
über  die  Stirn  von  links  nach  rechts  gehende  hoofdnaald 
als  junges  Mädchen.    Sie  trägt  einen  grossen  Strohhut  über 


einem  auschliesseiiden  Mützclien  mit  goldenem  Schläfen- 
schmuck.  Ein  Stück  geblümten  Kattnns  bedeckt  Schulter, 
Brust  und  Oberarm.  Über  dem  weiss  geblümten  Mieder 
aus  schwarzem  Damast  kreuzt  sich  ein  buntes,  silber- 
gerändertes Seidenband,  Eine  grosse  silberne  Agraffe  sitzt 
an  der  Schnibbe  des  Mieders  und  hält  die  weite  rothe 
Leinen  schürze.  Eine  silberne  Kette  tragt  ein  Etui  mit 
Messer  und  Gabel.  Den  Unterarm  bedecken  besondere  Är- 
mel.   Ringe  an  den  Fingern  und  Schnallenschuhe. 


Fig.  18 
Die  Fn 


19.  —  Fischerfrauen  aus  Catwyk  und  Volendam. 
aus  Catwyk  tragt  als  Kopfputz  ein  gesticktes  Gazo- 
er  einem  schwarzen  Käppchen,  um  das  sich  eine 


breite  bis  oberhalb  der  Ohren  reichende  Goldplatte  legt. 
Von  der  Stirn  ausgehend  treffen  mit  derselben  zwei  andere 
Goldplatten  zusammen.  Von  den  Enden  des  hinteren  Kopf- 
blechs hängen  verschiedene  Rosetten  und  Perlengchänge 
herab.  Goldene  Halskette  mit  Agraffe,  Halstuch  aus  Mus- 
selin ,  durch  eine  Goldnadel  geschlossen.  Das  sonstige 
Kostüm  aus  Kattun  und  Seide. 
)ie  Frau  aus  Volendam  ist  bei  Weitem  einfacher  gekleidet. 
Ihr  einziger  Schmuck  sind  Ohrringe  und  Korallenhalsband. 
Ihre  Haube  ist  ans  feinem  Linnen  mit  weit  über  die  Stirn 
ragendem  Spitzenbesatz,  Leinenes  Busentuch  und  Mieder 
mit  kurzen  Ärmeln.  (Vgl.  das  Detail  der  Mütze  Tafel  AX 
Fig.  20). 


Abbildungen  nach  TahUaux  de  Vhabillement ,  des  mmirs  et  des  costumes  dans  la  Eepnhlique 
hatave,  au  commencement  du  dix-neumeme  siede,  von  E.  Maaskamp,  Amsterdam,  1803—1807;  mit 
Stichen  von  L.  Portman,  kolorirt  von  J. 


Vgl.  Andre  Tlumin  und  Baron  Trov/ve\  Voyage  dans  la  Belgique,  la  Hollande  et  Tltahe, 
Paris,  1841.  —  Louise  CoUetj  Promenade  en  Hollande,  1859.  —  L.  Jean  Aicard,  Visite  en  Hollande, 
1879.  —  Felix  Narjoux,  Notes  de  voyage  d'un  architecte,  1875.  —  Henry  Havard,  La  Hollande 
ä  vol  d'oiseau,  Paris,  1881. 


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Nr.  4. 


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Nr.  5. 


HOLLAND 


TRACHTEN  DES  XIX.  JAHRHUNDERTS. 


Haartrachten  der  Frauen. 

Nr.  1.  —  Friesiii  aus  Loeuwavden. 
Nr.  2.  —  Bäuerin  aus  Zaardain. 
Nr.  3.  —  Frau  aus  Beijprland. 


Xr.  4.  —  Mädchen  aus  Ameland. 
Nr.  5.  —  Mädchen  aus  Groeningen. 
-  Mädchen  aus  Ter-Goes  auf  Zuid-Bevel 
Nr.  7.  —  Mädchen  aus  Krommenie. 
Nr.  8.  —  Frau  aus  Beijerland. 
Nr.  9.  —  Frau  aus  Dordrecht. 
Nr.  10.  —  Mädchen  aus  Kromraeiiii'. 


Die  alten  Haartrachten,  Stirn-  und  Schläfenschmuck  haben  sich  fast  ausnahmslos  in  Holland 
erhalten  und  sind  bisweilen  nur  durch  Annahme  des  modernen  Hutes  wie  Nr.  9  entstellt  Die 
eigentlich  charakteristische  Haartracht  der  Friesinnen  findet  sieh  übrigens  nicht  hier,  sondern  auf 
Tafel  5. 


Moderne  Trachten ,  zu.saniuiGn gestallt  mit  solchen  aus   ileni 
Anfang'  des  JahrhuuderU. 
Nr.  1,  —  Fischer  von  der  Insel  Urkin  der  Suidersee. 
Nr.  21  —  Aamprelier,  Leichenbitter  aus  Middelhurg. 
Nr.  3.  —  Protestantischer  Leichenbitter  aus  Amsterdam. 
Nr.  4.  —  Bäuerin  aus  Volendam. 
Nr.  5.  —  Fischer  aus  Zandvoort. 
Nr.  6.  -  Frau  von  der  Insel  Urk. 
Nr.  7.  —  Fischerfrau  von  der  Insel  Marken. 
Nr.  8.  —  Waisenmädchen  aus  Amsterdam.    Die  beiden  Hauben 
daneben  und   die  Details  Nr.  12  n.  14   gehören  zu  dieser 
Figur. 
Nr.  9  u.  10.  —  Fischer  und  seine 
tail  der  Haube  Nr.  20. 

Nr.  11.  -  Fischer  a 
Nr.  13.  —  Fischer  von  der  Insel  Urk. 
Nr.  15.  —  Bäuerin  aus  dem  Weiler  Lagemaer,  Insel  Schouwcn. 
Anfang  des  Jahrhunderts, 

Nr,  16.  —  Strohhut  mit  geblümtem  Zitz  gefüttert. 


Ni'.  17.  —  Junger  Mann   und  junges  Mädchen   von   der  Insel 

Walcliercn  im  Kirmesstaat.    Detail  des  HuU's  Xr.  2K 

Nr.  18.  —  Junger  Mann  aus  Walcheren. 

Nr.  19  u.  21.  —Kopftracht,  von  zwei  Seiten  gesehen,  Kain>ü 
aus  Stroh,  Häubchen  aus  Spitzen,  mit  goldenem  Schläfen- 
schmuck.   Westküste  der  Suidersee. 

Nr.  22.  —  Nordliolliindische  Damen ,  erste  Jahre  des  Jahr- 
hunderts. Eine  Mischung  der  allgemeinen  Mode  1810—1815 
und  der  nationalen  Kopftracht. 

Nr.  23.  —  Fischhändlerin  aus  Scheveningen.  Vgl.  Tafel 
Nr.  2.  Fig.  15, 

Nr.  26.  —  Kopftracht  der  Fischhändlerin  aus  Zandvoort. 
Strohhut  mit  Band  und  geradem  Boden  zum  Tragen  des 
Korbes.  Die  Krampe  aussen  und  innen  mit  buntem  Zitz 
bezogen.    Häubchen  aus  Spitzen. 

Nr.  27.  —  Mädchen  aus  Hindeloopen  im  Stcd-'^htJje,  dem  durch 
zwei  Stäbe  fortbewegten  Schlitten.  Anfang  des  Jahr- 
hunderts. 

Nr.  29.  —  Friesin  aus  Hindeloopen. 

Nr.  24  u.  25.  —  Kopftrachten  der  verheiratheten  nnd  unvcr- 
lieiratheten  Friesinnun. 


Ni-.  15,  19  11.  27,  Anfang  (les  XIX.  .Jahrhunderts,  aus  der  Sammlung  Maaskamp. 

Nr.  9,  10  u.  17  und  die  Details  12,  14,  16,  19,  20,  21,  24,  2.5,  26  u.  28  aus  der  Niederländischen 
Section  der  internationalen  Ansstellimg  in  Paris  187S. 

Die  übrigen  Figuren  nach  Photographieen. 


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HOLLAND 


HOLLANDE 


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HOLLAND 


SCHMUCKGEGENSTÄNDE.    GOLDENER  KOPFSCHMUCK  DER  FRAUEN.  ■ 

PLATTEN,  KNÖPFE,  KETTEN  UND  BRELOQUES,  PFEIFENETUIS  UND 

MESSER  DER  BAUERN. 


Fig.  1.  —  Halsband  eines  jungen  Mädchens  aus  Dordrecht; 
Korallen  mit  goldenem  ScMoss. 

Fig.  2  u.  4.  —  Theil  des  Schmnckes  einer  reichen  Amster- 
damerin. Stirnschmuck  und  Broche  mit  Perlen  und  Dia- 
manten. 

Fig.  3.  —  Broche  in  GoldflHgran  mit  Perlengohängen,  4  cm 
lang.    Zeel  and. 

Fig.  6.  —  Goldener  Nadelknopf  mit  aufgelegtem  Filigian, 
3  cm  Durchmesser;  Dordrecht. 

Fig.  6.  —  Goldornament,  l^k  cm  breit.    Amsterdam. 

Fig.  7.  -  Stirnplatte;  Gold;  18  cm  lang. 

Fig.  8.  —  Ohrring;  Goldfiligran;  (Vgl.  Tafel  AV  Fig.  10) 
11/2  cm  hoch. 

Fig.  9.  ~  Haarnadel;  Silberfiligran  mit  Steinen;  Dordrecht. 
Der  Kopf  2Hi  cm  lang. 

Fig.  10.  —  Vergoldeter  Kupferring,  wie  ihn  die  Friesinnen 
um  den  Kopf  tragen;  15—17  cm  Durchmesser. 

Fig.  11.  —  Korallenhalsband  mit  Schloss  aus  Goldfiligran, 
(Vgl.  die  Frau  aus  Volendam  Tafel  AV  Fig.   10.) 

Fig.  12.  —  Broche  aus  durchbrochenem  Silber  mit  Steinen 
und  vier  beweglichen  Gehängen.    3  cm  Durchmesser. 

Fig.  13.  -  Kupferknopf,  21/2  cm  Durchmesser.  Zwei  solche 
Knöpfe  verbunden  schliessen  den  Hemdkragen. 

Fig.  14.  —  Kopfnadel  in  Spiralform  mit  reichem  Gehänge 
aus  Filigran  mit  Korallenperlen.  (KmUenne -  belkkens .) 
12  cm  lang.    Dordrecht. 

Fig.  15.  —  Ebensolche  Nadel,  5  cm  lang.  Insel  Walcheren. 
(Vgl.  das  junge  Mädchen  Tafel  AV  Fig.  17.) 

Fig.  16.  —  Agraffe  aus  Goldfiligraii,  mit  der  die  Hutschleifen 
der  Mädchen  von  Walcheren  hinten  zusammengehalten 
werden.    (Vgl.  Tafel  AV  Fig.  28.) 

Fig.  17,  —  Goldene  Kopfnadel.  Viereckiges  sich  an  das  Ge- 
sicht  schmiegendes   Plättchen,    von    einer  andern  gross- 


köpf igen  Nadel  überragt;  dazu  ein  durchbrochenes  Gehänge, 
dim  ein  die  Nadel  umschliessender  Haken  freie  Bewegung 
lässt.    8-9  cm  hoch.    (Vgl.  Tafel  AV  Fig.  19  und  21.) 

Fig.  18.  —  Ohrgehänge   eines  jungen   Mädchens   von  Breda; 
Goldfiligran;  12  cm  hoch. 

g.  19.  _  Silberne  Uhrkette  mit  Schlüssel;  2  cm  breit; 
Zuiderzee. 

g.  20.  -  Schlussplatte  des  Hosengurts,  von  den  Bauern 
der  Zuiderzee  paarweise  getragen;  8  cm  Durchmesser, 
g.  21.  —  Knopf  und  Kette  von  Silber;  Blusenschluss  des 
Fischers  von  Volendam  Tafel  AV  Fig.  9.    (16  cm  lang  mit 
Breloque.) 

Fig.  22.  —   Broche  mit  daranhängendem  Brustkreuz;   Gold- 
filigran; Schmuck  der  jungen  Mädchen  von  Breda.    13  cm 

Fig.  23.  —  Olirgehänge  eines  jungen  Mädchens  aus  Dordrecht; 

Goldfiligran.    6  cm  hoch. 
Fig.  24.  -  Kupfertnopf.    (Vgl.  Nr.  13.) 
Fig.  25.  —  Agraffe  aus  Goldfiligran.     (Vgl.  Fig.  16.) 
Fig.  26.  -  Schläfennadel;  Gold;  6  cm  lang.   (Vgl.  Tafel  AV 

Gruppe  17.) 
Fig.  27  u.  28.   —  Messer  mit  geschnitztem  Holzgriff  und 

Lederscheide,  von   den  Bauern  in  der  Tasche   oder  am 

Gürtel  getragen.    28  cm  lang. 
Fig.  29.  —  Broche  aus  Goldfiligran;  Dordrecht;  41/2  cm  breit. 
Fig.  30.  —  Doppelter  Goldknopf,  Hemdkragenverschluss  mit 

sich  daran  reihenden  Silberknöpfen,  2^/2  cm  Durchmesser. 

(Vgl.  den  jungen  Mann  von  Walcheren  Tafel  A  V  Gruppe  17.) 
Fig.  31.  —  Ebensolche  Garnitur,  getragen  von  den  Bewohnern 

von  Volendam.    Jede  Medaille  hat  3  cm  Durchmesser. 
Fig.  32  u.  33.  -  Pfeifenetuis,   32  mit  gelbem,   33  mit  ver- 
goldetem Leder  überzogen.    Südholland. 
Fig.  34.  —  Pfeifenetuis  aus  geschnitztem  Holz.   Von  den  In- 


Der  eigentliche  Ursprung  der  goldenen  und  silbernen  Kopfplatten  lässt  sich  schwer  ermitteln 
Dieselben  werden  je  nach  den  Gegenden  in  verschiedener  Form  getragen.  In  Nordholland  sind  sie 
länglich  imd  flach ;  in  Groningen  endigen  sie  in  eine  Art  Blume,  in  Over-Yssel,  in  Zeeland  und  an  der 
Zuiderzee  in  Spiralen.  Die  hoofdmaald  legt  sich  quer  über  die  Stirn,  bei  den  jungen  Mädchen  von 
rechts  nach  links,  bei  den  verheiratheten  Frauen  von  links  nach  rechts.  Der  Schläfenschmuck,  Spiralen 
oder  viereckige  Platten  sind  über  ganz  Holland  verbreitet,  variiren  aber  ebenfalls  überall  in  der 
Form. 

Die  Friesinnen  haben  zwei  Kopfschmuckgamitiu-en  für  gewöhnliche  Tage  imd  für  festliche 
Gelegenheiten.  Durch  Anlegimg  der  letzteren  machen  sie  bei  Brautbewerbungen  bemerklich,  dass 
ihnen  der  Freier  genehm  ist.  Die  Filigranarbeit  der  Gehänge,  Brochen  und  Knöpfe  erinnert  an 
portugiesische  Muster,  ein  Umstand,   der  wohl  mit  der  Einwandenmg  der  portugiesischen  Juden  zu- 


Ebenso  typisch  sind  für  die  Männer  die  grossen  Silberknöpfe  am  Hemdkragen,  an  der  Weste 
und  den  Hosen.  Von  dem  Messer  trennt  sich  der  holländische  Bauer  niemals.  Es  dient  zur  Aus- 
fechtung  der  blutigsten  Einzelkämpfe. 

Die  Abbildungen  sind  nach  Gegenständen  der  Niederländischen  Abtheilung  auf  der  Pai-iser 
Weltausstellung  von  1878  angefertigt. 


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TTOLLAND 


INNERES  EINES  BITRGERHAUSES  IN  HINDELOOPEN 
von  beiden  Seiten  gesehen. 

TYPUS  EIXER  ALT-FRIESISCHEN  WOHNUNG. 

Das  Haus,  welchem  der  dargestellte  Innenraum  entnommen  ist  und  dessen  Typus  in  den  fünfzig 
andern  Hiiuseni  in  Hindeloopen  und  Molkwerum  wiederkehrt,  besteht  aus  zwei  Stockwerken  und 
einem  Boden.  Der  Giebel,  der  nach  der  Strasse  zugekehrt  ist,  ist  nicht  abgetreppt,  wie  es  in  Holland 
gewöhnlich,  sondern  hat  glatte  Kanten.  Ein  aus  schwarzen  und  weissen  Ziegeln  schachbrettartig 
zusammengesetzter  Fries  trennt  das  Erdgeschoss  von  dem  obern  Stockwerk  und  in  Wiederholung 
letzteres  von  dem  Boden.  Dieser  zweite  Fries  dient  dem  Giebel,  der  die  Gestalt  eines  gleichseitigen 
Dreiecks  hat,  als  Basis.  Das  Erdgeschoss  hat  zwei  Fenster  und  eine  Thlu-,  das  obere  Geschoss 
zwei  an  den  äussersten  Enden  angebrachte,  enge,  nur  eine  Scheibe  breite  Bogenfenster,  zwischen 
denen  die  Mauerfläche  leer  und  schmucklos  geblieben  ist.  Ueber  derselben  ist  eine  gi-osse,  kreis- 
runde Luke  angebracht,  durch  welche  der  Boden  sein  Licht  erhält. 

Der  Fussboden  des  Zimmers  ist  mit  Thonfliesen  gepflastert.  Glasirte  Fliesen  bekleiden  auch 
die  Wände  bis  zur  halben  Höhe.  Die  steifen  Fomien  des  Mobiliars  erinnern  an  ihre  frühere  Her- 
stellung durch  die  einfachsten  Handwerkszeuge  (Axt  und  Messer).  Sie  reichen  bis  in  das  fiiihe 
Mittelalter  hinauf,  dessen  Eigenthümlichkeiten  sich  noch  heute  bei  den  Friesen  erhalten  haben. 
Charakteristisch  ist  die  lebhafte  Färbimg  der  Tische,  Stiihle,  Schränke  und  des  Betpults,  welches 
letztere  noch  mit  religiösen  Gemälden  verziert  ist.  Zm-  Erklärung  dieser  Farbenlust  ist  es  nicht  nöthig, 
den  Friesen,  die  ein  altgeimanischer  Volksstamm  sind,  einen  orientalischen  Urspnmg  anzudichten. 
Auch  in  den  Niederlanden  entwickelte  sich  fi-ühzeitig  ein  reger  Farbensinn,  der  im  Anfang  des 
15.  Jahrhunderts  zm-  Begriindung  einer  Malerschule  führte ,  welche  airf  ganz  Europa  bestimmend 
eingewirkt  hat. 

Die  Tnihe  an  der  Thür,  der  Eahmen  des  Kaminmantels  und  das  Holzwerk  des  Alkovens,  der 
durch  Schiebethüren  verschlossen  werden  kann,  ist  braun  gestrichen.  —  Das  ganze  Zimmer  war  auf 
der  Pariser  Weltausstellung  von  1878  als  Typus  einer  friesischen  Wohnung  in  der  niederländischen 
Abtheilung  ausgestellt. 


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SCHOTTLAND 


NATIONALTRACHTEN. 

IRISCHE  BARDEN,  KRIEGER  DER  HEIDNISCHEN  ZEIT.    HÄUPTLINGE,  KRIEGER  UND 
BAUERN  VOM  MTTELALTER  BIS  AUF  UNSERE  TAGE ;  DER  BREAiWN  DES  CLAN. 

Die  altschottischen  Sitten,  besonders  die  Organisation  des  Clans,  haben  sich  am  längsten  und 
reinsten  bei  den  Hochländern  erhalten.  Der  Clan,  ein  Mittelding  zwischen  Stamm  und  Familie,  ist 
eine  Gruppe,  deren  Älitglieder  sänimtlich  denselben  Namen  mit  dem  Zusatz  der  Vorsilbe  mac  (Sohn) 
tragen.    Ein  lairä  oder  chieftain  steht  an  der  Spitze. 

Die  Fabrication  des  Tartan  imd  Plaid  bei  den  Bretonen  ist  ausserordentlich  alt.  Die  Farben- 
zusammenstellung imd  Zeichnung,  insofern  sie  als  Abzeichen  der  verschiedenen  Clans  gelten,  nennt 
man  breacan.  Das  Gesetz  Ubreaclita  setzte  ausserdem  fest,  dass  die  Bauern  und  lü-ieger  ein-,  die 
Offiziere  zwei-,  die  Häuptlinge  dreifarbige  Kleidung  tragen  duiften.  Den  Beatachs  und  Bruieilmihs, 
den  Adligen,  waren  vier,  den  noch  edleren  fünf,  den  Ollambs  oder  Weisen  sechs,  der  königlichen 
Familie  sieben  Farben  gestattet.  Jeder  Clan  führte  ausserdem  als  Abzeichen  eine  bestimmte  Blume 
oder  einen  Zweig. 

Im  Anfang  des  XVin.  Jahrhunderts  hatten  sich  die  Sitten  der  Hochländer  noch  vollständig  in- 
tact  erhalten.  Nach  der  Unterdi-ückung  der  Erhebung  für  die  Stuarts  1745  wurde  ihnen  das  Tragen 
des  Nationalkostüms  untersagt,  ein  Verbot,  das  erst  1782  wieder  aufgehoben  wurde. 


Nr.  1.  —  Clan  Mac  Dugal  von  Lorii. 
Tracht   der  alten  Gaelen:   Flanellblonse ;  UnteiTOCk  (fhiik- 
heag)  ;  Gürteltasche  (sporran)  ;  5  Fnss  8  Zoll  langes  Schwert 
(daijmore) ;  Dolch. 

Nr.  2.  —  Clan  Fei-gnson. 

Safranfarbenes  Herode  (Lem-Croich) ,  Vorrecht  der  Druine- 
usual  oder  Edelleute;  Helm  (dogaid)  mit  dem  Zweige  der 
Ferguson ;  Schild  (targoid)  aus  Holz  mit  mehreren  Leinen- 
lagen überzogen,  mit  Buckel  (capan)  und  Handgriff;  Schwert 
(claidheamh). 

Nr.  3.  —  Clan  Mac  Millau. 

Wadenstrümpfe  (moggans) ;  Unterrock  Eilt  oiei  fheile-leag : 
kurzes  Schwert  (dtabh)  mitHaukorh;  torja/d  mit  doppeltem 
Handgriff. 


Nr.  4.  —  Clan  Mac  Inne. 
Krieger,  den  Wurfspeer  (aseth)  mit  Faustriemen  in  der  Hand ; 


Nr.  5.  —  Clan  Mac  Cmimin,  dem  die  Pfeifer  angehören. 

Hundmütze  (b&naid-gorm)  ;  kreuzweis  umgeschlungenes  Plaid 
(Ireacan-fketle) ;  Jacke  mit  Silberstickereien ;  Pelzbandelier; 
chynwre  mit  Haukorb;  Schnürschuhe  aus  Wildleder 
(cuarans). 

Nr.  6,  —  aan  Mac  Coli. 
Von  einem  Mosaik  aus  der  Zeit  Karls  des  Grossen. 

Mitraformige  Mütze;  Chlamys-  oder  Sagnmartiger  Mantel; 
Halsband;  kurze,  gegürtete  Tunika;  durch  Goldringe  ge- 
haltene Strümpfe ;  Stiefeletten. 


Nr.  7.  —  Clan  Mac  Douald  von  den  Inseln. 
Der  Laii-d  hält  einen  Gerichtstag  auf  dem  Tom  MoM,  dem 

Berg   des   Gesetzes.     Neheu   ihm   ein  Baron   in  carrirter 

Tunika. 
Langes  Kettenhemde  (luricfi) ;  darunter  ein  ebensolches  aus 

Leder;  Arme  und  Beine  zeigen   den  breacan  des  Clans; 

clof/aid  mit  steinbesetztem  Ringe,  Adlerflügel  und  Zweig; 

Halsband  aus  geflochtenem  Leder. 


Nr.  8. 


Cla 


dem  Anfang  des 


Dieser  Bogenschütze  tragt  einen  konischen  dor/aid;  unter 
einem  Seidenwamms  der  htrich  ;  hreacan-fheile  in  den  Farben 
des  Clans;  marans;  Bogen  und  Köcher  aus  Dachsfell. 

Nr.  9.  —  Awenyäd  der  römischen  Zeit,  ebenso  Nr.  10  u.  11. 
(Vgl.  T.xfel  D  N  Grossbritannien.) 

Bardenschüler,  von  Awon ,  dem  Geist  der  Poesie ,  begeistert. 

Die  Farben  der  Barden  sind  blaugrün  und  weiss.  Er  trägt 
in  der  rechten  Hand  einen  Becher  mit  dem  heiligen  Saft 
(gtwhi^a-hragatvd) ,  in  der  linten  den  Vogel ,  das  Symbol 
des  Lernenden. 

Nr.  10.  —  Irischer  Ollamh  (Barde). 
Safranfarbiges  Hemd  mit  Stickereien  je  nach  dem  Range; 
langer  Kapuzenmantel  (cachal),  weiss,  blau,  grün  und  roth 
gestreift;  blaue  Hosen;  Lederschuhe;  als  Kopfbedeckung 
diente  gewöhnlich  eine  Kapuze  (barrad),  bei  hohen  Festen 
die  Tiara. 

Nr.  11.  —  Piete  mit  dem  asetli  (vgl.  Nr.  4),  an  dessen  Ende 
eine  Bronzekugel,  mit  Metallstücken  gefüllt  (aropstara), 
um  damit  beim  Herannahen  der  Reiterei  zu  klappern.  Der 
Körper  ist  tätowirt.    Halsband  und  Kettengürtel. 

Nr.  12.  -  Clan  der  Mac  Qaaries. 
Bogenschütze  des  XVI.  Jahrhunderts  (cearnaich) ,  bekleidet 

mit  einer  an  der  Schulter  geschlitzten  Jacke ,  dem  flicile- 

beaff  und  den  citarans. 
Der  grosse  Zweihänder  hängt  auf  dem  Rücken ,  der  taryatd 

mit  capan  an  einem  Haken  an  der  Seite. 

Nr.  14.  —  Laird  vom  Clan  der  Skenen,  gekleidet  nach  der 
Mode  von  1587-1605  unter  Jakob  VI.,  später  Jakok  I.  von 
England. 

Die  Tracht  zeigt  den  spanischen  Schnitt  mit  Beibehaltung 
aller  wichtigen  Eigonthümlichkeiten  der  Nationaltracht. 


Nr.  15.  —  Clan  der  Graennen. 
Nr.  16.  —  Clan  Robertson, 
i  schottischen  Edelmanns  am  Hofe  Ludwigs  XIV., 


das  Hofkostün 


der  Nationaltracht  zu  vereinigen 


Nr.  17.  -  Clan  Mac  Ivor. 

Nr.  18.  —  Clan  der  Graut  von  Glenmoristc 

Nr.  19.  —  Clan  der  Mac  Intoshes, 

Hoftracht  vom  Anfang  des  XVIII.  Jahrhunderts. 

Nr.  20.  —  Clan  Mac  Leod. 

Nr.  21.  -  Die  Forbes. 


Hoftracht  i 


1740. 


Nr.  22.  —  Clan  Mac  Doneil  von  Glengarry. 
Die  Mützenform    ((jUnfjarrtj)   ist  vom  Anfang  dieses  Jahr 
hunderts. 

Nr.  23.  —  Clan  der  Fräsers. 

Nr.  24.  -  Die  Ohisholms. 

Nr.  25.  —  Glniffarri/  von  der  Seite  geseher 

bells  von  Breadalbane. 

Nr.  26.  —  Die  Menzies. 

Nr.  27.  -  Clan  der  Ogilvie 


der  Camp- 


Tra 


1745. 


Nr.  28.  —  Die  Davidsons. 
Nr.  29.  —  Die  Stuarts. 
Portrait  Karl  Eduards,  des  Prätendenten  von  1745.    Sanimet- 
mütze mit  weisser  Kokarde;   Corden  des  Andrea^ordens ; 
Stern  dos  Hosenbandordens. 

Nr.  30.  —  Clan  Buchanan. 
Nr.  31.  -  Die  Kennedys. 
William,  Graf  von  Suthcrland.    Die  Uniform  ist  die  des  Re- 
giments, das  er  1759  bildete. 

Nr.  32.  —  Clan  der  Mac  Machtans. 
Nr.  33.  -  Die  Mac  Intires;  XVIU.  Jahrhundert. 
Eine  Tracht ,  die  den  Prohibition-Act  von  1746  zn  umgehen 
und  die  Eigenthümlichkeiten  des  Nationalkostüms  zu  ver- 
decken sucht. 

Nr.  34.  —  Die  Murrays. 

Nr.  35.  —  Die  Mac  Donald  vom  Clan  Eanald. 

Nr.  36.  —  Die  Mac  Aulays. 

Nr.  37,  -  Clan  Mao  Lean. 

Zeit  Karls  I. 


Nr.  9,  10  u.  11  aus  dem  Werke  von  Meyrick  und  Smith  über  die  alten  Bretonen.  Alle  andern 
Figiu-en  uacli  Tlie  Clans  o'f  the  Scottish  Highlands;  Zeichnungen  von  Bobert  Eonalä  M.  Jan;  Text 
von  James  Logcm,  London  18.57. 


SeOTLAND 


ECOSSE 


SCHOTTLAND 


CF 


seoTLAND  B  C  0  S  S  B  seHOTri^No 


^H^ 


DZ 
SCHOTTLAND 


TRACHTEN  DER  BERGBEWOHNER.  —  DIE  FRAUEN. 
REITER  UND  PFERD.  —  OFFENSIV-  UND  DEFENSIVWAFFEN. 

(Diese  Tafel  schlitsst  su'h  an  die  Tafeln  CF  und  CG  an.) 


Nr.  2. 
Junges  Mädchen  vom 


L  Sinclair. 


deckt  den  Kopf  und  wird  zur  Taille  herabgezogen ,  wo  er 
durch  einen  langen  Ledergürtel  mit  Silber\'ei-zierungen  ge- 
>        halten  wird. 

Jlauer  Rock,  einheimisches  Gewebe.   Lange  Schärpe  mit  dem    j    Cxeflochtenes  Haar  mit  rothen  Sclüeifen.    Mussei inbruattnch 
breacan  des  Clan,  den  Kopf  umhüllend  und  vorn  herab-  ^j^  ^^^^^^^^    Gestreifter  Rock.    Schnallenschuhe, 

fallend,  früher  über  der  Brust  durch  eine  Metallbrosche  ge- 
halten.   Die  Füsse  sind  nackt.  Nr.  15. 


Nr.  4. 
Manu  vom  Clan  Colqhon.  SVIII.  Jahrhundert. 
Plattmutze  mit  dem  Zweige  des  Clan.  Wamms  mit  Kupfer- 
knöpfen. Langer  Plaid,  auf  der  Schultt-r  durch  eine 
Schnalle  gehalten.  Hosen,  trews ,  mit  dem  breacan  des 
Plaid.  Baudelier  mit  dem  daymore.  Gürtel  mit  Schnalle. 
Ausgeschnittene  Schuhe,  über  dem  Spann  geschnürt. 

Nr.  6. 
Banarach,  Milchmädchen;  Clan  der  Mac-Nicols, 
Sie  trägt  in  der  einen  Hand  den  Milcheimer,  cuman,  in  der 
andern  einen  Strick ,  um  denselben  über  dem  Rücken  zu 
befestigen.  Eine  Besonderheit  ihrer  Tracht  ist  der  tonaff 
oäiiv  gunilleachan ,  ein  carrirter,  durch  eine  grosse  Silber- 
.<!chnalle  zusammengehaltener  Tartan. 

Nr.  11. 


Arisitid.     Clan  der  Mathesons. 

Gelbgestreifter  arisaid,  auf  der  Brust  durch  eine  gro! 
Brosche,  in  der  Taille  durch  einen  Gürtel  gehalten.  Miei 
aus  Scharlachtuch  mit  silbernen  Tressen  und  Knöpfen  i 
Edelsteinen.    Geflochtenes  Haar  mit  Schleifen. 

Der  Junge  trägt  den  h'lt  oder  fhe-iU-heag  aus  Tartan  n 
ciumms  aus  Damhirschleder. 


Reiter;  Clan  Mac-Niels. 

Enganliegende  ir.f'H's{ Hosen).  Jaquette,  in  der  Taille  gegürtet. 
Tasche  und  Pulverhorn.  Plaid,  auf  der  Schulter  durch  eine 
Schnalle  befestigt.  Lange  Jagdflinte.  Plattmütze  mit  der 
Pflanze  des  Clans. 

Das  Reitzeug  ist  sehr  altei-thümlich  und  einfach,  aus  Haar- 
geflecht und  einem  Sattel  aus  Bocksfell  bestehend. 


Details  der  Tracht. 


V]aiil, ßieile-heag  (Rock)  und  mo^^-aws  (Strümpfe)  mit  dem  fcrg«- 
candesClans.  Kothe Strumpfbänder.  Schnürschuhe.  Inder 
Hand  den  tnagh-catli,  eine  Art  Pike  mit  axtartiger  Schneide. 


I  Damhirschfell;  Cla 


Schnürschuh  des  Clan  Chisholm. 


Der  arimid. 


arisaid.     Clan  der  Urqharts. 
nicht  mehr  gebrauch! irhen  Plaids, 


Nr.  12. 
Beutel   des  Clan  Mac-Lean  mit  kurzen  Lederriemen,  die 
Seidenquasten  enden,  zum  Verschluss  dienend. 

Kr.  19. 
Sporrmi  des  Clan  Clar-Innis. 

OiVensiv-  und  Defensivwaffen. 

Nr.  1. 
Bidng,  Dok-hmesser;  Clan  der  Fräsers;  XVIII.  Jahrliniider 

Nr.  3. 
Bidug,  in  die  moggans  gesteckt.    Clan  der  Guus. 


Nr.  7  und  16. 
Alte   targaids,  temerkensworth  durch  die  lange  Klinge  an- 
statt   des    Buckels,    im    Gebrauch    his    zur    Schlacht    bei 
Fontenoy. 

Nr.  9. 
Targaid  der  Mac-Lacblaim,  mit  kleinem  Buckel,  capan. 

Nr.  14  und  18. 

Claymores  des  XVH.  Jahrhunderts  nach  den  Originalen  im 

Artillerie-Museum  in  Paris.  —  Nr.  14.   Zeit  Ludwigs  XIV., 

mit    schwarzer  Sammetgarnitur.    —    Nr.  18.    Anfang   des 

XVII.  Jahrhunderts,  mit  geschlossenem  Korb, 


Abbildungen  nach  The  clans  of  the  Scottish  Highlands  mit  Zeichnungen  von  Robert  Rmmld  M.  Jan 
und  Text  von  James  Logmi;  London,  1857. 


SCOTLAND 


BCOSSB 


SeHC\TTLAND 


DZ 


D^^ 


CR 


ENGLAND.  —  XVIII.  UND  XIX.  JAHRHUNDERT 


VOLKSTRACHTEN.  -  STRASSENTYPEN  UND  PORTRAITFIGUREN. 


I  Tafel  gehört  zu  Tafel  CI,  welche  die  Fortsetzung  bildet.) 


Nr.  1.  —  „Neue  Kalender!" 

Nr.  2.  —  „Köchin,  haben  Sie  Fett  zu  verkaufen?" 

Die  Lichtzieher  zogen  von  Haus  zu  Haus ,  um  die  zur  Fa- 
brikation nöthigen  Fettreste  zu  kanfen. 

Nr.  3.  —  r^DiddU,  diddle,  diddk,  dumplhigs,  ho!'* 

Alte  Puddinghändlerin. 

Nr.  4.  —  r,Ttddi/,  diddy,  doli,  loU.  loU,  loU!" 

Quacksalber,  der  an  den  Strasseneckeu  ein  unfehlbares 
Stärkongsmittfll  anpreist. 

Nr.  6  u.  7.  —  „Drayman.'* 

ßierfahrer,  der  in  den  Kellem  der  Kunden  die  Fässer 
abliefert. 

Die  beiden  hier  dargestellten  Fuhrleute  sind  Portraits  von 
1820,  zwei  bekannte  Bierfahrer  John  Barrington  und  Thomas 
Neville  darstellend,  die  sich  durch  das  VertUgen  von  täg- 
lich drei  bis  vier  Gallonen  Porter  auszeichneten. 

Nr.  8.  —  r>'^atermayi  to  a  coacli-stand.'* 

Sie  versorgen  die  Pferde  der  Miethskutscher  an  den  Halte- 
plätzen. Sie  tragen  eine  Blechnummer  auf  der  Brust  und 
umwickeln  ihre  Beine  zum  Schutz  gegen  die  Feuchtigkeit 
mit  Heu. 

Nr.  9.  —  ^Oicen  CJancey,  the  Froü-hittm  sailor.'*  Der  Matrose 
mit  den  erfrorenen  Beinen. 

Dieser  Irländer  hatte  unter  Capitän  Jones  1814  in  den  Ge- 
wässern von  Nordamerika  Schiffbruch  erlitten  und  sich 
beide  Beine  erfroren.  Seitdem  bettelte  er  in  den  Strassen 
Londons,  wo  ihn  Busby  1820  gezeichnet  hat. 

Nr.  10.  —  r^Drover,'*  Viehtreiber. 

Sie  mussten,  um  sie  bei  etwaigen  Grausamkeiten  gegen  die 


von  Markt  zu  Markt  getriebenen  Thiere  sofort  notiren  zu 
können,  eine  numerirte  Blechmarke  tragen. 

Nr.  11.  —  „Fish-woman,'*  Fischhändlerin. 

Nr.  12.  —  ^Postimn,"  Briefträger. 

Zwischen  5  und  6  Uhr  Abends  durchlief  er  mit  einer  Schelle 
läutend  die  Strassen,  um  die  verspäteten  Briefe  zur  letzten 
Post  einzusammeln.  Er  erhielt  dafür  eine  Extragebühr. 
Scharlachrock  mit  blauem  Futter  und  ebensolchen  Auf- 
schlägen, weisse  Halsbinde. 

Nr.  13.  —  ^F&rtme-teller,'*  Wahrsagerin. 

Nr.  14.  —  „SaiVor,"  Matrose. 

Nr.  15.  —  r^Pedlar,'*  herumziehender  Krämer. 

Nr.  16.  —  r>SIioeblacl;'*  Stiefelputzer. 

Es  ist  das  Portrait  von  Henry  Thrale,  geb.  1760,  etablirt 
1805  und  noch  1820  auf  dem  Strand  thätig. 

Nr.  17.  —  ^MmgirW*  Milchmädchen. 

Es  sind  meist  kräftige ,  gesunde  Mädchen  aus  Irland  oder 
Wales ,  die  bis  zehn  Uhr  Morgens  und  Nachmittags  bis 
sechs  Uhr  die  Strassen  durchziehen  mit  dem  Kufe:  „J/i"M, 
maid,  helowr    (Vgl.  Tafel  CI  Nr.  22.) 

Nr.  18.  —  riFireman,"*  Feuerwehrmann. 

Sie  trugen  eine  besondere  Uniform,  je  nach  der  Gesellschaft. 
der  sie  angehörten.  Die  Devise  seiner  Gesellschaft  ist  auf 
einer  Metallplatte  am  Arm  eingravirt. 

Unser  Portrait  steUt  William  Mead  dar.  den  Chef  der  „Hoff- 
nung'' im  Jahr  1820.  Rock  und  Weste  carmoisini-oth  mit 
gelben  Litzen.  Futter  und  Aufschläge  blau;  ebenso  die 
Hosen;  weisse  Halsbinde.   (Vgl.  Tafel  CI  Nr.  23.) 

Nr.  19.  —  Gemüsegärtner  aus  der  Umgegend  von  London. 

Er  trägt  einen  Rock  aus  ungebleichter  Leinwand.    Derselbe 


bestand  aus  eiuem  mehr  oder  weniger  enganschliessenden 
Leibchen  mit  langen  Ärmeln,  an  das  entweder  eine  Art 
an  den  Seiten  geschlitzter  Rock  oder  vorn  und  hinten  ein 
schürzenähnlicher  Zeugstreifen  angenäht  war.  Ein  aus 
einem  Zeugstreifen  bestehender  Gürtel  verdeckte  die  Ver- 
bindungsnaht. 


Ir.  20.  —  „Tinker,'^  herumziehender  Kesselflicker,  Typus  eines 
Lehrjungen. 

3s  ist  das  Portrait  eines  der  vierundzwanzig  Kinder  des  Ver- 
zinners Jemmy  Lovel.  Diese  sehr  gesuchten  Handwerker 
durchliefen  die  Strassen  Londons  mit  einem  Werkzeug- 
kasten und  einem  Kohlenhecken  und  boten  ihre  Dieu.ste  an. 


Vgl.  in  Bezug  auf  die  Herkimft  der  Illustrationen  und  sonstige  Quellen  Tafel  CI. 


ENGLAND 


1)r 

ANGLRTERRE 


EN&LAND 


Imp  Firmir.riiot  C'=  Paris 


CR 


D^' 


ci 
ENGILAND 


XIX.  JAHRHUNDERT.  —  ERSTE  HÄLFTE. 
VOLKSTYPEN. 


(Diese  Tafel  schliesst  sich  ; 


,  deren  Nummerfolge  ; 


Nr.  21.  —  Der  „Posbnan.'^  Briefträger. 

Nr.  22.  —  r^Milkmaid,"  Milchmädclien. 

Nr.  23.  —  „Fireman,'*  Feuerwehrmann.  Lederhelm  mit  Metall- 
beschlag, h lauer  Tnchanzug  und  Spitzaxt. 

Nr.  24.  —  ^Match  girl,"-  Zündholz  Verkäuferin. 

Nr.  25.  —  „NetDsman.'^  ambulanter  Zeituugsverkäufer. 

Bei  wichtigen  Nachrichten  machten  sich  die  Verkäufer  durch 
das  Blasen  auf  einem  kleinen  Metallhorn  und  durch  eine 
am  Hut  getragene  Inschrift;  Wichtige  Neuigkeit  etc.  be- 
merkbar. 

Nr.  26.  —  „Wofc/)»(aH,"  Nachtwächter. 

Ausser  der  Laterne  und  einem  kurzen,  keulenförmig  zulaufen- 
den Stock  trng  der  Nachtwächter  eine  grosse  Klapper,  um 
Fenerlärm  zu  schlagen  oder  Hülfe  herbeizurufen. 

Nr.  27.  —  „BarroiD-woman,''  Verkäuferin  mit  Schiebkarre. 

Hier  ist  es  eine  Fmchthändlerin.  Diese  Frauen,  meist  aus 
Irland,  yerkaufen  ihre  Waaren  an  den  Strassen  ecken. 


Nr.  28.  —  ^Feinale  slin'mpfr,'^  Krabbenverkäuferin. 

Sie  trägt  ein  an  einer  Art  Harke  befestigtes  Netz ,  mit  dem 
sie  die  Krabben  auffischt,  um  sie  in  einen  um  die  Hüfte  be- 
festigten Korb  zu  werfen, 

Nr.  29.  —  -Bilhngsate  ßsk  wommt.''  Fischhändlerin  au.s  Bil- 
lingsgate.     (Vgl.  Nr.  11.) 

Nach  einem  alten  Privileg  mussten  alle  in  London  auf  den 
Markt  gebrachten  Fische  in  BilÜngsgatc-  verkauft  werden. 
Die  geringern  Sorten  wurden  durch  herumziehende  Händ- 
lerinnen vertrieben. 

Nr.  30.  —  „fioA-er."  Bäcker.       " 

Nr.  31.  —   ^Welcli  icoman.'*  Waschfrau  aus  Wales. 

Sie  bedient  sich  zum  Schlagen  der  gespülten  Wäsche  eines 
Waschbläueis. 

Nr.  32.  —  „('ipsy,"  Zigeunerin. 


Das  durchgehende  Merkmal  der  englischen  Frauen-  und  Männertracht  im  ersten  Viertel  unseres 
Jahrhunderts  ist  der  mittelhohe  Hut.  Besonders  von  den  Frauen  der  niederen  Stände  -wurde  er 
fast  immer  über  der  Haube  getragen. 

Nr.  1,  2,  3,  4  u.  5  nach  Laroow  und  Boitard  The  cries  of  London,  1714. 
Nr.  6,  8,  10,  14,  21,  22,  23,  24,  25,  26,  27,  28,  29,  30,  31  u.  32  nach  .lohn  Murray  Ficiti/ref^- 
ques  representations  of  the  dress  and  manners  of  tJie  English,  London,  1814. 


Nr.  7,  9,  11,  12,  13,  15,  Ifi,  17,  18  u.  20  nach  T.  L.  Busby  Costtime  of  the  Imrer  Orders  of 
Lmiäoii. 

Nr.  19.   Originalzeiclinung. 

Vgl.  Tableau  actuel  des  costames,  moeurs  et  usages  de  la  nation  anglaise,  Paris  an  XI  (1802).  - 
L'Angletcn-e,  costumes,  moeurs  et  usages,  von  J.  B.  B.  Eyries. 


Y'^ 


GX 
ENGLAND 


ERSTE  HÄLFTE  DES  XLX.  JAHRHUNDERTS. 


OFFIZIELLE   TRACHT  DER  HOHEN   WÜRDENTRÄGER. 
UND  CHELSEA.  -  -WEIBLICHE  TRACHT. 


INVALIDEN  VON  GREEF\^aCH 
VOLKSTYPEN. 


HOHE  WÜKDENTRÄGER. 


Der  Richter. 


Während  der  Sitzungen  haben  die  Richter,  als  Kep  rasen  tan  teu 
des  Herrschers,  den  Vorrang  selbst  vor  den  Prinzen  von 
Geblüt.  Sie  tragen  die  rothe  he rmel inbesetzte  Robe  und 
die  Perrücke  vom  Anfang  des  XVIII.  Jahrhunderts,  wie  sie 
noch  heute  im  Gebrauch  ist. 

Nr.  4. 


Nr. 


Älderman  von  London. 

Die  Äldermeu  der  City  werden,  26  an  der  Zahl,  von  den  zu 

einem  wardmote  vereinigten  freenien  gewählt,  den  %cards 

oder  Bezirken   entsprechend.    Ihre  Ämtstracht  besteht  in 

einer  pelzbesetzten  Scharlachrobe. 

INVALIDEN  DER  LAND-  UND  SEETRUPPEN, 


Das  Hospital  von  Chelsea  wurde  von  Karl  11.  angefangen 
und  unter  der  Königin  Maria  1G90  vollendet. 

Die  Uniform  besteht  aus  rothem  Rock  und  blauer  Hose  und 
Weste. 


Der  Speaker. 
Der  speiikir  führt  seinen  Titel  deshalb,  weil  er  ehemals  das 

Recht  hatte,  dem  Herrscher  die  Beschlüsse  und  Beschwerden 

des  Parlaments  vorzutragen. 
Er  trägt  während  der  Sitzung  die  lange  Perrücke  und  die 

schwarze  Robe. 

Nr.  12. 
Der  Lord  Major  von  London. 


IS  Marinehospital  von  Greenwieh  wurde  vom  König  Wilhelm 
im  Jahre  1696  errichtet.  Die  Uniform  ist  Mau.  Die  Offi- 
ziere tragen  eine  kleine  goldene  Litze. 

WEIBLICHE  TRACHT. 

Nr.  2. 

Dame  im  Sommerkostüm;  Mode  von  1814. 


Der  dustman  oder  Müllfahrer. 

Der  Müllfahrer,  im  Dienste  eines  Unternehmers,  Iründigte 
seine  Anwesenheit  durch  eine  Klingel  an  und  fuhr  die  Ab- 
fälle des  Hauses  in  einem  Karren  ab.  Später  wurde  die 
Müllabfuhr  gegen  eine  beträchtliche  Summe  verpachtet. 


Fischer  von  Hastings. 

Die  Eewohner  von  Hastings ,   dem  bedeutendsten  befestigten 

Küstenplatz  von  England,  sind  vorwiegend  Fischer  und 

tragen  ein  dem  der  normannischen  Fischer  ähnliches  Kostüm . 


Nr.  9. 

Kirchendiener, 

Sie   fähren   die  Aufsicht  in   der  Kirche  und  besorgen  den 

Dienst  in  der  Sakristei  und  draussen  in  der  Parochie. 

Nr.  10. 
Schüler  oder  „Blaujacke". 

Die  Schüler  von  Christ  Church  Hospital  tragen  diesen  Namen 
von  der  ihnen  eigenthümlichen  Tracht. 

Christ  Church  Hospital  war  ursprünglich  ein  Franziskaner- 
Kloster  und  wurde  von  Eduard  VI.  in  eine  Erziehungsan- 
stalt für  arme  Kinder  verwandelt.  Nach  dem  Brande  von 
1666  wurde  es  von  dem  Architekten  Christopher  Wren  wieder 
aufgebaut.  Karl  II.  gründete  hier  eine  Schule  der  Mathe- 
matik und  errichtete  eine  Stiftung  für  den  Unterricht  von 
vierzig  jungen  Leuten,  die  den  Seemannsberuf  wählen. 


Vgl.  John  Mnrray,  Picturesqiie  representations  of  the  drc 
London  1814  und  den  die  colorirten  Figuren  begleitenden  Text. 


and  manners  of  the  English, 


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ENGLAND 


TRANSPORTMITTEL  IM  INNERN  DES  LANDES  ZU  ANFANG  DES 
XIX.  JAHRHUNDERTS. 

DIE  STRASSENGATTEK. 

W.  H.  Pyne  hat  in  seinem  Microcosme,  trace  pittoresqtie  des  arts,  de  Vagriculiure,  des  manu- 
facttires  etc.,  de  la  Grande-Bretagne,  einer  Sammlung  von  600  Gruppen,  herausgegeben  1808  und 
jetzt  sehr  selten,  eine  Reihe  von  treöenden  Zeitbildern  gezeichnet,  denen  wir  die  Illustrationen  unserer 
Tafel  entnehmen. 

Strassengatter.  Diese  Wegsperren,  die  sich  erst  nach  Zahlung  einer  Abgabe  je  nach  der  Zahl 
der  Pferde,  des  toU-money,  den  passirenden  Wagen  öfineten,  wurden  1663  eingerichtet,  damit  das 
so  gesammelte  Geld  ziu-  Ausbesserung  der  Strassen  dienen  konnte.  Sie  stiessen  anfangs  auf  grossen 
Widerstand  imd  wurden  erst  gegen  die  Mitte  des  XVIII.  Jahrhimderts  hin  populär.  Aber  noch 
heute  steht  der  toll-gatherer,  der  Zolleinnehmer,  im  Rufe  der  Grobheit. 

Die  Wagen.  Gerade  ziu-  Zeit  P)'nes  machte  die  Schnelligkeit  der  Fortbewegimg  grosse  Fort- 
schi-itte.  40  oder  50  Jahre  vorher  brauchte  ein  Landedelmann  aus  Herfortshire  6  Pferde  und  2  Tage, 
um  nach  London  zu  gelangen.  Pyne  sah  dieselbe  Reise  mit  der  Mallepost  zwischen  acht  und  zehn 
ein  viertel  Uhi-  Abends  zurücklegen.  Von  Manchester  bis  London  gelangte  man  17.54  in  vier  und 
einem  halben  Tage.    Im  Anfang  dieses  Jahrhunderts  brauchte  man  nur  noch  30  Stunden. 

und  8  zeigen  den  ländlichen  Tilbnry  für  zwei  Personen    |    Nr.  5  stellt  die   Beladung  einer  Postchaise  dir.    Man  sieht 


und  den  mit  Leinwand  bespannten  Karren  des  Ge 
händlers.  Nr.  3  ist  ein  Reiter,  der  seinen  Zoll  zahlt, 
fr.  4  ist  ein  grosses  Korbgestell  auf  Tier  Rädern ,  dessen 
Zweigespann  von  einem  reitenden  Postillon  gelenkt  wird. 
Dieses Geföhrt,  so«a6/e  genannt,  warfftr kleinere Excnrsionen 
bestimmt.  Nr.  2  zeigt  eine  vierspännige  Diligence,  deren 
Imperiale  für  Sitzplätze  eingerichtet  ist. 


noch  den  Langbaum,  der  die  beiden  Ochsen  vereinigt.  Nr.  7 
ist  eine  Postchaise  mit  outrider,  Vorreiter. 

Die  kleine  Grnppe  Nr.  6  stellt  den  Transport  des  Kalks 
aus  den  chalk-püs  der  Grafschaft  Kent  dar ,  den  man  zur 
Bodenamelioration  oder  zum  Brennen  verwandte. 


Vgl.  Le  Microcosme,  trac6  pittoresque  des  arts,  de  l'agriculture,  des  manufactm-es  etc.,  de  la 
Grande-Bretagne,  Radirungen  von  W.  H.  Pyne,  Text  von  C.  Gray.  London.  1808.  —  Tableau 
actuel  des  coatumes,  moeurs  et  usages  de  la  nation  anglaise,  Paris,  an  XI.  — 


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DEUTSCHLAND 


VOLKSTRACHTEN  IX  BAIERN  UND  SACHSEN-ALTENBUEG. 


Nr.  1,  5  und  6. 

Mittelfranken. 

Nr.  2,  7,  10,  20  und  21. 

Niederbaiera. 

Nr.  3,  4,  19  nnd  25. 

Niederfranken  und  Aschaffenburg. 

Nr.  8,  9,  22,  23  und  24. 

Oberfranken. 


Nr.  11,  12  nnd  13. 

Oberpfalz. 

Nr.  14,  15,  16  und  17. 

Schwaben. 
SACHSEN-ALTENBÜRG. 


BAEERN. 

Wo  die  Bevölkenmg  in  Baiem  gemischt  ist,  unterscheiden  sich  die  Katholilicn  von  den  Prote- 
stanten schon  durch  die  Tracht.  Die  Ersteren  ziehen  im  Allgemeinen  die  grellen,  die  Letzteren  die 
dunklen  Farben  vor.  Der  Hut  des  Katholiken  ist  mit  grünen  und  gelben,  der  des  Protestanten 
mit  schwarzen  Bändern  geschmückt;  auch  die  rothe  Weste  wird  fast  nur  noch  von  den  Katholiken 
getragen. 

Die  weibliche  Kopftracht  variiit  nach  den  verachiedenen  Gegenden.  Da  ist  zunächst  die  Pelz- 
kappe mit  gesticktem  Boden  (Nr.  7),  wie  man'  sie  beispielsweise  an  den  Frauen  aus  dem  XVII.  Jahr- 
hundert auf  Tafel  EK  bemerkt.  Die  kleine  Mütze  mit  aufgebogenem  Boden  und  unter  dem  Kinn 
geknüpften  Bändern  (Nr.  1,  17,  25)  wird  in  Nieder-  und  Mittelfranken  getragen;  eine  Abart  der- 
selben erinnert  an  die  phrygische  Mütze  (Nr.  2,  11  und  16)  und  kommt  in  Niederbaiern  und  der 
Pfalz  vor.  Die  Frauen  in  Würzbiu-g  und  Bamberg  tragen  ein  einfaches,  verschiedenartig  geknüpftes 
Kopftuch  aus  Leinwand  (Nr.  4  imd  24).  In  Oberfranken  hat  eine  andere  Ai-t  Haube  vom  eine  Tüll- 
gamiiimg,  die  über  den  Vorderkopf  geht  (Nr.  9)  oder  auch  in  die  Stirn  hineinreicht  (Nr.  22  imd  23); 
in  Schwaben  besteht  diese  Haube  aus  gestickter  Seide  (Nr.  14).  Die  Dame  aus  Schweinfiu-t  (Nr.  19) 
trägt  eine  hohe  Mütze  aus  schwarzer  Seide  mit  Spitzengamirung  aus  langen  über  den  Rücken 
fallenden  Bandschleifen.  In  Niederbaiern  trägt  man  auch  ein  kappenärtig  aiTangirtes  Kopftuch 
(Nr.  20).    Die  jungen  Mädchen  in  der  Pfalz  legen  ein  einfaches  Band  um  das  geflochtene  Haar  (Nr.  13). 


Ueber  dem  Hemde  mit  bis  zum  Ellenbogen  reichenden  Aei-meln  tragen  die  Baierinnen  ein 
ausgeschnittenes  oder  bis  zum  Halse  gehendes  Mieder;  darüber  ein  Brusttuch  aus  bedrucktem  Kattun, 
an  Festtagen  aus  feinem  spitzenbesetzten  Linnen  (Nr.  22  und  23).  An  seine  Stelle  tritt  bisweilen 
ein  fest  oder  lose  geknüpftes  oder  dMch  eine  Brosche  befestigtes  Fichü  (Nr.  4,  7,  17,  20,  24,  25 
imd  Nr.  11).  Jaquetts  mit  PufFäi-meln  werden  in  Franken,  Niederbaiern  und  der  Pfalz  getragen. 
Der  Rock,  eng  gefältelt,  reicht  bis  zm'  Hälfte  des  Beines  und  ist  gewöhnlich  roth,  grün  oder  blau. 
Die  Schürze,  ebenfalls  buntfarbig,  ist  an  Festtagen  aus  Seide,  mit  Spitzen  und  Bändern  besetzt. 
Als  Schmuck  dienen  hauptsächlich  Halsbänder  aus  Granaten  oder  Metallarbeit  mit  Medaillons  (Nr. 
22  und  23).  Zu  den  Zwickelstrümpfen  werden  bisweilen  ausgeschnittene  Schuhe  mit  Franzenbesatz 
über  dem  Spann  angelegt. 

Der  breitrandige  Filzhut  der  Männer  wird  fast  nur  noch  von  älteren  Leuten  getragen.  Die 
junge  Generation  giebt  dem  hohen  Hut  mit  schmalem  Rande  den  Vorzug.  Der  Bauer  trägt  alltags 
eine  Jacke  ohne  Taille  und  Schösse,  Sonntags  den  langen  blauen  Tuchrock  mit  Stehkragen  und 
silbei-nen  Knöpfen.  Dazu  gehört  die  rothe  Weste  mit  Seidenstickerei  und  Metallknöpfen.  Neben 
der  langen  Hose  hat  sich  auch  die  schwarze  Lederhose,  unter  dem  Knie  durch  einen  Riemen  be- 
festigt, erhalten. 

SACHSEN-ALTENBURG. 

Nr.  18. 

Jungvermählte. 

Am  Hochzeitstage  unterscheidet  sich  die  Braut  von  ihren  Ehrenjungfern  nur  durch  die  Braut- 
krone. Sie  besteht  aus  viereckigen,  mit  einem  Muster  in  Relief  geschmückten  Metallplättchen  über 
einem  Cartonkegel,  der  sich  nach  oben  hin  verjüngt.  Rund  herum  hängen  zwei  Reihen  vergoldeter 
Blättchen  an  fein  gearbeiteten  Silberknöpfen.  Hinten  über  dem  Boden  befindet  sich  ein  aufrecht 
stehender  Wulst  aus  grünem  Sammet.  Die  Haare  werden  durch  ein  Stirnband  aus  rothem  Sammet 
verdeckt,  das  im  Nacken  geknotet  ist.  Dazu  kommt  noch  eine  breite  Bandschleife,  welche  das  Stirn- 
band lunschlingt  und  unter  dem  Kinn  einen  grossen  Knoten  l.uldet.  Der  Rest  der  Tracht  gleicht 
der  im  Text  zu  Tafel  HG,  Deutschland-Tirol,  beschriebenen. 

N.  1,  2,  3,  4,  5,  6,  7,  8,  9,  10,  11,  12,  13,  14,  15,  16,  17,  20  und  21  gehören  zu  einer  Folge 
kolorirter  Stiche,  die,  in  Nüi-nberg  publicirt,  die  Kostüme  der  bairischen  Kreise  darstellt. 

Nr.  18  nach  einer  Originalzeichnung  vom  Anfang  dieses  Jahrhunderts. 

Nr.  22  und  23  nach  Becker. 

Nr.  19,  24  und  25  nach  Lante  und  Gatine,  aus  dem  Rccueil  de  costumes  de  differents  pays, 
Paris  1827. 

Vgl.  Albert  Kreiachmcr,  Deutsche  Volkstrachten,  Leipzig  1870. 


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HG 


DEUTSCHLAND.  —  TIROL 


VOLKSTRACHTEN. 


OESTEEREICH. 
Nr.  1,  6,  8,  11,  15,  16  und  19. 


Böhmen. 

DEUTSCHLAND. 

Nr.  3  und  4. 

Württembergerinnen 

Nr.  7. 

Schlesier. 


Nr.  14  und  17. 

Altenburgerinuen. 

Nr.  18. 

Xoburgerin. 

Nr.  5. 

Typus  riines  Heidullerger  Studenten ;  Anfiing  des  Jahrliunderts. 


OESTERREICIL 

Tirol  —  Die  Bevölkerung  des  östlichen  Theiles  von  Tirol  besteht  iiherwiegend  aus  Deutschen, 
während  sie  im  Süden  mit  Italienern  und  Ladineni  untermischt  ist. 


Zillerthaler. 
Schwarzer  Filzbut  mit  Schnur,  Troddeln  und  Auerhahn 
feder.  Brustfleck  aus  rothem  Tuch,  am  Halsausschnit 
mit  Silherperleu.  Schwarzseidenes  Halstuch.  WoUeni 
Joppe  mit  Sammetaufschlägen.  Schwarzer  Ledergürtel  mi 
Monogramm  in  Seidenaticlf erei ,  an  der  Seite  durch  ein^ 
Schnalle  geschlossen.  Schwarzlederne  Kniehose.  Weissi 
Strümpfe.     Nägelheschlageue  Schnürstiefel. 

Nr.  6. 
Pusterthalerin. 
Filzhut  mit  hreiter  Krempe.    Schnürmieder  mit  Achselbändern 
Kurzer  Wollrock.    Ausgeschnittene  Schuhe. 


händem.  Hemde  aus  weissem  Pique,  mit  Spitzen  besetzt. 
Wollenes  Mieder  mit  silbernen  Agraffen  und  schwarzen 
Seidenschnüren.    Brusttuch  aus  Kattun. 


Bauer  vom  Achensi 


;  Innthal. 


Filzhut  mit  Schnur  und  Troddeln;  Auerhahnfeder,  Gemsbart 
und  Alpenblumen.  Ueber  der  modernen  Weste  mit  silberner 
Kette  wird  nur  selten  der  breite  Ledergurt  getragen.  Roth- 
seidenes  Halstuch.  Joppe,  Tuchweste.  Schwarzlederne 
Kniehose  mit  Besatz.    Lederstiefel. 


Sarnthalerin. 
Filzhut  mit  breiter  Krempe  und  hinten  herabfallenden  Seideu- 


Filzhut.  Braune  Tuehjoppe  mit  farbiger  Stickerei.  Leder- 
gürtel mit  polirten  Zinnnägeln.  Kniehose  aus  Gemsleder. 
Wollstrümpfe.    Schnürstiefel. 


Bäuerin  aus  dem  Passeyerthal. 
Gestrickte  Wollmütze.  Heber  dem  Mieder  ein  Jaquett  aus 
violettem  Tuch  mit  rothem  Seiden!)  es  atz,  durch  farbige 
Schnüre  und  eine  Reihe  silberner  Knöpfe  geschlossen. 
Ueberärmel  aus  Sammet  mit  Pelzbesatz.  Langer  gefältelter 
Wollroct.  Weite  blau  und  weissgestreifte  Leinenschürze. 
Kothe  Wollstrümpfe.    Lederschuhe. 


Junger  Bauer  aus  dem  Sarnthal.  Festtracht. 
Rothe  Jacke  und  Brustfleck  mit  gi-ünen  Damastachselbändem. 
Hemde  mit  Spitzenbesatz,  der  am  Hals  und  über  der  Brust 
ein  Jabot  bildet.  Die  verheiratheten  Männer  tragen  einen 
schwarzen ,  die  Junggesellen  einen  grünen  niedrigen  Filz- 
hut mit  breiter  Krempe.  Ledergürtel.  Dicke  weite  Woll- 
hose, die  das  Knie  frei  lasst.  Weisse  Strümpfe  mit  rothen 
Strumpfbändern.     Lederschuhe. 


Deutsche  und  Czeclien  haben  aufgehört,  ein  Nationalkostüni  zu  tragen. 


Nr.  2. 

Junge  Deutsche  ausAuherzen.    Bezirk  Pilsen.   Sommertracht. 

Die  Haare  fallen,  hinten  aufgenommen,  in  Zöpfen  mit  weissen 
Schleifen  herab.  Stirntüchel  und  Nadel ,  ein  Diadem  aus 
Kupfer.  Starke  Tournüre  unter  dem  Wollrock.  Hoch  ge- 
rückter Gürtel.  Ausgeschnittenes  Mieder  aus  Wollstoff  oder 
Goldbrokat.  Geblümtes  Halstuch.  Schürze  mit  farbigen 
Bändern.    Rothe  Wollstrümpfe.    Lederschuhe  mit  grünen 


Schleifen.  Beim  Ausgehen  waväe  der  Kurass,  eine  w 
Piquejacke  und  ein  weissleinenes  Kopftuch  augelegt, 
den  Winter  kommt  eine  Mütze  und  eine  Pelzjacke  hii 


Junger  Deutscher  aus  der  üragejrend 

von  Kladau. 

Niedriger  Filzhut  mit  Blumen  und  Schnur, 
mit  gelben  Metallltnöpfen. 

Blaue  Tuchjacte 

DEUTSCm^AND. 

Schlesien.  —  Nur  die  Frauen  liaben  in  ilirem  Kostüm  manclie  Eigenthümlichkeiten  bewahrt. 

Nr.  7.  —  Bauer  aus  dem  Riesengebirge.  An  Festtagen  trägt  der  Bewohner  des  Riesengebirges 
einen  hoben,  sich  oben  ausbauchenden  Filzhut  und  einen  langen,  bis  zu  den  Füssen  reichenden 
Tuchrock,  den  „Gottestischi'ock." 

Württemberg.  Schwarzwaldkreis.  —  Die  Bewohner  des  Schwarzwaldes  verlassen,  meist  als 
Krämer,  ihre  Heimath,  um  später  mit  ihren  Ersparnissen  zurückzukehren.  In  der  Umgegend  von 
Reutlingen,  im  Dorfe  Ehningen  haben  sie  alljährlich  um  Weihnachten  eine  Zusammenkunft,  den 
Ehninger  Congress. 


Nr.  3  und  4. 
Frauen  aus  dem  Schwarzwald, 
schwarzer  Seide  mit  gesticktem   Sammetboden, 
sich  ein  acht  Zoll  breiter  Kamm  auf  einem  Draht- 


gestell erhebt;  hinten  fallen  vier  breite  schwai-ze  Bände 
herab,  zwischen  denen  die  Zöpfe  mit  rothen  Schleifen  sicht- 
bar werden.  Sammetjaquett  mit  Puffärmeln.  Am  Hals- 
ausschnitt  ein  Spitzenkr.agen.  Darüber  ein  Halstuch  mi 
herabhängenden  Enden.    Wollrock  und  Lederschuhe. 


Sachsen.  —  Die  Spreeufer  smd  noch  beute  in  einzelnen  Theilen  von  Abkömmlingen  der 
Wenden  besetzt. 

Nr.  10.  —  Frau  aus  Dannstedt,  Regierungsbezirk  Magdebiu-g,  Provinz  Sachsen.  —  Kopfputz 
aus  langen  breiten  Bändern,  die  das  Gesicht  umschliessen  und  über  die  Brust  fallen;  hinten  sind 
zwei  andre  Bänder  übergeschlagen  und  vier  hängen  bis  auf  die  Hacken  herab.  Besonders  die  letzteren 
sind  reich  gestickt  und  mit  Franzen  besetzt.  Massive  Kette  mit  Kreuz.  Seidenes  Mieder  mit  langen 
engen  Aermeln.  Gestickter  Rock  aus  demselben  Stoff.  Wollenes  geblümtes  Brusttuch.  Gestickte 
Schürze.    Graublaue  Strümpfe.    Lederschuhe  mit  über  dem  Spann  geki-euzten  Bändern. 

Nr.  12.  —  Junges  wendisches  Mädchen  aus  der  Lausitz.  —  Häubchen  mit  Musselinfraise. 
Linonmieder  mit  giellfarbigem  Biiisttuch,  dessen  Enden  über  der  Schürze  zum  Vorschein  kommen. 
Gestickte  Schürze.    Gefältelter  Rock. 


Sachsen -Altenburg.  —  Auch  hier  ist  ein  Theil  der  Bevölkenmg  wendischer  Abkunft  und  hat 
sich  manche  Eigenthümlichkeit  der  Nationaltracht  bewahrt. 

Nr.  14  und  17.  Cravatte.    Seidene   Bänder  mit  Franzen ,   die   das  Mieder 
.  verdecken  und  vom   über  die  Schürze  herabfallen.    Ueber 
Altenburgenuueu.  ,       ^^^  Unterrock  ein  eng  gefältelter  Wollrock  bis   an   das 
Kopftuch,  hinten  gefältelt,  mit  auf  Cirtou  gespamücu  Enden  ,       Knie    reichend.     Etwas  längere  seidene  Schürze.     Weisse 
gerade  herabfaUend.    üeber  dem  Hemde  ein  Kattunjaquett  j       Wollstrümpfe ,  unter  dem  Knie  durch  Strumpfbänder  ge- 
mit  langen  Aermeln,  auf  denen  an  Schultern  Initialen  ge-  j       halten.    Schuhe  ohne  Absätze,  bei  schlechtem  Wetter  halb- 
stickt sind,    üeber  dem  Jaquett  ein  Mieder,  dessen  Aus-  imhe  Stiefel,  oben  mit  Sammetbesatz. 
schnitt  durch  einen  breiten  Puff  gefüllt  ist.    Breite  seidene  | 

Nr.  13.  —  Fruchthändlerin  aus  Hambm-g.  —  Kappe  aus  bedi-ucktem  Kattun  mit  diadomartig 
aufi-echt  stehendem  Stimbande.    Ein  halbes  Dutzend  Röcke  über  einander. 

Nr.  18.  —  Junge  Koburgerin.  —  Auf  dem  Scheitel  eine  kleine  Kappe  mit  Glasperlen.  Hemd 
mit  Puüarmeln,  von  einem  Mieder  mit  kleinen  Schössen  bedeckt.  Gefältelter  Rock.  Ausgeschnittene 
Schuhe. 

Nr.  5.  —  Typus  eines  Heidelberger  Studenten;  Anfang  des  Jahi-hundei-ts.  —  Silbergesticktes 
Barrett.    Gestickter  Halslo-agen.    Ueberrock  mit  Passementerie. 

Nr.  1,  2,  3,  4,  7,  9,  10,  11,  14,  15,  16,  17  und  19  aus  den  deutschen  Volksü-achten  von  Albert 
Kretschmer;  Leipzig  1870. 

Nr.  12,  13  und  18  aus  der  Sammlimg  von  Lante  und  Gatine:   Costunies  feminins  de  differents 
pays;  Paris  1827. 

Nr.  6  und  8  aus  einer  Sammlung  von  Photographieen,  in  Wien  publicirt :  Oesterreichisch-Ungarische 
Nationaltrachten. 

Nr.  5  nach  einem  Stich  aus  einer  Kostümsammlung,  am  Anfang  des  Jahrhunderts  von  Jlartinet 
herausgegeben. 

Vgl.  Albeti  Kretschmer,  Deutsche  Volkstrachten,  Leipzig  1870. 


D(.\ 


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SCHWEIZ 


VOLKSTRACHTEN 

LUZEKN,  FREIBURG,  ZUG,  BERN,  SCHWYZ,  SCHAFFHAUSEN  UND  WALLIS. 
ERSTE  HÄLFTE  DES  XLX.  JAHRHUNDERTS. 


11 


Xr.  1.  —  Frau  ans  Luzern. 
Grosser  Strohhut.  Hemde,  am  Halse  geschlossen,  mit  kurzen 
Aermeln.    Gesticktes  Mieder.    Heller  faltiger,  his  an  die 
Kuiee  gehender  Rock.    Weisse  Strümpfe,  ausgeschnittene 
Schuhe  mit  rother  Rosette. 

Nr.  2 ,   7  u,  9.  —  Frauen   aus  Freiburg. 

Nr.  2  gehört  dem  französischen  Theil  des  Cantous  an.  Sie 
tragt  falsches  Haar.  Darüber  einen  breiten  Strohhut  mit 
schwarzen  Spitzen  garnirt.  Langer  Rock.  Auf  der  Rückseite 
des  Mieders  die  Tragbänder  der  Milcbverkäuferin. 

Nr.  7  u.  9  gehören  dem  deutschen  Theil  des  Cantons  an. 
Blaue  Halskrause.  An  einem  Halsbande  ein  silbernes  Agiiu»- 
Bei.  Geschnürtes  Mieder,  schwarzseidene  Schürze,  rother 
Rock  und  Gürte]  mit  herabfallenden,  gestickten  und  ge- 
franzten  Enden. 

Nr.  3  u.  4.  —  Bauer  und  Bäuerin  aus  Zng  im  Sonntagsstaat. 
Charakteristisch  ist  für  diese  Bergbewohner  die  Masse 
von  Schleifen ,  mit  denen  sie  Hut ,  Halstuch  und  Weste 
schmücken.  Besonders  der  Hut  ist  bei  Personen  beider 
Geschlechter  mit  Bändern  und  Blumen  bedeckt. 

Nr.  5  u.  11.  —  Frauen  des  Canton  Bern. 

Nr.  5.  Schmales  Häubchen  ans  schwarzem  Satin  auf  dem 
nach  dem  Scheitel  zu  aufgenommenen  Haar,  das  die  jungen 
Mädchen  in  Flechten  getheilt  frei  herabhängend  tragen. 
Halbärmel.  Auf  dem  Hemde  sind  über  den  Brüsten  rechts 
und  links  Vor-  und  Zuname  der  Frau  eingestickt.    Um  den 


Hals  schlingt  sich  eine  rothe,  schräg  geränderte  Cravatte. 
Langer  Rock,  Schürze,  unter  dem  Knie  befestigte  Strümpfe. 

Nr.  11  stellt  eine  Thalbewohnerin  dar.  eine  Milchverkäuferin 
aus  Oberhassli.  Sie  trägt  einen  kleinen  Kopfputz  aus 
schwarzem  Sammet.  Die  Brust  ist  mit  einem  Latz  aus 
karrirtem  Stoff  bedeckt.  Eine  grosse  Schürze  schützt  den 
langen  Rock  aus  hellem  Stoff. 

Nr.  6.  -  Bewohner  des  Canton  Schwyz. 

Jacke  mit  schmalen  Litzen,  offene  Weste,  die  das  durch  einen 
Ledergürtel  zusammengehaltene  Hemde  sehen  lässt.  Knie- 
hose, weisse  Strümpfe,  die  unter  dem  Knie  gebunden  sind. 
Escarpins  mit  rothen  Schleifen. 

Nr.  8.  —  Junges  Mädchen  aus  Schaffliausen. 

Der  Kopfschmuck  besteht  in  einem  sehr  kleinen  cjlinder- 
förmigeu  Deckelchen  aus  schwarzem  Samroet.  das  durch 
zwei  schmale  Bändchen  anf  der  Höhe  des  Scheitels  fest- 
gehalten wird.  Mit  verschiedenfarbigen  Bändern  zusaramen- 
geSochtene  Zöpfe ,  von  deren  Enden  zwei  blaue  Schleifen 
herabhängen.  Hemde  mit  kurzen  Aermeln,  gesticktes  und 
geschnürtes  Mieder.  Kurzer  Rock  und  weisse,  vorn  durch 
rothe  Bänder  gehaltene  Schürze. 

Nr.  10.  -  Junges  Mädchen  aus  Wallis. 

Kleiner  Strohhut  mit  eingeschlagenem  Rande ,  mit  Spitzen 
garnirt,  bisweilen  mit  Goldstoff.  Brusttuch  über  einem  fein 
gestickten  Vorhemdchen,  Mieder  mit  kurzen  spitzenbesetiten 
Aermeln  und  Brustlatz.    Kurzer  Rock  und  seidene  Schürze. 


4,  5 


i  der  Sammlung  schweizerischer  und  deutscher  Kostüme,  Paris  bei  Martin 


Cm- 


Nr.  7,  S,  9,  10  u.  11  aus  den  Kostümen  der  Hamburger,  Holländer  und  Schweizer  Frauen;  gezeichnet  ' 
gestochen  von  ßatine,  Paris,  1827. 


i  Test;  Btchts,  la  Suisse  (Geographie 


II!,  Europe  centrale),  Paris,  1878. 


SWITZBRLAND 


SUISSB 


SGHWEIZ 


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SCHWEIZ 


WEIBLICHE  TRACHTEN  AUS  BERN,  APPENZELL,  FREIBURG, 
LUZERN,  SCHWYZ  UND  UNTERWALDEN 


URI, 


Nr.  1,  8  u.  10. 
Trachten  aus  dem  Canton  Bern.  Wie  im  übrigen 
Eui'opa  finden  sieh  auch  in  der  Schweiz  die 
alten  Nationaltrachten  nur  noch  bei  den  Mägden 
und  Bäuerinnen.  Die  Frauen  der  höheren  und 
mittleren  Stände  folgen  der  französischen  Mode. 
Wie  man  aus  Nr.  8  sieht,  hat  dieselbe  auch 
schon  bei  den  Dienstmägden  Eingang  gefunden; 
denn  der  Schlepprock  des  Mädchens,  welches 
eineu  Zober  trägt,  ist  nicht  nationalen  Ursprungs. 
Die  alte  Bernerische  Tracht  findet  sich  noch 
in  ihrer  echten  Grazie  bei  den  Bäuerinnen.  Der 
Eock  ist  weit  und  von  dunkler  Farbe,  das  Leib- 
chen von  schwarzer  Seide  oder  Sammet.  Es 
hat  einen  viereckigen  Schnitt  und  geht  nicht 
über  den  Busen  hinauf  (Nr.  1).  Die  Brust  ist 
vollständig  mit  einem  gefalteten,  sehi'  weissen 
Hemde  bedeckt.  Um  den  Hals  ist  eine  Cravatte 
von  schwarzem  Sammet  geschlungen.  SUbeme 
Ketten,  die  an  den  Enden  dieser  Cravatte  be- 
festigt sind,  fallen  auf  jeder  Seite  über  das 
Leibchen  herab  imd  werden  mit  dem  Gürtel 
verbunden.  Die  Hemdärmel  haben  einen  sehr 
weiten  Schnitt.  Die  Kopfbedeckung  besteht 
gewöhnlich  aus  einer  eng  anliegenden,  kurzen 
Haube  von  schwarzem  Atlas,  welche  auf  den 
Scheitel  gesetzt  wird  und  von  welcher  schwarze 
Spitzen  auf  die  Haare  herabfallen.    Unsere  Nr.  10 


trägt  nicht  diese  Kopfbedeckung,  sondern  eine 
Mütze  mit  einer  aufrecht  stehenden  Quaste  auf 
dem  Deckel.  Oft  besteht  diese  Mütze  aus  Gold- 
oder Silberstoff.  Die  Tracht  der  Bernerinnen 
hat  sich,  ungeachtet  ihrer  Veränderungen,  von 
allen  schweizerischen  Volkstrachten  noch  ara 
vollständigsten  erhalten.  Die  Frauen  der  übrigen 
Cantone  unterscheiden  sich  von  einander  nur 
durch  die  Art,  ihre  Haare  zu  flechten  imd  die- 
selben mit  Bändern,  Spitzen,  Zeug  und  Nadeln 
zu  schmücken.  Am  besten  und  reinsten  hat 
sich  die  Bernerische  Tracht  im  Emmenthal 
erhalten. 

Nr.  2  u.  G. 
Frauen  aus  dem  Canton  Appenzell.  In  dieser 
sehr  gebirgigen  Gegend  der  Scliweiz,  welche 
keine  grossen  Städte,  sondern  nur  zwei  oder 
drei  Flecken  besitzt  und  in  ihrer  Gesammtheit 
einem  grossen  Dorfe  gleicht,  welches  aus  ver- 
einzelten Hütten  zusammengesetzt  ist,  hält  man 
noch  am  zähesten  an  den  alten  Gebräuchen 
fest.  Das  charakteristisohe  Merkmal  der  Appen- 
zeller Frauentracht  ist  die  Hauhe  aus  schwai'zer 
Gaze,  die  sich  wie  ein  steifer  Kamm  in  Gestalt 
von  zwei  Schmetterlingsflügeln  auf  dem  Kopfe 
erhebt. 


Nr.  3. 
Verheirathete  Frau  aus  dem  Canton  Freiburg. 
Diese  Frau  stammt  aus  der  deutschen  Hälfte 
des  Cantons,  in  welcher  sich  die  alten  Sitten 
hesser  erhalten  haben,  als  in  der  französischen. 
Die  Heirath  gilt  in  dieser  Gegend  als  ein  be- 
sonders wichtiger  Akt.  Die  Sitte  will  es,  dass 
Bräutigam  und  Braut  bei  der  Ceremonie  die 
Kleider  ihrer  Grosseltern  anziehen,  um  damit 
zu  bekräftigen,  dass  sie  nach  der  Weise  ihrer 
Voreltern  leben  wollen.  Die  einer  Husaren- 
mütze ähnliche  Haube,  der  Halski-agen  und  die 
metallenen  SchuhschnaUen  stammen  noch  aus 
früher  Zeit.  Der  Schmuck  besteht  aus  einer 
langen,  feinen  Halskette,  an  welcher  eine  grosse 
silberne  Schaumünze  hängt,  die  man  Agnus  dei 
nennt.  Im  Canton  Schaffhausen  ist  die  Mütze 
noch  höher  und  schwerer.  Der  Rock  und  die 
Strümpfe  sind  gewöhnlich  roth. 

Nr.  4. 
Frau  aus  dem  Canton  Luzern.  Ein  unten  spitz 
zulaufendes  Leibchen  aus  schwarzem  Sammet, 
welches  weit  enger  anschliesst  als  das  der 
Berneiinnen,  ein  gefaltetes,  die  Brust  bedecken- 
des Hemde,  ein  Halstuch,  eine  lose,  vorn  offene 
Jacke  mit  weiten  Äermeln,  die  mit  schmalen 
Aufschlägen  versehen  sind,  eine  Mütze  mit 
breiter  Rüsche,  welche  den  Kopf  wie  ein 
schwarzer,  durchsichtiger  Nimbus  umgiebt,  und 
eine  Schürze  sind  die  Bestandtheile  dieser 
Tracht,  die  wenig  charakteristisches  hat. 

Nr.  5,  7  u.  9. 
Frau    aus    dem   Canton   Schwyz.   —   Frau    aus 
dem    Canton    Uri.    —    Frau    aus    dem    Canton 

Unterwaiden. 


Die  Nationaltracht  der  Unterwaldener  und 
besonders  die  der  Frauen  gehört  zu  denjenigen, 
die  mehr  und  mehr  verschwinden.  Sie  besteht 
aus  einem  kurzen,  weiten  Rocke  aus  braunem 
Stoff,  einem  rothen  Gürtel,  blauen  Strümpfen 
und  zierlichen  Schuhen.  Die  Haarflechten  werden 
hinten  durch  eine  löffelartige  Nadel  zusammen- 
gehalten. Die  Schuhe  sind  oft  mit  metallenen 
Hacken  versehen.  Au  Nr.  9  findet  man  das 
genannte  Haararraugement,  die  niedlichen  Schuhe 
mit  Bandi'osetten,  eine  den  Hals  eng  wie  ein 
Halseisen  umgebende  Kette,  den  breiten  hohen 
Brustlatz,  der  auf  jeder  Seite  mit  breitem  Ge- 
hänge aus  Silberfiligran  besetzt  ist,  den  weiten, 
unten  rund  ausgezackten  Hemdsärmel,  der  im 
Armgelenk  mit  einem  Sammetband  zusammen- 
gefasst  ist,  und  eine  breite  seidene  Schürze. 

Die  Tracht  der  jungen  Frau  aus  Schwyz 
(Nr.  5)  bietet  die  Eigenthümlichkeit ,  dass  sie, 
ohne  so  weit  in  die  Vergangenheit  hinaufzu- 
reichen wie  die  der  ünterwaldnerin ,  keinen 
modernen  Bestandtheil  hat.  Abgesehen  von 
der  hohen  Gazemütze,  gehört  alles  an  dieser 
Tracht  dem  vorigen  Jahrhundert  an.  Das  Ar- 
rangement des  Haares,  die  Entblössung  des 
Halses,  das  Brusttuch  und  die  kurzen  Aermel 
sind  Kennzeichen  der  französischen  Mode  vor 
der  Revolution. 

Die  weiblichen  Trachten  im  Canton  Uri  (Nr.  7) 
erinnern  an  die  italienischen  Volkstrachten.  Die 
Urnerinnen  tragen  die  Schnupftücher  wie  die 
Italienerinnen  um  den  Kopf  gebunden;  ebenso 
ist  es  italienische  Sitte,  das  Brusttuch  unter 
dem  zusammengeschnürten  Leibchen  zu  tragen. 
Die  Schweizerinnen  trugen  früher  Halbstrümpfe, 
welche  nur  die  Wade  bedeckten. 


(Nach   Photographü 


A.  Braun  <5^^  Co.  in  Dornach  und  Aquarellen  von   y.  Bastinos.) 


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SW IT2.BR.LAND  O  U  I  ,S  S  B 


SGHV/BI 


Nordmaiin   lit 


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S  CHWE  IZ 


FRAUENTRACHTEN 

AUS  UNTERWALDEN,   SANCT  GALLEN,   BERN,  WALLLS,  ZÜRICH,   ZUG, 
LUZERN  UND  BASEL. 


Nr.  1.  Canton  Unterwaiden.  —  Das  über  der  Brust  und  am  Halse  festgescblossene  Leibchen 
ist  durch  das  Klima  einer  Landschaft  bedingt,  welche  gegen  Süden  diu-ch  Berge  abgeschlossen  ist, 
die  mit  ewigem  Schnee  bedeckt  sind.  Die  Ausschmückung  und  die  Farbenzusammenstellung  der 
Stoffe,  aus. denen  das  Leibchen  besteht,  hängt  vom  persönlichen  Geschmack  der  Trägerin  ab.  Der 
Vordertheil  ist  gewöhnlich  bunt,  grün  und  roth  gemustert,  der  Rückentheil  immer  schwarz.  Die 
über  der  Brust  sich  ki-euzenden  Ketten  sind  ron  Silberfiligran.  Das  Haar  wird  meist  in  Flechten 
gelegt,  in  welche  weisse  Bänder  hineingeflochten  sind.  Auf  den  Kopf  wird  bisweilen  ein  weisses 
Spitzenhäubchen  gesetzt.    (Vgl.  auch  die  Tafel  Schiveiz  mit  dem  Zeichen  Sett.) 

Nr.  2.  Canton  Sanct  Gallen.  —  In  diesem  Canton  blüht  eine  lebhafte  Industrie  in  Weiss-  und 
Flanellwaaren,  Tuch  und  anderen  Stoffen,  vornehmlich  aber  in  geklöppelten  Spitzen  luid  in  Stickereien. 
Auf  diese  sesshafte  Thätigkeit  deutet  auch  das  Kostüm  der  Frau:  der  lange  Rock  und  das  niedrige 
Leibchen,  welches  die  freie  Bewegung  der  Arme  ermöglicht.  Das  zierliche  Häubchen  ist  ein  Product 
dortigen  Gewerbfleisses  und  Geschmacks,  der  sich  auch  in  der  feinen  Zusammenstellung  der  Farben 
kundgiebt. 

Nr.  3  und  7.  Canton  Bern.  —  Der  kurze  Rock,  den  Nr.  7  trägt,  ist  wegen  des  Bergsteigens 
nothwendig.  An  Stelle  der  früher  üblichen  farbigen  und  gestickten  Strümpfe  sind  heute  allgemein 
weisse  getreten.  Die  weisse  Wäsche  der  Bernerinnen  ist  berühmt.  Ihre  Tracht  ist  hübsch  und 
geschmackvoll;  nur  die  Frauen  von  Oberhassli  entstellen  sich  dadurch,  dass  sie  die  Hüften  aus- 
polstern.    Nr.   3  ist  eine  Simmenthalerin.     Das  Leibchen  zeigt  italienischen  Schnitt;  es  ist  von 


schwarzer  Seide  und  mit  einem  schwarzen  Sammetstreifen  besetzt.  Das  weisse  Hemd  steigt  bis  zum 
Hals  liinauf.  Die  Enden  des  einfarbigen  Brusttuchs  sind  unter  dem  Leibchen  befestigt.  Die  Aermel, 
eng  anschliessend,  bilden  an  den  Ellenbogen  Puffen.  Oft  ist  um  den  Hals  eine  Cravatte  von  Sammet 
gescUungen,  von  welcher  auf  die  Brust  silberne  Ketten  herabhängen,  die  am  Güi-tel  befestigt  werden. 
Die  Kopfbedeckung  besteht  aus  einer  kleinen  Haube  von  schwarzem  Atlas,  die,  mit  schwarzen 
Spitzen  besetzt,  auf  dem  Hinterkopfe  sitzt.  Der  dunkle  Rock  hat  eine  farbige  Borte.  Die  Schürze 
ist  unter  dem  Mieder  befestigt.  Die  Berner  Tracht  hat  sich  am  längsten  in  ihrer  vollständigen  Ur- 
sprünglichkeit erhalten. 

Nr.  4.  Canton  Wallis.  —  Die  französische  Mode  hat  die  charakteristischen  Eigenthümlichkeiten 
der  Volkstracht  meist  verwischt.  Von  derselben  ist  nur  noch  der  Hut  übrig  geblieben,  welcher 
allen  fremden  Einflüssen  Widerstand  geleistet  hat. 

Nr.  5.  Canton  Zürich.  —  In  der  Tracht  der  Züricherin  paai-t  sich  vriirdevoller  Ernst  (der 
schwarze  Rock)  mit  heiterer  Farbenlust  (rothes  Leibchen  mit  gelbem,  schwarz  eingefasstem  Brustlatz). 

Nr.  6.  Canton  Zug.  —  Da  die  Bevölkerung  des  Cantons  Zug  vorzugsweise  Ackerbau  treibt, 
ist  danach  die  Tracht  der  Bäuerinnen  eingerichtet.  Bemerkenswerth  ist  die  als  Kopiputz  dienende, 
aufgesteifte  Rüsche,  welche  an  eine  Sonnenblume  erinnert. 

Nr.  8.  Canton  Luzern.  —  Auch  die  Bevölkerung  dieses  Cantons  treibt  Ackerbau,  weshalb  die 
zu  Feldarbeiten  passende  weibliche  Tracht  mit  der  des  Cantons  Zug  verwandt  ist. 

Nr.  9.  Canton  Basel.  —  Wie  Bern  ist  auch  Basel  eine  bergige  Stadt,  in  welcher  viele  Strassen 
treppenartig  emporsteigen.  Daraus  erklärt  sich  die  Nothwendigkeit  für-  die  Frauen,  kurze  Röcke 
zu  tragen. 

(Nach  Photographien  von  Braun  &  Co.  in  Dornaeh  und  nach  AqiiareUen  von  Bastinos.  —  Fii/r 
den  Text  vgl:  Simond,  Voyage  en  Suisse;  Baoul  Bochette,  Lettres  sur  la  Suisse  1819,  1830, 
1821;  C.  V.  de  Sommerlatt,  Description  des  vingt-äeux  cantons  de  la  Suisse,  Bern  1840;  Berkpsch, 
Schweiserhimde ;  W.  Kaden,  ScMveigerland.) 


SWIT2ERLAND  SU  1  S  O  E 


SGHV/EIZ 


1" 


D(.< 


EUROPA 


PFEIFEN,  ETUIS  UND  EAUCHUTENSILIEN. 


NORWEGEN,  FRANKREICH,  ITALIEN,  BELGIEN,  OESTERREICH,  DEUTSCHLAND  UND 
GRIECHENLAND. 


Nr.  1.  —  Norwegen. 

Nr.  2,  9,  17,  2.3  und  34.  -  Frankreic 

Nr.  5  und  14.  -  Italien. 

Nr.  6.  —  Belgien. 
Nr.  8  und  30.  -  Tirol. 


11,  12,  16,  20,  27  und  29.  -  Ungarn. 

Nr.  24.  —  Böhmen. 
15,  22,  28  und  32.  —  Deutschland. 

Nr.  31.  —  Griechenland. 
10,  21,  25,  26  und  33.  —  Pfeifen   und    Etuis 
unbe-^timmter  Herkunft. 


Die  Thonpfeife  war  ehemals  das  Monopol  Hollands,  der  Porzellankopf  ist  typisch  für  Deutsch- 
land ,  der  Meerschaum  und  der  geschnitzte  Holzkopf  für  Oesten-eich.  In  einigen  Theilen  Ungarns 
findet  man  Pfeifen  von  orientalischem  Typus. 


Norwegen. 
Nr.  1. 
Pfeife  aus  Stavanger :    Holzltopf  in  Form  einer  Hand ,  Oeff- 
nung  mit  Kupferring;  Rohr  aus  Schilf. 

Frantreieh. 

Nr.  2. 

Pfeife  in  Beilform;  1762.    0,50  m  lang.    StahlV-opf.  gravirt 

und  mit  Silber  eingelegt;  Rohr  aus  Hol?..    Der  Typus  ist 


Alte  Gla=!pfeife;  Murano;  1  m  lang. 

Nr.  14. 
Venetianischer  Tabacksbeutel ;  0,20  i 
mit  Seiden-  und  Goldsticterei. 

Belgien. 


[urze  Pfeife;  Franche-Comte ;  0,10  m  lang.    Silberner  Kopf; 
Hornrohr. 

Nr.  17. 


Feuerstahlbüchse  ;  Elsass  XVII.  Jahrhundert. 
(Innere  Einrichtung  Nr.  34.) 


Deutschland. 
Nr.  13. 
Holzliopf;  Deckel  und  Beschlag  Kupfer;  0,32  m  hoch. 

Nr.  l'i. 
Bemalter  Holzkopf;  die  Mütze  dient  als  Deckel.    Rohr 
Hörn;  Kopf  und  Abguss  0,18  ra  hoch. 
Nr.  22. 
Kopf  aus  Porzellan,  Utihr  ans  Hörn;  0,30  m  hoch. 


Nr.  28. 

Pfeife  ans  dem  sietenjihi-igcn  Kriege;  Meerschanmkopf  mit 

silbernem  Decltel.    Holzrolir;  Kopf  0,12  m  hoch. 

Nr.  32. 

Dunlielfarhiger  Holzlfopf;  ElfenljeiDgarnitur ;  Rohr  aus  Honi. 

0,50  m  hoch. 

Tirol. 

Nr.  8. 

Kurze  Holzpfeife;  Srfinur  und  Quasten  Seide;  0,11  m  lang. 

Nr.  30. 
Holzpfeife;  Kopf  mit  Kupfer  und  Perlmutter  eingelegt;  Deckel 
aus  gravirtem  Kupfer;  Spitze  aus  Hörn;  seidene  Schnur 
und  Troddeln ;  0,25  m  lang. 

Ungarn. 
Nr.  10. 
Kurze  Pfeife  aus  geschnitztem  Wurzelholz;  0,10  ni  lang. 

Nr.  11. 
Gemalter  Holzkopf  mit  Kupferdeciel ;   Rohr  aus  Hörn  und 
Holz;  silherne  Kette;  seidene  Schnur  und  Quasten;  0,20m 
lang. 

Nr.  12. 
Bemalter    Holzkopf;    Knpferdeckel;    Holzrohr;    Hornspitze; 
0,22  m  lang. 

Nr.  16. 
Orientalische    Pfeife;    Mittelstück   des   Kopfes    und   Deckel 
gravirtes  Kupfer;  Abguss  mit  Gold  eingelegtes  Holz;  mehr- 
farbiger WoUplttsch  zwischen  Kopf  und  Rohr;  Seidenquasten; 
0,25  m  lang. 

Nr.  20. 

Orientalisch;  Thonkopf  mit  Silberbeschlag  und  ebensolchen 

Gehängen;  Wollplüsch  zwischen  Kopf  und  Rohr;   rother 

Seidenbezug  und  mehrfarbige  Schnur  mit  Quasten;  0,25  ra 

lang. 


Nr.  29. 
Meerschaumkopf  mit  Silberbeschlag ;  Hornrobr ;  0,10  m  hoch. 

Böhmen. 

Nr.  24. 
Porzellankopf,  den  einäugigen  Ziska  darstellend.    Holzrohr 
mit  Seidenschnur  und  Hornspitze.    0,23  m  hoch. 

Griechenland, 
Nr.  31. 
Meerschaumkopf;    Sphin.x    und   nackte    Frau;   Silberdeckel; 
Holzrohr  mit  Hornspitze;  0,60  m  lang. 


Pfeifen 
Etui  Holz  geschnitzt;  0, 


Herkunft. 


lang. 


Nr.  7. 
Etui  Holz  geschnitzt,  mit  Silber  eingelegt. 

Nr.  18. 
Kopf  Holz  geschnitzt;  Silberbeschlag;  0,11  m  lang. 

Nr.  19. 
Kopf  Holz  geschnitzt;  symbolische  Darstellung ;  0,15  m  hoch. 

Nr.  21. 
Holzkopf;  Silberbeschlag;  0,07  m  h. 

Nr.  26. 
Kopf  Holz  geschnitzt;  Silberbeschlag;  0,15  m  hoch  (vgl.  das 
Detail  Nr.  25). 

Nr.  33. 


Nach  Originalen  in  der  Pfeifensanimliuig  des  Baron  von  Watteville. 


EUROPA 


EUROPE, 


EUROPA 


CS  CT 

RUSSLAND.  —  X VI.— XIX.  JAHRHUNDERT 


fflSTORISCHE  PERSONEN  UND  VOLKSTRACHTEN. 


Nr.  1  u.  6. 

Bojarentracht  des  XVII.  Jahrh.   Nach  den  Stichen  der  Reisen 

in  Moskowien  Ton  Ölschläger  (Olearius)  1647. 

Nr.  2  n.  5. 

Der  Kosake  Breschka  in  dem  Ehrenkaftan,  den  er  von  Peter 

dem  Grossen  erhalten. 

Nr.  3. 
Kosakenhetmann  znr  Zeit  Peters  des  Grossen. 

Nr.  4. 
Bojar  des  XVn.  Jahrh.  im  .Morgenkostüm. 

Nr.  7.  8  n.  9. 
Franen  und  Mädchen  ans  Twer  am  Zusammenflnss  der  Twertza 
und  der  Wolga,  Hauptstadt  des  Gouvernements  gleichen 
Namens,  nordwestlich  von  Moskau. 

Nr.  10,  11,  12,  13,  14. 
Sommertracht  der  Frauen  und  Mädchen  aus  Torjok,  Gouverne- 
ment Twer. 

Nr.  15. 
Feldtracht  des  Bojaren  Boris  Godunow,  Czar  von  1598-1603. 
Nach  einer  alten  Zeichnung. 

Nr.  16,  17.  18. 
Wintertracht  der  Frauen  von  Torjok. 


Nr.  19,  20,  21. 
Tracht  der  Frauen  von  Kjäsan,  Hauptstadt  des  Gouvernements 
gleichen  Namens. 

Nr.  22. 
Iwan  IT.,  der  Schreckliche,  Czar  von  1533-1584. 

Nr.  23. 
Peter  der  Grosse,  Czar  von  1682—1725.    In  Seemannstracht, 
aufbewahrt  im  Waffenmuseum  in  Moskau. 
Nr.  24. 
Bojarentochter  zur  Zeit  Peters  des  Grossen.    Nach  einem  Stich 
in  Corneille  de  Bruyn  Voyages  par  la  Moscovie  (1708 ;  fran- 
zösisch, 1718). 

Nr.  25. 
Ein  Fürst  Eepnin.    Nach  einem  Such  desselben  Werk«!. 

Nr.  26. 
Peter  der  Grosse  im  sogenannten  polnischen  Kaftan. 

Nr.  27. 
Der  Fürst  Peter  Repnin.    Nach  einem  Stich  in  den  Reisen  des 
Olearins  (1647). 


Die  Russen  entlehnten  in  der  historischen  Zeit  ihr  Kostüm  wie  ihre  Eeligion  den  Byzantinern, 
his  der  lange  geschlossene  Rock  und  der  äimeUose  Übei-wm-f  nach  der  mongolischen  Erobening 
durch  das  kurze,  offene,  über  der  Brust  geknöpfte  Wamms  und  den  Mantel  mit  Kragen  und  Ärmeln 
verdrängt  wurde. 


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V1 


EUSSLAND 


NATIONAL-RÜSSEN  —  MORDWINEN  —  KALMÜCKEN  —  TARTAREN 


10 


Nr.  1.  Mordwine,  Glied  einer  finnisclien  Race, 
welche  in  den  Gouvernements  Kasan,  Ssim- 
birsk,  Orenburg,  Nischni-Nowgorod  und  Pensa, 
an  den  Ufern  der  AVolga  und  Oka  ver- 
breitet ist. 

Nr.  3.  Kalmücke  aus  den  donischen  Steppen; 
mongolische  Race. 

Nr.  2.    Frau  tartarischer  Race. 


Nr.  4,  5  u.  6.  National-Russen  aus  dem  Gou- 
vernement Tambow  zwischen  den  Gouverne- 
ments Wladimir  und  Nischni-Nowgorod. 

Nr.  7,  8,  9,  10  u.  11.  National-Russen  aus  der 
Stadt  Torjok,  Gouvernement  Twer.  Die  Stadt 
liegt  an  der  Twertza,  einem  Nebenflusse  der 
Wolga.  Tambow  und  Twer  gehören  zum 
europäischen  Russland  und  liegen  im  soge- 
genannten Gross -Russland,  dem  Stammsitze 
der  Alt- Russen. 

Diese  Abbildungen  sind  Vorlagen  nachgebildet,  welche  die  russische  Regierung  hat  anfer- 
tigen lassen.  Die  Originale  zu  den  Nr.  1  — G  sind  colorirte  Photographieen ,  welche  auf  der 
ethnographischen  Ausstellung  der  Pariser  geographischen  Gesellschaft  im  Jahre  1875  zu  sehen 
waren.  —  Die  Kleider  der  Frauen  von  Torjok  haben  noch  asiatischen  Charakter,  nur  dass  der 
Gtirtel  hinzugetreten  ist.  Die  von  einem  weiten,  durchsichtigen,  mit  Gold  gestickten  Schleier 
nmhiUlte  Frau  scheint  eine  Braut  oder  eine  Neuvermählte  zu  sein.  Das  lange  vorn  offene  Kleid 
ist  mit  Metallknöpfen  zugeknöpft. 

Twer  hat  eine  vorzugsweise  Ackerbau  treibende  Bevölkerung.  Die  Bäuerinnen  tragen 
kurze  Röcke  aus  groben  Stoffen.  Nr.  4  ist  der  Typus  des  National-Costüms:  ein  weisses  Hemde 
und  ein  Rock,  der  um  den  Leib  gegürtet  ist.    5  und  G  haben  wieder  mehr  asiatischen  Charakter. 

Nr.  8,  9,  10  und  11  gehören  zur  Klasse  der  Handwerker.  Die  Frauen  tragen  breite 
Schürzen  und  über  der  Mütze  gewöhnlich  ein  Tuch,  welches  um  den  Hals  zusammengeknotet 
ist  und  auf  dem  Rücken  herabfällt.  Auch  das  kleine  Kind  auf  dem  Arme  der  Mutter  trägt  noch 
über  der  spitzen  Mütze  ein  solches  Tuch.  Die  Jacken  sind  entweder  ohne  (Nr.  8)  oder  mit 
Aermeln  (Nr.  11)  versehen.  Nr.  10  bat  einen  kragenartigen  Umhang,  der  um  die  Hüften  herum- 
geht und  die  Unterarme  bedeckt.     Diese  letztere  Tracht  ist  die  gebräuchlichste. 


Die  Kopftracht  von  Nr.  5  ist  bemerkenswerth  wegen  ihres  eigenthümlichen  Schnitts,  der 
ebenfalls  auf  Asien  deutet.  Nr.  G  ist  durch  ihr  weites  Kopftuch  auffallend,  unter  welchem  eben- 
falls die  spitze,  tief  liegende  Haube  zu  erkennen  ist.  Das  Kopftuch  ist  jedoch  so  arrangirt,  dass 
das  Ohr  mit  seiner  grossen  Perle  sichtbar  bleibt.  Perlen  sind  überhaupt  ein  beliebter  Schmuck 
der  Russinnen;  die  auf  den  Rücken  herabfallende  Flechte  von  Nr.  6  ist  mit  einem  Bande  ver- 
ziert, das  mit  Perlen  benäht  ist.     Die  Fussbekleidungen  sind  aus  starkem  Leder  gearbeitet. 

Die  Tracht  der  Tartarin  Nr.  2  ist  von  der  der  Russinnen  völlig  verschieden.  Sie  trägt 
ein  Ober-  und  Unterkleid.  Der  Gürtel  der  letzteren  kommt  durch  das  erstere  zum  Vorschein. 
Der  weite  orientalische  Schleier  hat  Schlitze,  um  die  Arme  hindurchzustecken.  Da  die  Aermel 
von  noch  anderem  Stoffe  sind  als  das  Unterkleid,  gehören  sie  vermuthlich  zu  einer  Art  Hemde, 
welches  auf  dem  Leibe  getragen  wurde.  Der  Schleier  wie  die  beiden  Kleider  sind  von  Seide. 
Die  Aermel  ebenfalls  von  Seide  mit  Silber  gestickt.  Die  armen  Frauen  kleiden  sich  in  der- 
selben Art,  aber  mit  chinesischen  Baumwollenstoflen. 

Nr.  1  stellt  einen  Mordwinen  dar.  Obwohl  finnischen  Stammes,  nähern  sich  die  Mordwinen 
sehr  der  russischen  Race,  deren  Tracht  sie  auch  angenommen  haben.  Sie  sind  Ackerbauer  und 
leben  nur  in  kleinen  Dörfern. 

Nr.  3  ist  ein  Kalmücke  aus  den  donischen  Steppen.  Die  Kalmücken  haben  zahlreiche 
Pferde-  und  Schafheerden,  von  denen  sie  leben.  Sie  führen  ein  Nomadenleben  und  treiben 
auch  Handel  mit  Schaffellen,  welche  sie  gut  zu  bereiten  wissen  und  die  unter  dem  Namen 
Astrachanfelle  verkauft  werden.  Auch  ihre  Tracht  unterscheidet  sich  nicht  von  dem  allgemeinen 
russischen  National- Costüm. 


R  U  S  8 1 A 


RUSS  IE 


RUSSLAND 


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RUSSLAND 


VOLKSTHÜMLICHE  HAARTRACHTEN. 

1  2  3  4 

5  6  7  8 

Die  Tracht  der  russischen  Frauen  hat  sich  in  ihier  Ursprünglichkeit  erhalten.  Besonders  der 
Tschepats  hat  alle  Neueiimgen  der  Mode  überdauert.  Die  hier  dargestellten  Haartrachten  entsfcimmen 
den  Grossrussischen  Gouvernements  Nowgorod,  Kursk  und  Kaluga. 


BEWOHNER  DES  GOUVERNEMENTS  NOWGOROD. 

Nr.  1. 

Junges  Mädchen  von  Ostujna. 

L'oiffure  aus  gesticktem  und  mit  Steinen  besetztem  Goldstoif. 

Pcrlengarnitur  in  Fonn  von  Festona  über  der  Stirn.    Tuch 

hinten  über  die  Schultern  fallend,    Perlohrgehänge  in  Gold 

gefasst.    Halsbänder  aus  Perlen  und  Amethysten. 


i  Tikhviu 


Nr.  3.  Anschliessende  Kappe  aus  gelbem  Stoffe  mit  Gold- 
besatz unter  einer  den  Nacken  bedeckenden  Mütze.  Die 
letztere  ist  gestickt  und  von  einer  Art  Turban  umwunden, 
an  den  sich  eine  mit  Perlen  besetzte  Rüsche  anschliesst. 
Ohrgehänge  und  Halsbänder  aus  Perlen. 

Nr.  5.  Kokosclim'k  aus  rothem ,  goldgesticktem  Stoff,  von 
einem  weissen  Turban  umschlungen  und  mit  einem  Ge- 
hänge aus  verschiedenfarbigen  Wollsträhnen  versehen. 
Ohrgehänge  und  Halsbänder  aus  Glasperlen.  (Vgl.  die 
Tafel  mit  der  Himmelskugel  Nr.  2  und  4.) 

Nr.  4. 

Frauen  von  Bielozersk. 

Mütze  ähnlich  Nr.  1.    Die  Stickereien  bilden  Medaillons  mit 

Perlenrosetten  auf  rothem  Grunde.    Nackentuch  aus  blauem 

Stoff.    Ohrgehänge  von  Perlen  und  Saphiren;  Halsbänder 

von  Perlen.    Der  Kragen  des  Hemdes  hat  einen  Goldrand. 


Bewohner  von  Tikhvin. 
SeidenmützB  mit  Astrachanbesatz,  der  herunter  goschlagei 
und  durch  ein  violettes  Band  mit  Goldquaste  unter  den 
Kinn  befestigt  werden  kann.  . 


Nr.  2. 

Junges  Mädchen. 

Zackenkrone   mit  Goldblättchen  bedeckt  und  mit  Perlen  und 

Edelsteinen  besetzt;  Stirngehänge  und  Perlen  verschiedener 

Grösse.    Ohrgehänge  und  Halsbänder  aus  Perlen. 

Nr.  8. 
Verheirathete  Frau. 
Kokoschnik  der  verheiratheten  Frau,  Goldgrund  mit  weissen, 
blauen  und  violetten  Ornamenten  und  Perlen-  und  Stein- 
garnitur; hinten  ein  Tuff  aus  rosa  und  schwarzen  Bändern. 
Ohrgehänge  und  Halsbänder  aus  Perlen. 


FRAU 


GOUVERNEMENTS  K.\LUGA 


Nr.  6. 

Brocatdiadem  mit  Steinen  besetzt.    Eine  Art  Perlnetz ,  über 

die  Stirn,  Schläfe  und  Wangen  fallend ;  darunter  ein  blaues 

Kopftuch  mit  herabhängenden  Enden.  Perlhalsband. 


Nach  Originalbildern,   von   der  Russischen  Regierung  zu  der  Ausstellimg  der  Geographischen  Ge- 
sellschaft nach  Paris  gesandt,  1875. 


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RUSSLAND 


KOPFSCHMUCK  DER  FRAUEN  AUS  DEM  VOLKE. 


3 
5 


Diese  hauten-  und  mützenart.igen  Kopfaufsütze  stammen  sämmtlich  aus  Altrussland  und 
sind  den  russischen  Slaven  eigenthümlich.  Die  hier  abgebildeten  Exemplare  rüliren  aus  den 
Gouvernements  Nowgorod,  Ealuga,  Twer  und  Kui-sli-  her.  Sie  repräsentii-en  verschiedene  Arten 
der  tschepatz  genannten  Mütze,  welche  die  Frauen  der  Kaufleute  und  Bauern  tragen,  und  zugleich 
ilu-en  Ohr-  und  Halsschmuck.  Die  Ornamentik  und  die  Gestalt  dieser  Mütze  reicht  weit  zurück. 
Man  findet  sie  auf  Porti-aits  von  Füi-sten,  die  dem  frühen  Mittelalter  angehören.  Vielleicht  sind 
sie  von  dem  asiatischen  Nomadenvolke  der  Polowzer  mitgebracht  worden,  welches  um  die  Mitte 
des  XI.  Jahrhunderts  in  Russland  einfiel. 

Die  Frauen  aus  dem  Yolke  haben  die  Gewohnheit  beibehalten,  sich  stark  zu  scimiinken, 
ihr  Gesicht  mit  Lagen  von  weiss  und  roth  zu  überziehen. 

Nr.  1.  —  Kopfbedeckung  aus  dem  Bezii-k  Bielozersk,  Gouvernement  Nowgorod.  Dieselbe 
besteht  aus  einem  steifen  Gewebe  von  Goldfaden,  dessen  Ornamentik  von  einem  weissen  mit  silber- 
nem Schlagloth  decorirten  Metallstreifen  und  aus  aufgenähten,  in  Eosetten  vereinigten  weissen 
Perlen  gebildet  wii-d.  Aus  Perlen  besteht  auch  die  Borte,  welche  auf  die  Stirn  herabhängt. 
Der  schmale  Hemdki-agen  ist  mit  einer  diu-chbrochenen  Stickerei  versehen  und  von  einem 
Saphir  geschlossen.  Die  Ohi-gehänge  bestehen  aus  traubenföi-mig  gruppirten  Perlen,  die  mit 
Gold  montii't  sind. 

Nr.  2.  —  Haube  von  ähnlicher  Form,  aber  an  der  Stirnseite  gerader  und  mit  einem  aus 
kui'zen  herabhängenden  Perlenschnüi'en  gebildeten  Pranzenbehang  als  Borte  versehen.  Die  Or- 
namente sind  aus  silbernen  Blättchen  gebildet,  die  auf  den  Goldgi-und  aufgenäht  sind.  Die  Ohi-- 
ringe  sowie  das  aus  acht  Schnüi-en  bestehende  Halsband  sind  aus  Perlen  gebildet.  Bewohnerin 
von  Tikhwin,  Gouvernement  Nowgorod.  —  Dasselbe  Ai-rangement  wiederholt  sich  auf  den  übri- 
gen Mützen,  nur  dass  die  Nr.  3,  5,  G,  7    nocli  mit  Rubinen,  Topasen,    Saphii-en,    grossen  Perlen 


und  sogar  mit  Brillanten  geschmückt  sind.  Bei  Nr.  4  ist  der  Grund  der  Mütze  rotli  und  die 
Stickereien  sind  farbig.  Die  Borte  ist  -wieder  von  Goldstoff  und  mit  Perlen  verziert,  die  auf 
dicke  Fäden  aufgezogen  und  zusammengenäht  sind.  Der  so  entstandene  Stoff  ist  röhrenartig  ge- 
faltet.   Dasselbe  Ai-rangement  findet  sich  bei  Nr.  6. 

Nr.  3  ist  ein  Mädchen  aus  Bielozersk,   Nr.  4    eine  Frau  aus  Tikhwin,   Nr.  5    eine   Frau 
aus  Ustjug-Jelezepolskoi,  Gouvernement  Nowgorod,  Nr.  6  eine  Frau  aus  Kaluga  am  Oka. 


(Nach  Gemälden,  die  von  der  russischen  Regierung  auf  die  Ausstellung  der  geographi 
Gesellschaft  in  Paris  im  Jahre  1875  geschickt  worden  sind.) 


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RUSSLAND 


INNERES  EINES  WOHNHAUSES. 


Unsere  Abbildung;  zeigt  den  Hauptraum  der  Izba,  des  russisclien  Bauernhauses.  Während 
das  Erdgeschoss  zu  Viehställen  eingerichtet  ist,  nehmen  die  Wohnräume,  zu  denen  man  auf  einer 
Treppe  von  aussen  hinaufsteigt,  das  obere  Stockwerk  ein.  In  der  SweHitza,  dem  Hauptraum, 
wird  gegessen  und  geschlafen,  gekocht  und  Brod  gebacken.  Hier  befinden  sicli  die  Bilder  der  • 
hl.  Jungfrau  oder  eines  andern  Heiligen  (ikona),  des  Czaren  und  der  Czarin.  Zwei  oder  drei 
Nebenräume,  zu  welchen  man  aus  dem  Hauptraume  gelangt,  befinden  sicli  ausser  diesem  noch 
in  dem  Stockwerk.  Der  eine,  Seny  genannt,  dient  zum  Waselien  und  Ankleiden,  die  anderen 
zur  Aufbewahrung  der  Haus-  und  Arbeitsgeräthe. 

Die  hier  dargestellte  Izba  repräsentirt  den  im  nördlichen  Eussland  üblichen,  den  echt 
moskovitischen  Typus;  je  weiter  man  nach  Süden  und  über  Moskau  und  besonders  über  die 
Wolga  hinauskommt,  desto  mehr  verändert  sich  dieser  Typus  und  nimmt  einen  mehr  asiatischen 
Charakter  an. 

Das  Haus  des  MuscUk  ist  nicht  das  Werk  eines  russischen  Zimmermanns,  des  Plotnik, 
der  die  Axt,  sein  einziges  Werkzeug,  mit  grossem  Geschick  an  der  Stelle  von  Hammer,  Säge, 
Zange,  Hobel  und  Meissel  zu  gebrauchen  weiss ;  der  russische  Bauer  baut  sich  sein  Wohnhaus 
selbst.  „Man" sieht  auf  dem  Lande  nicht  viele  Handwerker",  sagt  Richter  in  den  Russischen 
Miscellen,  „jeder  Bauer  ist  Zimmermann,  Tischler,  Stellmacher,  Tuchmacher,  Schneider,  Schuster 
und  Seiler:  es  genügt  ihm,  dass  ihm  jemand  etwas  vorgemacht  hat,  um  es  mit  Erfolg  nach- 
machen zu  können.  Wo  andere  in  Verlegenheit  sein  würden,  zieht  er  sich  aus  derselben  ohne 
Rathschläge  und  Hülfe  und  wartet  nicht  erst  auf  die  Hände  anderer,  um  ans  Werk  zu  gehen". 
Das  Haus  ist  im  Blockhausstil  aus  Tannenholz  zusammengezimmert.  Die  Mauern  sind  aus  gan- 
zen, ihrer  Binde  entledigten  Baumstämmen  zusammengefügt,  die  au  den  Ecken,  wo  sie  sich 
treffen,  übereinander  hinausragen.  Im  Innern  sind  die  Stämme  mit  Hülfe  der  Säge  geebnet  und 
geglättet.  Die  Fugen  sind  mit  Werg  ausgefüllt,  um  die  Kälte  abzuhalten.  (Normand,  l'Archi- 
tecture  ä  l'exposition  de  iSGJ.  C.  von  Lützow,  Kunst  und  Kunstgeiperbe  auf  der  Wiener  Welf- 
aussteUung  1813.     S.  73  f.) 

In  der  S-wetlUza  befindet  sich  zunächst  ein  grosser  Ofen  ans  Backsteinen  und  glasirteu 
Kacheln.     Er  zerfällt  in  zwei  Abtheilunfreu,  zum  Brndbackeu  und  Kncheu.      Ölieu    ist    der   Ofen 


mit  Sand  bestreut  für  diejenigen,  die  im  Winter  darauf  schlafen  wollen.  Wo  man  keine  Betten 
hat,  stellt  man  des  Nachts  zwei  von  den  Bäuken  zusammen,  welche  an  den  Wänden  ringsherum 
aufgestellt  sind. 

In  der  Ecke,  in  welcher  der  Pope  das  Heiligenbild  angebracht  hat,  steht  auch  der  Tisch 
für  die  Mahlzeiten.  Jeder  Mahlzeit  geht  das  Gebet  voran,  welches  von  dem  Familienhaupte  ge- 
sprochen wird.  Das  Heiligenbild  ist  gewöhnlich  das  der  schwarzen  Jungfi-au  in  halber  Figur 
mit  dem  Jesuskinde.  Man  sieht  nur  die  Köpfe  und  Hände,  alles  übrige  ist  mit  getriebenem 
Kupfer,  welches  versilbert  oder  vergoldet  ist,  und  mit  Glasperlen  bedeckt.  Diese  Bilder  sind 
meist  nach  byzantinischen  Vorbildern  gemacht.  lieber  ihnen  befindet  sich  eine  weisse,  mit 
rothen  Fäden  gestickte  Decke,  die  als  Baldachin  dient.  Unter  demselben  befinden  sich  eine 
ewige  Lampe  und  einige  mit  lebhaften  Farben  bemalte,  geweihte  Kerzen.  Das  Bett,  welches 
auf  unserer  Abbildung  keinen  Platz  finden  konnte,  steht  in  der  dem  Heiligenbilde  gegenüber- 
liegenden Ecke.  Es  ist  von  Holz,  und  an  den  Ecken  erheben  sich  vier  Säulen,  von  welchen 
Leinwandvorhänge  herabhängen,  welche  mit  rothen  Fäden  gestickt  sind.  Diese  Stickereien  tra- 
gen einen  durchaus  eigenartigen,  nationalen  Charakter.  Die  hölzerneu  Wände  behalten  ihre 
natiü'liche  Farbe.  Das  Holz  der  Rothtanne  hat  schon  von  Natur  einen  schönen  Ton,  der  mit 
der  Zeit  noch  ki-äftiger  und  tiefer  wird.  Bei  den  Verzierungen  über  den  Fenstern  am  Balkon 
und  dem  Aeusseren  des  Hauses  sind  roth  und  blau  die  vorherrschenden  Farben.  Seltener 
kommt  grün,  braun  und  weiss  zm-  Anwendung. 


Zeichnung  des  Architekten   Paul  Benard   aquarellirt   von   Stephan  Baron.) 


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RUSSLAND 


■     DIE  SLAYISCHE  TEAUUNG.  -  DER  EUSSISCHE  TANZ 

Wenn  Alle  zur  Trauung  versammelt  sind,  tritt  der  Geistliche  in  seinen  priesterlichen 
Gewändern  vor  und  beginnt  die  feierliclie  Handlung.  Man  vertheilt  an  das  Brautpaar  und  die 
Gäste  brennende  Lichte  und  zündet  zwei  dicke  Kerzen  an,  die  auf  grofsen,  gewöhnlich  silbernen 
Kandelabern  zu  beiden  Seiten  eines  Tisches  stehen,  auf  welchen  das  Bild  des  Schutzheiligen  des 
Hauses  gelegt  ist.  Die  Ceremonie  beginnt  mit  Gebeten  und  Gesängeu.  Der  Priester  setzt  auf  die 
Köpfe  der  jungen  Eheleute  silberne  Kronen.  Bei  vornehmen  Leuten  werden  diese  Ki-onen  von 
den  Brautfülirern,  die  Driigelii  heifsen,  über  den  Köpfen  gehalten.  Nachdem  die  Ringe  eingesegnet 
und  gewechselt  sind,  bietet  der  Geistliche  den  Neuvermählten  ein  Glas  Wein,  welches  sie  ab- 
wechselnd in  di-ei  Zügen  austrinken.  Dann  machen  sie  drei  Male  die  Runde  um  den  Tisch,  auf 
welchem  sich  das  Bild  befindet,  und  empfangen  endlich  den  Segen  des  Popen,  welcher  sagt: 
„Wachset  und  mehret  euch;  der  Mensch  soll  nicht  trennen,  was  Gott  zusammenfügt.'' 

In  den  Dörfern,  welche  abseits  von  grofsen  Städten  liegen,  bestehen  noch  andere  Gebräuche, 
die  aus  alter  Zeit  herstammen.  Der  heii-athslustige  Bauer  giebt  zuerst  bei  den  Eltern  des  Mädchens, 
um  welches  er  wirbt,  in  Begleitung  eines  Brautführes  eine  Erklärung  ab.  Er  geht  in  ihre  Wohnung, 
und  der  Brautführer  sagt  zu  der  Mutter:  „Zeigt  uns  Eui-e  Waare,  wir  haben  Geld."  Er  wird 
dann  in  das  Gemach  des  Mädchens  eingelassen  und  betrachtet  dasselbe  aufmerksam,  um  seinem 
Freunde  eine  getreue  Schilderung  zu  überbiingen.  Am  anderen  Tage  führt  die  Liebe  sie  zurück, 
und  jetzt  hat  der  Bewerber  das  Recht,  in  das  Zimmer  seiner  Geliebten  einzutreten,  welche  sich 
jedoch,  hinter  einem  Vorhange  verborgen,  den  neugierigen  Blicken  des  Liebhabers  zu  entziehen 
sucht.  Wenn  auch  die  nähere  Bekanntschaft  der  beiden  jungeu  Leute  schon  seit  Jahren  besteht, 
so  will  es  doch  die  Sitte,  dafs  sich  das  Mädchen  nur  unter  Anwendimg  sanfter  Gewalt  hinter  dem 
Vorhang  hervorziehen  läl'st.  Die  Mutter,  welche  bei  dieser  Szene  zugegen  ist,  fragt  den  jimgen 
Mann,  wie  er  die  Waare  findet,  und  wenn  er  antwortet,  dafs  sie  ihm  gefällt,  so  setzt  man  sofort 
den  Tag  der  Verlobung  durch  Ringe  fest.  Für  diese  Ceremonie  breitet  man  auf  der  Erde  ein 
Fell  aus,  auf  welches  sich  die  Brautleute  niederwerfen.  Der  Vater  legt  das  Bild  des  Schutzpatrons 
des  Hauses  auf  ilrre  Köpfe  und  segnet  sie  damit.  Die  Gefährtinnen  der  Braut  bieten  ihr-  ilu-e 
Hülfe  an,  um  mit  ihr  eine  Anzahl  von  Taschentüchern  zu  sticken,  welche  zu  Geschenken  für 
ihren  Zukünftigen,  für-  seine  Freunde  und  die  Brautführer  dienen  sollen.  Am  Vorabend  der 
Trauung  wird  die  Braut  von  ihren  Freundinnen  in  das  Bad  geführt.  Sie  gehen  dann  mit  ihr  in 
dem  Dorfe  ixmher  und  singen  Trauerlieder,  in  welchen  sie  ilu-en  Verlust  beklagen. 


Ist  der  Tag  der  Trauung  gekommen,  so  versammeln  sich  die  Geladenen,  um  das  Brautpaar 
zur  Kirche  zu  begleiten.  Ein  Chor  junger  Mädchen  singt  das  Hochzeitslied  und  dann  setzt  sich 
der  Zug  unter  Vorantritt  eines  jungen  Mannes  in  Bewegung,  welcher  den  Schutzheiligen  des 
Hauses  trägt.  Nach  dem  Ehesegen  hat  der  junge  Gatte  das  Recht,  seiner  jungen  Frau  einen 
Kufs  zu  geben  und  zwar  nach  der  alten  Sitte,  welche  vorschreibt,  dafs  er  sie  dabei  an  den  Ohren 
fal'st.  Bevor  die  junge  Frau  die  Kirche  verläfst,  nimmt  ihr  die  Brautmutter  die  Haube  der  Mädchen 
ab  imd  setzt  ihr  die  der  verheü-atheten  Frauen  auf.  Dann  begiebt  sich  die  Gesellschaft  nach 
Hause,  wo  man  sich  der  Freude  überläfst,  während  die  junge  Fi-au  tbut,  als  ob  sie  weint.  Am 
andern  Tage  giebt  der  Gatte  ein  letztes  Fest,  um  von  seinen  Freunden  Abschied  zu  nehmen. 
Er  wirft  Haselnüsse  hiuter  sich,  um  damit  anzudeuten,  dafs  die  Spiele  der  Jugend  vorüber  sind. 

Der  russische  Nationaltanz  ist  eine  Pantomime  zwischen  einem  jungen  Manne  und  eiaem 
Mädchen,  bei  welcher  die  Tänzer  abwechselnd  einander  necken,  liebkosen  und  fliehen,  um  sich 
schliefslich  zusammenzufinden.  Bei  andern  Tänzen  zeigen  die  jungen  Leute  eine  grofse  Leichtigkeit 
und  Geschicklichkeit.  In  sitzender  Stellung  drehen  sie  sich  auf  einem  Fufse  umher  und  schnellen 
dann  plötzlich  empor,  um  eine  andere  groteske  Position  anzunehmen,  die  sie  unablässig  ändern, 
indem  sie  bald  nach  vorn,  bald  zurück  springen.  Sie  tanzen  oft  allein  oder  mit  einem  Mädchen, 
welches  keine  Bewegung  macht.  Die  dargestellte  Szene  geht  in  einem  Dorfe  vor  sich:  das 
Orchester  besteht  aus  der  Balalaika,  einer  Art  zweisaitiger  Guitarre,  die  nur  ein  Mann  spielt, 
welcher  einen  Sänger  begleitet.    Ein  dritter  schlägt  mit  den  Händen  den  Takt  dazu. 

(Nach  Mittheilungen  in  Karl  von  Rechbergs  Werh:  Les  Peuples  de  la  Russie;  description  des  moeurs, 
usages  et  costumes  des  diverses  nations  de  cet  ejnpire.     Paris  181'2-1813.} 


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RUSSLAND 


VOLKSTRACHTEN. 

KLEIN-RUSSEN;  GROSS-RUSSEN;  TSCHEREMISSEN  UND  BULGAREN. 


Nr.  8.   Klein-Russin. 

Nr.  1,  3,  5  und  7.   Gross-Russen.  —  Nr.  6   Tschcrcmissen. 

Nr.  2  und  4  Bulgaren. 


Der  klein-russische  Bauer  zeigt  den  slaviscli-russischen  Typus  der  Abkömmlinge  der  Seythen 
am  reinsten,  während  der  Gross-Russe  oder  Moskowiter  aus  Mischungen  der  Tschuden,  Kirghisen 
und  Tartaren  hervorgegangen  ist.  Die  Tscheremissen  und  Bulgaren  bilden  isolirte  Kolonieen ;  be- 
sonders die  letzteren  wurden  nach  jedem  Türkenkriege  in  verschiedenen  Theilen  Russlands  angesiedelt. 


Klein-Russen. 

Nr.  8. 

Bäuerin  iius  dem  Gouvernement  Orel. 

doligestkVter  Tscliepata  mit  Stirnreifen.  Mehrere  Halsbändei 

Kock  mit  Blumen  und  Sternen  bestickt;  bunte  Schürzt 

Schuhe. 

Gross-Rnssen. 


Hirt  aus  dem  Gouvernement  Kherson. 

Pelzmütze;  Tulupe  aus  Schaffell,  die  Wolle  nach  innen;  Leder- 

g;urt  mit  Kupferknöpfen;  umflochtene  Glasflasche;  Messer. 

mit  einer  Kette  am  Gürtel  befestigt;  weite  Hosen,  Schira- 

vaHs'y  Schuhe  aus  Birkenrinde,  Laptis. 


Frau  aus  dem  Gouvernement  Kherson. 

KaUschmli,  die  nationale  Kopfbedeckung;  Pelz  aus  Schaffell ; 

Hemde  mit  übergeschlagenem  Kragen  ;  mehrere  Halsbänder; 


Dieselbe  Frau  im  Sommerkostüm. 
Kalcoschnik;  Hemde  mit  gestickten  Aenneln ;  gestreifter  Kock ; 


geblümte  Schürze;  Püsse  nackt. 


Gruppe  von  Frauen  im   Pestkleide;   Gouvernement  Nischni- 

Nowgorod. 
Kopfputz,  zugleich  Kapuze  und  Schulterraäntelchen.    Jaquet 


mit  pelzbesetzten  Aermeln;  zwei  Roben  aus  Brokat  über 
einander.  Eine  der  Frauen  in  Hanstraclit  zeigt  ein  Hemde 
mit  bauschigen  Aermeln,  mehrere  Halsbänder  und  Ohr- 
gehänge. 


Nr.  6. 
Frauen  im  Festgewande;  Gonvernement  Simbirsk. 
Hohe  Sammetmütze,  mit  einem  Streifen  Schaffell  be.setzt; 
Brustlatz,  zweitheilig,  über  einer  Blechplatte  mit  Münzen 
und  Kupferplättchen,  weisse  Tunika;  Halsband;  Ohrgehänge 
aus  Münzen;  Strümpfe  aus  weissem  Filz;  Schuhe,  mit 
Schnüren  um  die  Beine  befestigt. 


Nr.  2. 

Männer  aus  dem  Gouvernement  Kherson. 

Kaipak,  Wollenmütze  mit  Astrachan  überzogen;  Beschmet,  eine 

Art  zugeknöpfter  Weste;  Kaftan  oder  Ueberrock  mit  Besatz; 

weite  Hose  in  starken  Stiefeln. 

Nr.  4. 

Bulgarische  Frau  aus  demselben  Gouvernement. 
Kopftuch,   auf  die  Schultern  herabfallend;  grosses  Leinen- 
hemde; ärmelloses  Mieder;  gestickte  Schürze;  glatter  Rock 
und    gestickter  Unterrock;    Wollschürze    und  Gürtel   mit 
Spangen.    Ohrgehänge  und  Halsbänder. 


Sammlung  von  Photograpliieen :  Quelques  types  des  peuples  de  la  Russie,  aus  Odessa  herstammend. 
Vgl.  Eechherg,  Die  Völker  Russlands.  —  Elisee  Rechts,  Geographie  universelle. 


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DIE  KIBITKA,  DAS  ZELT  DER  KALMLTCKEN. 

Die  Kalmücken,  der  mongolischen  Eace  angehörig,  erschienen  in  Eui'opa  zuerst  im  Jahre  1630 
und  Hessen  sich  1636  am  Kaspischen  Meere  nieder.  1770  kehrte  ein  Theil  derselben  in  die 
heimischen  Steppen  am  Fusse  des  Altaigebirges  zurück.  Die  Kalmücken  sind  Fischer  und  Hirten. 
Sie  schlagen  ihre  Kibitken  bald  hier,  bald  da  auf  und  bilden  so  zeitweise  ulus  oder  Ortschaften. 

Die  Zelte  bestehen  aus  einem  Gerippe  von  Weidenzweigen,  2  m  hoch,  das  eine  Rundung  von 
5  m  Durchmesser  bildet.  Diese  ki-eisförmige  Wand  wird  mit  einer  ebenso  hergestellten  Wölbung 
versehen  imd  mit  Filz  bedeckt.  Die  einzigen  Oeffnungen  sind  ein  Rauchloch  in  der  Mitte  des 
Daches  und  eine  Holzthür.    Das  Ganze  ist  in  einer  Viertelstunde  errichtet. 

In  der  Mitte  des  Zeltes  steht  ein  Dreifuss  mit  einem  Kessel  darüber.  Den  Hintergi-und  nimmt 
ein  Holzbett  ein,  mit  Pelzdecken  und  einem  Stück  Stoff  bedeckt  imd  von  einer  Art  Baldachin 
überragt  Götzenbilder,  Kleiderstoffe,  Waffen,  Sättel,  Gerüste  fiir  verschiedene  Geräthe,  niedrige 
Tische,  gerollte  Filzstücke  als  Sitze,  eine  Gebetmühle  —  die  Kalmücken  sind  Buddhisten  —  ver- 
vollständigen das  Mobiliar. 

Die  meisten  Kalmücken  haben  ihr-  altes  Kostüm  beibehalten :  Pelzmütze,  bechmet,  eine  Art  vom 
Gürtel  bis  zum  Kinn  geknöpftes  Wamms,  ein  in  der  Taille  gegürteter  Ueberrock  aus  blauer  oder 
grüner  Seide  oder  Wolle  und  Stiefel  aus  schwarzem  Leder  oder  gelbem  Maroquin  mit  eisenbe- 
schlagenen Absätzen. 

Die  kalmückischen  Frauen  tragen  ein  langes  Kleid  unter  einem  Ueberrock,  Ohrgehänge,  aus 
einem  Metallring  mit  Perlmuttergehänge  bestehend,  und  eine  Mütze  aus  sammetgefütterter  Seide 
mit  breitem  aufgeschlagenem  Rande,  der  das  Haar  bis  auf  die  langen,  das  Gesiebt  umrahmenden 
Stirnhaare  verhüllt. 

Abbildungen  aus  dem  Werke  des  Grafen  Bcchbcrg,  Les  peuples  de  la  Russie,  1812. 


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RUSSLAND 


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RUSSLAND 


OSTJAKEN  -  TÜXGUSEX  -  INDIANER  VON  ALASKA 
BEWOHNER  DER  KRIM 


Nr.  1  und  2.  Ostjakisclier  Mann  und  Frau  aus  Obdorsk.  Die  Ostjaken,  zu  den  Samojeden 
gehörig,  bewolinen  die  unteren  Waldgebiete  des  Ii-tisch  und  Ob.  Sie  sind  von  mittlerer  Grösse 
und  scliwach  gebaut,  von  bleichem  Teint  und  dünnem,  röthlichem  Haai-svuchs.  Ihre  Kleidung 
besteht  aus  Thierfellen.  Die  Männer  tragen  einen  Lederrock,  der  kaum  bis  zu  den  Knieen 
reicht  und  vorn  und  hinten  geschlossen  ist.  Er  dient  zugleich  als  Hemde.  Die  Hosen  sind  km-z 
und  eng.  Bei  grosser  Kälte  tritt  ein  weiter  Ueberrock  mit  Kaputze  hinzu,  welche  Hals  und 
Kopf  schützt.  An  den  Aermeln  ist  ein  kleiner  Sack  befestigt,  welcher  die  Stelle  der  Handschuhe 
vertritt.     Bei  unserer  Figur  ist  die  Kaputze  imd  der  Ueberrock  aus  WoUe. 

Die  Frauen  tragen  Pelzkleider,  die  vorn  mit  kleinen  Kiemen  zusammengenestelt  sind.  Im 
Winter  tragen  sie  Strümpfe  aus  FeUen,  Beinkleider  und  einen  Rock  mit  Kaputze,  die  mit  Franzen 
besetzt  ist.  Die  Kopfbedeckung  der  Frau,  die  auf  unserer  Tafel  dargesteUt  ist,  ist  aus  Wolle, 
ebenso  wie  die  Franzen.  Der  kaputzenartige  Ki-agen  ist  von  Wolle  und  mit  Perlenschnüi-en  be- 
franzt,  an  deren  Enden  Münzen  befestigt  sind.  Der  Rock  ist  ebenfalls  von  Wolle  und  mit  einer 
Silberstickerei  besetzt,  die  noch  diu-ch  Perlen  bereichert  ist.  Die  Bänder,  welche  den  Rock  vorn 
zusammenhalten,  sind  mit  farbigen  Perlen  und  kleinen  Glocken  geschmückt.  Das  auffallend  lange 
Ohrgehänge  besteht  aus  Perlen,  die  auf  Messingdraht  aufgezogen  sind. 

Nr.  3  und  4.  Nomadisirender  Tunguse.  —  Tunguse  aus  Nertschinsk.  Die  Tungusen 
haben  schwarze  Haare,  wenig  Bart  und  sind  ebenfalls  von  kleiner  Gestalt.  Die  ganze  Kleidung 
von  Nr.  4  besteht  aus  Leder,  von  der  Kopfbedeckung  bis  zur  Fussbekleidung.  Die  Verzierungen 
sind,  einschliesslich  derer  aus  Metall,  aufgenäht.  —  Nertschinsk  ist  der  Hauptort  des  russischen, 
an  der  chinesischen  Grenze  liegenden  Gebiets  Transbaikalien.  Die  Stadt  ist  reich  an  Blei-  und  Silber- 
minen imd  treibt  einen  grossen  Pelzhandel.  Das  zeigt  sich  im  Costüm  der  dargestellten  Figur. 
Die  Tuclmiütze  imd  der  Tuchi'ock  sind  mit  Pelz  gefüttert  imd  besetzt.  Die  Verzierungen  des 
letzteren  sind  eingestickt.  Der  Güi-tel  ist  aus  Stahl  und  mit  bunten  Steinen  besetzt,  die  Fuss- 
bekleidung aus  Leder  ebenso  wie  der  farbige  Besatz. 


Nr.  5.  Indianer  aus  Alaska,  dem  ursprünglich  russischen  Gebiet,  -welches  1867  an  die  ver- 
einigten Staaten  von  Nordamerika  verkauft  wurde.  Der  Mantel  ist  von  Leder  ebenso  wie  die  auf- 
genähten Verzierungen  und  die  Franzen.  Aus  Leder  besteht  auch  der  um  den  Leib  gebundene 
Schurz.  Die  einzelnen  Lederstücke,  sagt  von  Rechberg  (Les  Peuples  de  la  Russie,  Paris  1872), 
sind  so  fest  zusammengenäht,  dass  die  Oberfläche  sich  an  Dichtigkeit  nur  mit  Sammet  ver- 
gleichen lässt.  Das  leichte  und  fast  durchsichtige  Hemde  ist  unvergänglich.  Es  ist  aus  den 
inneren  Theilen  gewisser  Fische  gearbeitet  wie  z.  B.  aus  der  Zunge  des  Wallfisches  und  der 
Blase  des  Plattfisches.  Der  Hut  besteht  aus  geflochtenen  Binsen.  Bein  und  Fuss  sind  mit  See- 
hundsfellen bekleidet. 

Nr.  ß  bis  11.     Kopfbedeckungen  von  Bewohnern  der  Krim. 

Nach  colorirten  Photographieen,  welche  die  russische  Regierung  1875  zur  Ausstellung  der 
geographischen  Gesellschaft  nach  Paris  geschickt  hat. 


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RUSSLAND 


TYPEN  UND  TRACHTEN  AUS  DEM  VOLKE 

PODOLIEN,  OREL,  EÜMÄXIEN 

EINE  TARTARENSCHULE  IN  DER  KRIM 

12  3  4  5 

6 

Es  giebt  in  der  Krim  Griechen,  Kalmücken,  Deutsche,  Juden,  herumziehende  Zigeuner 
und  Tartai-en.  Diese  letzteren  bilden  die  Majorität  der  Bevölkerung.  Die  Russen  im  eigent- 
lichen Sinne  sind  auf  die  Städte  beschränkt.  Die  tartarischen  Volkstämme  der  Krim  haben 
nichts  mit  den  Banden  von  Dschengis-Khan  und  Timur  gemein.  Ihre  -wahren  Brüder  sind  die 
Noga'is -Tartaren,  welche  die  Steppen  im  Norden  des  Kaukasus  und  des  schwarzen  Meeres  bis 
zur  Donau  und  bis  zum  nördlichen  Theile  von  Kuban  bewohnen.  Die  Nogais  -  Tartaren  sollen 
ihi-en  ursprünglichen  Charakter,  welcher  von  dem  mongolischen  wesentlich  verschieden  ist,  am 
besten  bewahrt  haben.  Die  grosse  Tartarenhorde,  welche  einst  das  mittlere  Asien  untei-worfen 
und  in  Russland  eine  so  wichtige  RoUe  gespielt  hat,  die  ,.goldene  Horde",  wie  sie  die  russischen 
Geschichtsschreiber  nennen,  war  aus  sehr  verschiedenen  Elementen  zusammengesetzt.  Der  reine 
Mongole  ist  hässHch  und  missgestaltet  neben  dem  Noga'is-  und  Ki-im-Tartaren.  Der  Teint  dieser 
letzteren  ist  zwar  gelblich,  aber  sie  haben  regelmässige  Züge  und  ein  Gesicht,  welches  sich 
mehi'  der  kaukasischen  Race  nähert.  Ihi'e  Haare  sind  braun  und  lockig,  ihi'  Wuchs  schlank  und 
kräftig.  Die  Frauen  sind  klein  und  von  angenehmen  Zügen.  Sie  färben  ihre  Nagel  roth  und 
ihi'e  Haare  und  Augenbrauen  schwarz.  Die  jungen  Leute  lassen  sich  einen  kleinen  Schnurrbart 
wachsen,  tragen  sehr  kurze  Haare  und  rasiren  sich  oft  den  Kopf  ganz  ab.  Die  alten  Tartaren 
lassen  ihren  Bart  wachsen  und  rasiren  ihr  Haar.  Sie  gehören  dem  Islam  an.  Die  kleinen 
Knaben  tragen  durchweg  als  Kopfbedeckung  den  Kaipak  von  Lammfell,  eine  über  der  Brust 
zusammengenestelte  Jacke,  ein  Hemde  und  eine  etwas  weite  Hose.  Ihre  Füsse  sind  unbekleidet. 
Bei  jeglicher  Verrichtung,  also  auch  beim  Lesen,  kauern  sie  sich  nach  orientalischer  Sitte  auf 
die  Erde  nieder.  Bei  den  kleinen  Mädchen  ist  die  oben  abgeflachte  Mütze  charakteristisch,  die 
in  gleicher  Form  auch  von  den  Nogais  -  Tartaren  getragen  wird.  Der  junge  SchuUehrer  trägt 
eine  Jacke  mit  dickem  Pelz  gefüttert  und  mit  kurzen,  nur  bis  zu  den  Ellenbogen  reichenden 
Aei-meln,  eine  Weste,  einen  Gürtel,  weite  Beinkleider  und  einen  Kaipak,  ganz  wie  die  bulga- 
rischen Bauern. 


Kosakenhii't  aus  dem  Gouvernement  Podolien. 

Nr.  2  und  3. 
Russen  aus  dem  Gouvernement  Orel.  — 
Nr.  3  trägt  einen  Hut  mit  sclimalen  Bändern, 
wie  er  bei  Kaufleuten  u.  dgl.  üblich  ist.  Auf 
asiatischen  Ursprung  deutet  die  seltener  vor- 
kommende Kopfbedeckung  von  Nr.  3.  Die  Fuss- 
bekleidung  des  Greises  ist  eine  Verbindung  von 
Gamasche  und  Sandale. 

Nr.  4  und  5. 
Rumänier.  —  Man  findet  Bauern  dieser  Race 
in  der  Wallachei,  Moldau,  Bukowina,  Sieben- 
büi-gen,  Bessarabien  und  in  den  verschiedenen 
Theilen  Rumäniens.  Ihr  Typus  geht  bis  in  das 
Alterthum  hinauf  und   erinnert  an  die  Gefan- 


genen auf  den  Reliefs  der  Trajanssäule.  Auch 
die  Tracht  erinnert  noch  an  diejenige,  welche 
zur  Zeit  der  römischen  Kaiser  gebräuchlich 
war.  Die  Landleute  tragen  an  Stelle  des  Hem- 
des eine  Blouse  von  grober  Leinwand,  welche 
an  den  Hüften  durch  einen  breiten  Gürtel  von 
Leder  oder  Wollenstoff  zusammengehalten  wird, 
der  zugleich  als  Tasche  dient.  Das  am  Ober- 
schenkel sehr  weite  Beinkleid  wird  vom  Knie 
bis  zum  Knöchel  wieder  enger.  Ilu-e  Fuss- 
hekleidung  besteht  aus  Sandalen,  die  aus  Ziegen- 
oder Rossleder  bereitet  sind  und  mit  Riemen 
befestigt  werden.  An  ihren  Lammfellmützen 
erkannten  sie  schon  die  Römer.  Die  Kleidungs- 
stücke sind  weiss,  im  Sonmier  von  Leinwand, 
im  Winter  von  Tuch.  Das  wollene  Beinkleid 
besteht  aus  einem  Stück.  Hat  man  es  einmal 
augezogen,  so  lässt  man  es  nicht  mehr  vom 
Leibe,  auch  während  des  Schlafens  nicht. 


(Nach  Photographi 


der  Sammlung  des  Photographen   J.   X.   Raoult  in    Odessa: 
types  des  peuples  de  la   Russie). 


RUSSLAND 


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POLEN.  —  XIII.  UND  XIV.  JAHRHUNDERT 


Nr.  2. 
Äbtissin  der  Cistercienserinnen  in  Trebnifa  (Trebnitz).    Aus 
den  Bildern  der  Hedwigslegende , 


Nr.  4. 
Bürger. 


Conrad,  Her20g  von  Masovien  1 1237.  —  Oafla,  seine  Fran.  — 
Nach  den  Gravirnngen  eines  von  diesem  Fürsten  der  Katlie- 
drale  in  Plofk  geschenkten  Kelches. 


At)t  des  Klosters  Oliva  hei  Danzig.    Nai^h  einem  Siegel  von 
1307. 

Nr.  8. 

Bischof.     Nach  einem  Siegel. 

Nr.  9. 

Boleslaus  V. ,  der  Keusche,  König  von  Polen,  t  1279.    Nach 

seinem  (5rahmal  in  der  Kathedrale  zu  Krakau. 

Nr.  10. 

Ladislaus  der  Kurze ,  König  von  Polen  f  1333.    Nach  einem 

Siegel. 

Nr.  11. 
Leszek   der  Schwarze,   Bruder  und  Vorg.änger  des  Ladislaus 
t  1289.     Nach  einem  Siegel. 


,  Oppeln  t  1295.    Nach  • 


1  Siegel. 


Die  Nationaltracht  der  Polen  hat  immer  der  Lage  des  Landes  gemäss  gleichzeitig  unter  occi- 
dentalen  und  Orientalen  Einflüssen  gestanden.  Für  das  dreizehnte  und  vierzehnte  Jahrhundert  ist 
als  Quelle  die  Legende  der  h.  Hedwig  maassgebend,  ein  Manuscript,  das  gegen  Ende  des  dreizehnten 
Jahrhunderts  begonnen,  1353  beendigt  wurde.  Es  stellt  in  seinen  Illustrationen  den  Hof  Heinrichs 
des  Bärtigen  von  Breslau  dar,  Tartarenschlachten  imd  Scenen  des  täglichen  Lebens.  Das  Haupt- 
kleidungsstück ist  immer  die  Dsclmpme,  eine  lange  faltenlose  Tunika  mit  Ärmeln  von  verschiedener 
Weite  und  aufrechtstehendem  Kragen,  vom  Hals  bis  zum  Güi-tel  geknöpft.  Darüber  trug  man  einen 
Mantel,  bisweilen  mit  Pelz  gefüttert  und  durch  ein  Band  oder  eine  Agraffe  auf  der  rechten  Schulter 
gehalten.  Der  Schädel  wurde  bis  ein  wenig  oberhalb  der  Ohren  rasirt.  Die  Fürsten  Hessen  öfter 
das  Haar  lang  wachsen. 

Die  Dsclmpane  war  anfangs  grau,  dann  roth.  Das  Carmoisin  war  ein  Vorrecht  des  Adligen,  das 
er  und  seine  Nachkommen  verloren,  sobald  er  ein  Verbrechen  begangen. 

Im  vierzehnten  Jahrhundert  wurden  durch  Vemittelung  der  schlesischen  Herzöge  die  occiden- 
talen  Einflüsse  vorherrschend.    So  trat  bisweilen  an  Stelle  der  Dschivpane  ein  ärmelloser  Kock. 


Das  Kostüm  der  Edelfrauen  bestand  anfangs  in  einem  langen  Kleide  mit  unten  weiten,  oben 
bis  an  den  Ellbogen  geknöpften  Ärmeln,  breitem  Gürtel  und  diu'cb  Agi'affen7gebaltenem  Mantel. 
Im  vierzehnten  Jahrhundert  wurde  der  Rock  in  der  Taille  enger  anschliessend  und  das  ganze  Kostüm 
prächtiger.  Die  jungen  Mädchen  trugen  das  Haar  frei  herabfallend,  durch  eine  Binde  gehalten  oder 
in  zwei  Zöpfe  geflochten.  Die  Frauen  bedeckten  den  Kopf  anfangs  mit  der  Podwika,  einem  grossen 
Leinenaufputz ,  der  nur  das  Gesicht  frei  Hess.  Im  vierzehnten  Jahrhundert  traten  an  seine  Stelle 
Mützen  aus  kostbaren  Steifen  mit  Perlen  gamirt  und  mit  Pelz  besetzt. 

Waffen  und  Rüstung  des  Adels  zeigen  einen  gewissen  Eklektizismus,  der  zwischen  Orient  und 
Occident  schwankt.  Es  konmien  Ring-,  Platten-  und  Schuppenpanzer  vor;  der  Letztere  hielt  sich 
vom  zwölften  bis  ins  achtzehnte  Jahrhundert  hinein.  Die  Helme,  meist  mit  Nasenschutz,  waren 
spitzzulaufend.  Im  dreizehnten  Jahrhundert  waren  die  Arme  meist  bis  an  die  Schultem  nackt. 
Als  Angriffswaffen  dienten  das  gerade  Schwert,  bisweilen  unten  gekrümmt,  der  lange  Säbel,  Lanze 
und  Armbrust. 

Die  Tracht  des  Clerus  richtete  sich  nach  der  im  christlichen  Abendlande  üblichen,  während 
der  reiche  Bi\rgerstand  sein  Kostüm  nach  dem  deutschen  und  italienischen  einrichtete. 

Die  Figui'en  sind  der  reichen,  von  Matejko  gezeiclmeten  und  colorirten  Sammlung  entnommen. 

Vgl.  PrzezdziegTci  und  Eastatriegki,  Monuments  du  moyen  äge  et  de  la  Renaissance  dans  l'an- 
cienne  Pologne,  Warschau  1853 — 1867.  —  Die  Bilder  der  Hedwigslegende,  herausgegeben  von 
A.  von  Wolfskron,  Wien,  1846.  —  H.  Luchs,  Schlesische  Fürstenbilder  des  Mittelalters,  Breslau, 
1868—1872.  —  Golebioioski,  Ubiory  w  Polszcze,  Warschau,  1830.  —  Hermann  Weiss,  Kostümkunde. 

Für  die  Volkstrachten  vgl.  den  Text  zur  Tafel  mit  dem  gekrönten  P. 


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POLEN.  —  XIV.  UND  XV.  JAHRHUNDERT 


TYPISCHE  UND  HTSTOETSCHE  FIGUREN. 


Fr.  1  u.  2.  —  Bauer  und  Bäuerin  aus  der  Umgegend  ^ 
Krabau  im  Arbeitsanzuge.  Nach  einem  Gemälde  aus  d 
XIV.  Jahih.  in  der  Kathedrale  zu  Krakau. 


i  Gemälde  in 
1434.     Nach 


Nr.  7.  —  Bauer  aus  dem  Palatinat  Masovien. 
Nr.  8.  —  Grossmeister  des  deutschen  Ordens. 


Nr.  9.  —  Kasimir  d.  Gr.,  König  von  Polen  f  1370,  der  letzte 
der  Plasten.  Nach  der  Statue  seines  Grabmals  in  der 
Kathedrale  zu  Krakau. 

Nr.  10.  —  Hedwig  von  Anjou.  Königin  von  Polen  1384.  Ge- 
mahlin des  Wladislaw  Jagello.  Grossherzogs  von  Lithauen. 
Nach  einem  Siegelabdruck. 

Nr.  11.  —  Wladislaw  Jagello,  Grossherzog  von  Lithauen  und 
König  von  Polen  f  1434.  Nach  seiner  Grabstatue  in  der 
Kathedrale  zu  Krakau. 

Nr.  V2.  —  Wladislaw.  Herzog  von  Oppeln,  Palatin  von  Ungarn, 
aus  der  Dynastie  der  Plasten.  Nach  einem  Siegelabdruck 
aus  dem  Jahr  1378.  Fürstliche  Rüstung'abendländischen 
Ursprungs. 


Nach  Mateflo,  TJhionj  Pohce  (Polnische  Trachten)  1200—1795.     Krahiu  1S60  (Z  Ausg.  1875). 


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POLAMD 


POLOGME 


POLE) 


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POLEN.  —  XIV.  UND  XV.  JAHRHUNDERT 


■it,  Fürst  von  Wiszna  (XTV.  Jahrhundert). 


Kieystut,  Fürst  von  Troki,  Sohn  des  Ghedymine,  Grossherzogs 
von  Lithauen  (XIY.  Jahrhundert)  und  Onkel  des  ^Vladislaw 
Jagello,  Grossherzogs  von  Lithauen  und  Königs  von  Polen 


Armbrustsehütze  (XTV.  Jahrhundert). 


Bürger  (XTV.  Jahrhundert). 


Henker  (XIV.  Jahrhundert). 

Nr.  7. 
Bürger  (XIV.  Jahrhundert). 


Nr.  9. 


Edelmann  (XIV.  Jahrhundert). 

Nr.  10. 

Eichter  (XIV.  Jahrhundert). 

Nr.  11. 

Reicher  Bürger  der  zweiten  Hälfte  des  XV.  Jahrhunderts. 


Die  Figiu-en  dieser  Tafel,  Ivrieger,  Bürger  u.  s.  w.,  dienen  als  Vervollständigung  der  auf  der 
Tafel  mit  dem  gekrönten  B  abgebildeten. 

Nr.  1  imd  3  bedürfen  keiner  Erläuterung.  Die  Kleidung  von  Nr.  9  ist  die  DscMpane  (vgl.  die 
Tafel  mit  dem  gekrönten  B  Nr.  6).  Die  über  der  Dschwpane  von  Adligen  und  Bürgerlichen  getragenen 
Kleidungsstücke  sind  sehr  verschieden.  Man  muss  zwischen  Haus-  und  Ceremonienkostüm  unter- 
scheiden. 

Da  ist  zunächst  die  Ferezija,  ein  weiter  ärmelloser  Mantel,  mit  leichtem  Pelz  gefüttert  und  am 
Halse  durch  eine  Agraffe  gehalten ,  bis  zum  X^^I.  Jahi-hundert  nur  vom  Adel ,  seither  von  den 
Bauern  in  einigen  Gegenden  getragen.  Dann  die  Sznba,  ein  bis  auf  die  Knöchel  reichender  Ueber- 
rock  mit  gewöhnlich  langen,  am  Handgelenk  bald  engen,  bald  weiten  Aermeln.  Man  trug  die  Szitba 
auch  in  türkischer  Weise,  in  der  Taille  anschliessend,  mit  Hängeännehi  (vgl.  die  Tafel  mit  der 
Retorte  Nr.  12),  oder  mit  kurzen,  bis  zum  Ellenbogen  reichenden  Aermeln  (vgl.  dieselbe  Tafel 
Nr.  7  und  8).  Sie  war  mit  Pelz  gefüttert  und  mit  breitem  Kragen  versehen  (Nr.  8,  10  und  11 
unserer  Tafel).    Die  Reichen  schmückten  sie   mit  grossen  Knöpfen  und  emer  mit  Edelsteinen  be- 


setzten  Agraffe.  Die  Belia,  deren  Form  oft  wechselte,  ähnlich  der  Fereeya  war  ein  Ceremonien- 
kleidimgsstück,  meist  aus  purpurnem  oder  scharlachenem  Sammet,  mit  Atlas,  Damast  oder  Pelz  ge- 
füttert, mit  breitem  Pelzkragen  oder  einem  einfachen  Pelzbesatz  am  Halse  (vgl.  die  Tafel  mit  der 
Retorte  Nr.  10). 

Die  DeUufka  oder  Deliura  war  eine  leichtere  Art  Delia  (vgl.  die  Tafel  mit  dem  gekrönten  P 
Nr.  10). 

Die  anderen  Kostüme  unserer  Tafel  sind  ausländischen  Ursprimges. 

Als  Fussbekleidung  dienten  Stiefel  oder  spitze  Schuhe. 

Kostüme  aus  der  Sammlimg  3Iatcyko's,  Ubiory  w  Polsce  1200—1795,  Ki-akau  1869  (2te  Ausgabe 
1875). 


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POLEN.  —  XVI.  JAHRHUNDERT 


Bauern  ans  Litthanen. 

Nr.  3,  4  und  5. 

Edelleutc,  letztes  Viertel  des  XVI.  Jahrhunderts. 


Edelmann,  Ende  des  XVI.  Jahrhundei-ts. 


Edelfräulcin. 

Nr.  12. 

Koman  Sanguszko ,  Marscliall  von  Litthauen  (Ende  des  XVI. 

Jahrhunderts);  nai-h  einem  Bilduiss  in  der  Bibliothek  Osso- 

linski  in  Leopol  (Galizien). 

Näheres  über  die  abgebildeten  Kostüme  findet  sich  meist  in  dem  Text  zu  der  Tafel  mit  dem 
gekrönten  L. 

Der  Uebenock  von  Nr.  7  und  Nr.  8  ist  eine  chiiba  ohne  Aermel,  mit  Pelz  gefüttert  und  mit 
breitem  Ki-agen.  Nr.  12  zeigt  eine  Variante  mit  enger  Taille.  Der  Mantel  von  Nr.  10  ist  eine 
delia.  Nr.  3  und  4  tragen  die  bekiescha  (Pekesche),  ein  ungarisches,  von  Stephan  Bathoiy  eingeführtes 
Kleidungsstück,  eng  in  der  Taille,  einige  Finger  breit  länger  als  die  Dschupane.  Als  Waffe  dient 
der  Kiimunsäbel,  karabda  genannt.  Ausserdem  bemerkt  man  in  der  Hand  der  Edelleute  den  obukh, 
einen  Stock,  der  in  emen  Streithammer  endet. 


AbbUdungen  nach  Mateyko:    Costumes  polonais  (Ubioi->'  w  Polsce)  de  1200-179-5;   Krakau   1860 
(2.  Aufl.  187.5). 


■S)^1 


PO LAND 


POLO  GM E 


P0L£IJ 


1)9^ 


p 


POLEN  —  XVIII.  UND  XIX.  JAHRHUNDERT 


TRACHTEN  DES  ADELS  UND  DES  VOLKES. 


Nr.  2,  3,  4,  6. 

Edellente. 


!aner  aus  der  Umgegend  von  Kraka 

Nr.  7. 

Bergbewohner  aus  den  Karpatheu. 


7 
10 

8 

Nr.  8. 

Bauer 

aus  dem  Balatinat  Lubliu 

Nr.  9. 

Vornehme  Dame. 

Der  Connetahel  von  Polei 


Auf  dieser  Tafel  sieht  man  am  besten  den  Kontusch,  der  mit  der  Szupane  den  Haupttheil  der 
polnischen  Nationaltracht  bildet.  Er  ist  ein  Ueberrock,  ein  wenig  länger  als  die  Szupane,  auf  der 
Brust  offen,  mit  einer  Reihe  von  sechs  Knöpfen.  Vorn  glatt,  bildet  er  hinten  von  der  Taille  ab 
eine  Reihe  weiter  Falten.  Die  Aermel ,  sehr  weit  an  der  Schulter  und  sich  nach  unten  hin  ver- 
längernd, sind  vorn  geschlitzt  und  lassen  die  Szvpane  sehen,  bisweilen  frei  hängen.  Oft  ist  der 
Kontusch  bis  an  den  Hals  zugeknöpft  (vgl.  Nr.  2)  imd  mit  goldenen  oder  silbernen  Litten  und 
Galonii-ungen  versehen.  Das  Futter  ist  stets  von  derselben  Farbe,  wie  die  Smipane.  Der  Kragen 
ist  bald  aufrecht  stehend,  bald  imigeschlagen.  Der  Stoff  ist  entweder  Tuch,  Sammet  oder  Seide. 
Den  Gürtel  über  dem  Kmihisch  tragen  zu  dürfen,  war  ein  VoiTecht  des  Adels.  An  die  Stelle  des  Leder- 
güi-tels  trat  in  einer  nicht  näher  zu  bestimmenden  Zeit  die  orientalische  Schärpe  aus  Brokat  oder 
Seidenstoff.  Der  polnische  Reichstag  1776  bestimmte,  nachdem  der  Gebrauch  des  Kontusch  imter 
der  Regierung  Johann  Sobieskis  allgemein  geworden  war,  für  jedes  Palatinat  die  Farbe  desselben. 
Seit  1794  verschwindet  derselbe. 

Die  Kopfbedeckimg  der  Polen  ist  die  pelzverbrämte  Mütze.  Seit  der  Conföderation  von  Bar 
(1768)  erscheint  die  Konfederatka,  eine  Mütze,  aus  vier  rechtwinkligen  Stücken  Zeug,  die  sich  all- 
mälig  nach  dem  viereckigen  Boden  hin  ei-weitert,  ungefähr  18  cm  hoch,  bisweilen  mit  einer  in 
eine  Quaste  endigenden  Gold-  oder  Silberschnm-,  die  man  unter  der  Achsel  durchlaufen  liess.  Sie 
ist  nicht  mit  der  Krakusclika  zu  verwechseln,  einer  ebenfalls  viereckigen,  sehr  flachen  Mütze,  die 
nur  von  den  Bauern  der  Umgegend  von  Krakau  getragen  wird. 


Der  weite  Tuch-  oder  Filzmantel  (vgl.  Nr.  2)  ist  ein  im  Anfang  des  XVI.  Jahrhunderts  den  Tartaren 
entlehntes  Kleidungsstück. 

Die  Figiu-  Nr.  10  stellt  einen  Feldhen-n,  Hetman,  dar.  Sein  Kolpak  aus  Pelzwerk  ist  mit  einem 
Federbusch  geziert.  Auf  dem  Tische  liegt  ein  Streitkolben.  Er  trägt  eine  weisse  Seupane  und 
einen  KontuscU  aus  Brokatstoff.  Der  Mantel  ist  die  Deliura  oder  DeKutka  ohne  Aermel,  mit  Pelz  ge- 
füttert. 

Die  Frauen  haben  stets  unter  dem  Einfluss  ausländischer  Moden  gestanden.  Im  XVII.  Jahr- 
himdert  kam  das  Pelzjäckchen  auf,  das  später  unter  dem  Namen  Polonaise  in  die  fi-anzösische 
Mode  überging  (vgl.  Nr.  3).  Die  Stelle  des  männlichen  Kontusck  vertritt  der  Kontiischik,  fast  immer 
mit  Pelz  besetzt  (vgl.  Nr.  9). 

VOLKSTRACHTEN. 
Kurzer  Rock,  enge  Hose,   langer  Ueben-ock  oder  Lammfellmantel,   Stiefel  oder  Schuhe;  Hut 
mit  breiten  Rändern  und  zwei  Bändern,  Leder-  oder  W^oUgürtel.   Die  weibliche  Kleidung  besteht  aus 
einem  Hemde,  einem  Rock,  an  den  sich  bisweilen  ein  Mieder  anschliesst,  und  einem  langen  Ueberrock. 

Nr.  1—8  nach  der  Kostümsammlung   von  Mat^ko.    Nr.    9  u.  10  nach  der  Sammlung  Norblin, 
gestochen  von  Debucowrt  (1817). 

Zum  Text  vgl.  Tafel  mit  dem  gekrönten  L.  Für  die  Volkstrachten  Golebmoski,  Lud  polski, 
W^arschau  1830.  —  Zicnkcmicz,  Les  Costumes  du  peuple  polonais,  Paris  1841.  —  Gerson,  Costumes 
polonais. 


POLAlJi 


;j5|(rt) 


GU 
POLEN 

KRIEGERISCHE  TRACHT.  -    XVII.-XVIII.  JAHRHUNDERT. 

GENERAL.    KÖNIGLICHE  GARDE:  MUSKETIERE  UND  JANITSCHAREN,  FORfflRT  DURCH 
JOHAjm  m.  SOBIESKL 


In  den  ersten  Jahrhunderten  seines  Bestehens  hatte  Polen  kein  reguläres  Heer;  der  berittene 
Adel  war  der  einzige  Vertheidiger  des  Vaterlandes.  Boleslaus  der  Grosse  war  der  erste  Organisator; 
er  schuf  eine  Reiterarmee  von  150  —  200000  Mann.  Sigismund  August  (1562)  traf  die  ersten 
Maassregeln  zur  Bildung  eines  regulären  Heeres,  indem  er  ein  Viertel  der  Einkünfte  aus  den  könig- 
lichen Domänen  zur  Erhaltung  eines  solchen  bestimmte. 

Uebrigens  war  das  regiüäi-e  polnische  Heer  selbst  in  der  grössten  Bliithe  Polens  nicht  besonders 
zahlreich;  Sobieski  erschien  in  Wien  mit  etwa  30000  Mann. 

Die  Leibgarde  der  polnischen  Könige  bestand  vor  .lohann  III.  Sobieski  aus  600  Gai'disten  zu 
Fuss,  600  Reitern  und  einem  Infanterieregiment  von  1200  Mann.  Sobieski  fügte  eine  Compagnie 
Schweizer,  200  ungarische  Heiducken  imd  500  Janitscharen  hinzu. 

Stephan  Bathory  (1575)  versuchte  es  zuerst,  eine  gleichmässige  Unifoimirung  einzuführen,  aber 
diese  Maassregel  trat  erst  1735  in  Kraft,  als  Joseph  Potocki  das  Heer  befehligte. 

Nr.  1. 
BtUtl-passi,  Kapitän  der  Musketiere  von  der  Garde  des  Königs . 
Mütze  mit  Federbusch;  über  der  DscJiupatie  ein  Koiitu!<cli\ 


Polnischer  General. 


mit    riesigem    Federbnsch,    ushnf.       Dolmim,     Dolma 

Scl,al,car,  iv 

eite  Puffhose.     Krummer  Säbel. 

Nr.  5. 

Derselbe  mit 

einer  Hellebarde  mit  halbraomiförmigem  Eis 

und  Fahne 

Nr.  6. 

TVartappsi-h'07isb'. 

Fahnenposteu  der  Janitscharen. 

Zwei  Janitscharen  übernehmen  die  Wache,  sobald  die  Fah 

aufgepflanz 

ist. 

Nr.  7. 

Jan 

tscharen  vor  dem  Palast  des  Königs. 

;  Kopfbedeckung  dient  der  Turban. 


Jeschaneh,  JaniLscharennnteroffizier.     Kulak,  hohe  FilzniQtze 


Beurakta  r-  Chi  rugi, 
Fahnenträger  der  Janitscharen. 
Turban  mit  Federbnsch.    Kontusclt,  durch  eine  Schnu 
gammengehalten.    Streitaxt. 


Typen  vom  Ende  des  XVII.  Jahrhunderts  nach  einer  Folge  von  Tafeln,   die  Jacques  Chereau  noch 
in  der  zweiten  Hälfte  des  XVIII.  Jahrhunderts  druckte. 

Vgl.  Dalerac,  Memoires  secrets  sur  le  regne  de  Jean  III.,  Amsterdam  1699.  —  Coyer,  Histoire 
de  Jean  Sobieski,  Amsterdam,  1761.  —  Chodslco,  La  Pologne  historique,  1834—47.  —  Graf  »Vaü- 
vandy,  Histoire  du  roi  Jean  Sobieski  et  du  royaiune  de  Pologne,  1855. 


POLAND 


POLOGKfE 


POLEN 


Dl' 


5^ 


HE 


POLEN.  —  XVIL— XVIII.  JAHRHUNDERT 


GESCIURK  DES  KRIEGSROSSES  MIT  SCHABRACKE.    JUWELIERARBEIT 
DES  PFERDESCHMUCKES. 

Der  Charakter  des  Pferdeschmuckes  ist  orientalisch  und  zeugt  von  den  engen  Beziehungen 
Polens  zum  Orient. 

Der  eigenthche  Sattel  besteht  aus  blauem  Sammet  mit  Goldstickerei.  Der  Eand  ist  mit  ver- 
goldeten, mit  Eubmen,  Türkisen  und  Nephrit  besetzten  Silberplatten  bedeckt.  Das  Bruststück 
aus  vergoldetem  getriebenen  Silber  ist  unter  den  Pistolenhalftem  befestigt.  Die  Steigbügel  sind 
mit  Nephrit  und  Rubinen  eingelegt.  Die  Schabracke  besteht  aus  rothem  gold-  und  silbergestickten 
Tuch.  Die  seidenen  Frauzeu  sind  mit  Korallenknöpfen  geschmückt.  Unter  dem  Sattel  liegt  ein 
Lederstück  als  Schutz  gegen  den  Schweiss  des  Pferdes.  Am  Sattel  hängt  ein  Lederköcher  mit 
Platten  aus  vergoldetem  Silbei-filigran  und  Türkisen  verziert. 


Agraffe  aus  vergoldetem  Filigran. 
Filigranarabeskeu  mit  Email  und  Steinen.     Höhe  0,10  l 


Kette  des  Bruststückes.    Länge  1  m. 
STANDAKTE  DER  HEERFÜHRER. 


Butscimk,  Kossschweif. 
Der  Btttschuk  wurde  an  einer  Lanze  den  Königen  und  Heer- 
führern Toraugetragen. 


Das  Geschirr  befindet  sich  in  der  Sammlung  des  Füi-sten  Czai-toryski.  Der  Sattel  und  die 
Pistolenhalfter  haben  dem  Fürsten  Georg  Lubomirski,  dem  Besieger  der  Russen  und  Schweden 
unter  Johann  Kasimh,  gehört,  und  die  Schabracke  war  im  Besitz  des  Connetable  Sienawski,  der  sich 
1683  vor  Wien  auszeichnete.    Das  Ganze  ist  nach  einer  Photographie  von  Franck  angefertigt. 

Nr.  1,  2,  3,  4,  -5,  6,  7  und  8  befinden  sich  in  der  Sammlung  der  Gräfin  Dz3-alinska  und  waren 
auf  der  Ausstellung  der  Union  centrale  von  1880  zu  sehen.  Photographie  und  Colorirung  nach  den 
Originalen. 


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0^ 


POLEN  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


VOLKSTRACHTEN 

1         4         5         2         3         8         9         10 

7            6          11            12        13 

Nr.  1. 
Jude  aus  der  Synagoge  kommend. 

Nr.  8. 
Geflügelhändler. 

Nr.  2  und  3. 
Jüdische  Frau  und  Kinder. 

Nr.  9  und  10 
Holzfäller. 

Nr.  4. 
Jüdischer  Fuhrmann. 

Nr.  11. 
Zwiebelhändler. 

Nr.  5. 
auer  aus  der  Umgegend  von  Lublin. 

Nr.  12. 
Advocat. 

Nr.  6. 
Littauischer  Bauer. 

Nr.  13. 
MUchverkäuferin. 

Nr.  7. 
Samogitische  Bäuerin. 

(Nac/!  Aquarellen  von  Norblin  aus  d 

em  Anfang  des  XIX.   Jahrhundert 

PO  LA.!  10 


POLOGME 


POLOM 


Firtriu,  Didov  n  C" 


'Pl  0  (^ 


POLEN  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


VOLKSTKACHTEN 


Bauer   aus  der  Umgegeud  von  Ki-akau. 


Xr.  G. 
Samogitischer  (littauischer)  Bauer. 


Nr.  2. 

Nr.  7. 

Junges  MUdclieu;  ebendaher. 

Littauische  Bäuerin. 

Nr.  3. 

Nr.  8,  9. 

Bauernknecht:  ebendaher. 

Bauer  und  Bauermädcheu  aus  der  Uki-aine. 

Nr.  4. 

Nr.  10,  11. 

Magd  ans  Ki-akan. 

Kosaken  aus  der  Uki-aine. 

Nr.  5. 
Bauer  im  Arbeitsanzug. 

Nach  Aquarellen  von  Norblin  aus  dem  Anfange 
dieses  Jahi-huuderts. 

-Dlol 


POLAMD 


POLEM 


^\o< 


HJ  GZ 

UNGARN  UND  KROATIEN.  —  RUTHENIEN 


DIE  MAGNATEN  UNT)   UNGARISCHEN  EDELLEUTE.  —  VOLKSTRACHTEN 

DER  MAGYAREN,  DER  SLAVEN  UND  DER  SÄCHSISCHEN  KOLONISTEN, 

DER  BEWOHNER  DER  DONAUEBENEN  UND  DER  KARPATHEN,  DIESSEITS 

UND  JENSEITS  DIESER  GEBIRG SIvETTE. 

TAFEL  GZ. 

Rutheuischc  Stickereien. 


5  und  7.  —  Rutlienen. 
—  Polin  aus  Galizieu. 
dor  Umgegend  vou  Bitjtrit 


Nr.  14. 


Nr.  10,  U,  12,  13,  14.  15  und  16. 


DIE  IVUGYAREN. 


Nationaltracht  des  Magnaten. 
Kiicsma,  schwarzes  Samnietbarrett  mit  Marderfell  and  Agraffe 
mit  Adlerfeder.  Seidenes  Halstuch  mit  Franzeu.  AtUla 
und  mmte  (Mantel)  aus  schwarzem  Sammet  mit  Seiden- 
litzen und  Türkisenknöpfeu,  mit  Marderfell  besetzt.  Die 
mente  wird  durch  eine  reiche  Kette  gehalten,  und  ein 
ebensolcher  Gürtel  mit  dem  Wehrgehänge  des  krummen 
Säbels  uraschliesst  die  aWla.  Anliegende  Hose.  Leder- 
stiefel mit  Seidenbesatz. 


Adlige  Dame;  Festtraeht. 
Kucsma  mit  Agraffe  aus  Perlen  und  Smaragden  mit  Reiher- 
feder. Ohrgehänge  und  Halsband  aus  Perlen.  Rothes 
goldgesticktes  Sammetmieder  mit  Perlschnüreu.  Reich  ge- 
arbeiteter Gürtel ,  mit  Perlen  und  Smaragden  besetzt. 
Schlepprohe  aus  weissem  Atlas.  Spitzenschürze.  Auf  den 
Schultern,  durch  eine  Kette  gehalten,  ein  goldgesticktes, 
marderbesetztes  Mäntelchen  aus  rothera  Sammet.  Feder- 
fächer. 


Filzhut  mit  Schleifen  und  natürlichen  Blumen.  Die  gepufften 
Falten  des  Hemdes  sind  zwischen  der  gestickten  Jacke 
und  den  bellblauen  Hosen  sichtbar.  Der  Vordertheil  der 
Hose  ist  umgeschlagen  und  trägt  ein  Taschentuch  aus 
Spitzen.  Auf  den  Schultern  wird  durch  eine  Schnur  der 
Dolman  aus  demselben  Stoff  wie  die  Hosen  gehalten.  Un- 
garische Stiefel  mit  bunten  Quasten  und  grossen  Sporen. 

Nr.  11. 

Frau  aus  dem  Banat. 

Gesticktes  Käppchen  mit  Pelzbesatz  auf  dem  Haar,   dessen 


Junges  Mädchen  aus  dem  Neutraer  Comitat. 
Mützchen  mit  Spitzenbesatz  und  an  der  Seite  geknüpftem 


Junges  Mädchen;  Be'köser  Comitat. 
Zöpfe  mit  Schleifen.   Korallenhalsband.   Hoch  heraufgehendes 
Hemde   mit   langen   PufFärmeln.     Gesticktes    Mieder   mit 
natürlichen  Blumen.    Seidener  geblümter  Kock.    Spitzen- 
schürze mit  breiten  gestickten  Bändern.   Gesticktes  Taschen- 


Gorale  (Bergbewohner)  aus  der  Tatra. 
Breitrandiger  Hut  auf  dem  gefetteten  Haar.  Leinenherade, 
auf  der  Brust  durch  eine  kupferne  Agraffe  geschlossen. 
Pass ,  Ledergürtel  mit  breiten  Schnallen,  an  dem  Pfeife 
und  Messer  hängen.  Gum'a,  Mantel  aus  Ziegenfell.  Au 
den  Füssen  Sandalen,  sh'rpze,  aus  Ziegen-  oder  Schaf  leder 


Filz  mit 


DIE  SACHSEN. 


Nr.  3. 

Szekler-Frau  aus  Bistritz.    Siebenbürgen. 

Neuvermählte  vom  Lande.    Mantel  aus  Schafleder,  das  Haar 

nach  innen.    Blumen  und  Arabesken  aus  farbiger  Tuch-  und 

Seidenstickerei,mitGold-,Silber-undSeidenfäden  aufgenäht. 


Herade ,  mit  Gold  -  und  Silberkettchen  über  der  Brust  ver- 
schnürt. Gürtel  aus  Silberfiligran  mit  vergoldetem,  edel- 
steinbesetztem Schloss.  Seidengestickte  Schürze  über  dem 
blauen  Wollrock.  (Vgl.  Nr.  7.)  Schwarzer  Sammethut  mit 
Glasperlen  und  hinten  herabhängenden  bunten  Bändern. 


DIE  SLOWAKEN. 


Nr.  9. 

Slovake  aus  Madera. 

Kleiner  Hut  mit  schmaler  Krerape,   rait  Blumen,  Band  und 

Federn  garnirt.     Hemd   mit  weiten  Aermeln,  Schleifen  am 

Kragen.    Offene  Weste  mit  seidenem  gestickten  Taschen- 


tuch.   Blaue  Hose  mit  Litzen.    Stiefel  mit  Quasten.    Bei 
schlechtem   Wetter  ein  weisser  Mantel,    szür,  aus  grobem 
Tuch  mit  Buntstickerei  und  Pelzbesatz. 
Die  Frauen   sind  weiss  gekleidet,    daher  die   Bezeichnung 
btele  pohlavie  oder  Ungarisch  /eher  nep,  das  weisse  Volk. 


Galizierin  aus  Krakaa. 
viereckige  flache   Mütze.     Korallenhalsband   mit 


.  Ueber  dem  Horadc  mit  Puffärmeln  ein  gesticktes 
Geblümter  Rock,  von  einer  kleinen,  gestickten 
bedeckt.    Hoch  hinaufreichende  Schaftstiefel. 


DIE  RUTHENEN. 


Junges  Mädchen  aus  Wiznitz.  Bukowina, 
Gesticktes  Käppchen,  mit  Blumen  garnirt,  von  dem  lange 
Bänder  hinten  herabfallen.  Gestickte  Ledeijacke  mit 
Schulterstücken  aus  schwarzem  Samraet ,  aus  denen  die 
rothgestreiften  Hemdärmel  hervorkommen.  Enger  Sammet- 
rock  mit  horizontalen  und  transversalen  Stickereistreifen. 
Lederstiefel. 

Nr.  5. 

Ruthenischer  Bauer  aus  Marmaros;  Ungarn. 

Flacher  Filzhnt  mit   breitem   Rande.     Wollenes   Halstuch. 

~      "  Aermeln,  von  einem  Gürtel  mitKupfer- 

Aermellose  Pelzjacke  mit   rother 


Stickerei  am  Rande  und  auf  den  Nähten.  An  einem 
breiten  Bandelier  eine  Tasche  und  eine  Schnapsflasche. 
Weite  Hose  in  Lederstiefeln.    Dicker  Knotenstock. 


Ruthenische  Frau  ; 


Bukowin 


Hohe  gestickte  Mütze,  vorn  mit  einer  Art  Kokarde  aus 
Schleifen  und  Blumen.  Der  Boden  ist  von  kleinen  Feder- 
büscheln umgeben.  Korallenhalsband.  Gesticktes  Hemde, 
am  Halse  gefältelt,  mit  langen  Aermeln,  die  aus  einer  pelz- 
gefütterten Sammetjacke  herauskommen.  Breiter  gestreifter 
Gürtel,  der  einen  engen  Sammetrock  umschliesst.  Leder- 
stiefelchen. 


Die  von  den  ruthenischen  Frauen  angefertigten  Stickereien,  von  denen  Muster  auf  Tafel  GZ 
zusammengestellt  sind,  gleichen  der  persisclien  Teppichdecoration.  Sie  bestehen  aus  einer  Zu- 
sammenstellung von  geometrischen  Figiu-en  imd  stilisirten  Bliunen. 


DIE  WALACHEN. 


Junges  walachisclies  Mädchen  aus  Orsowa. 

Das  mit  Blumen  und  Sclüeifen  geschmückte  Haar  wird  durch 
ein  an  der  Seite  geknüpftes  Band  zusammengehalten. 
Perlenhalshand.      Camasia,    langes   bis  zu  den  Knöcheln 


reichendes  Hemde  mit  weiten  Aermeln,  am  Halsausschnitt, 
über  der  Brust  und  an  den  Säumen  reich  gestickt.  Die  Cin- 
gatori'a,  ein  dreifarbiger  Wollgürtel,  hält  die  catrinUa^  auch 
fota  oder  zade  genannte  Schürze  mit  langen  bunten  Franzen. 
Im  Winter  trägt  die  walachische  Frau  ein  Kamisol  aus 
Lammfell  ohne  Äermel ,  das  dem  peptarin  der  Männer 
gleicht.     Cisjne  oder  ciobote.  Lederschuhe. 


DIE  KROATEN. 


Nr. 


Kroatische  Bergbewohner;  Umgegend  von  Agram  ;  Festtratht. 

Schwarzer  Filzhut  mit  schmaler  Krempe,  mit  gelben  Franzen 
ganiirt,  in  deren  Mitte  sich  das  kolorirte  Bild  des  Schutz- 
patrons befindet.  Kurzes  Hemd  mit  Umschl^ekragen,  ge- 
fältelt über  die  Leinenhosen,  gatyen,  fallend.  Weissge- 
stickte  Tuchweste.  Ledertasche  mit  rotheu  WoUfranzen. 
Als  Mundvorrath  für  lauge  Wanderung  am  Stock  befestigt 
ein  Spanferkel. 


Nr.  8. 
Junges  kroatisches  Mädchen  aus  Sissek. 

Gesticktes  Häubchen  mit  Blumenkranz.  Langes  gesticktes 
Hemde.  Aus  verschiedenfarbigen  Sammetstücken  zusammen- 
gesetzt. Rothes  Glashalsband,  bisweilen  mit  Münzen. 
Zwei  Schürzen,  die  vordere  aus  langen  Franzen,  die  an  einem 
gestickten  Gürtel  befestigt  sind,  die  hintere  aus  einem 
dicken  StofFstück  bestehend.  Lederschuhe  mit  sich  über 
dem  Bein  kreuzenden  Bändern. 

Die  ganze  Tracht  wird  von  den  Frauen  selbst  verfertigt. 


Nr.  4,  5,  6,  9,  14,  15  und 


siiul  Originalzeichuungen  mit  Benutzung  der  Blätter  fui-  Kostümkiuide 
vou  A.  V.  Heyden,  Berlin,  1881  ff. 

Nr.  1,  2,  o,  7,  8,  10,  11,  12  imd  13  nach  den  kolorii'ten  Photographieen  der  „Oesterreichiscli-Ungarisclien 
Nationaltrachten",  herausgegeben  von  R.  Lechner  in  Wien. 

Vgl.  A.  V.  Heyden^  Blätter  fiir  Kostiimkimde.  —  Elisee  BechiSy  Geographie  universelle.  —  Die 
Publication  des  Kunstgewerbemus eiuns  in  Lemberg  über  die  Ornamente  der  Hausindustrie  der 
ruthenischen  Bauern:    Teppiche,  Stickereien  und  Metalle,  1880—1882. 


jp/^^ 


RUTHENIAN     RIJTHENE  RUTHENISCHB 


rpm 


T 


EUROPA 


UNGARISCHE  SCHIVRTCKSACHEN  FÜR  MÄNNER  UND  FRAUEN 
FILIGRANARBEITEN 


Mützenagraffe. 

Nr.  2. 
Theil  eines  Degengehenks. 

Nr.  3. 
Profil  desselben. 


Von    Gold   und    emailUrt.     Im    Besitze    des 
Grafen  Johann  Mikes. 

Nr.  7,  8,  9,  10,  11. 
Mantelgarnitur  ähnlicher  Art  im  Besitze  des 
Grafen  Erdödy  Istvan  Tulajdona.  Die  Agraffe 
Nr.  4  kann  als  Maassstab  für-  die  übrigen 
dienen.  Sie  misst  von  einer  Krümmung  zur 
anderen  32  cm. 


Nr.  4,  5,  6. 
Mantelagrafl'en    eines    ungarischen   Galakleides. 

Das  Alter  dieser  Schmucksachen  geht  nicht  ilber  das  XVII,  yahrhundert  hinaus. 

In  den  ungarischen  Schmucksachen,  welche  zur  Verzierung  der  Galakleider  bestimmt  sind, 
begegnet  sich,  der  geographischen  Lage  Ungarns  entsprechend,  der  abendländische  Geschmack  mit 
dem  orientalischen.  Vollkommen  naturalistisch  behandelte  Blumen,  die  an  den  Monumenten  der 
Sculptui'  erst  gegen  Ende  des  XV.  Jahrhunderts  auftauchen,  sind  auf  einem  Grund  von  Filigi'an- 
arbeit  aufgelegt,  die  orientalischen  Ursprungs  ist.  Als  Vorbilder  für  die  Blumen  dienen  nament- 
lich Sonnenblumen,  Rosen,  Hyazinthen  imd  Tulpen.  Eine  Kolonie  sächsischer  Bauern  in  Sieben- 
bürgen besitzt  seit  langer  Zeit  die  Fertigkeit,  solche  Filigranarbeiten  zu  machen,  weshalb  das 
dabei  verwendete  Email  den  Namen  traussylvanisches  Email  erhalten  hat.  Der  Reichthum  des 
ungarischen  Landes  an  Gold,  Bergkrystall,  Smaragden,  Topasen,  Granaten,  Amethysten,  Hya- 
zinthen, Opaleu  u.  s.  w.  begiittstig-te  die  Verzierung  der  magyarischen  Galakleider,  von  denen 
schon  der  Venezianer  Vecellio  in  seinem  gi-ossen  Trachtenwerke  zu  erzählen  weiss.  „Alle  Ungarn, 
sagt  er,  tragen  Knopfschnüi'e  von  Gold  oder  Glas.  Sie  gehen  selten  ohne  einen  drei  Finger 
breiten  Säbel  aus." 

Die  Nr.  12—26  sind  Arbeiten  aus  Silberfiligran  aus  der  Zeit  von  1660—1740  in  einem 
Viertel  ihrer  natürlichen  Grösse.  Man  findet  dai'unter  Anhängekreuze,  ein  Medaillon  mit  einer 
aufgemalten  Madonna,  Knöpfe,   Blumensträusse,   Palmetten  und  Akanthusblätter.     Es  sind  weib- 


liehe  Sohmuckgegenstände,  welche  im  Haar,  am  Halse,  am  Gürtel,  auf  Schleifen,  Bändern  und 
Manschetten  getragen  werden.  Die  venezianischen  Goldschmiede  hatten  sich  seit  dem  XU.  Jahr- 
hundert als  vorzügliche  Filigranarbeiter  bekannt  gemacht,  und  deshalb  naimte  man  lange  Zeit 
alle  Filigranarbeiten  venezianisches  Werk. 

Das  Filigran  wird  aus  feinen  Metallfäden  gefertigt,  die  zu  Ornamenten  und  Blumen  zu- 
sammengeflochten und  bisweilen  mit  kleinen  runden  oder  flachen  Knöpfchen  oder  Körnern  besetzt 
werden.  Daher  ist  der  Name  aus  ßlum,  Faden,  und  granum,  Korn,  gebildet.  Die  Römer 
nannten  es  filatim  elaboratum  opus,  auriim,  argentttm. 

(Nach  Photographieen.     Die  Filigranschmucksachen  befinden  sich  in  München.) 


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EUROPÄISCHE  TÜRKEI,  BULGARIEN  UND 
GRIECHENLAND 


VOLKSTRACHTEN 


Griechischer  Bauer  aus  Monastii'  (Ost-Albanien). 
Pelzmütze,  Jacke,  Hose  und  Gamaschen  aus 
filzartigem  Pries,  Schuhe  von  Maroquin. 

Nr.  2. 
Griechische  Bäuerin  aus  Monastü- (Ost-Albanien). 
Kojjinjecleckung  aus  geblümtem  Stoff,  die  zu- 
gleich als  Schleier  und  Brusttuch  dient.  Hemd 
von  grober  Leinwand,  ärmellose  Weste  aus 
Filz,  teppichartig  gestreifte  Schüi-ze,  zwei 
Gürtel,  der  eine  mit  lang  herabfallender 
Schärpe.     Schuhe  von  Maroquin. 

Nr.  3 
Bauernfrau  aus  Scutari.  Gestickte  Mütze  mit 
Nackentuch,  langes,  buntgesticktes  Hemd 
mit  weiten  Aermeln,  ärmelloses  Leibchen  von 
Filz,  silberner  Güi'tel,  an  welchem  die  wollene 
Schürze  befestigt  ist.  Das  Hemd  ist  so  lang, 
dass  der  Saimi  desselben  noch  unter  dem 
Rocke  zum  Vorschein  kommt.  Die  Füsse 
stecken  unbekleidet  in  den  Schuhen. 

Nr.  4. 

Bulgarische  Frau  aus  Ali  Tchelebi.  Filzpan- 
toffeln, Strümpfe  von  gestreifter  WoUe,  tüi-- 
kische  Bauschhose,  die  auf  die  Füsse  herab- 
fällt. 


Nr.  5. 
Griechische  Frau  aus  Hasskevi.  Die  Kopfbe- 
deckung ist  der  sogenannte  ,Baschlik',  der 
über  den  Rücken  mantillenartig  herabfällt. 
Um  den  Hals  Glasperlenschnüi-e.  Leibchen 
mit  bogenförmigem  Brustausschnitt,  Ueberrock, 
Schürze  und  zwei  Güi'tel,  ein  silberner  mit 
grossen  AgTaffen  und  einer  von  gesti-eiftem 
Zeuge.     Gestreifte  Filzstrümpfe  ohne  Schuhe. 

Nr.  6. 
Bäuerin  aus  Baidjas.  Durch  Einilechten  von 
Werg  in  die  Haare  entsteht  über  dem  Kopfe 
ein  Wulst,  der  eine  hohe  Kopfbedeckung  er- 
fordert. Um  den  Fez  wird  noch  ein  farbiges 
woUenes  Tuch  gesclilungen  und  unter  dem 
Kinn  zusammengeknüpft.  An  den  Seiten 
hängen  ebenfalls  mit  Wergdui'clillochtene  Zöpfe 
herab,  die  mit  Glasperlen  und  falschen  Gold- 
münzen verziert  sind.  Das  gestickte  Hemd 
ist  meist  nicht  siclitbar.  Der  Gürtel  von 
Filz. 

Nr.  7. 

Mann    aus   Sofia.     Jacke   und  Beinkleider   aus 

Tuch    mit    seidenen    Borten    besetzt.      Der 

woUene    Gürtel    ist    mehrere    Male    um    den 

Leib  geschlungen. 


Nr.  8. 
Bulgarische  Frau  aus  Eustschuk.  Um  den  Kopf 
ist  ein  einfaches  Tuch  gewunden,  dessen  Enden 
auf  die  Schulter  herabfallen.  Gesticktes, 
wollenes  Hemd.  Der  Gürtel  hält  die  Schürze 
fest.  Gewöhnlich  wird  noch  ein  zweiter  ge- 
tragen. AermeUoser,  mit  Pelz  gefütterter 
Ueberrock  mit  Besatz  aus  feinerem  Pelzwerk. 
Wollene  Strümpfe. 


Nr.  9. 
Bulgarischer  Chi-ist  aus  Widdin.  Mütze  von 
schwarzem  Schaffell,  kurzer  Rock  aus  Baum- 
wollenstoif,  wollener  Gürtel,  Schafspelz  mit 
der  WoUe  nach  innen  gekehrt,  aussen  mit 
farbigem  Tuch  benäht,  das  mit  wollenen, 
bamnwoUenen  oder  seidenen  Schnüren  besetzt 
ist.  Die  Beinkleider  sind  mit  wollener  Schnur 
zusammengebunden.     Sandalen  von  Leder. 


Die  Figuren  sind  einer  Sammlung  von  Photographieen  nach  türkischen  Volkstrachten  entlehnt, 
welche  P.  Sebah  in  Konstantinopel  im  Auftrage  der  kaiserl.  Commission  für-  die  Wiener  Welt- 
ausstellung von  1873  veranstaltet  hat.  Die  Details  und  die  Farben  der  Costüme  sind  den  lebens- 
grossen  Modellen  entnommen,  welche  1874  diu-ch  die  Union  centrale  des  beaux  arts  appliques 
ä  l'industrie  in  Paris  ausgestellt  waren. 


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TUR KEY 


TURQUIE 


TURKEY 


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EUROPÄISCHE  TÜRKEI 


MÄNNER-  UND  FRAUENTRACHTEN 


Nr.  1,  2,  3,  G,  8  u.  9. 

Nr.  6  u.  9. 

Trachten  aus  Scutari  in  Albanien. 

Türkische  Frau;   Tracht   in  und  ausser  dem 

Nr.  1. 

Hause. 

Hodja. 

Nr.  4  u.  7. 

Nr.  2. 

Hirt  und  Bäuerin  aus  Malissor. 

Christliche  Frau;   Tracht  für   das  Haus  und 

die  Stadt. 

Nr.  5. 

Nr.  3. 

Christliche  Bäuerin  aus  Matefre. 

Christlicher  Priester. 

Diese  Trachten  stammen  aus  den  Vilajets  von  Prisrend  (Perzerim)  und  Skutari,  dessen 
zwei  Gouvemements  noch  im  Jahre  1873,  wo  die  Figui-en  photographirt  wui-den,  das  ehemalige 
obere  Moesien  und  Ober-Albanien  umfassten.  Die  Bevölkerung  ist  eine  überwiegend  slavische, 
deren  Ursprung  in  das  hohe  Alterthum  zurückreicht  und  die  auch  in  Bezug  auf  ihre  Tracht 
noch  alten  Traditionen  folgt.  Das  zeigt  sich  besonders  in  der  Stickerei  ihrer  Gewänder  mit 
bunten  Fäden  und  mit  metallischer  Seide.  Die  Leinwand,  welche  für  diese  Tapisseriearbeiten 
als  Canevas  dient,  ist  äusserst  fein  und  stark.  Die  Stickereien  bilden  immer  regelmässige  Figuren 
und  stimmen  in  ihrem  Charakter  mit  ähnlichen  Arbeiten  in  Bulgarien  und  Rumänien  überein. 
Die  Tracht  der  Bäuerin  von  Malissor,  Nr.  7,  ist  ein  Beispiel  für  die  mannigfaltige  Anwendung, 
welche  diese  Stickereien  finden  können.  Man  decorirt  damit  den  Geuchluk,  das  anschliessende 
Leibchen,  den  Dtibliten,  einen  steifen  Rock  ohne  Falten,  die  Schürze,  die  Terba,  einen  Arbeits- 
beutel, die  dicken  und  starken,  bis  zur  Hälfte  der  Oberschenkel  hinaufsteigenden  Strümpfe  und 
den  befranzten,  wie  alle  genannten  Kleidungsstücke  aus  Wolle  gefertigten  Gürtel,  welcher  noch 
durch  einen  zweiten  Gürtel  aus  Goldborte  zusamniengefasst  ist,  zu  welchem  ein  silbernes  Schloss 
gehört.  Als  Haarputz  dienen  Zechinen,  die  an  goldenen  Ketten  auf  die  Stirn  herabhängen.  Der 
weite  BaschUk,  welcher  den  Kopf  bedeckt  und  auf  die  Schulter  herabfällt,  ist  ein  mit  Gold  ge- 
stickter Shawl.  Die  Ustrugha,  der  über  die  linke  Schulter  geworfene,  befranzte  Mantel,  ist  ein- 
facher. Er  wird  von  einem  Tschaprass  zusammengehalten,  einer  aus  Silbermünzen  gebildeten 
Agraffe.  Diese  Bäuerin  gehört  zu  denjenigen,  welche  Teppiche  für  den  Verkauf  arbeiten.  Sie 
trägt  in  ihrer  Rechten  ein  Etui  mit  einer  Scheere  und  in  der  Linken  ihren  Arbeitsbeutel.  Sie 
hat  alle  Stücke  ihrer  Tracht  selbst  angefertigt. 


Der  Hirt  von  Malissor  Nr.  4  ist  mit  Fellen  von  neu  geborenen  Lämmern  bekleidet.  Passe- 
menterien  und  Stickereien  von  schwarzer  Seide  verdecken  die  Nähte.  Der  Schalwar  (Hose),  der 
Entari  (Jacke),  beide  fest  anschliessend,  ein  breiter  und  dicker  Güi'tel  von  Wolle,  wollene  Strümpfe, 
der  Tscharyk,  die  Fussbekleidung,  welche  der  Bauer  gewöhnlich  selbst  anfertigt,  der  gerade  Fez 
mit  dem  Puckul,  der  seidenen  Quaste,  bilden  das  Costüm  dieses  Hirten.  Am  Gürtel  trägt  er 
eine  Art  Patronentasche  und  zwei  Flöten. 

Nr.  5,  eine  Bäuerin  aus  Matefre,  charakterisii't  wie  Nr.  4  und  7  die  Trachten  Bulgariens. 
Ihr  auf  den  Nacken  herabfallendes  Kopftuch  ist  mit  Münzen  und  Metallplatten  geschmückt.  Ihr 
wollenes  Hemde  zeigt  an  der  Brustöffnung  zwei  Borten  mit  geschmackvoller  Stickerei.  Die  kurze 
Schürze  ist  ebenfalls  reich  gestickt.  Ihre  Pantoffeln  (Babuschen)  sind  mit  Rosetten  versehen. 
Sie  trägt  grosse  Ohrringe.  Die  bulgarischen  Frauen  tragen  gewöhnlich  nicht  den  Tschalvar,  das 
weite  Beinkleid,  und  auch  nicht  immer  Strümpfe.  Die  Frauen  der  Ackerbauer,  die  nur  mit  einem 
Hemd  und  einer  Schürze  bekleidet  sind,  ziehen  gewöhnlich,  wenn  sie  das  Haus  verlassen,  auf 
ihre  nackten  Füsse  Pantoffeln  von  rothem  oder  schwarzem  Leder  oder,  wenn  es  das  Terrain  er- 
laubt, von  Filz.  Wenn  der  Bulgare,  welcher  gewöhnlich  eine  Kleidung  von  Schaffellen  trägt, 
auf  dem  Felde  oder  im  Garten  arbeitet,  legt  er  die  Jacke  ab  und  behält  nur  sein  Beinkleid  an. 
(Die  Tafel  „Europäische  Türkei"  mit  dem  Zeichen  Pokal  bietet  unter  Nr.  6,  8,  4,  3,  7  und  9 
Beispiele  bulgarischer  Trachten.) 

Eine  charakteristische  EigenthümUchkeit  des  slavischen  Kostüms  sind  die  Stickereien,  mit 
denen  fast  alle  Kleidungsstücke  der  Frauen  bedeckt  sind.  Es  sind  theils  eingewebte,  theils  ge- 
stickte, theils  aufgedruckte  oder  gemalte  Blumen  und  Ranken  in  orientalischem  Geschmack. 

Der  Hodja,  Nr.  1,  hat  ein  weites,  bequemes  Kostüm.  Seine  Kopfbedeckung  bildet  ein  Fez 
mit  dicker  Quaste,  der  mit  einem  weissen  Tuche  {Saryk)  umwunden  ist.  Ein  Oberhemde  von 
bedruckter  Baumwolle  bedeckt  seine  Brust.  Die  ärmellose  Weste  ist  mit  dicken  Knöpfen  be- 
setzt. Shawlgürtel;  Beinkleid  von  Tuch.  Zwei  kaftanartige  Röcke,  von  denen  der  längere  keine 
Aermel  hat,  und  Maroquinpantoffeln  vervollständigen  das  Kostüm. 

Der  christliche  Priester,  Nr.  3,  trägt  das  Kostüm  eines  Arnauten  bürgerlichen  Standes: 
den  Fez,  ein  seidenes  Hemd,  eine  Weste,  ein  Beinkleid  von  glänzendem,  faltenreichem  Zeug,  einen 
woUenen  Gürtel,  weisse  Strümpfe,  weite  Schuhe  und  einen  Ueberrock  mit  Aerraeln. 

Die  unter  Nr.  2  und  8  dargestellten  Christinnen  tragen  das  weite  Beinkleid  wie  die 
Tüi-kinnen.  Nur  die  Bulgarenfrauen  haben  dasselbe  nicht  adoptirt.  Die  beiden  Figuren  stellen 
dieselbe  Frau  in  der  Tracht  für  die  Strasse  und  das  Haus  dar.  Die  Kopfbedeckung  für-  das 
Haus  ist  ein  einfaches,  mit  Seide  und  Gold  gesticktes  Baumwollentuch,  welches  von  einem  dicken 
Streifen  zusammengehalten  wird.  Ohi'ringe  aus  Silberfiligran;  Halsband  aus  demselben  Stoff  mit 
einem  daran  gehängten  Kreuze,  in  welchem  sich  Reliquien  befinden.  Das  Hemde  wird  auf  der 
Brust  dui-ch  silberne  Knöpfe  oder  Nadeln  zusammengehalten.  Der  breite  Gürtel  von  Gold- 
schmiedearbeit, unter  welchem  sich  ein  zweiter  Gürtel  von  Gaze  befindet,  hält  das  aus  dünnem, 
schillerndem  Stoff  gefertigte  Beinkleid  um  die  TaiUe  fest.  Weit  ausgeschnittene  Babuschen  mit 
Schnäbeln;  die  gefalteten  Aermel  des  Hemdes  bedecken  die  halbe  Hand.  Für  den  Aufenthalt 
ausser  dem  Hause  kommt  noch  ein  Tuchmantel  mit  Ueberschlag  und  Kapuze  hinzu  (Nr.  2)  und 
der  Musselinsclileier,  der  gewöhnlich  unter  dem  Kinn  zusammengeknüpft,  selten  ganz  herab- 
gelassen wird. 

Nr.  6  und  9  stellen  eine  Frau  aus  Skodra  im  Ausgeh-  und  im  Hauskleide  dar.  Die  Kopf- 
bedeckung ist  eine  Art  Helm  aus  Goldstoff  mit  einem  Busch  aus  Goldschmiedearbeit.  Die  Stirn 
ist  mit  einer  dreifachen  Reihe  von  Zechinen  geschmückt^  die  an  kleinen  goldenen  Ketten  von  der 


Haube  herabhängen.  Die  längsten  der  Ketten  reichen  bis  auf  die  drei  Reihen  von  Gold-  und 
Silbermünzen  herab,  welche  sich  über  die  Brust  himvegziehen.  Das  Hemde  ist  von  durchsichti- 
gem Stofl'e,  die  Jacke  von  gewirkter  Seide  und  unten  an  den  Aermeln  ausgezackt.  Der  ärmel- 
lose Kaftan  reicht  bis  zu  den  Knieen.  Das  an  den  vier  Ecken  mit  goldenen  Blumen  gestickte 
Taschentuch  wird  durch  ein  Knopfloch  hindurchgezogen.  Ein  anderes  Tuch  mit  reicher  Bor- 
düre ist  durch  den  Gürtel  gesteckt,  welcher  ein  dichtes  Gewebe  aus  Gold-  und  Seidenfäden  und 
mit  Franzen  besetzt  ist.  Die  Sammetpantoffeln  haben  Ornamente,  die  aus  kleinen  Perlen  ge- 
bildet sind.  Wenn  man  ausgeht,  wird  der  Zierrath  auf  der  Haube  aus  der  darunter  befindlichen 
silbernen  Platte  herausgeschraubt  und  ein  Mantel  über  den  Kopf  gezogen,  in  welchem  sich  die 
ganze  Gestalt  einhüllt. 

(Nach  Photographieen  und  nach  Modellen,  die  187i  von  der  Union  centrale  des  beaux-arts 
appliques  ä  Vindustrie  ausgestellt  -waren.) 


EUROPÄISCHE  VJMir    TL' R. 0 UIE  ■  D^EIIR  0 PE       EUROPEAf^;   TURKEY 


AY 
ORIENT 

SCHMUCK  AUS  TURKESTAN.  EGYPTEN  UND  BULGARIEN. 


Nr.  1.  —  Ohrgehänge.     Turkestan. 

Silberring  mit  Gehängen  aas  Smaragden  und  Eorallenperlen. 
Verziemngen  ia  Gold. 

Nr.  2.  —  Halsgehänge  in  Silber,  getrieben  und  ciselirt.  Vgl. 
Nr.  18.  In  solchen  Kapseln  befinden  sich  Amulette  mit 
Koranversen.    Egypten. 

Nr.  3  n.  4.  —  Grosse  Beinringe  der  Fellahs;  getriebenes 
Silber.  0,07  und  0,04  m  Durchmesser. 

Nr.  5.  —  Halsband  aus  gestanztem  Silber.     Bulgarien. 

Nr.  6.  —  Frauenhaube  in  Helmform.  Sammet,  mit  Seide  ge- 
füttert, „Übergetriebene  Zierrathe  mit  Edelsteinen.  Turkestan. 

Nr.  7  u.  8.  —  Ohn-inge  in  Gold.  Egypten.  Nr.  7  Email. 
Nr.  8  Filigran, 

Nr.  9,  —  Arabisches  Halsband ,  orge ,  in  Silber  und  Perlen. 

Die  <yrge,  der  Schmuck  der  Reichen,  ist  aus  Silber  oder  Gold 
gegossen,  bisweilen   mit  Münzen  oder  Medaillengehängen. 
Der  €cM  wird  von  den  niederen  Klassen  getragen. 
Der  todk  ist  ein  einfacher  Silber-,  Kupfer-  oder  Zinnring, 
der  Schmuck  der  kleinen  Mädchen. 

Nr.  10.  -  Ring  aus  Silber.  diUeh. 

Der  Aitläi  ist  ein  Ring  ohne  Stein.  Der  maUm  zeigt  fast 
dieselbe  Form,  wird  als  Zeichen  grögsten  Vertrauens  ge- 
geben und  am  kleinen  Finger  der  rechten  Hand  getragen. 

Nr.  11.  —  Stück  eines  silbernen  Halsbandes. 


Nr.  12.  -  Ohrring.    Turkestan. 
Silbernes  getriebenes  und  ciselirtes  Dreieck.    Gehänge  aua 

Smaragden  und  Korallen. 
Nr.  13.  ■-  Ohrring  mit  Steinen.    Turkestan. 
Nr.    14.  —  Goldene  Ohrringe    in  Form   eines  Pulverhomea 

mit  Gehängen.     Egypten. 
Nr.  15.  -  Ohrring.    Silber,  mit  Korallen  besetzt.     Querstab, 

durch  zwei  Kettchen  au  einem  Haken  befestigt.   Turkestan. 
Nr.   16.    —   Armhand  aus   Silbermaschen.     Mittelstück    mit 

Korallen  und  Email. 
Nr.  17.   —    Goldenes  Armband.     Filigran.     Türkisen    und 

Schmelzmosaik, 
Nr.  18.  —  Halsgehänge.    Getriebenes   und  ciselirtes  Silber. 

WoUschnur.    Egypten. 
Nr.    19.     -    Silberner    Ohrring.      Cloisonnö    und    Korallen- 

gehäuge,    Turkestan. 
Nr.  20.  -  Stimschmuck.  tepeXtX  in  Silber.    Bulgarien.    Silber- 

raaschen  mit  kleinen  Plättchen.    Ketten  mit  Silberplatten 

besetzt  und  in  Halbmonde  endend.    Querkette  mit  Münzen- 
gehänge.    HakenschloBs. 
Nr.  21.   —  Halsband,  guerdmilitc,  Bulgarien. 
Nr.  22.   —    Haar-   oder  Turban agrafFe.      Goldplättchen    über 

Mastizuut«rlage. 


Nr.  1,   6,  12,  13,  15,  17,  19  u.  22  nach  Gegenständen  von  der  Mission  des  Herrn  de  Ujfalvy 
in  Turkestan. 

Nr.  2,  3,  4,  5,  7,  8,  9,  10,  11,  14,  16,  18,  20  u.  21  aus  der  Sammlung  des  Vizekönigs  von  Egypten. 

Vgl.  zum  Text:  Mouraäja  d'Ohsson,  Tableau  getieral  de  V Empire  ottomcm,  Paris,  18^1.    Hamdy- 
Bey  und  Lmmmj,  Les  Coatumes  populnire^  de  Ja  Turquie  en  1873. 


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EUROPÄLSCHE  TÜRKEI 


TRACHTEN  AUS  DEN  VILAJETS  VON  JAMNA  UND  SELANIK. 
(EPIRUS  ODER  NIEDER-ALBANIEN;   TESSALIEN;  MACEDONIEN.) 


Das  Vilajct  Janina  umfasst  Epirus  oder  Nietler-Albanien  und  Thessalien;  die  Hauptstadt  ist  Janina 
oder  Yania.  Die  Epiroten  oder  Albauesen,  welche  sich  selbst  Arhenesee  nennen,  woraus  die  Türken 
Amanten  gemacht  haben,  geben  sich  auch  den  Namen  Skipetar.  Das  bezeicimet  einen  stets  bewaffneten 
Mann,  der  das  Schwert,  den  Skiphos,  trägt.  Die  Albanesen,  welche  wahrscheinlich  von  den  alten 
IllyrieiTi  abstammen,  sind  kräftig  und  ki-iegerisch.  Die  Krieger  des  Achilles,  Pyrrhus  und  Scanderbeg 
haben  ihren  alten  Ruhm  bewahrt. 

Das  Vilajet  von  Selanik,  welches  im  Westen  an  Janina  gi-enzt,  ist  das  alte  Macedonien.  —  Die 
Hauptindustrie  der  Epiroten  besteht  in  der  Anfertigung  von  Kleideni.  In  Janina  sind  Schneider 
und  Sticker  thätig,  die  für  ganz  Griechenland  jene  kostbaren  Gewänder  liefern,  deren  Stoff  bisweilen 
unter  den  Goldstickereien  verschwindet.  Eine  Männertracht  dieser  Art  kostet  in  Janina  durch- 
schnittlich 1600  Eres.,  ein  Frauenkostüin  1800  Eres,  und  ein  Kiuderanzug  500  Eres. 


Nr.  7.  Armmte  von  Jantna  in  reicher  Tracht. 
Hoher  Fez  aus  rothem  Filz  mit  langer  blauseidner  Quaste 
(Piiskül) ,  die  durch  einen  goldenen  Knopf  am  Fez  befestigt 
ist.  Eine  kreuzweise  geschlossene  Weste  (DJamadan),  eine 
gerade  offene  Weste  (Yelek)-^  eine  Jacke  mit  langen  offenen 
Aerraeln  (Tschepken) ;  der  SüaliWc,  ein  Ledergürtel  mit 
mehreren  Abtheilungen,  in  welchen  man  ein  ganzes  Arsenal 
von  Pistolen,  Säbeln  und  Messern  unterbringen  kann,  die 
in  kostbaren  Scheiden  stecken.  Der  Gürtel  ist  mit  auf- 
gelegter Goldstickerei  verziert.  Fistan,  Fustanella,  weisser 
bis  über  die  Kniee  reichender  Rock  mit  gesteiften  Falten; 
Dizlik,  mit  Gold  gestickte  Gamaschen,  die  mit  Strumpf- 
bändern aua  Goldfädengewebe  an  den  Beinkleidern  befestigt 


sind.  Als  Fussbekleidung  dient  der  Tsdiarik,  ein  Loder- 
pantoffel mit  aufwärts  gebogener  Spitze  und  seidenen 
Troddeln. 

Nr.  8.  Amautin,  aus  Janina. 
(Diese  reiche  Tracht  hat  in  Janina  2720  Frcs.  gekostet.) 
Niedriger  rother  Fez  mit  blauer  Qnaate,  die  noch  mit  Gold- 
fäden versehen  ist,  an  deren  Ende  kleine  goldene  Kugeln 
hängen.  Hemde  aus  krauser  Seide  {Beurundjak,  mit  feiner 
durchbrochener  Stickerei).  Ueber  dem  Hemde  wird  der 
Entari  getragen,  ein  Atlaskleid  mit  langen,  offenen  Aermeln, 
welches  um  die  Hüften  durch  einen  Gürtel  (  Yelek)  zusammen- 
gehalten   wird.    Ueber   dem   Entari  kommt    der    Mintan, 


dessen  Aermel  noch  länger  und  weiter  sind,  ohn«  jedoch  die 
des  Entari  zu  verdecken.  Entari,  Yelek  und  Mintan  aind 
von  demselben  Stoffe.  Der  ärmellose  Ueberrock,  der  Djubbi' 
ist  von  rothem  Sammet,  auf  welchem  der  Sticker  seine  ganze 
Kunst  in  jeglicher  Technik  entfaltet  hat.  Dazu  einfache 
Babuschen  (Lederpantoffeln)  und  nicht  allzu  grosse  Ohr- 
ringe. 

Nr.  9.  Amaute  aus  der  mittleren  Klasse. 
Er  trägt  den  Djelek  ,  den  Tschepken  und  die  Dislik  ((jainaschen) 
von  feinem  Tuch,  das  mit  Seidenstickerei  verziert  ist.  Der 
Fez  ist  weniger  hoch  als  bei  den  Reichen;  auch  .fehlt  der 
goldene  Knopi",  während  die  Quaste  ebenso  stark  und  lang 
ist.  Die  Fustanella  hat  breitere,  weniger  fein  arrangirte 
Falten.  Der  Mantel,  welcher  bei  keinem  Arnautenkostüm 
fehlen  darf,  Akluka  JTffteci genannt,  besteht  aus  Schaffellen, 
deren  rauhe  Seite,  je  nach  Bedarf,  nach  Aussen  oder  Innen 
gekehrt  wird. 

Nr.  6.    Arnaiitt  aus  der  untersten  Volkskhisse. 

An  die  Stelle  des  Fez  ist  eine  weisse  Filzmütze  getreten.  Aus 
einer  Art  Filz,  die  Aha  genannt  wird,  sind  auch  die  übrigen 
Kleidungsstücke,  welche  sich  im  Schnitt  nicht  von  denen 
der  höheren  Klassen  unterscheiden.  Nur  sind  die  Stickereien 
weniger  reich.  Der  Gürtel  ist  von  einfarbigem  Leder.  Die 
Pantoffeln  haben  keine  Quasten.  Die  Gamaschen  sind  von 
Filz,  die  Fustanella  aus  grobem  Kattun. 

Nr.  3.  Bauer  ans  der  Umgegend  von  Janina. 

Diese  Tracht  ist  ganz  streng  auf  den  praktischen  Gebrauch 
begründet.  Die  Fustanella  fehlt.  An  die  Stelle  des  Leder- 
gürtels ist  ein  dirker,  den  Leib  warmhaltender  Gurt  aus  Wolle 
getreten,  an  die  Stelle  der  Gamaschen  eng  anliegende  Hosen 
mit  Ledersandalen,  die  durch  Kiemen  an  den  Beinen  befestigt 
sind.  Dazu  ein  weiter,  schwerer  Mantel  und  ein  Leinwand- 
hemde von  grober  Hausmacherarbeit. 


Nr.  2.  Habam-baschi  aus  delanik. 

Der  Haham-baschi  ist  ein  jüdischer  Schriftgelehrter ,  dessen 
Beruf  durch  die  ernste  Tracht  charakterisirt  wird.  Unter 
der  turbanartigen  Kopfbedeckung  (Kaweze)  fallen  zu  beiden 
Seiten  die  Locken  herab ,  die  jeden  strenggläubigen  Juden 
der  alten  Richtung  kennzeichnen.  Sein  Entari  ist  aus 
gestreifter  Seide  und  bildet  keine  Falte  unter  dem  Djubhö 
aus  feinem  dunklen  Tuch.  Der  Oberrock,  Binick,  ist  eben- 
falls von  dunkler  Farbe  und  die  orientalische  Fuasbekleidung, 
die  Babuschen,  sind  von  schwarzem  Leder. 
Nr.  5.  Hodja  aus  Selanik. 

Ein  Hodja  ist  ein  Mitglied  der  Ulemas,  deren  Beruf  in  der 
Religionslehre  besteht.  Er  trägt  einen  weissen  Saryk  um 
seinen  Fez  geschlagen  und  nm  den  Entari  einen  breiten 
shawlartigeu  Gürtel  mit  aufgedruckten  Blumen.  Eigen- 
thümlich  ist  sein  Mantel  (Binich),  dessen  Aermel  weiter 
sind,  als  es  in  Konstantinopel  üblich  ist, 
Nr.  1.    Bürger  von  Monastir. 

Jlonastir,  der  Hauptort  des  Beckens  der  Bistritza,  gehört  zum 
Vilajet  Selanik  und  ist  bekannt  durch  seine  geschmack- 
vollen und  feinen  Arbeiten  in  Gold-  und  Silber  filigran. 
Die  Kleidung  dieses  wohlhabenden  Bürgers  besteht  nicht 
aus  Filz,  sondern  aus  österreichischem  Tuch.  SemDjamadan, 
sein  Mintan  und  sein  Tschepken  sind  reich  mit  dicken  Gold- 
stickereien verziert.  Aus  dem  Gürtel  hängt  eine  silberne 
Uhrkette  herab.  Der  Fez  ist  von  steifem  Filz,  die  Schuhe 
sind  von  derbem  Leder. 

Nr.  4.    Miisdmännischc  Frau  aus  Saloniki. 

Diese  Ausgehetracht  unterscheidet  sich  nicht  von  derjenigen, 
welche  bei  den  Damen  in  Konstantinopel  gebräuchlich  ist. 
Der  Musselinschluier  {Yaclnnak)  läsat  nur  die  Äugen  sehen. 
Der  Körper  wird  von  dem  weiten  Mantel  (Feradje)  fast 
ganz  verhüllt ,  sodass  nur  der  kurze  Entari  und  der  lange 
Chalvar  zum  Vorschein  kommt-  Die  Pantoffeln  haben  leicht 
gekrümmte  Spitzen. 


(Die  Figxmn  sind  den  Thotographien  aus  dem  Wd'ke  Costumes  populaires  de  la  Tiu'quie  von  Sebah 
{Konstantinopel  1873)  nachgebildet  Die  Einzelnheiten  der  Trachten  sind  den  naturgrossen 
Modellen  entnommen  y  die  1&74  von  der  Union  centrale  des  Beaux-arts  oppUqties  a  rindmtrie 
ausgestellt  worden  ivaren.) 


EUROPÄISCHE  T'J 


ijSl^ 


Di- 


ITALIEN  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


WEIBLICHE  VOLKSTRACHTEN 


3                  4 

5 

1 

2                 6 

9                 10 

^ 

11 

8 

Nr.  1. 

Nr.  5,  6. 

Frau  aus  Trastevere  (Rom). 

Ciocciai 

en  aus  Mola  im  Neaiiolitanisclien. 

Nr.  7,  8. 

Nr.  2. 

■  Ciocciai 

en  aus  Fondi  im  Neapolitanischen 

Römisches  Mädchen. 

Nr.  9. 

Nr.  3. 

Frau  aus  Padua. 

Frau  aus  Fronsolone  (Ahruzzen) 

Nr.  10. 
Venezianerin. 

Nr.  4 

Nr.  11. 

Frau  aus  Nocera  di  Pagani  im  Neapolitanischen. 

MaOändisches  Mädchen. 

Diese  Volkstrachten,  welche  um  1810  in  Italien  gezeiclmet  ■mu'den,  sind  heute  vollständig 
verschwunden.  —  Ciocciaren  nennt  man  diejenigen  italienischen  Bauern  und  Bäuerinnen,  welche 
statt  der  Schuhe  Sandalen  aus  Pellen  (meist  ZiegenfeUen)  tragen. 


TALIA 


0) 


y-^ 


ITALIEN 


ROMISCHE  VOLKSTRACHTEN  DES  XIX.  JAHRHUNDERTS. 

TRASTEVERINEK. 
123456789        10        11 


Die  untere  Darstellung  unserer  Tafel  ist  den  52  liadiiiingen  entnommen,  welche  der  römische 
Maler  Bartolommeo  Pinelli  (1781—1835)  zu  dem  humoristisch-satirischen  Gedichte  Meo  Patacca  von 
Giuseppe  Bernari  im  Jahre  1823  herausgegehen  hat.  Obwohl  dieses  in  römischem  Yolksdialekt 
geschriebene  Gedicht  bereits  im  Jahre  1695  erschienen  ist,  hat  der  moderne  Illustrator  den  Figuren 
die  Kostüme  seiner  Zeit  gegeben,  sodass  die  Abbildungen  für  die  Trachtengeschichte  aus  dem 
ersten  Viertel  des  XIX.  Jahrhunderts  charakteristisch  sind.  Meo  Patacca  ist  ein  Volksheld  von 
komischer  Färbung,  ein  revolutionärer  Bramarbas,  dessen  Name  (Patacca  heisst  Kleingeld,  Pfennig) 
seine  Popularität,  aber  auch  sein  Maulheldenthum  bezeichnen  soll.  Den  Inhalt  des  Gedichtes  bildet 
die  in  Eom  verursachte  Aufregmig  bei  der  Nachricht,  dass  Wien  von  den  Türken  belagert  und  be- 
reits erobert  worden  sei.  Auf  Grund  dieser  Nachricht  ruft  Patacca  die  Bewohner  von  Trastevere 
zusammen  —  diese  Scene  stellt  unsere  Abbildung  dar  — ,  um  sie  durch  seine  Beredsamkeit  zur 
Bildung  eines  Befreiungskorps  anzufeuern.  Er  exercirt  die  Leute  ein  und  macht  sich  zu  ihrem 
Kommandanten,  bis  die  Meldung  von  der  Befreiung  Wiens  eintrifft.  Er  erhält  sie  zuerst  und  ver- 
breitet sie  mit  demselben  Feuer  der  Beredsamkeit,  das  er  früher  bewählt  hat.  Das  Gedicht  schliesst 
mit  der  Heirath  Pataccas  und  Nuccias,  einer  schönen  Trasteverinerin. 

In  seinen  Tahleaux  de  Ja  ville  Hernelh  (1835)  sagt  Joseph  Eegnier:  „Niu-  die  Leute  aus 
dem  Volke  halten  an  der  Samraet-Jacke  (Caimagnole) ,  dem  gestreiften  Gürtel  (Fascia),  den  der 
Jacke  gleichen  Beinkleidern,  den  breiten  Knieschleifen  und  den  übergrossen  Schuhschnallen  fest. 
Einige  tragen  ihr  dickes  Haar  in  einem  seidenen  Netz,  das  an  einem  Ohr  zusammengeknotet  ist, 
und  setzen  auf  das  andere  Ohr  einen  spitzen,  an  der  einen  Seite  aufgekrempten  Hut.  Um  ihre  ent- 
blössten  Schultern  ist  eine  Art  rothen  Halstuchs  geschlungen;  die  kleine  Jacke  fliegt  in  der  Luft 
herum  wie  ein  Husarendolman,  und  die  weisse  oder  rothe  neapolitanische  Weste  wird  mit  kleinen 
Ketten,  die  in  silbernen  Schnallen  endigen,  geschlossen.  Man  nestelt  den  Knieriemen  los,  um  eine 
rothe  Unterhose  zu  zeigen,  welche  mit  einer  flatternden  Eosette  eng  um  das  Knie  befestigt  ist." 
Die  obere  Eeihe  von  Kopftrachten  ist  demselben  Werke  entnommen. 


Nr.  1.  Einer  der  Zeugen  bei  Patai'cas  Hochzeit.  Die  Mütze 
ist  mit  einem  über  der  Stirn  zu  einer  Schleife  zusammen- 
gezogenen Bande  befestigt. 

Nr.  2.  Junger  Mann  mit  geflochtenen  Haaren,  die  mit  einer 
Schleife  und  einer  Nadel  geschrafickt  sind. 

Nr.  3.  Marco  Pepe,  der  Nebenbuhler  Pataccas,  mit  derselben 
Mütze  wie  Nr.  1.  Die  über  die  Stirn  gezogene  baumwollene 
Zipfelmütze  seheint  nur  dazu  zu  dienen ,  eine  Kopfwunde 
zu  verbergen,  die  ihm  Patacca  beigebracht. 


Nr.  4.  Nuccia,  Pataccas  Braut.  Die  Haare  sind  zum  Theil 
geflochten,  dazu  ein  hoher  Kamm,  Schleifen  und  lange 
Ohrgehänge. 

Nr.  5.    Meo  Patacca. 

Nr.  6.    Mann  mit  Hut  und  langem  Haarnetz. 

Nr.  7.    Junger  Mann  mit  Kopftuch. 

Nr.  8,    Frau  mit  hohem  Chignon  und  Kamm. 

Nr.  9,  10  und  11.    Verschiedene  Muster  von  Hüten. 

Nr.  12.    Hintere  Ansicht  eines  Chignon  mit  Aufputz. 


Vgl.  Eugene  de  Montlait/r,  De  l'Italie  et  de  l'Espagne  (Paris  1852).  —  Ch.  de  BrosseSj  Lettres 
familiäres  ^crites  d'Italie  en  1739  et  1740.  Mit  einer  literarischen  Studie  und  Anmerkungen  von 
H.  Babou  (Paris  1858). 


1)  !>' 


:^\>^ 


HB 
ITALIEN.  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


VOLKSTRACHTEN  IN  DEN  PROVINZEN  ROM  UND  ANCONA. 


PROVINZ  ROM. 

Nr.  2.  —  Frauen  von  Ostia. 

Nr.  3  und  7.  —  Frauen  von  Sonnino. 

Nr.  4  und  6.  —  Frauen  von  Cervara. 

Nr.  8  und  10.  —  Ciocciaren  (Bergbewohner). 

Nr.  9.  —  Frau  von  Agnani. 


PROVINZ  ANCONA. 
Nr.  1  und  5.  —  Einwohner  von  Loreto. 

In  der  Umgegend  von  Rom  ist  die  malerische  Tracht  der  contadini  beinahe  vei-schwunden. 
Nur  bisweilen  sieht  man  noch  gan^e  Familien  von  Landbewohnern  im  Nationalkostüm  auf  den 
Strassen. 

Das  Kopftuch  aus  Leinwand  oder  anderem  Stoff  wird  bald  in  der  Weise  der  Sibyllen  und 
Vestalinnen  des  Alterthiuus  (Nr.  9  und  10),  bald  als  ein  den  oberen  Theil  des  Kopfes  bedeckender 
und  hinten  herabfallender  Streifen  getragen.  Der  letztere  Typus  ist  der  der  Frauen  von  Cervara 
(Nr.  4  und  6) ;  die  Frauen  von  Ostia  (Nr.  2)  nehmen  das  Ende  noch  einmal  auf  und  stecken  es  unter 
das  Haar;  die  von  Sonnino  (Nr.  3  und  7)  spannen  ein  Stück  gestickten  Stoffes  über  eine  den  Kopf 
bedeckende  Platte;  ebenso  die  Frauen  von  Nettuno.  Beide  Arten  des  Arrangements  kommen  bei 
den  Ciocciaren  vor  (Nr.  8  und  10),  eine  Bezeichnung,  die  von  der  ciocda,  dem  Schuh  aus  Schaf-, 
Ziegen-  oder  Rinderfell,  hergenommen  ist,  den  die  Bergbewohner  tragen. 

Die  Trasteverinerinnen  tragen  den  Kopf  unbedeckt,  und  in  der  Kirche  an-angiren  sie  ihren 
Shawl  wie  einen  Schleier.  Auch  die  ärmsten  Frauen  haben  eine  Vorliebe  für  Schmucksachen.  Die 
antike  Nadel  und  der  lange  Ohrring,  naviceUa,  sind  aus  dem  Alterthum  herübergenommen. 

Das  Mieder  besteht  meist  in  einem  bis  imter  die  Arme  gehenden,  hinten  geschnürten  und 


durch  schmale  Achselbänder  gehaltenen  Leibchen.  Die  weiten  Puffännel  des  ausgeschnittenen  Hemdes 
bedecken  bisweilen  anliegende  Ueberännel  (Nr.  2).  Bei  der  Ciocciare  (Nr.  10)  bildet  das  Hemde 
selbst  das  Mieder,  wähi-end  die  Bäuerin  von  Cervara  (Nr.  6)  das  ihrige  unter  einem  kreuzweis  ge- 
legten Brusttuch  trägt,  und  die  Frauen  von  Sonnino  (Nr.  8  und  7)  es  ganz  unter  einem  Seiden- 
jäckchen verschwinden  lassen. 

Ueber  dem  einfarbigen  Rock  liegt  fast  immer  eine  reich  und  bunt  gestickte  Schürze. 

Nr.  1  und  5  stellen  Bewohner  der  Stadt  Loreto  dar.  Das  schwarze  Haar  der  Frau  bedeckt 
ein  mehrfach  gefaltetes  Kopftuch ;  der  Mann  trägt  eine  rothwollene  Mütze  ähnlich  dem  castilianischen 
gorro  (vgl.  die  Tafel  Spanien  mit  dem  gekrönten  M). 

Nr.  2,  3,  4,  6,  7,  8,  9  und  10  nach  Photogi-aphieen. 

Vgl.  Francis  Wey,  Rome.  —  Du  Bois-Mdly,  Voyages  d'artistes  en  Italie,  1877. 


V 


<^)r  1 


GO 
ITALIEN.  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


LÄNDLICHE  TRACHTEN. 

DIE  BAUERN  DER  TERRA  DI  LAVORO.    DIE  PIFFERARI. 

Die  Figuren  stellen  Bewohner  von  Monte  Cassino,  dem  alten  Casinum,  in  der  Terra  di  Lavoro 
dar,  wie  sie  die  Strassen  von  Rom  als  Modelle  und  die  Hauptstädte  des  Festlandes  als  Musikanten 
durchziehen.    Sie  behalten  überall  ihr  traditionelles  Hirtenkostüm  bei. 

Die  Instrumente  des  Pifferaro  sind  die  Flöte,  der  Dudelsack  und  die  Schellentrommel.  Als 
Kopfbedeckung  der  Frauen  dient  das  flach  über  den  Scheitel  gelegte  Tuch,  wie  es  auch  Tafel  HB 
zeigt.  Die  leinene  cmnisa  ist  eine  Tunika  mit  langen  und  weiten  Aermeln,  über  die  man  den 
manicottolo ,  eine  Art  Ueberärmel  zieht.  Das  mit  Rohr  oder  Fischhein  gesteifte  Mieder  heisst 
corsaletto,  die  übrigen  Arten  der  Taille  casacca.  Der  Rock,  veste,  wird  durch  den  Gürtel,  scinda, 
zusammengehalten.  Die  Schiu-ze  besteht  aus  Sammct  oder  irgend  einem  anderen  leichten  Stoffe  und 
ist  meist  reich  und  bimt  gestickt. 

Abbildungen  nach  Photogi'aphieen. 

Vgl.  Chateaubriand,  Voyage  en  Italie.  —  Francis  Wey,  Roma. 


>^ 


ITAUA  XK?  CENT'    ITALI E  XIX  '^oIBCUB     ITALIEN  Xff™=JAHR' 


J)]^^ 


AI 


SPANIEN 


TRACHTEN  VOM  ENDE  DES  XVm.  JAHRHUNDERTS. 
VOLKSVERGNÜGEK  UND  SPIELE. 

Im  Jahre  1779  erhielt  Francisco  Goya  duixh  Karl  IV.  den  Aufti-ag,  Cartons  füi-  Gobelins 
zu  zeichnen,  die  in  der  1720  von  Philipp  V.  begründeten  Manufaktui-  ausgefühi-t  werden  sollten. 
Nach  diesen  Cartons ,  die  Scenen  des  täglichen  Lebens  darstellen ,  sind  unsere  Hlusti-ationen  au- 
gefertigt. 

Das  untere  Bild  stellt  das  Löffelspiel ,  Dd  cueharon,  dar.  Es  handelte  sich  darum,  mit  ver- 
bimdenen  Augen  eine  Person,  die  man  mit  dem  löifelförmig  endenden  Stab  beiilhrt  hatte,  zu  er- 
rathen.  Das  Kostüm  der  Mitspielenden  ist  eine  Mischung  der  Nationaltracht  mit  den  hen-schenden 
Moden. 

Der  Stelzenlauf  ist  noch  heute  in  Spanien  populär.  Die  beiden  Wettläufer  sind  hier  von 
Clarinettenbläsem  begleitet.  Der  berühmte  Miguel  Lopez  Gon-ito  hatte  es  in  der  Geschicklichkeit 
so  weit  gebracht,  dass  er  1862  in  Madrid  als  Stierkämpfer  auf  Stelzen  auftrat. 

Die  beiden  Cartons  des  Francisco  Goya  befinden  sich  im  Museum  des  Prado  in  Madrid.  Sie 
bilden  einen  Theil  der  Serie:    Lustbarkeiten  am  Ufer  des  Manzanares. 

Vgl.  Ch.  Yriairte,  La  Biogi-aphie  et  le  catalogue  de  Toeuvre  de  Goya.  —  Lawrent  Mntheron, 
Goya.  —  Gustave  Brunei,  Etüde  sur  Francisco  Goya. 


SPAIN 


ESPAGNE 


SPANIEN 


1)15! 

^     \ 
SPANIEN 

DIE  CÜADRILLA  DES  MODERNEN  STIERGEFECHTS 
VOLKSTYPEN 

Tafel  mit  dem  Säbel    I     ^  J  ^^  ^'^  Tafel  mit   der   Säge     1   ,^   ,^  J^  J^   _ 

lob?  I    1^    Id    14    15    Ib 

Die  Stiergefechte  sind  seit  langer  Zeit  das  zugkräftigste  aller  spanischen  Volksfeste. 
Schon  die  Mauren  liebten  diese  blutigen  Spiele,  und  in  Granada  existirt  noch  der  Platz,  auf 
welchem  sie  dieselben  auffülirten.  Während  des  Mittelalters  und  des  XVI.  und  XVU.  Jahr- 
hunderts gab  es  keine  öffentlichen  Feste,  wie  Einholungen  der  Könige,  fürstliche  Hochzeiten 
u.  dergl.,  die  nicht  mit  Stiergefechten  verbunden  waren.  Aber  nur  der  Adel  betheiligte  sich 
activ  an  diesen  Festen.  Diejenigen,  welche  den  Stier  angriffen,  wie  der  Cid  Campeador,  der 
Kaiser  Karl  V.  und  König  Philipp  IV.,  den  J.  Pellicer  de  Tovar  im  XVII.  Jahrhundert  den 
rey  torero  nennt,  kämpften  zu  Pferde  mit  der  Lanze  bewaffnet. 

Erst  gegen  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  traten  die  Picadores,  Banderilleros,  Chulos  und 
Espada  in  regelmässiger  Cuadrüla  auf.  Sie  bekämpften  den  Stier  nur  mit  einem  biegsamen 
Degen  und  bedienten  sich  eines  kleinen  Stücks  rothen  Zeuges,  Muleta  oder  Engano  (Täuschung) 
genannt,  um  die  Kräfte  des  Stiers  zu  erschöpfen.  Die  Muleta,  welche  an  einem  armlangen 
Stock  befestigt  wird,  ist  etwas  grösser  als  eine  Serviette.  Das  Spiel  mit  derselben  ist  eine 
Kunst  geworden,  die  sich  von  Familie  zu  Familie  vererbt.  Eine  solche  ist  die  des  Audalusiers 
Francisco  Romero,  welcher  diese  Art  zu  kämpfen  erfunden  hat.  Nach  seinem  Sohne  Juan,  den 
er  selbst  unterrichtet  hatte,  trat  sein  Enkel  Pedro  Romero  die  Erbschaft  an,  und  ihm  wurde  im 
vorgerückten  Alter  die  Ehre  zu  Theil,  den  Hauptlehrstuhl  der  Akademie  einzunehmen,  welcher 
1830  in  Sevilla  von  Ferdinand  VII.  unter  dem  Namen  „Stierfechter-Universität"  gegründet 
wurde,  die  aber  nur  ein  ephemeres  Dasein  fristete. 

Die  Kampftracht  der  ersten  Stierkämpfer,  von  welcher  wir  zum  Vergleich  mit  der  Cua- 
drüla unserer  Zeit  einige  Beispiele  geben,  zeigt,  dass  man  in  Folge  der  Erfahrung,  welche  man 
sich  bei  diesen  gefährlichen  Spielen  aneignete,  bei  denen  die  geringste  Hemmung  ziu'  Todes- 
ursache werden  konnte,  mehr  und  mehr  nach  einem  möglichst  anschliessenden  Kostüm  strebte  > 
indem  man  jedes  flatternde  oder  lose  Stück  abschnitt.  Die  weit  ausgeschnittene  Jacke  mit 
Achselstücken  hat  nichts  fliegendes  mehr.  Das  Beinkleid  ist  so  anschliessend  wie  möglich,  der 
Gürtel  weniger  lose  und  weniger  dick,  das  lange  Haarnetz  ist  durch  einen  festen  Chignon 
ersetzt.     Die  Figuren  Nr.  4  und  1    gehören  den  Jahren  1778  an.      Die    eine    ist    der   berühmte 


Joaquin  Rodriguez,  in  Spanien  unter  dem  Namen  Costillares  bekannt,  auf  welchen  die  Erfindung 
der  meisten,  seitdem  gebräuchlichen  suertes  oder  Degeustösse  zurückgeht.  Der  andere,  zu 
dessen  Füssen  der  Stier  liegt,  hat  seinen  Degen  in  die  Linke  genommen,  um  das  Publikum  mit 
der  Rechten  nach  dem  Gebrauch  zu  grüssen:  es  ist  Pedro  Roraero.  Nr.  2,  dessen  Kostüm  dem 
Jahre  1804  angehört,  zeigt,  dass  die  Vereinfachung  der  Tracht  schnelle  Fortschritte  gemacht 
Iiat.  Dieser  Torero,  der  eine  Uhr  in  der  Hand  hält,  vermuthlich  um  die  Zeitdauer  des  Todes- 
kampfes des  Stiers  zu  ermitteln,  ist  Pepe  Illo,  dessen  schreckliches  Ende  Goya  dargestellt  hat. 
Er  starb  auf  der  plaza  in  Madrid  in  Folge  mehrerer  Stösse  mit  den  Hörnern  des  wüthenden 
Stiers.  Er  wusste  mit  der  Feder  umzugehen  und  schrieb  einmal:  „Das  Schauspiel  der  Stier- 
gefechte bildet  die  Freude  der  Kinder  und  den  Jubel  der  Greise".  Nr.  3  ist  ein  Torero  in 
gewöhnlicher  Tracht  aus  dem  Ende  des  vorigen  Jahrhunderts  nach  Bayer. 

Wenn  die  Cuadrilla  der  Stierfechter  heute  in  die  Arena  tritt,  reiten  ihr  ein  oder  zwei 
Alguacih  auf  schwarzen,  mit  carmoisinrothen  Sammetdecken  behangenen  Pferden  vorauf.  Ihre 
schwarze  Tracht  ist  seit  dem  XVI.  Jahi-hundert  mit  geringen  Veränderungen  dieselbe  geblieben 
(Nr.  6):  ein  an  der  Seite  aufgekrempter  Hut  mit  Kokarde  und  hohem,  farbigem  Federbusch,  ein 
weisser  Halskragen,  ein  Sammetwamms  mit  Ledergürtel,  ein  kleiner  flatternder  Mantel  von  Tuch, 
eine  kurze  Hose  von  Seidentricot,  seidene  Strümpfe  und  Schnallenschuhe  und  bisweilen,  wie  auf 
iinserer  Abbildung,  lange  Gamaschen  von  schwarzem  Leder.  Er  trägt  grosse  Sporen  von  Stahl. 
Er  spielt  die  Rolle  eines  Polizeibeamten,  der  über  die  Aufreehterhaltung  der  Ordnung  zu  wachen 
hat,  und  führt  deshalb  einen  Stab,  das  Symbol  der  öffentlichen  Gewalt  Er  reitet  an  der 
Spitze  aller  öffentlichen  Aufzüge,  unter  anderm  an  der  Spitze  des  Zuges,  welcher  die  zum  Tode 
Verurtheilten  escortirt.  In  der  Arena  besteht  seine  Function  darin,  dass  er  den  Schlüssel  zum 
Stiergewahrsam,  welchen  ihm  der  Präsident  der  Arena  übergiebt,  dem  Muchacho  aushändigt. 
Da  er  kein  Stierkämpfer  ist,  sucht  er  das  Weite,  nachdem  jener  den  Stall  geöffnet  hat.  Seine 
Flucht  wird  gewöhnlich  vom  Pfeifen  der  Menge  begleitet.  Auf  unserer  Abbildung  lehnt  er  an 
die  Mauer  der  Arena,  welche  durch  vier  dappelflügUge  Thore  geöffnet  werden  kann.  Der  Tritt 
dient  dazu,  dass  sich  die  gefährdeten  Stierkämpfer  über  die  Mauer  schwingen  können. 

Nach  dem  Alguacil  kommen  die  Peones,  die  Kämpfer  zu  Fuss:  Espadas,  Banderilleros, 
Chulos,  auch  Capeadores  genannt.  Die  Trachten  dieser  verschiedenen  Toreros  unterscheiden  sich 
von  einander  nur  durch  den  Reichthum  der  Stickereien.  Der  kokette  Anzug,  die  Besätze,  die 
in  einem  Chignon  endende  Frisur,  das  gestickte,  mit  einem  Jabot  versehene  Hemde  und  die 
kleine,  zusammengeknotete  Gravatte  geben  den  Toreros  ein  weibisches  Aeussere.  Die  kurze 
Jacke  mit  Taschen  auf  beiden  Seiten,  aus  welchen  das  feine  Battisttaschentuch  hervorblickt, 
und  die  Weste  sind  mit  dicken  Stickereien  besetzt.  Die  kurze,  eng  anschliessende  Hose  ist  von 
Atlas,  gewöhnlich  blau,  rosa,  grün  oder  lila.  Die  Strümpfe  sind  oft  fleischfarben,  die  Schuhe 
mit  Rosetten  decorirt.  Der  seidene  Gürtel  ist  immer  von  lebhafter  Farbe  ebenso  wie  der  lange 
Mantel,  mit  welchem  sich  die  Toreros  stolz  zu  drapiren  wissen.  Die  Capa,  ein  Stück  Zeug, 
welches  dazu  dient,  die  Stösse  der  Stiere  abzulenken,    muss    immer  von  schreiender  Farbe    sein. 

Die  Cuadrilla  wird  dui-ch  die  berittenen  Picadores  (Nr.  13  und  15)  vervollständigt.  Ihre 
Tracht  besteht  aus  einem  breitrandigen,  niedrigen  Filzhut  mit  grosser  Bandrosette,  aus  einer 
reich  gestickten  Jacke,  Weste  und  Hemde,  deren  Schnitt  mit  den  gleichen  Kleidungsstücken 
der  Fusskämpfer  übereinstimmt,  aus  einem  seidenen  Gürtel  und  einer  Hose  aus  gelbem  Leder, 
unter  welcher  sich  Beinschienen  von  Eisenblech  befinden,  um  die  Hörnerstösse  abzuhalten.  Der 
Sattel  ist  nach  arabischer  Art  vorn  und  hinten  mit  einem  hohen  Steg  versehen,  und  ebenso 
tragen  die  Steigbügel  und  die  langen    Sporen   arabischen    Charakter.     Die    Augen    des   Pferdes 


werden  beim  Angriff  mit  einem  rothen  Tuche  verbunden.  Die  Lanze  des  Picadors  hat  oben 
einen  runden  Wulst,  so  dass  sie  keine  Wunden  verursacht. 

Die  Tracht  der  Banderilleros  (Nr.  U)  ist  gewöhnlich  gelb  oder  grau  und  nur  mit  schwar- 
zem Besatz  verziert.  Die  Banderillas,  Palillos,  Zarcillos  oder  Rehiletes,  welche  er  führt,  sind 
Stöcke,  die  mit  ausgezacktem,  farbigem  Papier  umrollt  sind  und  unten  in  einen  Widerhaken 
endigen,  der,  einmal  in  die  Haut  getrieben,  nicht  mehr  herausgeht.  Man  stösst  die  Banderillas 
zu  zweien  ein.  Nr.  5  ist  ein  erster  Degenstösser  im  Augenblick  seines  Eintritts  in  die  Arena. 
Sein  seidener  Mantel  ist  mit  Gold  gestickt.  Nr.  7  stellt  einen  Torero  in  dem  Augenblick 
dar,  wo  die  Trompete  das  Zeichen  zum  Tode  des  Stiers  giebt  und  er,  den  Degen  und  das 
Tuch  in  die  Linke  nehmend,  mit  dem  Hute  den  Präsidenten  grüsst,  zum  Zeichen,  dass  er  seine 
Sache  gut  machen  werde. 

Nr.  12  ist  ein  Chulo  oder  Capeador,  Nr.  11  ein  Picador  wie  Nr.  13  und  15. 

Nr.  8,  9,  10  und  16  sind  Volkstrachten.  Nr.  8  ein  Gitano  oder  Zigeuner  aus  der  Pro- 
vinz Granada.  Nr.  9  und  10  Bäuerinnen  aus  der  Provinz  Toledo.  Ihre  Brusttücher  sind  von 
Baumwolle;  ebenso  die  gemusterten  Röcke.  Nr.  16  trägt  das  andalusische  Kostüm.  Auf  dem 
Arm  trägt  er  eine  Jacke,  die  selten  angezogen  wird. 

(Nach  Photographien  aus  der  Sammlung   von  Laurent.     Aquarelle  von   Garcia.) 


SPAIN 


BS  PA  OME 


SPANIEN 


SPAIN 


BSPAGNB 


.PAHIEN 


S)|?^f 


SPANIEN 


VOLKSTKACHTEN 
ALT-CASTILIEN.  -  KÖNIGREICH  LEON 


Alle  diese  Trachten  sind  noch  jetzt  vorhanden,  doch  sind  sie  sämmtlich  älteren  Ursprungs. 


Nr.  1. 
Dorfschulze;  Provinz  Segovia.  —  Seine  Kopf- 
bedeckung besteht  aus  einem  kleinen  Taschen- 
tuch, welches  vorn  über  dem  Kopfe  zu- 
sammengeknotet ist.  Die  ärmellose  Jacke 
besteht  aus  Schafsfell.  In  dem  Ledergürtel 
steckt  das  an  einem  Bande  hängende,  zu- 
sammengeklappte Messer. 

Nr.  2  und  6. 
Frauentrachten  aus  Santa  Maria  de  Nueva  in 
derselben  Provinz.  —  Nr.  2  trägt  die  rothen 
Strümpfe  der  verheiratheten  Frau.  Das  Haar 
fällt  in  einer  Flechte  auf  den  Nacken  herab, 
welche  unten  mit  einem  Sammetbande  zu- 
sammengeknüpft ist.  Die  schwarze,  mit  sil- 
bernen Knöpfen  besetzte  Jacke  ist  aus  Seiden- 
sammet, das  Leibchen  von  Wolle  und  mit 
Goldspitzen  besetzt.  Die  Aermel  der  Jacke 
sind  nach  der  inneren  Seite  offen,  so  dass 
das  Hemd  sichtbar  ist,  und  werden  mit  sei- 
denen Bändern  zusammengehalten.  Der  Rock 
und  die  Schürze,  welche  mit  leichten  Borten 
und  Goldspitzen  besetzt  ist,  sind  aus  feinem 


Tuch.  Der  Rock  ist  mit  einer  breiten  Bor- 
düre von  Passementeriearbeit ,  Gold  oder 
Sammet  in  regelmässigen  Mustern  besetzt. 
Der  Schuh  ist  mit  einer  Rosette  geschmückt. 
Das  Korallenhalsband  wird  mehrere  Male 
um  den  Hals  geschlungen.  Daran  werden 
Medaillen  und  Kreuze  gehängt.  Diese  an- 
einander gehängten  Schmuckgegenstände 
reichen  bis  auf  den  Gürtel  herab. 

Nr.  3. 
Mann  aus  derselben  Provinz.  —  Jacke  von  ge- 
färbter Baumwolle  mit  Tuch  eingefasst.  Der 
breite  Gürtel  von  rother  Wolle  wird  von 
einem  schmäleren  Gürtel  zusammengehalten, 
auf  welchen  man  in  farbiger  Seide  eine  De- 
vise, den  Namen  der  Geliebten  oder  am 
häufigsten  den  des  Trägers  zu  sticken  pflegt. 
Die  Hose  von  grobem  Tuch  ist  über  der 
Tuchgamasche  befestigt,  welche  den  Unter- 
schenkel bis  zum  Fusse  bedeckt  und  von  der 
Bekleidung  des  letzteren  festgehalten  wird. 
Man  trägt  unter  den  Gamaschen  weisse 
baumwollene  Stümpfe. 


Nr.  4  und  5. 
Frauen  aus  Santander,  Provinz  Burgos.  — 
Man  findet  dieses  Costüm  häufig  in  Madrid, 
wo  es  von  den  läudliclien  Ammen  in  den 
vornehmen  Familien  getragen  wird.  Ihr 
Kopftuch  von  lebhafter  Farbe  ist  mit  einer 
besonderen  Kunst  zusammengeknotet.  Es 
bedeckt  zum  Theil  die  lange  Haarflechte, 
welche  auf  den  Rücken  herabfällt  und  am 
Ende  mit  einem  Bande  verflochten  ist.  Ein 
vorn  offenes  Leibchen  mit  niedrigem  Brust- 
latz lässt  einen  Theil  des  Hemdes  sehen. 
Der  Kock  von  greller  Farbe  ist  kurz  genug, 
um  den  mit  Schnallenschuhen  bekleideten 
Fuss  zu  zeigen.  Weisse  Strümpfe,  seidene 
Schürze,  eine  breite,  hinten  unter  dem  Leib- 
chen befestigte  Bandschleife  mit  langen  Enden, 
grosse  Ohrringe  und  ein  Korallenhalsband, 
das  ist  die  Tracht  dieser  Ammen,  die  noch 
mit  Sammetstreifen,  mit  goldenen  oder  sil- 
bernen Knöpfen  besetzt  ist. 

Nr.  7. 
Charra.  Reiche  Bäuerin  aus  der  Provinz  Sa- 
lamanca.  —  Das  Haar  der  Charras,  die  viel- 
leicht ihren  Namen  von  carrus  (Karren)  haben, 
ist  mit  Nadeln  geschmückt  und  wird  hinten 
von  einem  breiten  Bande  zusammengehalten. 
Ihr  Brusttuch,  robhello,  bedeckt  die  Schul- 
tern und  den  Busen.  Es  ist  ebenso  wie  das 
Leibchen  von  Seide.  Der  scharlachfarbene 
Rock  ist  von  feinem  Tuch  und  mit  von  Gold 
eingefassteu  Sammetstreifen  besetzt,  welche 
in  Gestalt  von  Blumen  und  Vögeln  zuge- 
schnitten sind.  Die  schmale  Schürze  ist 
theils  von  Sammet,  theils  von  Seide  und  mit 
Goldborten  besetzt.  Die  Strümpfe  sind  weiss, 
die  feinen,  sehr  flachen  Schuhe  sind  mit 
Schnallen    geschmückt.      Sie    tragen    lange 


Ohrringe  und  ein  gewöhnlich  mehrere  Male 
um  den  Hals  geschlungenes  Halsband,  von 
welchem  ein  Smaragdeukranz  herabhängt. 
Ihren  Filigranschmuck  beziehen  sie  von 
Portugal. 

Nr.  8  und  9. 
Bäuerinnen  aus  der  Provinz  Avila.  —  Ihre 
schwarzen  Hüte  sind  von  Stroh  mit  Bändern 
von  gemodeltem  Sammet.  Das  Brusttuch 
mit  farbigen  Blumen  auf  weissem  Grunde  ist 
von  Wolle,  der  grellfarbige  Rock  von  grobem 
Tuch,  dessen  untere  Borte,  die  ein  Rosetten- 
ornament  darstellt,  entweder  aufgedruckt 
oder  von  Sammet  ausgeschnitten  ist.  Die 
Schürze  ist  schmal  und  kurz  und  nur  von 
einer  Borte  aus  Sammet  oder  goldfarbener 
Seide  eingefasst.  Die  Strümpfe  sind  blau 
und  die  Schuhe  mit  Schnallen  oder  Rosetten 
versehen.  Das  schwere  Geschmeide  besteht 
aus  Ohrringen,  Ringen  und  einem  grossen 
Medaillon,  welches  von  einem  Halsbande 
herabhängt.  Man  schmückt  den  schon  mit 
Bändern  gezierten  Hut  noch  mit  Blumen- 
zweigen und  legt  unter  denselben  bisweilen 
noch  ein  gestreiftes  Tuch,  welches  Hals  und 
Genick  gegen  die  Einwirkung  der  Sonnen- 
strahlen schützen  soll. 

Nr.  10. 
Bürgerin  aus  der  Provinz  Asturien.  —  Ihre 
Tracht  besteht  aus  einem  Merinokleide  und 
einem  Brusttuch  von  Sammet  mit  silberner 
Borte.  Ihre  sehr  breite  Schürze  ist  unten 
mit  einem  Sammetstreifen  und  darüber  mit 
einer  Silberborte  garnirt.  Ebenso  sind  die 
Aermel  unten  eingefasst.  Ein  roiizello  von 
Linnenzeug  ist  über  die  Schultern  geworfen 
und  vorn  lose  zusammengeknotet.     Am  Hals 


I       trägt  die  Frau  ein  Medaillon. 


SPAIN 


BSPAGNE 


SPANIEN 


^i3><:^ 


SPAN  TEN 


VOLKSTYPEN 


ARAGONIEN. 
4  5 


ALTCASTILIEN 


Nr.  1  und  10. 

Maragatos   von  Villafranca  del  Viergo.     Provinz 
Leon. 

Nr.  2,  3,  8  und  9. 

Galicier;  Nr.  2   und  3  aus  der  Provinz  Orense, 
Nr.  8  und  9  aus  der  Provinz  Lugo. 


Nr.  4  und  7. 

Asturierinnen. 

Nr.  5. 

agonier ;  öffentlicher  Ausrufer  auf  dem  Lande. 

Nr.  6. 

I  Castilier,  Bauer  aus  der  Umgegend  von  Valladolid. 


Nr.  1  und  10.  Die  Maragatos  wohnen  in  den  Bergen  von  Astorga,  in  der  Provinz  Leon, 
nördlich  von  Alt-Castilien.  Es  ist  ein  alter  Stamm,  der  heute  zwar  in  den  Dörfern  zerstreut  ist, 
aber  einen  Charakter,  eine  Tracht  und  Sitten  bewahrt  hat,  die  sich  von  denen  ihrer  Nachbarn 
unterscheiden.  Sie  leben  imter  sich  und  heirathen  ebenfalls  nur  unter  sich.  Alles  Fremde  ist 
ihnen  verhasst.  Die  meisten  Maragatos  sind  MaiUthiertreiber.  Nr.  10  ist  ein  Händler,  welcher 
frische  Fische,  Oel  und  dergl.  im  Umherwandem  verkauft.  Ihre  Tracht  besteht  aus  einer  dui-ch 
einen  Gürtel  um  die  Hüften  eng  zusammengehaltenen  Jacke,  aus  weiten,  unter  dem  Knie  mit  rothen 
Bändern  befestigten  Hosen,  aus  zusammengeknöpften  Gamaschen  und  einem  Filzhute  mit  flachem 
Kopf  und  breiten  Rändern. 

Nr.  2,  3,  8  und  9.  Galicier.  Nr.  2  ist  ein  Bauer  aus  der  Provinz  Orense,  die  drei  andern  sind 
aus  der  Provinz  Lugo  in  Galicien.  Der  sitzende  Bauer,  welcher  wegen  des  feuchten  Klimas  einen 
grossen  baumwollenen  Regenschirm  mit  sich  fülut,  ist  mit  einer  jener  Westen  bekleidet,  die  einen 
Theil  des  Sonntagsstaates  bilden  und  die  man  ohne  Jacken  trägt.  Sie  ist  von  rothem  Tuch  und 
auf  dem  Rücken  mit  aufgenähten  Tuchstücken  von  anderer  Farbe  verziert.  Sie  ist  über  den  Gürtel 
gezogen  und  vorn  nicht  zugeknöpft.    Die  Hose  hat  Taschen  an  den  Seiten.    Sie  ist  nach  unten  zu 


offen,  so  dass  man  das  Unterbeinkleid  von  Leinwand  sehen  kann.  Der  steife  Kragen  des  Hemdes 
ragt  über  den  der  Jacke  empor.  Nr.  3  stellt  einen  jungen  Bauer  dar,  welcher,  wie  man  an  dem 
nach  rechts  gewendeten  Busch  der  Montera  sehen  kann,  imverheirathet  ist.  Seine  Tracht  stimmt, 
bis  auf  die  Kopfbedeckung,  im  Schnitt  mit  der  des  älteren  Bauern  Nr.  8  überein.  Er  trägt  eine 
Jacke  mit  weiten  Aufschlägen  und  Aussentaschen,  eine  rothe  Weste  mit  schwarzen  Aufschlägen 
und  darüber  den  Gürtel  mehi-ere  Male  um  den  Leib  gewunden.  Die  weite  Tuchhose  ist  über  dem 
lüiie  nicht  zusammengeknöpft,  lun  die  Bewegimg  desselben  zu  erleichtern.  Das  weisse  Unter- 
beinkleid, welches  darunter  sichtbar  ist,  steckt  in  den  oben  mit  Sammet  eingefassten  Tuchgamaschen. 
Der  Bauer  stützt  sich  auf  einen  starken  mit  eisernen  Nägeln  beschlagenen  Knittel.  Die  Bäuerin 
Nr.  9  gehört  der  ärmeren  Klasse  an.  Sie  trägt  ein  gi'osses  Tuch  um  den  Kopf  imd  eine  fast  den 
ganzen  Rock  bedeckende  Schürze,  manteo  genannt. 

Nr.  4  und  7.  Astiu'ierinnen.  Nr.  4  ist  eine  Bäuerin.  Ihre  warm,  aus  Baumwolle  und  Tuch 
gefertigte  Kleidung  entspricht  den  klimatischen  Verhältnissen.  Das  seidene  Tuch,  welches  den 
Kopf  bedeckt,  ist  im  Nacken  unter  dem  Chignon  zusammengeknüpft.  Das  Brusttuch  ist  mit  Sammet- 
borten  besetzt.  Die  Schuhe  sind  mit  Schnallen  versehen.  Nr.  7  stellt  eine  Astiu'ierin  dar,  wie 
man  sie  in  Madrid  sieht.  Es  ist  ein  Dienstmädchen  im  Sonntagskleid.  Ein  baumwollenes  Tuch  ist 
über  den  Kopf  zusammengeknotet.  Du'  wollenes  Brusttuch  ist  mit  Fransen  versehen  und  bunt 
gestickt.  Das  Leibchen  hat  geschlossene  Aemiel  mit  sammetnen  Manschetten.  Die  kurze  und 
schmale  Schürze  ist  von  Sammet  und  mit  silbernen  Bändern  besetzt.  Der  Kock  ist  von  Kattun 
oder  WoUe. 

Nr.  5.  Aragouier.  Dieser  pregonero  oder  öffentliche  Ausrufer  trägt  kurz  geschnittene  Haare, 
ein  farbiges  Tuch  lun  den  Kopf  geschlungen ,  ein  Hemde  ohne  Cravatte ,  die  oft  auf  die  Schulter 
geschobene  Jacke,  die  Weste,  den  breiten  Giüiel,  lederne  Hosen,  blaue  Strümpfe  und  Fuss- 
bekleidimgen  aus  geflochtenem  Hanf,  die  mit  Bändern  befestigt  sind.  Es  ist  die  gewöhnliche  Tracht 
der  Pjrenäenschmuggler. 

Nr.  6.  Bauer  aus  der  Umgegend  von  Valladolid.  Die  montera  erinnert  in  ihi-er  Form  an  den 
alten  Helm,  die  Gamaschen  an  die  Beinschienen.  Der  eigenthümliche  Schmuck  des  groben  Tuch- 
mantels erinnert  an  die  Mäntel  der  Krieger  des  XVü.  Jahrhunderts. 


{Nach  Pliotogmphien  und  Aquarellen.     Vgl.  Voyage  cn  Espagne  von  Ch.  Davillier.) 


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P  A I  .N'  B  S  P  A  G  I'  ^J  Px  S  PA  M I EN 


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SPANIEN 


CATALONIER  UND   ARAGOyiER. 

12  8  4  5 

0  7  S  9  10 

U  12 

r'ATALONIER. 

Die  hiev  dargestellten  Nationaltrachten  gehören  verschiedenen  Ortschaften  nnd  jenen  Gebirgs- 
bewohnern an,  deren  Voi-fahren  sich  in  der  spanischen  Annee  unter  der  Bezeichnung  „Müpteletef^" 
als  unermüdliche  Fusssoldaten  ausgezeichnet  haben.  Diese  BliqueJetet^  zogen  die  Aufinerksamkeit 
auf  sich  nicht  nur  durch  ihre  militärische  Tüchtigkeit,  ihr  rauhes  Leben  und  ihre  Unmenschlich- 
keit im  Kriege,  sondern  auch  durch  „ihi'e  Kleidung,  die  leichter  war  als  diejenige  der  anderen 
regulären  Truppen,  und  aus  einer  Jacke,  einem  Eöckchen,  das  sie  nie  anzogen,  und  Schnürschuhen 
bestand."  Die  Art  und  Weise,  wie  der  Arbeiter  in  Barcelona  seine  Jacke  über  die  Schulter  ge- 
hängt trägt,  ist  also  eine  alte  catalonische  Tradition. 


Nr.  1  u.  9.    Frauen  aus  dtm  Hodigehirqe. 
Beide  trafen  wollene  Kapuzen,  farbige  Brusttücher  von  Baum- 
wolle und  Schürzen  ans  gleichem  Stoffe.    Nr.  9  stellt  eine 
wohlhabende  Berghewohnerin  dar.  deren  lange  Ueherärmel 
durch   ein    Sammetband   mit  silbernen  Schnallen   befestigt 
sind.    Die  Ohrgehänge  sind  ans  Gold  oder  Silber,  von  roher 
Arbeit,    aber  zuweilen  so  schwer,    dass  sie  durch   einen 
Faden    gehalten    werden  müssen.      Schraucksachen   dieser 
Art,  ebenso  Ringe  mit  rothen  nnd  gelben  Steinen,  werden 
in  Barcelona  viel  o-nPagesas,  reiche  Bäuerinnen,  verkauft. 
Nr.  4.    Dorfschulze  aus  (Um  Hochgebirge. 
Trägt  den  Gamheto  oder  Ueberrock  und   als  Kopfbedeckung 
den  Qorro,    eine  lange  wollene  Mütze ,    deren  Farbe  ge- 
wöhnlich roth  oder  braun  ist. 
Nr.  2.    Reicher  Pächter  aus  der  Umgegend  von  Lerida. 
Rothe  wollene  Mütze,  kni-ze  Jacke,  sogenannte  MarsiUe  nnd 


Kniehosen  aus  blauem  Sammet.  Weste  aus  Leinen  oder 
Baumwolle,  rothgestreift.  Halsbinde  von  farbiger  Baum- 
wolle, durch  einen  silbernen  Ring  gezogene  Leibbinde  von 
rother  Wolle.  Gamaschen  von  gelbem  Leder,  seitwärts  zu- 
geknöpft. Wollene  Strümpfe.  Capa  de  muesb-a,  gefranster 
Mantelumhang.  Die  catalonische  Jacke  ist  nicht  selten 
mit  mancherlei  Stickereien  geschmückt. 
Ix.  6.  Prau  aus  Agramunt  {einem  bedeutenden  Marktflecken 
desselben  Districta).  Ueber  der  Stirn  geknotetes  Kopftucli. 
Goldenes  Halsband.  Brusttuch  aus  Tüll ,  mit  Spitzen  be- 
setzt. Grosse  weisse  Schüi-ze.  Mieder  von  Sammet  oder 
Seide,  stets  schwai-z,  mit  knappen  Aermeln ,  die  oberhalb 
des  Ellbogens  endigen.  Ueberärrael  von  Seide  oder  Wolle 
und    durch    ein  Sammetband   mit    silberner  Schnalle  ge- 

'r.  8.   Reichn-  Püchtfr  aus  der  J'itigegnul  von  Vi'ch  ,    Provinz 


Barcelona.  Mütze  und  Leibbinde  von  violetter  Wolle.  Jacke, 

Weste  und  Kniehosen  von  Tuch  oder  schwarzem  Merino. 

Wollene  Strümpfe.    Schnürschuhe  von  schwarzem  Leder. 

Nr.  10.    Äclerbauer  aus  der  Provinz  Taragona. 

Mütze  aus  brauner  Wolle.    Wollene  Weste,  rotbe  Leibbinde, 

Hemd  aus  blaugestreifter  Leinwand,  Kniehose  von  Sammet, 

Jacke  von  grobem  Tuch,  wollene  Strümpfe,  Halbstiefeln. 

Nr.  11.   Junge  Frau  aus  derselben  Provinz. 

Schwarzseidenes  Haarnetz  mit  Schleifen  von  Sammet.  Ohr- 
gehänge von  Silber  mit  Smaragden.  Mieder  von  Sammet, 
vorn  zugeschnürt.  Seidenes  Brusttuch  mit  Stickereien  und 
Spitzen.  Kock  von  Kattun,  Schurze  von  farbiger  Baum- 
wolle. 


Nr.  12.  Jiivger  Mann  aus  derselben  Gegmd. 

Violette    Mütze.     Weste   von   karmoisinfarbener,     weissge- 

sprenkelter  Seide.    Kniehosen  von  Sammet.   Strumpfe  von 

blauer   Baumwolle.    Sockenschuhe.    Die  kleine  Tuchjacke 

ist  über  die  Schulter  geworfen. 

Nr.  7.    Kirchendiener  der  'Brüderschaft  vom  Blute 

Jesu  Christ/. 

Diese  religiöse  Genossenschaft ,  deren  Mitglieder  eine  lange, 

spitze  Kapuze    mit    nur  zwei   Oeffnungen  für    die  Augen 

tragen,  steht  den  zum  Tode  Verurtheilten  bei  und  begleitet 

^ie  auf  ihrem  letzten  Gange. 


ARAGONIER. 
Die  Nummern  5  und  3  stellen  die  mämüiche  und  weibliche  Tracht  aus  der  Provinz  Ai-agonien 
dar.  Der  Aragonier  (Nr.  5)  trägt  gewöhnlich  ein  irni  den  Hinterkopf  geschlungenes  Tuch,  unter 
welchem  das  Haar  nach  vorn  hervorquillt  und  sich  lockig  an  Stira  und  Schläfen  anschmiegt.  Seine 
Capa  de  muestra  ist  eine  gi-auwoUene  Decke,  die,  meist  schwarz  gesti-eift,  sich  in  ihrer  Einfachheit 
den  maimschen  Mustern  zu  nähern  scheint.  Das  Hemd,  in  der  Regel  ohne  Kragen,  ist  selten  zu- 
geknöpft, so  dass  die  Bimst  nackt  bleibt.  Die  Leibbinde  wird  breit  getragen ;  sie  bedeckt  zuweilen 
den  Leib  imd  einen  Theil  der  Brust  imd  der  Lenden  zugleich.  Die  Weste  steht  oifen;  die  Knie- 
hose ist  eng  und  km-z  und  gewöhnlich  aus  schwarzem  oder  grünem  Sammet  verfertigt.  Die  Strümpfe 
sind  in  der  Regel  von  blauer  Farbe.  Der  Landmann  trägt  keine  Jacke.  Als  Fussbeldeidung  pflegt 
man  EsiMrdillas  oder  Älpargatas  zu  tragen,  die,  wie  bei  den  Cataloniern,  mit  schwarzen  Bändern 
befestigt  werden.  —  Nr.  8  zeigt,  dass  die  Tracht  der  weiblichen  Jugend  mit  derjenigen  der  Cata- 
lonieriimen  eine  gewisse  Aehnhclikeit  besitzt,  zugleich  aber  auch  sich  merklich  von  derselben  unter- 
scheidet. Die  Mitchacha  oder  das  Mädchen  aus  der  Umgegend  von  Saragossa,  welches  hier  dar- 
gestellt ist,  hat  sein  Kopftuch  auf  die  Schultern  herabgleiten  lassen.  Der  Corpino  ist  ein  eng  an- 
schliessendes und  vorn  geschnüi-tes  Jäckchen  aus  schwarzem  Sammet  mit  engen,  bis  ans  Handgelenk 
reichenden  Aenneln.  Das  Umschlagetuch  besteht  aus  Baumwolle  oder  farbiger  Seide  und  wird 
loser  als  in  Catalonien  getragen.  Der  Rock,  kurz,  weit  und  auf  den  Hüften  gefältelt,  ist  aus  Wolle 
und  unten  mit  einem  Streifen  aus  schwarzem  Sammet  besetzt.  Feine  Schuhe  mit  Rosetten  bilden 
die  Fussbekleidung.  Das  leichte  Schlu'zchen  ist  aus  Seide.  Im  Ohr  wird  nur  eine  Perle  getragen. 
Die  Gestalt  zeigt  die  Haltung  einer  jener  spanischen  Tänzerinnen,  deren  Pas  hauptsächlich  aus 
Schwebeschritten  und  pantomimischen  Körperbewegungen  bestehen.  Der  nationale  Tanz  der  Aragonier 
ist  die  Jota.    Die  von  Gesang  begleitete  Seguiäilla  ist  besonders  beliebt  bei  den  Arbeiterinnen. 

Nach  Aquarellen  von  J.  Garcia. 

Vgl.  Voyage  enEspagne  von  Ch.Darillier;  Deirx  artistes  cn  Espagne  \on  Dcsharones,  Paris,  1876. 


D'^"^ 


SPAIN 


BSPAGNE 


SPANIEN 


J)li^o 


BD 

SPANIEN 

VOLKSTYPEN. 

ALT-CASTILIEN.  -  ARAGONIEN.  -  MURCU.  -  DIE  VASCONGADAS  C 
PROVINZEN. 

1234          5          6789 
10           n          12             13                  14                   15 

Nr.  1  uud  i. 
Castillaner. 

Nr.  6  und 
Murcier 

Nr.  3,  4,  5,  12,  13  und  14. 

Aragouior. 

Nr.  8,  9,  10,  11 
Basken. 

Alt-Castilien. 

Wenig  bevölkert,  hat  Alt-Castilien  nach  und  nach  seine  commerzielle  und  industrielle  Bedeutung 
verloren.  Die  Bewohner  sind  in  ihrer  würdigen  und  majestätischen  Haltung  echte  Repräsentanten 
des  spanischen  Charakters. 


Bäuerin  und  Tochter  im  Arbeitsanzug;  Provinz  .Segovia. 
.  1.  —  Kopftuch,    unter   dem   Kinn  gelinüpft,   hinten  ge- 
ichuürtes  Mieder,  Wollrock  und  bunte  Kattunsohürze. 


'r.  2.  —  Kopftuch ,  hinten  geknüpft.  Korallenhalsbäuder. 
Buntes  Kattunmieder.  Rock  und  Schürze  ans  paiio  pardo, 
einem  einheimischen  groben  Wollgewebe.    Schnürschuhe. 


Aragonien. 
Die  Bewohner  von  Aragonien,   derjenigen  spanischen  Provinz,   in  der  sich  die  zahlreichsten 
Spuren  der  maurischen  Herrschaft  finden,  sind  meist  Hirten,  Bauern  oder  Soldaten.    Sie  sind  wegen 
ihrer  Streitsucht  und  Kampflust  beriichtigt  (vgl.  die  Tafel  mit  dem  gekrönten  M). 


Nr.  3  und  4. 

Segadores,  Schnitter. 

Nr.  3.  —  Kattunkopftuch ;  niedriges  Mieder  aus  Sammet  oder 

Kattun ;  Halsband  ans  Glasperlen ;  Eock  und  Unterrock  mit 

rothem  Streifen;  albarcas  (Schuhe)  aus  Rindsleder. 

Nr.  4.  —  Seidenes  Kopftuch,  gewöhnlich  von  dem  sambrero 

bedeckt.   Tuclijacke  und  Wollweste.    Breiter  faja  (Gürtel), 

die  Sammethose  haltend.    Aus  Gras  geflochtene  Schuhe. 


Nr.  5, 
Dorfgeistlicher. 
Weiter  Kragenmantel.    Als  Kopfbedeckung  dient  g 
ein  breiter  Hut. 

Nr.  12. 
Kleines  Mädchen  aus  dem  Dorf  Alteca. 


Miircia. 
Die  Provinz  Murcia  ist  vorzugsweise  von  einer  Ackerbau  treibenden  Bevölkerung  bewohiit, 
hat  aber  aucli  eine  nicht  unbedeutende   Industrie.    Das  Espmio-GrsiS,  wird   zu  Sandalen,   Matten 
und  Körben  verarbeitet.    Albacete  ist  für  Spanien  das,  Avas  Sheffield  für  England  ist;  von  dort 
kommen  die  navajaSy  cuchiJIos  und  inmaUs. 


Reiche  Banem  aus  Albacete. 
Ir.  6,  —  Seidenes  turbanartiges  Kopftuch,   g-ewöhnlich  vom 
soinhrero  bedeckt    Breite  faja.    Jacke  und  Hose  von  dem- 
selben Stoff.    Älpargatas  (Schuhe),  durch  Schnüre  über  den 
dunkelblauen  Strümpfen  festgehalten.    Die  Jacke  ist  meist 


bunt  gestickt.  Ausserdem  wird  ein  Mantel  aus  gestreifter 
Wolle  ebenso  wie  in  Valencia  getragen, 
fr.  7.  —  An  den  Schläfen  zwei  rund  gelegte  Flechten,  hinten 
in  Form  einer  Acht  verschlungen.  Kleiner  Kamm  an  der 
Seite ,  bisweilen  auch  eine  Blume.  Der  kurze  Kock  lusst 
die  seidenen,  oft  fleischfarbenen  und  mit  Zickzackornamenten 
bestickten  Strümpfe  sehen. 


Die  Provincias  Vascongadas. 
Man  bezeichnet  mit  diesem   Namen  die  Provinzen  Alava,  Guipuzcoa  und  Viscaya,  die  das 
baskische  und  navan-esische  Land  bilden.    Die  Basken,  die  sich  selbst  Euskaldumac  nennen,  stehen 
imter   den  europäischen  Stämmen  einzig  in  ihi'er  Eigenart  da.    Sie  sprechen  das  cuskara^    welches 
die  Spanier  wegen  seiner  Schwerverständlichkeit  als  vascuence  bezeichnen. 


Bauern  und  Bäuerinnen. 

)ie  Tracht  der  Mäuner  besteht  aus  der  schief  aufgesetzten 
baskischen  Mütze,  einer  Jacke,  die  meist  über  die  Schulter 
geworfen  oder  um  den  Arm  geschlungen  wird,  einer  Weste 


mit  übergeschlagenem  Hemdkragen  und  breitem  Gürtel  und 

einer  mit  symmetrischen  Sammetstreifeu  besetzten  Hose. 
Die  Frauen   tragen  Röcke   aus  grobem  Tuch  und  lassen  von 

ihrem  mit  einem  Kattuntuch  bedeckten  Haar  nur  zwei  lange 

Zöpfe  hinten  herabhängen. 
Nr.  8  und  9  stellen  Landleute  aus    dem   Thal   Loyola  dar. 

dessen  Bewohner  durch  ihre  Schönheit  berühmt  sind. 


Aquarelle  von  Garcia  und  Bastinos. 
Vgl.  DamlUer,  Vojage  en  Espagne. 


3)/f^ 


I)ii/-- 


SPANIEN 


GALICISCHE  VOLKSTRACHTEN 


Nr.  1,  2,  3,  4,  5  n.  6. 
Sauern  aus  der  Provinz  Orense  in  Sonntags- 
costümen,  die  Muyneira  (den  Miillerinnen- 
tanz)  tanzend  oder  begleitend.  Die  Musik 
besteht  aus  der  Gaita,  einer  dem  Lande  eigen- 
thümlichen  Art  Sackpfeife,  dem  Tamhoril, 
dem  Fandcro  (der  baskischen  Trommel)  und 
den  Castaniielas  in  den  Händen  der  Tänzer. 
Bei  den  Dorfhochzeiten  beginnt  der  Tanz,  die 
Baila,  unmittelbar  nach  dem  Mahle  und 
dauert  bis  spät  in  die  Nacht  hinein. 


Nr.  9  u.  10. 
Junge  Leute  aus  derselben  Provinz. 


Frau  aus  Vigo,  Provinz  Pontevedra. 


Nr.  8  u.   11. 
Bauer  und  Bäuerinnen  aus  der  Provinz  Coruüa. 


Die  GaUaeci,  einer  der  fünf  grossen  gallischen  Stämme  Spaniens,  haben  der  Provinz 
Galicien  den  Namen  gegeben.  Die  gegen-n'ärtigen  Bewohner  derselben  sind  ihre  Nachkommen. 
Galicicn,  zwischen  dem  atlantischen  Ocean,  Portugal  und  Altcastilien  liegend,  ist  in  vier  Pro- 
vinzen getheiU:  Coruna,  Pontevedra,  Orense  und  Lugo.  Der  Hauptort  ist  San  Jago  de  Com- 
postella.  Es  ist  ein  holzreiches,  von  den  cantabrischen  Bergen  durchschnittenes  Land,  dessen 
Klima  im  allgemeinen  gemässigt  und  feucht  ist,  da  die  Regengüsse  dort  reichlicher  sind  als  im 
übrigen  Spanien. 

Die  Armuth  des  Landes  zwingt  den  Galicianer,  dasselbe  zu  verlassen,  um  auswärts  Ernte- 
arbeiten zu  verrichten  oder  sich  nach  den  grossen  Städten  zu  begeben,  wo  er,  wie  die  Savoyardeu 
und  die  Auvergnaten  in  Frankreich,  neben  den  Asturiern  als  Dienstbote,  Commissionär  oder 
Wasserträger  thätig  ist.  Wegen  ihrer  geringen  geistigen  Begabung  werden  sie  die  „spanischen 
Böotier"  genannt  und  gleich  den  Auvergnaten  sind  sie  die  Zielscheibe  des  allgemeinen  Spottes. 
Mit  diesen  theilen  sie  aber  auch  die  Tapferkeit,  die  Ausdauer  und  die  Energie,  mit  welcher  sie 
ihr  Vaterland  nicht  nur  gegen  die  Römer,  sondern  auch  während  der  drei  Jahrhunderte  der 
arabischen  Invasion  ihre  Unabhängigkeit  vertheidigt  haben. 

Die  Tracht  der  galicianischen  Bergbewohner  ist  natürlich  von  dem  Klima  und  zugleich 
von  der  Armuth  ihres  Landes  abhängig.  Diejenige  der  Männer  folgt,  wie  in  ganz  Spanien, 
militärischen  Gewohnheiten.  Nach  den  von  Pons  in  seiner  Viaje  de  EspaTia  gemachten  und  von  Baron 
Daviller  in  der    Voyage  en  Espagne  wiederholten  Beobachtungen  hat  sich   in  den  monteras  die 


ErinneniDg  au  die  alten  Helme  von  Sevilla,  Granada,  Valencia  u.  s.  w.  erhalten,  wie  uiau  in  den 
coletos  (einer  Art  Wamms),  in  den  polaynas  (langen  Tuchgamaschen),  den  abarcas  (einer  Art 
Gamaschen)  die  Nachbildung  alter  Eüstuugstheile  wiederfindet. 

Das  Brusttuch  oder  Mäntelchen  der  galicianischen  Bäuerinnen,  die  dengiie,  welches  über 
die  Brust  gekreuzt  wird,  ist  aus  rothem  Tuch  gemacht  und  mit  einer  breiten  Borte  aus  schwarzem 
Sammet  besetzt.  Die  Kopfbedeckung  besteht  aus  einem  geschickt  arrangirten  Schnupftuch.  Die 
grosse  Schürze,  manfeo,  welche  hinten  durch  eine  doppelte  Metallagraffe  befestigt  ist  und  fast 
den  ganzen  Rock  bedeckt,  ist  mit  einer  mehr  oder  minder  breiten  Borte  eingefasst,  ebenso  der 
Eock,  dessen  Borte  immer  aus  Sammetband  besteht.  Der  Rock,  welcher  sieh  an  das  ärmellose 
Leibchen  schliesst,  wird  so  kurz  getragen,  dass  mindestens  der  Fuss  sichtbar  bleibt.  Eine  Band- 
schleife mit  herabflatternden  Enden,  welche  au  der  Agraffe  der  Schürze  befestigt  ist,  vervoll- 
ständigt den  Sonntagsstaat,  zu  welchem  man  weisse  oder  blaue  Strümpfe  und  ausgeschnittene 
Schuhe  mit  niedrigen  Hacken  und  kleinen  Schnallen  trägt.  Ein  langes  Ohrgehänge,  ein  Hals- 
band, aus  einer  Goldschnur  oder  einem  Stoffbande  mit  Medaillon  oder  Kranz  bestehend,  sind  fast 
die  einzigen  gebräuchlichen  Schmucksachen,  Fast  alle  Frauen  tragen  Smaragden  am  Halse  oder 
in  den  Ohren,  die  bisweilen  auch  durch  Glassflüsse  von  gleicher  Farbe  ersetzt  werden. 

Das  Brusttuch,  Dengue,  ist  von  Tuch,  der  Manfeo  ebenfalls  oder  von  Merinowolle;  ebenso 
ist  das  Tuch  der  gewöhnliche  Stoff'  für  Rock  und  Leibchen.  Die  Kopftücher  sind  von  Baum- 
wolle oder  Seide.  Der  Schnitt  der  Tracht  ist,  wie  Nr.  8  zeigt,  von  grösster  Einfachheit.  Zier- 
licher und  gefälliger  ist  die  Tracht  der  Frau  von  Vigo  (Nr.  7).  Das  vorn  offene,  ärmellose 
Leibchen  wird  von  Achselbändern  gehalten  und  ist  vorn  geschnürt.  Das  Hemde  hat  weite 
Aermel,  die  am  Handgelenk  nicht  anschllessen,  sondern  breit  umgeklappt  sind.  Die  Dengue 
besteht  aus  einem  breiten  Bande,  welches  über  der  Brust  gekreuzt  ist.  Die  Schürze,  mit  der 
des  italienischen  Landvolkes  verwandt,  ist  mit  schwarzen  Sammetbändern  besetzt.  Die  Tracht 
der  Männer,  welche  mit  starken  Fussbekleidungen  versehen  sind,  besteht  aus  einem  Hemde  mit 
ziemlich  hohem  Kragen,  der  am  Halse  zugeknöpft  ist  und  auch  ohne  Halsbinde  aufrecht  bleibt, 
aus  einer  ärmellosen,  ziemlich  kurzen  Weste  mit  oder  ohne  gerade  stehenden  Kragen  und  mit 
kleinem  Aufschlag.  Wenn  die  Weste  offen  ist,  trägt  mau  sie  über  dem  Gürtel;  ist  sie  zuge- 
knöpft, so  wird  der  Gürtel  ein  oder  mehrere  Male  um  dieselbe  herumgeschlungen.  Die  mehr 
oder  minder  eng  anliegende  Hose  geht  nicht  weit  über  das  Knie  herab,  wird  aber  unten  nicht 
zugeknöpft,  sondern  hängt  lose  über  die  Gamasche  herab.  Das  Wamms  hat  ziemlich  enge 
Aermel,  an  der  Aussenseite  Taschen  und  kurze,  aber  breite  Aufschläge.  Dazu  wird  ein  spitzer, 
zuckerhutförmiger  Hut  aus  Tuch  mit  sammetuem  Revers  getragen,  der  über  der  Stirn  in  Form 
eines  Dreiecks  emporgeschlagen  wird  und  rechts  und  links  in  Spitzen  ausläuft.  Auch  die  zwei 
oder  drei  Büschel  am  Hute  sind  von  Sammet.  Die  Manta,  welche  von  Tuch  ist,  wird  wie  die 
antike  Toga  getragen,  indem  man  sie  über  Brust  und  Schultern  schlägt.  Der  Gürtel  ist 
von  Wolle. 

Gewöhnlich  bleiben  die  Galicianer  in  Hemdsärmeln,  und  die  jungen  Leute  knöpfen  auch 
nicht  die  Weste  über  den  flatternden  Enden  des  Gürtels  zu.  Der  Eückentheil  der  aus  rothem 
Tuch  bestehenden  Weste  —  die  Aufschläge  sind  von  Sammet  —  ist  aus  starkem  Stoff',  meist  aus 
Gemsen-  oder  sämisch  gegerbtem  Leder.  Dasselbe  ist  mit  Stickereien  versehen.  Die  jungen 
Stutzer  wie  Nr.  9  tragen  den  Gürtel  gern  sehr  tief,  um  möglichst  viel  von  dem  weissen  Hemde 
zu  zeigen.  Die  Tänzer  haben  an  jeder  Seite  der  Weste  eine  dreieckige  Tasche  zur  Aufbewah- 
rung der  Kastagnetten.  Die  Hose  ist  aus  starkem,  dickem  Stoff'  oder  sogar  aus  fahlem  Leder 
gefertigt.     Unten  ist  sie  oft  mit  einem  breiten  schwarzen  Streifen  besetzt,  welcher  an  der  Seite 


offen  bleibt.  Die  Spitze  der  Montera,  des  helmartigen  Hutes,  ist  etwas  geneigt.  Verlieirathete 
tragen  die  Büscliel  au  der  linken,  unverheirathete  an  der  rechten  Seite  des  Hutes.  Die  Gamaschen 
sind  von  Leder  oder  Tuch  und  mit  zahlreichen  kleinen  Knöpfen  versehen,  die  nicht  immer 
benutzt  werden. 

Bei  Nr.  11,  anscheinend  einem  Commissionär,  sind  die  weissen  Uuterbeiukleider  bemerkens- 
werth,  welche  unter  den  braunen  Hosen  handbreit  hervorblicken. 

Es  giebt  keine  einzige  Landschaft  in  Spanien,  die  nicht  ihren  eigenen  Tanz  hätte.  Der 
GaUegada,  der  Tanz  der  Galicianer,  wird  auch  in  Madrid  viel  getanzt.  Der  gaitero  gallego,  der 
galicianische  Sackpfeifer,  und  der  musico  tamborilero  fehlen  bei  keiner  öffentlichen  Lustbarkeit 
und  bei  keiner  Hochzeit.  Der  magosto,  welcher  aus  Anlass  der  Kastanienernte  am  Tage  Aller- 
heiligen in  Galicien  und  in  der  Provinz  Leon  gefeiert  wird,  ist  das  glänzendste  Fest  des  Jahres. 
Die  Kastagnetten  sind  von  den  antiken  Crotalen  wenig  verschieden.  Sie  sind  aus  zwei  hohlen 
Becken  zusammengesetzt,  welche,  zusammengeschlagen,  einen  harten,  trockenen  Ton  hervor- 
bringen.    Sie  werden  aus  Holz  gefertigt. 

(Nach  Aquarellen  von   Garcia.) 


rpi^- 


SPAIN 


BSPAGNB 


;PANIEM 


'^^^) 


X))^'4 


SPANIEN 


DIE  ANDALUSISCHE  WOHNUNG.  —  TYPUS  EINES  BÜEGERLICHEN 

HAUSES.  —  DIE  KAMMER.  —  DER  PATIO.  —  DIE  STRASSE.  - 

VOLKSTRACHTEN. 

(Doppeltafel.) 


Der  patio,  der  Hof  des  spanischen  Hauses,  ist  ein  von  Gebäuden  umschlossenes  Rechteck ;  in  der 
Mitte  offen,  ist  er  von  Galerien  umgeben,  die  durch  ein  schi-äges  Dach  geschlitzt  sind.  Ein  Bassin 
ist  ziu'  Aufnahme  des  Regenwassers  bestimmt.  Der  ganze  Hof  wird  ebenso  wie  die  Strassen  durch 
ausgespannte  Velaiien  gegen  die  Sonne  geschützt. 

Der  patio  ist  der  gemeinsame  Versammlungsort  der  verscliiedenen  Bewohner  eines  Mieths- 
hauses,  dessen  erstes  Stockwerk  sich  nach  der  imilaufenden  Galerie  hinaus  nieist  mit  bis  auf  den 
Boden  reichenden  Fenstern  öffnet.  Der  auf  unserer  Tafel  abgebildete  Hof  gehört  zu  einer  so- 
genannten casa  de  pupiUos  oder  huespedes,  einem  Pensionat  mittleren  Ranges ,  etwa  unsemi  Hötel- 
gami  entsprechend.  Die  /immer  haben  sämmtlich  einen  Fussboden  aus  gebrannten  Ziegeln,  eine 
Decke  aus  Balkenlagen.  Die  Möbel,  Stühle  und  Sophas  bestehen  aus  Holz  mit  Rohrgeflecht.  Die 
Wände  sind  mit  Kalk  geweisst  und  mit  einem  venetianischen  Spiegel  und  einigen  Lithographieen 
dekorirt.  Als  Heizmittel  dient  im  Winter  der  brasero ,  ein  gi'osses  mit  Kohlen  gefülltes  Metall- 
becken.   Das  Bett  steht  meist  in  einem  dui'ch  einen  Vorhang  verdeckten  Alkoven. 

Die  obere,  sich  um  den  patio  ziehende  Galerie  ist  ausserordentlich  tief,  auf  ihi'em  kühlen 
Ziegelpflaster  hält  der  Spanier  gewöhnlich  seine  Siesta. 

Auch  die  Aussenarchitektm-  der  Häuser  zeigt  überall  das  Bestreben,  die  unangenehmen 
Wirkungen  der  Sonne  zu  vermeiden,  ohne  Licht  und  Luft  auszuschliessen.  Dazu  dienen  die  scheiben- 
losen Fenster,  die  Doppelthüren,  deren  oberes  Getäfel  sich  nach  innen  öfihet,  der  lichte,  rosenfarbene, 
hellgrüne  oder  gelbe  Maueransh'ich. 

Die  unten  dargestellten  Trachten  gehören  den  Provinzen  Alt-  und  NeucastiHeu,  la  Mancha 
und  Valencia  an. 


Nr.  1.  —  Bauer  aus  der  Umgegend  von  Toledo. 

Runder  Hut ,  Tuchweste  mit  Passementiruiig  aus  Sammet 
oder  Kattun. 

Nr.  2  u.  3.  -  Maulthierhändler  mit  Knecht;  Provinz  la 
Mancha. 

Nr.  4.  —  Kleines  Mädchen  aus  Castillon;  Provinz  Valencia. 

Nr.  5.  —  Arriero,  Kärrner;  dieselbe  Provinz. 

Nr.  6.  —  Reisbauer  aus  Cullera;  dieselbe  Provinz. 

Die  letzten  beiden  Kostüme  haben  tj-pische  Eigenschaften, 
während  die  Verschiedenheiten  sich  aus  der  Beschäftigung 
ergeben.  Beide  tragen  fusslose  VPadenstrümpfe  aus  Wolle 
und  die  dlpargatas  oder  espardt'nes  aus  geflochtenem  Bast. 
Auf  ihrer  Schulter  ruht  die  capa  de  muestra,  ein  langes, 
buntfarbiges  Wolltuch,  das  man  in  der  mannigfachsten 
Weise  arrangirt  und  benutzt. 

Das  Hemd  ist  durch  einen  Doppelknopf  am  Halse  zusammeu- 
gehalten,  und  als  Gürtel   dient  die  seidene  oder  wollene 


faja.  Der  Arriero  trägt  Hose  und  Jacke;  sein  von  einem 
Seidentuch  umhüllter  Kopf  ist  mit  dem  flachen,  breitrandigen 
Hat  bedeckt.  Der  Keisbauer  ist  mit  den  leinenen ,  unter- 
rockartigen zaragueJks  de  h'eiizo  und  einer  Weste  be- 
kleidet. Auf  dem  Kopf  hat  er  den  hohen  Strohhut  mit 
schmaler  Krampe,  am  Halse  ein  Scapulier,  im  Gürtel  ein 
Pistol. 

Nr.  7.   —  Maulthiertreiber  aus  der  Umgegend  von  Bnrgos. 

Sein  Kostüm  gleicht  im  Ganzen  dem   des  Arriero.    Er  trägt 

den    Dreispitz,   el    Mcortito ,   mit   der  breiten   Seite  nach 


Weites,    1 
Volants,  wie  ihn 
beibehalten  haben, 
farbige  Schleife. 


Nr.  8.  —  Gitana. 
Mieder  und   Rock    mit  zwei   oder   drei 
nur  noch  die  Zigeunerinnen  in  Spanien 
Im  Haar  eine  Blume  oder  eine  grell- 


Die  drei  Architekturfragmente  nach  Aquarellen  von  Sabatier. 
Nr.  1,  5,  6  u.  S  nach  Photographien  von  Laurent. 


Nr.  7.  Zeichnung  von  Lecomte.    Nr.  2,  o  u.  4  Zeichnungen  von  Garcia,  kolorirt  von  Bastinos  und 
Garcia. 


Vgl.    Theophil  Gautier,  Tra  los  Montes,   1843.  —  DesharoUes^  Deux  artistes  en'Espagne, 
1855.  —  Baron  Davillier,  L'Espagne,  1873.  —  L.  Imheü,  L'Espagne,  splendeurs  et  misöres,  1875. 


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SPANIEN 


DER  PORZELLAN-SALON  DES  BUEN-RETffiO  IN  MADRID. 
WANDVERKLEIDUNG  Ä  LA  TRUNON. 

Die  Mode  der  Wandverkleidungen  mit  Porzellan  reicht  bis  zu  der  Zeit  hinauf,  wo  man  den 
Porzellanthurm  von  Nanking  für  das  achte  Wunder  der  Welt  hielt.  Der  Architekt  Dorliay  folgte 
dieser  Mode  bei  der  Erbauung  von  Trianon  zu  Ehren  der  Frau  von  Montespan.  Den  Namen  des 
Porzellanhauses  rechtfertigte  dieses  Schloss  eigentlich  niu'  diu'ch  seinen  Salon,  der  mit  sehr  weissem 
und  glatt  polirtem  Stuck  und  azurblauen  Ornamenten  bekleidet  war.  Die  Baurechnungen  bezeichnen 
die  Decorationsstücke ,  welche  von  Morin  fiü'  die  Wandverkleidungen  in  Trianon,  dessen  Bau  von 
1670—1674  dauerte,  geliefert  wurden,  nur  als  emaillirte  Faience;  Morin  war  der  Vorgänger 
Chicaneaus,  der  1695  die  Porzellanmanufactur  in  Saint-Cloud  gründete. 

Der  Name  Trianon  wurde  geradezu  typisch  für  einen  isolirten  Pavillon,  und  die  Art  der 
Decoration,  Blau  und  Gold  auf  weissem  Grunde,  verbreitete  sich  überall.  Die  glänzendsten  Beispiele 
dieser  Nachahmung  sind  das  Buen-Retiro  in  Madrid  und  das  berühmte  chinesische  Cabinet  im 
Palast  von  Aranjuez. 

Die  Porzellanfabrication  entwickelte  sich  in  Spanien  im  Laufe  des  XVIII.  Jahrhunderts.  Karl  III., 
König  beider  SicUien,  hatte  1736  die  berühmte  Manufactur  in  Capo  di  Monte  begründet.  Als  er 
1759  König  von  Spanien  wurde ,  führte  er  etwa  fiinfzig  italienische  Künstler  mit  nach  Madrid  und 
brachte  sie  in  dem  Garten  von  Buen-Retiro  unter.  Hier  fabrizirten  sie  bis  1789  ausschliesslich  ftii- 
die  königliche  Familie.  Die  Manufactur  ging  ein  im  Jahi'e  1808.  Die  Erzeugnisse  derselben  sind 
in  den  Sammlungen  ausserordentlich  selten. 

Abbildung  nach  einer  Photogi-aphic  von  J.  Lam-ent  imd  einer  Aquarelle  nach  der  Natur  von 
J.  Garcia. 

Vgl.  L.  Dttsgieux,  Le  Chäteau  de  Versailles,  1881.  —  Juan  F.  Biano,  La  Fabrique  de 
porcelaine  du  Buen-Retiro,  Gazette  des  beaux-arts,  1879. 


v^^r 


V}ihf 


SPANIEN 


BALEAREN  UND  PITYUSEN  —  VOLKSTRACHTEN  AUS  MALLORCA, 
IVIZA  UND  VALENCIA 

12        3        4        5        6        7        8        9 
10  11  12  13  U 

Die  hier  dargestellten  Trachten,  welche  theils  aus  den  Balearen  (Mallorca,  Miuorca  und 
Cabrera),  theils  aus  den  Pityusen,  deren  bedeutendste  Jviza  ist,  theils  aus  der  Provinz  Valencia 
stammen,  sind  von  Reisenden  aus  dem  Ende  des  vorigen  und  von  Künstlern  aus  dem  Anfange 
dieses  Jahrhunderts  mitgetheilt  worden  und  daher  niclit  frei  von  den  Fehlern,  welche  den  Kunst- 
produkten dieser  Zeit  gemeinsam  sind,  dem  Mangel  an  Naivität  und  der  Vernachlässigung  der 
wirklichen  Grössenverhältnisse  der  dargestellten  Figuren.  Indessen  sind  sie  werthvoll,  weil  die 
Trachten  jetzt  fast  gauz  verschwunden  sind.  Georges  Sand,  deren  Werk  l/n  Hiver  ä  Majorque 
(1837)  die  Schlaffheit  und  Lässigkeit  der  schwächlichen  Bevölkerung  dieser  von  der  Natur  so 
sehr  begünstigten  Inseln  trefflich  schildert,  sagt,'  dass  die  auf  Majorca  von  den  Vornehmen  und 
den  Bürgern  getragenen  Costüme  ihre  ganze  originelle  Ursprünglichkeit  verloren  haben,  und  dass 
man  Spuren  der  alten  Ueberlieferung  nur  noch  in  der  Bekleidung  der  Frauen  und  der  Bauern  findet. 

Nach  Alexandre  de  Laborde  (Itineraire  descriptif  de  l'Espagne)  unterscheidet  nui-  der 
ßeichthum  der  Stoffe  und  der  Verzierungen  die  vornehmen  Damen  von  den  Mägden  und  den 
Bäuerinnen.  Die  Kopfbedeckung,  rehozillo  genannt,  welche  eine  Art  Kaputze  ist,  wird  aus  einem 
doppelten  Brustschleier  gebildet.  Der  obere  Theil  bedeckt  den  Kopf  und  geht  um  das  Kinn 
herum,  so  dass  das  Gesicht  allein  frei  bleibt.  Dann  legt  er  sich  über  die  Schultern  und  fällt 
bis  auf  die  Mitte  des  Rückens  herab,  von  wo  die  beiden  Spitzen  nach  vorn  genommen  und 
kreuzweis  über  einander  geschlagen  werden.  Die  Nr.  2,  5,  7,  10  und  13  zeigen  dieses  Arrangement 
mehr  oder  minder  übereinstimmend  mit  unserer  Beschreibung.  Der  Rock  ist  mit  Fischbein  gesteift; 
die  sehr  engen  Aermel  reichen  nur  wenig  über  die  Ellenbogen  herab  (Nr.  10  u.  14).  Das  Mieder 
ist  mit  silbernen  Schnallen  oder  Knöpfen  besetzt.  Die  Frauen  tragen  Halsbänder,  Ringe,  Uhi-en 
und  andere  Schmucksachen.  Wenn  sie  ausgehen,  tragen  sie  die  Mantille  (Nr.  11),  wie  in  dem 
übrigen  Spanien,  und  in  der  Hand  ausser  dem  Fächer  einen  sehr  grossen  Rosenki-anz,  welcher 
mit  goldenen  Quasten  und  einem  Kreuze  von  demselben  Metall  versehen  ist.  Wie  die  anderen 
Spanierinnen,  sehen  auch  die  Frauen  von  Mallorca  auf  eine  gute  Fussbekleidung.  Die  Schuhe 
sind  mit  Hacken  versehen,  laufen  gegen  den  grossen  Zeh  breit  aus  und  sind  von  kleinen  Löchern 
durchbohrt,  wodui'ch  der  Fuss  geschmeidig  erhalten  und  das  Gehen  erleichtert  wii-d.    Der  Rock 


ist  kurz  und  reicht  kaum  bis  zur  Wade  herab.  An  den  Hüften  -wird  derselbe  in  Falten  gelegt. 
Die  Strümpfe,  blau,  roth  oder  grün,  haben  Zwickel  von  anderer  Farbe.  Die  Mägde  und  die 
Bäuerinnen  tragen  Schürzen.  Nr.  11  und  14  sind  bürgerliche  Trachten,  etwa  um  1820,  welche 
einen  Compromiss  zwischen  der  Tradition  und  der  Mode  des  Tages  darstellen.  Die  Nr.  2,  4,  5 
und  7  sind  nicht  nur  älter,  sondern  auch  trotz  ihrer  Aermlichkeit  ursprünglicher.  Zwischen  den 
Trachten  auf  Mallorca  und  Minorca  ist  wenig  Unterschied.  Nur  ist  auf  Minorca  die  gelbe  Farbe 
für  den  rehozillo  gewöhnlich. 

In  den  männlichen  Trachten  findet  man  viele  Reminiscenzen  an  die  Maui-en:  den  breiten 
Güi-tel,  die  weiten  Hosen,  das  Hemde,  dessen  Schösse  zum  Vorschein  kommen  und  das,  wenn 
es  mit  den  Hosen  allein  getragen  wü'd,  den  afrikanischen  Charakter  besonders  deutlich  macht 
(Nr.  1,  8  u.  9j.  Die  übrigen  Kleidungsstücke  stimmen  mit  den  an  der  Küste-  des  Festlandes 
üblichen  überein.  Die  Jacke,  die  Weste,  das  bis  auf  den  Knöchel  herabreichende  Beinkleid,  die 
groben  Strümpfe  aus  weisser,  schwarzer  oder  rehbrauner  Wolle,  die  Schuhe  aus  imgegerbtem  und 
ungefärbtem  Kalbleder  und  ohne  Hacken,  der  gestrickte  oder  lederne  Gürtel,  die  langen  Gamaschen 
und  als  Kopfbedeckung  der  breitkrempige  Hut,  aus  den  Haaren  der  wilden  Katzen  gefertigt, 
mit  Schnm-en  und  Quasten  aus  schwarzer  Seide  oder  Goldfäden.  Im  Hause  wickeln  die  Ein- 
wohner von  Mallorca  ein  Tuch  um  ihren  Kopf.  Im  Winter  tragen  sie  oft  eine  schwarze 
Kappe,  welche  ihi-e  Tonsm-  bedeckt.  Denn  sie  rasiren  sich  den  Scheitel  wie  die  Priester, 
entweder  aus  Gründen  der  Reinlichkeit  oder  aus  religiösen  Rücksichten.  Sonst  lassen  sie  ihre 
Haare  wachsen  und  schneiden  sie  um-  über  der  Stü'u  gerade  ab,  wie  es  im  Mittelalter  Sitte  war. 
Im  Winter  ziehen  sie  noch  eine  graue  Kaputze  oder  das  Fell  der  afrikanischen  Ziege  mit  den 
Haaren  nach  aussen  über  dem  Kopf. 

(Die  Nr.  1  Bauer,  2  Biirgerfrau,  7  Magd,  9  Hirt,  10,  11  und  14  stammen  aus  Mallorca, 
die  Nr.  .5  Biirgerfrau  und  0  Scliiffer  aus  Minorca,  die  Nr.  o  und  4  Bauer  und  Bäuerin  und  8 
Gärtner  aus  Iviza,  die  jVr.  12  und  13  aus    Palencia.     Die  fünf  grossen  Figuren  nach  Lante.) 


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1)1W 


BE 
8PANIEN 


DIE  BALEARISCHEN  INSELN. 

VOLKSTRACHTEN  AUF  MAJORCA  UND  MINORCA. 
12  3  4  5  6 


Nr.  2,  3,  4,  5,  7,  8,  9,  10  und  11. 
Bewohner  von  Majorca. 

Nr.  1  und  6. 
Bewohner  von  Minorca. 

Die  Balearischeu  Inseln,  im  Alterthum  viel  genannt,  sind  nach  einander  im  Besitze  der  Phönizier, 
der  Karthager,  der  Griechen,  der  Massalioten,  der  Römer,  der  Gothen,  der  Vandalen,  der  Araber 
u.  s.  w.  gewesen.  Bei  einer  solchen  Kreuzimg  der  Racen  ist  eine  Bestimmung  der  Stammeszuge- 
hörigkeit der  Ureinwohaer  unzulässig. 

Heute  sind  die  Bewohner  von  Majorca  und  Minorca  meist  Landleute ;  auch  werden  Woll-  und 
Leinenstoffe  und  Töpferarbeiten  fabrizirt. 


UEWOHNER  VON  MAJOKCA. 

Nr.  8. 
Bauer  in  Sonntagstracht;  1778. 
rlut  aus  dem  Haar  der   wilden  Katze  mit  an  beiden  Seiten 
aufgesclilagener    Krempe;     breite    Leinenbäffchen ;    weite 
Tunika,  bis  zum  Gürtel  geknöpft,  dann  rockartig  über  die 
Kniehosen  herabfallend;  Rock;    schwarzer  Schnltermantel 
mit  Kragen;  Schnallenschuhe;  Robrstock. 
Nr.  11. 
Hirt;  1818. 
lut  mit  breiter  Krempe;    zwei   verschiedenfarbige  Tuniken 
über  einander,  durch  einen  Gurt  mit  Schnalle  zusammen- 
gehalten; Quersack  an  einem  Bandelier;  PnftTiose;  Leder- 
gamaschen ;  Schnürschuhe. 


Gesicht;  eng  geknöpfter  Schnltermantel;  PuflFhose;  blaue 
Strümpfe;  ausgeschnittene  Schuhe. 

Nr.  10. 

Farmerknecht;  1835. 

Kattnnkopftuch ;    kurze  Jacke  über  dem  gepufften  Hemde; 

wollenes  Halstuch;  weite  Hose;  weisse  Strümpfe;  Schuhe. 

Nr.  2,  4  und  7. 

Landleute;  jetzige  Tracht. 

Filzhüte  (Nr.  4  und  7) ;  über  dem  Hemde  die  Weste,  guarde- 

pits ,  und   der  saijo ,  eine  kurze  Jacke ;  Puffhose ;  Zwirn- 

str-ümpfe;    Schnallen-    oder    Schnürschuhe.      Nr.    7    trägt 

ausserdem  einen  Gürtel. 

Nr.  3  und  5. 

Frauen  von  Landleuten;  jetzige  Tracht. 

Rebozillo  ans  zwei  Theilen,  von  denen  der  eine  den  Kopf, 


der  andere  die  Schultern  bedeckt.    Das  Haar  in  der  Mitt«; 

gescheitelt,  an  Wochentagen  frei  herahfalleud,  au  Festtagen 

in  einen  Zopf  geflochten. 

Gesteiftes  Mieder  aus  schwarzer  Seide ,  mit  engen ,  bis  zur 

Mitte  des  Unteranns  gehenden  Aermeln.   Rock  aus  Kattun 

(Nr.  3)  oder  Perkal  (Nr.  4.)    Fächer.    Kein  Schmuck. 

BEWOHNER  VON  MINORCA. 

Nr.  1. 

Bauer  in  Sonntagstracht; 

Endo  des  XVin.  Jahrhunderts. 

Der  Schnitt  dos  Kostüms   zeigt  arabische  Einflüsse;  Filzhut 


mit  breiter  Ki-empe;  Halstuch;  Tunika  mit  Gürtel ,-  weite,  bis 
auf  den  Knöchel  gehende  Hose;  flache  Schuhe;  grosser 
rother  Mantel. 

Nr.  6. 
Bäuerin  derselben  Zeit. 
Ueher  dem  rchozülo  die  nmiteU,  eine  Abart  der  Mantille; 
Mieder,  am  Hals  offen,  mit  anschliessenden  Aermeln ;  kurzer, 
am  Mieder  befestigter  Rock,  dessen  Falten  so  arrangirt 
sind,  dass  sie  die  Hüften  breiter  erscheinen  lassen.  Zwickel- 
etrümpfo.  lieber  den  Zehen  geschlitzte  Schuhe  mit  breiten 
Hacken.    Fächer  und  Rosenkranz. 


Nr.  1  uucl  6  aus  der  Encyclopedie  des  Voyages  von  Grasset  de  Saint-Sauveur. 

Nr.  2,  3,  4  und  5  nach  Aquarellen  von  Bastinos  und  Garcia. 

Nr.  7  nach  einer  Photogi'aphie  von  Laurent. 

Nr.  8  und  9  aus  der  Collection  de  trajes  de  Espana  von  la  Cruz;  Madi-id  1777. 

Nr.  11  nach  einer  Lithographie  von  Lecomte,  datirt  1818. 

Vgl.  Grasset  de  Saint-Sauven/r ,  Voyage  dans  les  lies  Baleares  et  Pityuses,  1807.  —  Alex, 
de  Lahord^t  Itineraire  descriptif  de  l'Espagne  (Band  V.),  1809.  —  Georges  Sand,  Un  Hiver  ä  Majorque, 
1837.  —  Mis^e  Redus,  Geographie  universelle,  1875. 


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S  P  A  I  U 


BE 


EX 
PORTUGAL 


BERGBEWOHNER    DER    PROVINZ    MINHO;    RÜSTICOS  UND    TEICÄUAS, 

BAUERN   UND  BÄUERINNEN.    KÜSTENBEVÖLKERUNG.   —   TRACHT  DER 

GEISTLICHKEIT. 

Die  Bevölkerung  Portugals  setzt  sich  aus  lateinischen,  arabischen  und  israelitischen  Elementen 
zusammen,  zu  denen  besonders  an  der  Südkiiste  eine  KreuzuBg  mit  als  Sklaven  eingeführten  Negern 
hinzukommt. 

Die  Tracht,  meist  schwarz  oder  braun,  unterscheidet  sich  wenig  von  der  in  Spanien  und  im 
südlichen  Frankreich  üblichen. 


BERGBEWOHNER  DER  PROVINZ  MINHO. 
Die    Provinz  Minho   ist    in   Folge   der   dit-liton  Eevöllcerung 
nicht   im    Stande,   ihre   Bewohner   zu    ernähren,   so   dass 
Tausende  jährlich  nach  Brasilien  auswandern. 


Nr.  1,  3  und  6. 


Bäuerinnen  der  Provinz  Mü 


Festtracht. 


Hut  aus  schwarzem  Filz  mit  aufgeschlagener  Krempe;  bei 
Figur  3  und  6  mit  Pompons.  Unter  dem  Hut  der  leti^o, 
ein  auf  die  Schultern  herabfallendes  Kopftuch.  Mieder  mit 
oder  ohne  Aermel.  Rock,  den  man  mit  der  Hand  schürzt, 
um  den  Unterrock  sehen  zu  lassen.  Lange  Ohrgehänge, 
Halshand  und  Kette  mit  einem  goldenen  oder  silbernen 
Herz  (vgl.  Tafel  ET).    Schuhe  mit  Holzsohlen. 

Nr.  3  ist  in  die  capa,  einen  weiten  Mantel,  gehüllt.  Alle 
drei  tragen  den  Schirm,  chapeo  de  sol,  in  der  Hand. 

Nr.  2. 

Bäuerin  der  Provinz  Minho. 

In    dem  Bürgerkriege  zwischen  den  Chartisten  und  Absolu- 

tisten  bewaffneten  sich  auch  die  Frauen. 
Ueber   dem    leiigo    ein    hoher  Filzhut.     Hemde    mit  weiten 
aufgeschlagenen  Aermeln.    Ausgeschnittenes  Mieder.    Kur- 
zer  gefältelter  Rock.     Grosse  Ohrgehänge.     Schnhe   mit 
Holzsohlen.    Pistole  und  eine  Art  Hellebarde. 


Nr.  4. 

Oehsentreiber. 

Breitkrempiger  Hut.    Kurze  Jacke  und  Weste.    Breiter  Gürte!. 


Geflügelhändlerin. 
Zrjffo.     Aufgeschürzte   Hemdärmel.     Rund   ausgeschnittene 


Schürze.     Schuhe 


Schäfer. 
Breitkrempiger   Hut.     Langer  Schultermantel    und   eine   Art 
Unterrock  aus  Stroh.    Weste  und  Jacke. 

Nr.  16. 

Viehhändler. 

Breitkrempiger  Hut.   Offenes  Hemd.    Weste  und  Jacke.    Hose 

und  dlpargatas.     Houra  de  miranda,   weiter  Mantel  in 

grellen  Farben.   Karabiner.   Breite  Lederriemen  mit  Patron- 

tasehe. 

Nr.  11. 

Ferkelhändler. 

Kleine  Mütze  und  weiter  Ueberrock.    Beine  nackt. 


KÜSTENBEVÖLKERUNG. 
Der  Fischfang  beschäftigt  nicht  weniger  als  30000  Menschen 
und  erstreckt  sich  hauptsächlich  auf  die  Sardine,  den  Thun- 
und  Weiasfisch. 

Nr.  8  und  12. 

Fischhändlerinnen. 

Nr.  9  und  10. 

Muschelhändlerinnen. 

Nr.  13. 

Krabbenhändlerin . 

Nr.  14. 

Pescadore,  Fischer. 

Die  Tracht  ist  ähnlich  der  der  neapolit-anischen  Fischer: 

kleine  Mütze,  offenes  Hemd  mit  aufgeschürzten  Aermeln, 

weite  gegürtete  Hose,  Beine  und  Füsse  nackt. 

TRACHT  DER  GEISTLICHKEIT. 

Nur  die  hohen  Würdentrnger  sind  vom  Staate  besoldet ,   der 

niedere  Clerua  lebt  hauptsächlich  von  einer  congrua  ge- 

Die   reichen  Klöster   sind   meist    seit  1834   aufgehohen   und 
dürfen  keine  Novizen  mehr  aufnehmen. 

Ordensgeistlicher. 

Nr.  15. 

Parochial  Priester. 

Barrett  mit  Pompon  aus  Seidenfäden.    Baiina  e  capa,  lange 


Filzhut,  an  den  Selten  aufgeschlagen.  Doppelter  achwaraer 
Rock.  Schultermantel  mit  Kapuze.  Um  den  Hals  eine 
Kette  mit  Crncifix.  Hirtenstab,  wohl  das  Abzeichen  eines 
Ordens oberen. 


Tut,  an  der  Seite 
schwarzer  Serge ,  ( 
Farbe  bedeckt. 


Abbildungen  nach  Figurinen  der  portugiesischen  Abtheilung  der  Pariser  Weltausstellung  von  1878. 

Vgl.  K  BecluSy  G^ogi-aphie  universelle.  —  De  WihM,  Introduction  du  Catalogue  de  la  section 
portugaise,  Exposition  internationale  de  Paris,  1878. 


PORTUGAL 


PÖRTUGAb-  PORTUGAL 


0)/^^ 


ET 
PORTUGAL 


BAUERNSCHMUCK.  —  BÄUERIN  IN  FESTTRACHT. 

DER  \\^IBLICHE  SCHUH. 

Die  Portugiesischen  Bäuerinnen  tragen  zalilreiche  Schmucksachen  verschiedener  Form.  Bei 
seltener  Anwendung  von  Steinen  besteht  der  Hauptwerth  des  Schmuelis  in  der  Metallarbeit  in  Gold  oder 
Silber,  deren  Monopol  sich  Oporto  und  Lissabon  bewahrt  haben.  Das  häufige  Vorkommen  dieser 
Schmuckgegenstände  erklärt  sich  aus  dem  schon  im  Alterthum  ausgenutzten  Metallreichthum  des 
Landes  und  aus  dem  colossalen  Zufluss  edler  Metalle  aus  Malacca,  Goa  u.  s.  w.  während  des 
XVL  Jahrhunderts.  So  zählte  Lissabon  nach  der  von  Eodriguez  de  Oliveyra  im  Aufti-age  des 
Erzbischofs  aufgestellten  Handwerkerliste  im  Jahre  1550—15.51  480  Goldschmiede. 

Die  Eeduction  der  abgebildeten  Schmuckgegenstände  ist  im  Maassstabe  von  8 :  14  angefertigt. 


GOLDSCHMUCK. 

Nr.  11  und  19. 

Ohrgehänge  nnd  Brosche  in  Filigran  mit  Steinen. 

Nr.  1. 

Fragment  einer  Halskette. 

Nr.  3. 

Brosche  mit  beweglichem  Gehänge. 

Nr.  5  nnd  15. 

Herzförmige  Medaillons  15  bis  20  cm.  lang. 

Nr.  6. 

Ohrgehänge  ans  drei  beweglichen  Halbmonden. 

Nr.  7  nnd  24. 

Grosses  Kreuz  nnd  Ohrgehänge. 

Nr.  12  und  27. 

Hängekreuze. 

Nr.  17  nnd  20. 

Ohrgehinge. 


Brosche  mit  birnförmigen  Gehängen. 

SILBEESCHMÜCK. 

Nr.  3,  3a  und  4. 

Miederkette  und  Armband.  Silberne  Knöpfe  inÄrtischockenform. 

Nr.  8. 

Gehänge  mit  King  zum  Durchziehen  des  Sammetbandes. 

Nr.  9  und  10. 

Herzförmiges  Gehänge  und  Ohrriug. 

Nr.  14. 

Ohrgehänge  mit  innerem  beweglichen  Theil. 

Nr.  13  und  16. 

Ohrgehänge  und  Brosche. 

Xr.  18. 

Gehänge. 

Nr.  21  und  26. 

Gehänge  und  Ohrring. 


Die  auf  unserer  Tafel  abgebildete  Bäuerin  ist  fast  ganz  in  selbstgefertigte  Stoffe  geldeidet. 
Sie  ist  eine  Bergbewobnerin  des  Distrikts  Vianna,  Hauptstadt  Bejä,  Administrationsbezirk  Oporto- 
Sie  trägt  das  wollene  Kopftuch,  lengo.  Das  Mieder  aus  rotliem  Tuch  mit  Achselbändem  ohne 
Aermel  lässt  das  am  Halse  mit  einer  Ki-ause  geschlossene  Hemde  aus  weissem  Leinen  frei.  Der 
gestreifte  Merinorock  ist  mit  einem  breiten  Tuchrand  besetzt  und  von  einer  wollenen  Schürze  be- 
deckt. Am  Gürtel  hängt  eine  gestickte  Ledertascbe  von  ähnlicher  Ai-beit  wie  die  unter  Nr.  28  in 
grösserem  Maassstabe  abgebildeten  lackirten  Lederschuhe. 

Alle  hier  abgebildeten,  Schmuckgegenstände  entstammen  den  Werkstätten  von  Oporto  imd 
bildeten  einen  Theil  der  internationalen  Ausstellung  von  1878,  portugiesische  Section. 

Der  Schuh  befindet  sich  im  Museiun  des  Trocadero. 

Die  Bäuerin  ist  nach  einer  Photogi-aphie  im  Besitze  des  Herrn  Carlos  Kelvas  in  GoUega  re- 
producirt  und  nach  der  Figurine  einer  Bewohnerin  von  Vianna  in  der  poitugiesischen  Section  der 
Ausstellung  von  1878  kolorirt. 

Catalogue  special  de  la  section  portugaise  ä  l'exposition  universelle  de  Paris,  en  1878  mit 
Einleitimg  des  Baron  von  Wildik. 


Di^^ 


CN 


FRANKREICH.  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


VOLKSTRACHTEN  DER  AUVERGNE,   IN  VELAY  UND  BOURBONNAIS. 


und  7.  —  Bewohnerinnen  von  Moulins   mit  dem  Bour- 
Hütchen,  um  die  Schultern  die  capr ,  ein  ärmel- 
loses Mäntelchen,  das  in  ein  Capuchon  endet. 

Nr.  2.  3.  4,  5  und  6.  —  Bewohnerinnen  von  Puy. 

Nr.  2  und  6.  —  Kleiner  runder  Hut  über  dem  Kopfputz. 
Xr.  3  und  4.  Küschenhäubclien  mit  Schleifen  garnirt.  Nr.  6. 
Einfachere  Haartracht. 

Nr.  8  und  9.  —  Frauen  von  Issoire  (Puy-de-Düme) ,  untere 
Äuvergne. 

Nr.  8.  ganz  modern  gekleidet,  hat  von  dem  Auvergner  Costum 
nur  das  mit  schwarzem  Sammet  garnirte  Hütchen  beibe- 
halten. —  Nr.  9.  trägt  eine  Hanbe  mit  rundem  Boden  und 
das  kreuzweis  übergeschlagene  Bru'ittuch. 

Nr.  10.  Bauer  von  Langeac ,  Ärrondissement  Brioude  (Haute- 
Loire);  Velay. 

Alte  Tracht;  Dreispitz.  Jacke  mit  grossen  Knöpfen.  Köper- 
weste, Latzhose,  lange  Gamaschen,  Holzschuhe. 

Nr.  11.  —  Frau  aus  Saint-Germain-Lembron,  Ärrondissement 
Iseoire  (Puy-de-Döme) ;  untere  Äuvergne. 

Sonntagsstaat;  grosse  Haube  mit  rundem  Boden;  Kattun- 
brusttuch, niedriges  Mieder,  Kleid,  welches  nach  hinten  hin  i 
in  eine  lange  faltige  Schleppe  ausläuft  und  so  den  Unter- 
rock frei  lässt;  lange  Schürze  mit  Taschen.  ; 

Nr.  12.  —  Frau  aus  der  Umgegend  von  Riom  (Puy-de-Döme);  ; 
untere  Äuvergne. 

Haube  mit  verlängerten  Seitentheilen ,  die  auf  ein  Kattun-  i 
brusttuch  herabfallen;  Mieder,  dessen  Äermel  mit  schwarzen 
Sammtstreifen  garnirt  sind,  an  den  Seiten  und  hinten  auf- 
gesteckter Rock,  lange  Schürte,  Holzschuhe. 

Nr.  13.  —  Bauer  aus  der  oberen  Äuvergne.  i 

Hut  mit  breiter  Krempe;  offene,  eine  Weste  zeigende  Jacke; 
Ledergürtel;  hraye  (enge  Hose);  Gamaschen;  Holzschuhe.     | 

Nr.  1,  2,  3,  4,  5,  6,  7,  8  und  9  nach  Photographien;  Nr.  10, 
aus  Ad.  MicheU  TAuvergne  et  le  Velay. 

V;;l.  zum  Text  Lewis  (pseudonym  für  L.  Baiissier),  Physiologii 
et  le  Velay;  1843-51.  —  Mand€U  Histoire  du  Velay;  Lc  Pu> 


Ärrondissement  Clermont- 


Nr.   14.    -  Mann  aus  Chamalifere 
Ferrand;  untere  Äuvergne, 

Zweispitz;  lange  Jacke;  Köperweste;  brayf;  an  der  Seite  ge- 
knöpfte Gamaschen  ;  Holzsehuhe. 

Nr.  15.  —  Bäuerin  ans  Mont-Dore-les-Bains ,  Ärrondissement 
Clermont-Ferrand;  untere  Äuvergne. 

Strohhut  mit  schwarzem  Sammet  garnirt,  Brusttuch,  dessen 
Enden  in  ein  schmales  Mieder  gesteckt  sind;  vorn  ge- 
schürzter Rock. 

Nr.  16.  —  Frau  aus  der  Umgegend  von  Thiers  (Puy-de-DÖme); 
untere  Äuvergne. 

Hut  mit  breitem  Rande  ,  Brusttuch  und  Mieder  ebenso  wie 
Nr.  15. 

Nr.  17.  —  Bäuerin  aus  Saiut-Germain ,  Ärrondissement 
ÄuriUac  (Cantal);  obere  Äuvergne. 

In  der  einen  Hand  einen  Hut,  in  der  andern  einen  Krug; 
capcte  (Kapuze)  über  dem  Kopftuch;  Mieder  mit  Aermeln, 
die  bindenförmig  besetzt  sind. 

Nr.  18.  —  Frau  aus  Latour,  Ärrondissement  Issoire  (Puy-de- 
Döme);  untere  Äuvergne. 

Kopftuch ,  durch  eine  Art  Messingdiadem  zusammengehalten. 
Kattunenes  Brusttuch;  Armbinden  aus  demselben  Stoff  wie 
der  aufgeschürzte  Rock. 

Nr.  19  und  20.  —  Bewohner  von  Beauregard-Leveque,  Ärron- 
dissement Clermont-Ferrand;  untere  Äuvergne. 

Nr.  19.  Haube  mit  langen  Seitentheilen,  Halsband  mit  kleinem 
Kreuz;  kurzes  Mieder,  das  ein  mit  einem  Musselinshawl 
bedecktes  Halstuch  frei  lässt  und  mit  einem  Flittermuster 
besetzt  ist,  das  sich  in  der  Garnitur  der  Halbärmel  wieder- 
holt; im  Gürtel  gefältelter  Rock.  Nr.  20.  Zweispitz,  kurze 
weisse  gefältelte  Jacke;  unter  dem  Knie  mit  Strumpfband  be- 
festigter braye;  Gamaschen;  Holzschuhe. 
11,  12,  13,  14,  15,  17,  18,  19  und  20  nach  .Stichen;  Nr.  16, 

onuais;  1842.  —  Michel,  Ad.,    TÄncienne  Äuvergne 


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FRANCE  FRANKREICH 


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FRANKREICH 


VOLKSTRACHTEN  AUS  DER  UMGEGEND  VON  BORDEAUX. 
ERSTE  HÄLFTE  DES  XIX.  JAHRHUNDERTS. 


Nr.  1.  —  Milchmädchen  aus  Gradignan,  Arroiidissement  Bor- 

Brannes  Kopftuch,  Mieder  mit  kreuzweis  gebundenem  Brust- 
tuch, lange  Taschen,  über  dem  Rock  getragen. 

Nr.  2.  —  Krämerin  aus  der  Umgegend  von  Cauderan . 

Nr.  3.  —  Grisette  aus  Bordeaux. 

Kopftuch.  Halsrüsche,  gewürfelter  Shawl,  PerL-alrock.  Taffet- 
schürze, kleine  Ühr  an  einer  Haarschnur  am  Hals  herab- 
hängend, ausgeschnittene  Schuhe. 

Xr.  4.  —  Händlerin  mit  Geflügelkorb  ;  ein  Tragpolster  schützt 
den  Kopf.  Kopftuch,  Kapuzenmantel,  der  die  Schürze  und 
die  langen  Barchenttaschen  sehen  lässt.  Fussbekleidnng  aus 
Tuch  mit  Ueberpantoffelu. 

Nr.  5.  —  Hökerin.  Musselinhauhe  mit  stark  ausladendem 
Boden.  Mieder  mit  engen  Aermeln.  Kattunener  Shawl  und 
Musselin-Brusttuch.  Taschen  an  der  Aussenseite  des  Rockes : 
gestreifte  Schürze.    Escarpius. 

Nr.  6.  —  Grisette. 

Blondenmützchen,  mit  weisser  Seide  garnirt.  Sammetschleife 
im  Haar ,  umgeschlagene  Halskrause.  Kleiner  Shawl  aus 
Flockseide,  Leinenrock,  Taffetschürze,  Bänderschuhe. 

Nr.  7.  —  Junges  Mädchen  aus  Laroque,  Arrondissement  Bor- 
Wochentagshäubchen,  Brustshawl  über  blauem  Mieder,  carrirte 
Schürze.  Taschen  aus  rothgestreiftem  Percal. 

Nr.  8.  —  FiUe  de  peine  (Mädchen  für  Alles).  Staatshaube  aus 
Musselin,  Halsband  mit  goldnem  Kreuz  ä  la  Jmnmtie; 
carrirtes Brusttuch,  Schürze,  Barchenttaschen,  Bänderschuhe. 

Nr.  9.  —  Poi-tmifere  (Frau  aus  dem  Volk)  in  Sonntagstracht. 


Musselinhaube  mit  gesticktem  Tüllrand.  Brusttuch;  Schürze 
mit  grosser  Tasche,  rosa  Rock. 

Nr.  10.  —  Frau  aus  Blaye. 

Kopftuch  über  flachem  Häubchen. 

Nr.  11.  —  Milchmädchen  aus  Cauderan. 

Ueber  der  Batisthaube  ein  Beamer  Kopftuch.  Kattunshawl 
und  Musselinhalstucb.  Das  Mieder  an  den  Seiten  offen, 
so  dass  mau  das  Hemde  sieht. 

Nr.  12.  —  Bratäpfelverkäuferin. 

Aehnlicbe  Kopftracht. 

Nr.  13.  —  Hökerin  von  Bordeaus  in  Sonntagstracht. 

Hohe  Musselinhaube  mit  kleinen  losen  Bändern.  Brustshawl, 
über  dem  au  den  Seiten  geöffneten  Mieder  gekreuzt;  blau-- 
Schürze;  ausgeschnittene  Schuhe. 

Nr.  14.  —  Kleine  Mädchen  aus  Cauderan. 

"Weite,  vorn  übergebogeue  Haube,  Shawl  über  einem  in  der 
Farbe  vom  Rock  abweichenden  Mieder:  Taschen:  Schürze; 
Bänderschuhe. 

Nr.  15.  —  Hökerin. 

Musselinhanbe,  Ohrringe,  dreifaches  Halsband;  Kattunbrust- 
tucb  und  Musselinhalstuch,  in  der  Mitte  durch  eine  vier- 
eckige Broche  gehalten;  Schürze.    Escarpius  mit  Schleife. 

Nr.  16.  —  Frau  aus  dem  Volke. 

Ueber  der  Haube  ein  Kopftuch  aus  Kattun;  kleiner  Shawl, 
ein  Ratiuf^raieder  bedeckend. 

Nr.  17.  —  Milchmädchen  aus  Pessac.  Arrondissement  Bor- 
deaux. 

Oben  geknüpftes  Kopftuch;  eng  ein  weisses  Mieder  umschlies- 
sendes  Brusttuch;  lauge  Percaltaschen  über  schwarzem 
Rock:  Escarpius. 


Nr.  1,  2,  3,  4,  6,  7,  8,  9,  10,  12,  14  u.  16  nach  der  Sammlung  der  verschiedenen  Costüme 
der  Bewohner  von  Bordeaux  und  Umgegend,  von  de  Gälard  und  Geraud;  Bordeause,  1818  —1819. 

Nr.  5,  11,  13,  15  u.  17  aus  den  Costumes  des  fenimes  de  Hambourg,   du  Tjrol,    de  la  Hol- 
lande etc.,  von  Lante  und  la  Me'sangere,  Paris,  1827. 

Vgl.  zum  Text:  Saint-Sanmewi;  Voyage  ä  Bordeaux  et  dans  les  Landes,  an  VI  (1798).  —  Ber- 
fiadau,  Tableau  de  Bordeaux,  1810.  —  Ducorneau  und  Monteil,  la  France  nationale,  1844. 


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FRANKREICH.    -   XIX.  JAHRHUNDERT 


VOLKSTRACHTEN  IN  DEN  LANDES  UND  IN  DEN  WEST-PYRENÄEN. 

KR8TE  HÄLFTE  DES  JAIIEIIUNDERTS. 

12  3  4  5 

6         7        S        9         10         11 

Nr.  1,  2,  3  und  4.  —  Depai  tcmeiit  ik'S  Liuules. 

Nr.  5,  6,  7,  8,  'J,  10  iiiul  11.  —  West-Pyrenäeu :  Nr.  7,  Departement  der  Haute-Garoiine ;  Nr.  6,  8, 

10  und  11,  Ilautcs-Pyrenecs ;  Nr.  5  und  9,  Basses-Pyrcnecs. 

Departement  des  Landes. 

V'w  Bezeichumig  les  Landes  entspricht  wahi-sclieinlidi  dem  deutschen  Wort  Land  und  wird 
für  das  ausgedehnte  unfruchtbai'e  Territorium  südlich  von  Bordeaux  gebraucht.  Stelk'uwois  nur  Saud 
und  Moor,  weist  es  aucli  fette  Weiden,  von  Eichen  und  Kastanienbäiunen  eingefasst,  auf.  Eigent- 
lich wüst  und  uncultivirt  sind  jetzt  nur  noch  wenige  Streclten. 

Die  Bevölkerung  der  Landes  wohnt  an  der  Meeresküste  vom  Leuchtthmin  von  Cordouan  bis 
Teste  und  von  Teste  bis  Bayonne.  In  Bordeaux  bezeichnet  man  sie  als  parents,  in  Mont-de-Marsan 
als  cncozates,  in  Saint-Sever  als  lanusquds,  in  Dax  und  Bayonne  als  maransins. 

Nr.  1,  2,  3  und  4.  —  Lmmsqwets ,  Schäfer,  auf  den  escasscs  oder  trhanques,  Stelzen,  ebenso 
wie  der  lange  Stab,  mit  einem  Stück  Rinderknochen  beschlagen. 

Nr.  1.  —  Schäfer  in  nihender  Stellung;  er  strickt,  den  Stab  als  Sitz  benutzend.  Winter- 
tracht: Dolman  aus  Schaffell,  die  Wolle  nach  aussen;  die  Beine  von  dem  cnmauo,  einem 
Schaffell  umhüllt,  das  bis  auf  die  nackten  Füsse  hmuutergeht;  Kapuzenmantel  aus  grobem,  weissem 
Tuch;  danmter  zwei  Westen  und  eine  bis  unter  das  Knie  reichende  Hose. 

Nr.  2.  —  Dasselbe  Kostüm  von  hinten  gesehen. 

Nr.  3.  —  Frau  mit  Kamisol  und  Rock  bekleidet:  der  letztere  lässt  den  cammio  sehen;  über 
der  Brast  gekreuztes  Halstuch ;  Schüi-ze ;  als  Kopfbedeckung  in  Form  einer  Kapuze  gefaltetes  Tuch ; 
an  Festtagen  tragen  die  Frauen  eine  Mütze  mit  breiten  Barben  mit  rothen  Spitzen. 

Nr.  4.  —  Schäfer  in  Sommeiti-acht;  barrette,  Plattmütze,  aus  Wolle  gestrickt;  eine  Ai-t  kleinen 
Pelzmantels  und  camauo.    Eine  Kürbisflasche  hängt  an  seiner  Seite. 


Der  Gübniuch  der  Stelzen  zum  sclmelleii  Furtküiiimeii  in  ilen  weiten  Ebenen  der  Landes  ist 
einzig  iu  der  Welt.  Kinder,  Frauen,  Greise  und  Briefträger  benutzen  sie.  Die  Schaler  tragen  ihre 
ganze  Nahrung  für  mehrere  Tage  bei  sich. 

Die  West-Pyrenäen. 

Die  Abbildmigen  dieser  Tafel  repräsentircn  die  Trachten  dreier  Departements ;  die  der  Haute- 
Garonne,  der  Ilautes-  und  der  Basses-Pyrenees.  Fast  die  ganze  Bevölkerung  der  Pyrenäen,  von 
Port-Vendres  bis  Bayonne,  ist  iberischen  Ursprungs. 

Haute-Garonne. 

Nr.  7.  —  Bauer  aus  der  Umgegend  von  Bagneres-de-Luchon.  Die  Miinncrti-acht  in  den  Pyre- 
näen besteht  aus  Weste,  Jacke,  Hose  und  hohen  Gamaschen.  Der  Dreispitz  als  Kopfbedeckimg  ist 
jetzt  gänzlich  versch\vunden.  * 

Hautes-Pyrenees. 

Nr.  6.  —  Junges  Mädchen  aus  Bugard  (Arrondissement  Aigeles).  —  Rothe  Kappe  über  einer 
weissen  Haube;  Wollrock;  auf  der  Brust  ein  Band  mit  kleinem  silbernem  Kreuz;  Brusttuch  und 
Schürze  aus  Kattun. 

Nr.  8.  —  Frau  aus  dem  Thal  von  Louron.  -  Kappe  über  einer  mit  Rüsche  besetzten  Haube ; 
Shawl  über  dem  Mieder  eines  Barcbentrockes  geki-euzt;  Schürze;  Mantel,  über  dem  Arm  getragen. 

Nr.  10.  —  Junge  Dame  aus  der  Umgegend  von  Bagneres-de-Bigorre.  Kappe  aus  feinem  Caschmir 
mit  Sammetbesatz ;  sonst  pariser  Kostüm  von  1820. 

Nr.  11.  —  Jimge  Frau  aus  der  Umgegend  des  Thals  von  Aure.  Kappe  über  einem  Häubchen ; 
Silberki-euz;  Brusttuch  mit  über  eine  can-irte  Schürze  fallenden  Enden;  Wollrock;  Schuhe  mit  auf- 
wärts gekrümmter  Spitze. 

Basses-Pyrenees. 

Iii  dieser  Gegend  ist  das  baskische  und  das  bearnaiser  Kostüm  vorherrschend.  Die  Baskin 
trägt  das  Kopftuch,  die  Bearaerin  die  Kappe.  Im  Uebrigen  ist  die  Tracht  ziemlich  die  gleiche: 
breites  Hemde,  am  Hals  geschlossen,  um  die  Hüften  durch  die  Schnur  eines  einfachen,  sehr  kurzen 
Barcbentrockes  zusammengehalten ;  bisweilen  blau  und  weisse  Strümpfe,  die  bis  zum  Knöchel  reichen 
und  den  Fuss  bloss  lassen. 

Die  Küstenbevölkerung  des  Landes  ist  sehr  schlecht  gekleidet. 

Nr.  5  und  9.  —  Fischerfrauen  (Biarritz)  mit  ihrem  Korbe,  tistct. 

Nr.  5.  —  Kopftuch;  Leinenhemde;  Wollrock.     Das  Mäntelchen  ist  imi  die  Hüften  gerollt. 

Nr.  9.  —  Haube  mit  hinten  am  Kopf  geknüpften  Bändern;  Hemd  mit  kurzen  Aermelu  und 
Wollrock. 

Nr.  1,  2,  3  imd  4  aus  der  Sammlung  der  verschiedenen  Kostüme  der  Bewohner  von  Bordeaux 
und  Umgegend  von  de  Galard  und  Geraud,  Bordeaux  1818—19. 

Nr.  6,  10  und  11  nach  den  Costumes  des  femmes  de  Hambourg,  du  Tyrol,  de  la  Hollande,  etc., 
von  Lante  und  la  Mesangere,  Paris,  1827. 
Nr.  5  und  9  nach  Photographieen. 
Nr.  7  und  8  nach  der  Folge  von  Kostümen,  gezeichnet  von  Pmgret  imd  Benard. 

Vgl.  Saint- Sauveur ,  Voyage  ä  Bordeaux  et  dans  les  Landes,  an  VI.  —  F.  GaiJlard,  Les 
Landes  (Les  Fran^ais  peints  par  eux-memes,  Band  7).  —  Bergues  la  Garde,  Les  Landes,  1868. 


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FRANKREICH.  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


VOLKSTRACHTEN 

NIVERNAIS,  DAUPIimE,  NIZZA,  SAVOYEN,  MACONNAIS,  BRESSE  UND  BOURBONNAIS. 


7,  8,  10.  12  und  U 

Mäcoiinais. 

Nr.  11  und  13. 

NIVERNAIS. 

Das  ehemalige  Nivernais  bildet  heute  das  Departement  der  Nievre.  Am  Ufer  der  Flüsse  zahl- 
reich bewohnt  und  reich  an  industi'iellen  Anstalten,  ist  es  im  Uebrigen  wegen  seiner  gebirgigen  Be- 
schaffenheit nicht  eben  dicht  bevölkert. 


Büucriu  von  Morvaii. 
i  und  hinten  aufgesclilagen;  grosser  Haarkn 


in  einem  Haubclien.  Kurzer  Rock  aus  poitlan,  einem  ein- 
lieimischeu  Gewebe,  mit  ännellosem  Mieder.  Brusttuch 
von  greller  Farbe,  in  den  Latz  einer  langen  Schurze  ge- 
steckt. 


Die  Dauphine  bildet  jetzt  die  Departements  der  Isere,  der  Drome  und  Hautes-AJpes. 
Ebenfalls  vorwiegend  gebirgig,  macht  das  bebaute  Land  der  Dauphine  kaum  die  Hälfte  des 
P'lächeninhaltes  aus.     Dagegen  eignen  sich  die  weiten  Bergwiesen  vorzüglich  füi'  die  Viehzucht. 


Nr.  2. 
Verpilliere;  Arrondissemeut  Vienne. 

ärmelloses 
Kattun. 


Bäuerin 
kleiner  Strohhut  über  einem  weissen  Häubchen 
Mieder;  kurzer  Rock  und  buntes  Brusttuch  ai 


Nr.  4. 
Frau  aus  demDorfSaint-Albin;ArroudissementLaTour-du-Pin. 
Crrosser  Strohhut  mit  heruntergeschlagenem  Bande;  ärmel- 


Nr.  6. 
Bäuerin  von  Saint-Laurent;  Arrondisseraent  Greuoble. 
Weisse  Musselinhaube;  ausgeschnittenes  Mieder;  Brusttuch; 
Rock  und  Schürze  von  greller  Farbe. 


ALTE  GRAFSCHAFT  NIZZA. 

Die  alte  Grafschaft  Nizza,  jetzt  das  Departement  der  Alpes-Maritünes,  bildet  die  Sprachgrenze 
zwischen  Frankreich  und  Italien.  Der  eigentliche  Lokaldialekt  ist  eine  Mischung  aus  dem  Proven- 
?alischen,  dem  Französischen  und  Italienischen. 

Ohne  hemerkenswerthe  Industrie,  liegt  der  Reichthum  des  Landes  in  der  Blumenzucht.  Jasmin, 
Rosen,  Geranium,  Orangenhlüthen  werden  in  grossen  Massen  ausgeführt. 


Nr.  3. 
Bäuerin  aus  dem  Dorfe  Briga. 


festigt.  Die  Kopfledeciung  besteht  gewöhnlich  aus  einem 
breiten  Strohhut,  capeUina,  oder  einer  Art  Netz,  scuffia,  von 
grüner,  schwarzer  oder  rother  Farbe.  Meist  wird  das  Haar 
mit  einem  weissen  Kopftuch,  lutireu ,  bedeckt,  das  hinten 
herabfällt  und  unter  dem  Kinn  befestigt  ist. 


SAVOYEN. 

Das  Land  ist  arm,  und  ein  grosser  Theil  der  Savoyarden,  dui-ch  die  Noth  gezwungen,  ernährt 
sich  in  der  Fremde  im  Umherziehen  durch  Kleinhandel. 

Nach  statistischen  Ermittelungen  hat  sich  die  Bevölkertmg  in  den  Hochebenen  Savoyens  um 
ein  Viertel  vermindert,  wälu-end  sie  in  der  Tiefebene  in  demselben  Maasse  gewachsen  ist. 


Nr.  5. 

Bergbewohner  aus  der  UmgegHiid  von  Saint-Jean  de  Maurieuno. 

lieber   der  Wollmütze   ein   Filzhut,   dessen    hiotere  Krempe 

heruntergeschlagen  den  ganzen  Naeten  bedecltt;  überge- 


knöpfte  Weste;  Hose,  von  starken,  unter  dem  Knie  durch 
einen  Lederriemen  gehaltenen  Gamaschen  bedeckt;    grosse 
Schuhe;  Rock  mit  grossen  Knöpfen  und  Seitentaschen. 
^r,  1,  2,  3,  4,  5  und  6  gehören  der  ersten  Hälfte  des  Jahr- 
hunderts an. 


Die  Bewohner  des  Departements  Sa6ne-et-Loire,  von  dem  das  Mäconnais  einen  Theil  ausmacht, 
haben  zum  grössten  Theil  ihre  alte  Tracht  beibehalten.  Besonders  die  Frauen  tragen  die  ca^e^ 
deren  Form  mit  oder  ohne  hoiipe  der  HoiTie  (Ruilce)  der  Rheinländerinnen  und  Brabanterinnen  gleicht. 


Nr.  7. 
Haube  mit  blaner  Schleife.    Hut  mit  doppelter,  ziemlich  tief 
obere  Theil  mit  Spitzenkrause 


Nr.  8. 
Hut  mit  flachem  Rand  mit  Plüsch  und  Spitzenrand;   daran 

befestigt  ein  langer  Schleier;   der  obere  Theil  mit  breiter 

GoMlitze  endet  in  eine  kleine  Plüschkrone. 
Unter   dem  Hut  ein  gefälteltes  Häubchen.     Ohrgehänge  und 

Halsbänder.    Brusttuch  unter  dem  Schürzenlatz,  der  eine 

kleine  Brosche  trägt.    Spitzenkragen. 


Festkostüm. 

Spitzenhäubchen  mit  lang  herabfallender  Schleife.     Hut  auf 

der  Seite  des  Kopfes,  durch  ein  ebensolches  Band  gehalten. 

Dreifaches    Halsband    und    Ohrgehänge.      Breiter   Kragen. 


Rosa  Seidenrock  mit  ebensolchem  Mieder;  Ueberärmel  aus 
weisser,  gestickter  Seide.  Ueber  der  ersten  Schurze  eine 
zweite  aus  schwarzen  Spitzen.   Halbhandschuhe.   Escarpins. 

Nr.  12. 
Reiches  Festkostüm, 
lut  mit  Spitzen,  Goldquasteu  und  Schleier.  Doppeltes  Hals- 
band mit  Medaillon.  Uhr  mit  langer  Kette.  Geialtelter 
Kragen.  Schwarzer  Seidenrock.  Schürze  aus  hellem  Seiden- 
stoff mit  Mieder  und  goldgestickten  Aermeln.  Ueberärmel 
und  Halbhandschuhe  aus  Spitzen. 


Tracht  einer  Wirthschafterin  aus  der  ersten  Hälfte  unseres 

Jahrhunderts. 

Kleiner  schwarzer  Filzhut  mit  Schleifen.     Spitzenhäuhchen. 

Hock   aus   hellgrünem  Tuch  mit  ausgeschnittenem  Mieder- 


Latz. 


Bresse  bildet  den  nördlichen  Theil  des  Departements  Ain.    Die  wenig  diclite  Bevölkerung  be- 
schäftigt sich  vorzugsweise  mit  Ackerbau,  Viehzucht  und  Käsefabrikation. 

Nr.  11  und  13.  1       mit  Latz  nad  Goldkotten,  die  auf  den  Schultern  l)efestigt 

sind.  Holzschohe,  Sctuhe  oder  Galoschen  je  nach  der 
Jahreszeit,  Filzsocken,  wollene,  leinene  oder  baumwollene 
Strümpfe. 

BOUEBONNAIS. 
(Das  hier  abgebildete  Kostüm  scliliesst  sich  au  die  aiif  Tafel  CN  gegebenen  an.) 

Nr.  9.  I       Nacken  zu  einem  dicken  Knoten  gescliluiigeu  und  durch 

eine   Schnur   oder   einen    kleinen   Kamm  gehidten.     Aus 
Blangarnirter  Strohhut ,  hinten  volntenartig  nach  TOm  ge-  Ringen  bestehender  Schmuck  an  einem  Samraetband.    Blauer 

bogen.    Die  Haare,  von  einem  Häubchen  bedeckt,  sind  im    1       Tuchmantel. 

Nr.  1,  2,  3,  4,  .5   und  6  aus  der  CoUection  de  Costumes  de  l'empire  fi-angais,   herausgegeben  von 

Martinet  am  Anfang  des  Jahi-hunderts. 

Nr.  7  und  8  nach  Photographieen. 

Nr.  10,  11,  12  und  13  nach  den  Modellen  im  Musee  Ethnographique  du  Trocadero  in  Paris. 

Nr.  9  nach  einer  Originalzeichnung. 

Nr.  14  aus  den  Costumes  des  femmes  de  Hambourg,   du  Tyrol  etc.,  herausgegeben  von  Lante  und 

de  la  Mesangere. 

Vgl.  Statistique  de  l'empire,  1808.  —  Les  Fran^ais  peints  par  eux-memes,  Band  6  imd  7.  — 
Ducourneau  und  Moiiteil,  La  France  nationale. 


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FRANKREICH 


ELSASS.  —  HAAETRACHTEN  DER  VERSCHIEDENEN  STÄNDE.  — 
DER  BENDEL,  DIE  PELZKAPPE;  XVH.  JAHRHUNDERT. 

VOLKSTRACHTEN,  XES.  JAHRHUNDERT. 

Nr.  4,  6,  7,  10,  11,  13,  20  irnd  21. 

Haartrachten  des  XYll.  Jalu-hunderts. 

Nr.  9,  12,  H,  15,  16,  17,  18  und  19. 

Details  dieser  Haartrachten. 

Nr.  1,  2,  3  und  5. 

Trachten  der  ersten  Hälfte  unsers  Jahrhunderts. 

Die  nationalen  Kopf-  und  Haartrachten,  bis  in  das  XVH.  Jahrhundert  hinein  dui-ch  Luxus- 
gesetze geregelt,  erhielten  sich  nach  der  französischen  Occupation  vorwiegend  in  dem  Bürger- 
und Bauernstände.    In  der  neueren  Zeit  verlieren  sie  sich  mehi-  und  mehr. 


BENDEL  (HAUBEN)  IN  VERSCHIEDENEN  POEMEN. 

Nr.  4. 

Seidene  Mutze  mit  Bnnt-  nnd  Silberstickereien. 

Nr.  10  und  11. 

Mütze  auf  Goldgrund  gestickt,  von  zwei  Seiten. 

Nr.  9  und  12. 

Details  der  Stickerei. 

Verschiedenfarbige    Stickerei    mit  Silberblätteben;    Perlen- 

gamituren  in  der  Mitte  und  an  den  Seiten. 
Der  hintere  Theil  ist  mit  Blnmen  und  Ornamenten  auf  roth- 
seidenem Grunde  gestickt. 


Nr.  13. 

Mütze,  ganz  mit  Goldäligran  überzöge] 

Nr.  14,  15,  16,  17,  18  und  19. 

Details  der  Kopftracht. 


1  Stand  mit  der  goldgestickten 


Nr. 
XVII.  Jahrhundert.    Person  vo 
Mütze. 

DIE  PELZKAPPE. 

Nr.  20. 

Frau    Marie  Sabine  Krezni ,   geb.   Kieterin    von  Komburg ; 


KOPFTRACHT   DER  FRAUEN. 

Nr.  6  und  7. 
Hohe  Coiffure  von  zwei  Seiten. 
[reisfönnigG  Haute  auf  Drahtgestell ;  aufdemBoäenkokarden 
artige  Schleifen  mit  einem  Goldkiiopf  in  der  Mitte. 


Nr.  1. 

Gärtnerin  aus  Strasshurg. 
Häubehen  aus  roaa  Seide,  vorn  mit  grosser  Schleife;  aus- 
geschnittenes  Mieder;    leichtes    Brusttuch    aus   Musselin; 
blaugestroifter  Rock;  grosse  Schürze ;  Schuhe  mit  silbernen 
Schnallen ;  weisse  Handschuhe. 

Nr.  2. 

Bäuerin  aus  der  Umgegend  von  C'olmar. 

Goldgesticktes  Häubchen,  liinteu  mit  einer  Schleife,  vorn  mit 

einem  TöUvorstoss;  Mieder  und  Kock  mit  weissem  Grunde  ; 

grosses  kreuzweise  gebundenes  Brusttuch ,   dessen  Enden 

vom  über  eine  blauseidene  Schürze  fallen ;  Schuhe  mit 


flacher    Strohhut    mit   Plüschrosette ; 


Bäuerinnen  aus  Kochersberg. 

Nr.  3.  Katholisches  junges  Mädchen.  —  Die  Katholikinnen 
tragen  grelle  Farben.  Silbergesticktes  Häubchen  mitgrosser 
Schleife.  Gesticktes  bis  an  den  Hals  reichendes  Hemd; 
lange  Püffärmel.  Vorn  geschnürtes  Mieder  ans  Kattun,  ge- 
blümt und  mit  Flittern  besetzt;  rosaseidene  Schleifen. 
Rother,  grüngesäumter  Rock ;  darunter  mehrere  verschieden- 
farbige Unterröcke.  Seidenes  Halstuch.  Ausgeschnittene 
Schuhe.    Flacher  Strohhut  mit  Kokarde  und  Schleifen. 

Nr.  5.  Lutherisches  junges  Mädchen.  —  Gesticktes  Häubchen 
mit  grosser  Schleife.  Lange  Flechten  mit  schwarzen  Schleifen 
au  den  Enden.  Schwarzes  Halstuch.  Hemd  mit  breitem 
Umlegekragen  und  Puifärmeln.  Grün  gestreiftes  Mieder. 
Grüner  Rock  mit  hellen  Säumen.  Längerer  Unterrock. 
Weisse  Schürze.     Strohhut.    Kleine  Schuhe  mit  Rosetten. 

MODERNE  WEIBLICHE  KOPFTRACHT. 


it  grosser  Schleife,  deren  Enden  hinten  herabfalle: 
Grosshorzogthum  Baden.    Halstuch  mit  Franzen. 


Nr.  1,  2,  3  und  5  aus  der  SaramUmg  von  Lante  und  La  Mesangere,  Costumes  des  femmes  de  Ham- 
bourg,  du  Tyrol,  etc.  1827. 

Nr.  4,  10,  11  und  13  und  die  Details  Nr.  9,  12,  14,  15,  16,  17,  18  und  19  aus  den  Sammlungen  der 
Hen-en  Muntz,  Goupil,  Baur  u.  s.  w.  ausgestellt  in  der  Kostümausstellung  der  Union  centrale  von  1874. 

Nr.  6,  7  und  21  nach  gleichzeitigen  Stichen  ohne  Bezeichnung. 

Nr.  8  nach  einer  Photographie. 

Nr.  20  nach  einem  deutschen  Stich,  bezeichnet  Georg  Feniher. 


Vgl.  Richard,  Histoire  de  l'Alsace, 
historique  et  statistique,  1855. 


335.  —  Päon,  Strasbourg  illustre,  panorama  pittoresque, 


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FEANKREIGH. 


-  XVIII.  UND  XIX.  JAHR- 
HUNDERT 


VOLKSTKACHTEN  AN  DER  KÜSTE  DES  KANALS 


FISCHER  VON  DIEPPE:   DIE  BEWOHNER  VON  POLLET. 


10 


12 


Nr.  2,  3  und  5. 

Bewohner  von  Dieppe  und  PoUet;  zweite  Hälfte  des  XVIII.  Jahrhunderts. 

Die  Trachten  Nr.  2  und  5  haben  sich  bis  in  das  XIX.  Jahrhundert  erhalten. 

Nr.  7,  8,  9,  10,  11  und  12. 

Bewohner  von  Pollet;  erste  Hälfte  unseres  Jahrhunderts. 

Nr.  1,  4  und  6. 

Moderne  Fischertypen  beiderlei  Geschlechts. 

Dieppe,  einst  eine  berühmte  Seestadt,  ist  seit  dem  ersten  Kaiseireich  zu  einer  Fischerstadt 
herabgesunken,  die  einen  grossen  Theil  ihrer  Waare  nach  Paris  liefert.  Besonders  in  Pollet,  zuerst 
1285  als  Villa  de  Poleto  erwähnt,  haben  sich  die  Fischer  angesiedelt,  denen  man  venezianischen  Ur- 
sprung zuschreibt.  Sicher  ist  ein  lebhafter  Handelsverkehr  zwischen  den  Normannen  und  Venezianern 
im  XII.  imd  XHI.  Jahrhundert. 


XVni.  Jahrhundert. 


Umherziehender  Händler  mit  Elfenheinwaaren, 


Gruppe  1 


Bäuerinnen. 


Zwei  von  den  Frauen  tragen  eine  Haube  mit  langen  Bändern; 

kurzer  Keck  mit  ausgeschnittenem  Mieder;  Unterinnel  mit 

weiten  Hemdärmeln  darüber;  die  Bäuerin  rechts  trägt  ein 

kleines  Halstuch. 
Die  Tracht   der   dritten   Frau   ist  mehr  städtisch:    Flache 

Haube ;  spitz  ausgeschnittenes  Mieder  mit  umgeschlagenem 

Kragen;  Sammetschleife  um  den  Hals. 


Fischer  aus  Pollet  im  Arbeitskostüm. 
Rothe  Mütze;  lange  Tuchjacke  mit  Hornknöpfen;    i 
Hose  ein  grauleinener  Untenock;  schwarze  Leders 

XIX.  Jahrhundert. 
Nr.  10  und  12. 
Bewohner  von  Pollet  im  Festanzug. 
Dieses  Kostüm  hat  sich  bis  gegen  1820  erhalten.    I 


barett  mit  WoU-  und  Silberornamenien  und  einer  Seiden- 
scMeife,  die  einen  Bosch  ans  gesponnenem  Glas  hält;  Puder- 
perrücke;  Halstuch  mit  Quasten  aus  Silberfaden;  blaue 
WoUjaclce  mit  seidenen  Galons;  geblümte  Seidenweste; 
weite  wollene  Pluderhose  mit  Seide  passementirt  und  an 
den  Seiten  ausgezackt;  Seidenstiümpfe  mit  roth  und  blauen 
Zwickeln;  Lederschuhe  mit  silbernen  Schnallen. 


Nr.  7  und  11. 


Bewohnerinnen  i 


PoUet  in  Festtracht. 


Nr.  7. 

Haube  mit  unter  dem  Kinn  zu sammenstos senden  Barben; 
Brusttuch  mit  Spitzenbesatz;  Sammetband  mit  einem  gol- 
denen, emaillirten  Zweig  oder  Kreuz;  geblümtes  Mieder 
mit  kurzen  Aermeln;  kurzer  Rock;  Halbhandschuh,  über 
dem  Gelenk  durch  eine  Schleife  mit  Schnalle  gehalten; 
Escarpins  mit  silbernen  Schnallen. 
Nr.  11. 

Leinener  Kopfputz  mit  bauschigem  Boden.  Halskette  und 
Goldki-euz ;  Musselinbrnsttuch;  geblümtes  Seidenmieder, 
vorn  durch  Schleifen  geschlossen,  nach  hinten  zu  sich  in 


einem  ge:fölteltenSchooss  verlängernd  ;  Wollrock  über  einem 
Tuchunterrock;  seidene  Schürze;  Wollstrümpfe  mit  blauen 
Seidenzwickeln  ;  Tnchschuhe  mit  silbernen  Schnallen;  Taba- 
ti^re  in  der  Hand. 


Fischer  von  Pollet  und  Kind;  Arbeitskostüm. 
Der  Fischer  gleicht  dem  unter  Nr.  5  abgebildeten. 
Das  kleine  Madchen  ist  wie  die  Fischerfranen  gekleidet. 


Moderne  Trachten. 


Fischer  und  Fischerin. 

Nr.  1  und  4  tragen  wasserdichte  Kleidung.  Nr.  6  ausser  dem 
Anker  ein  Netz. 

Die  Frau  ist  mit  Haube,  Halstuch  und  in  der  Taille  durch 
einen  Strick  gehaltener  Jacke  bekleidet;  ein  kurzer  Unter- 
rock lässt  die  Hose  sehen;  grobe  Strümpfe  und  Holzschuhe 

In  jeder  Stadt  giebt  es  mehrere  Fischergilden ,  die  durch 
einen  ecoreiir  vertreten  werden.  Dieser  leitet  die  Unter- 
nehmungen und  vertheilt  den  Gewinn  unter  die  Mitglieder 
der  Genossenschaft. 


Nr.  1,  4  und  6  nach  Photographieen. 

Nr.  2,  3  und  5  nach  dem  Gemälde  von  Joseph  Vemet,  der  Hafen  von  Dieppe,  im  Louvre. 

Nr.  7  aus  der  Sammlung  von  Lantö  imd  La  Mesangfere:  Costumes  des  femmes  du  pays  de  Caux  1827. 

Nr.  9  aus  einer  Sammlung  französischer  Trachten,  herausgegeben  von  L.  Bourdin. 

Nr.  10,  11  und  12  gehören  dem  ethnogi-aphischen  Museum  des  Trocadero. 

Vgl.  L.  Vitetj  Ilistoire  de  Dieppe,  1844.  —  X  Rechts,  Geogi'aphie  universelle. 


FRANC£X!r^ 


FRANCE  XIX!8^i:^^ 


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DM 


FRANKREICH.  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


NORMANNISCHE  FRAUENTRACHTEN. 
ERSTE  HÄLFTE  DES  JAHRHUNDERTS. 


2         3         4 
11  12 


6         7         8 
U  15 


Nr.  1  u.  4.  —  Bewohiieriimen   von  Ronen  in  Sonntaggtracht. 

Diese  Arbeiterinnen  tragen  den  barolet.  einen  tief  herab- 
gehenden Schleier ;  der  Haarwulst  ist  vom  Kopf  durch  eine 
breite  Binde  getrennt. 

Nr.  2  u.  7.  —  Trachten  von  Bois  d'Embourg,  drei  Meilen  von 

Nr.  3.  -  Frau  ans  Val-de-la-Haye,  bei  Ronen. 

Nr.  5.  -  Tracht  in  Pont-l'Evelue  (Calvados). 

Nr.  6.  —  Junge  Bewohnerin  von  Havre. 

Der  Haubenboden  endet  spitz,  darüber  ein  doppelt  umge- 
schlungenes Band  mit  Rosette;  weisses,  spitzenbesetztes 
Halstuch,  in  das  Mieder  eingeknöpft. 

Nr.  8  n.  16.  —  Trachten  in  dem  Marktflecken  Saint-Gorgon 
bei  Ronen. 

Die  Haube  hat  unten  einen  halbmondförmigen  Ausschnitt, 
liegt  anf  einem  Sammetstreifen  und  ist  mit  gefälteltem 
Batist  besetzt 

Nr.  9.  —  Mädchen  aus  dem  Caux,  LimpiviUe,  Ärrondissement 
Yvetot.  Sie  gehört  einer  religiösen  Vereinigung  an  und 
trägt  das  geweihte  Brot  in  die  Kirche. 

Der  Schleier  ist  zweitheilig ,  jede  Hälfte  über  einem  breiten 
Bande  gefältelt.  An  Festtagen  wird  eine  Haube  mit  be- 
sonders kurzen  Barben  getragen. 


Nr.  10.  —  Bewohnerin  von  Bayeux. 

Die  Barben  bilden  einen  Winkel  vorn  auf  dem  bavolet ,  die 
Jacke  ist  auf  dem  Rücken  gefältelt  und  in  den  Rock  ge- 
steckt. 

Nr.  11.  —  Bewohnerin  von  Caen. 

Die  caliyette  der  Caenneserinnen  ist  sehr  hoch  und  die  sich 
kreuzenden  Barben  bilden  eine  Art  Mitra,  die  durch  eine 
goldene  Nadel  anf  dem  Kopfe  befestigt  wird.  Die  Haare 
sind  zu  einen  Wulst  zurückgenommen.  Zwei  Schürzen  über 
einander  mit  spitzwinkligem  Latz. 

Nr.  12.  —  Bäuerin  aus  RoUeville,  Ärrondissement  Havre. 

Eine  schon  1827  seltene  Haube.  Die  vordere  und  hintere 
Garnitur  sind  aufgenäht. 

Nr.  13.  -  Tracht  von  Saint-Valery  i 

Nr.  14.  —  Bewohnerin  des  Caux. 

Das  hier  dargestellte  Costüm  ist  das  auf  dem  Lande  übliche. 
Auch  die  Art  des  Sitzes  auf  dem  Pferde  ist  eine  sehr 
alte.  Man  nannte  sie  ä  la  plmichetti  und  sie  bestand 
darin,  dass  man  seitwärts  sitzend  die  Füsse  auf  eine  Art 
Bänkchen  stützte.  Ein  LieWingsschmuck  der  Bäuerinnen 
des  Caux  ist  ein  grosses  goldenes  Kreuz,  von  einem  Heraun 
überragt. 

Nr.  15.  —  Tracht  von  Varanyevillc,  Ärrondissement  Dieppe. 


i  Caux. 


Die  Haube  der  Bewohnerin  der  Landschaft  Caux  bestand  aus  einem  reich  mit  Gold  oder  Silber 
gestickten  Gestell  in  der  Form  eines  Kegels  oder  eines  gekrümmten  Homs,  von  dessen  oberster  Spitzi' 
gefältelte  Barben  bis  zur  Mitte  des  Körpers  herabfallen.     Einfassung  imd  Boden  fehlen. 

Die  übrigen  Haubenformen  bestehen  aus  drei  Theilen:  dem  Boden,  der  Einfassung  und  den 
Barben. 


Charakteristisch  für  all  diese  Kopftrachten  ist  der  Chignon  aus  falschen  Haaren,  nach  dessen 
Grösse  man  den  Reichthum  der  Trägerin  bemass. 

Jetzt  hat  man  in  den  besser  situirten  Klassen  überall  die  städtischen  Moden  angenommen. 

Die  Illustrationen  nach  dem  Werke:  Costumes  des  femmes  du  pays  de  Canx  et  de  plusieurs 
autres  parties  de  l'ancienne  province  de  Normandie,  dessines  par  Lante,  gravis  par  Gatine;  Paris, 
1827,  ™-4». 

Vgl.  La  remarquahle  Normandie  ilhistre'e  (1852,  herausgegeben  von  Andre  Potter  und  Georges 
Miiucel).  —  Viollä-k-Duc,  Dictionnaire  du  mobilier  frani;ais,  Artikel  Coiffures. 


PRANGE  XirCENT 


FRANCE  XIX?  S^^^^  PRANKREIPHXirJAHK 


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FRANKREICH  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


TEACHTEN  AUS  DER  BRETAGNE 

3  12  11  5  8  6  10 

12  4  9"  7 


Xr.  1. 
Junge  Frau  aus  der  Umgegend  von  Quimperle. 
Die  Mütze  ist  von  Baumwolle,  der  Rock  von 
Wolle,  die  Schürze  von  Seide;  das  Leibchen, 
der  Gürtel  und  die  Schürze  sind  mit  Gold 
und  Silber  gestickt;  von  dem  zweimal  um 
den  Hals  geschlungenen  Sammetbande,  dessen 
Schluss  ein  goldenes  Herz  bildet,  hängt  ein 
kleines  goldenes  Ki-euz  herab. 

Nr.  2. 
Mann  aus  Bannalec,  Arrondissement  Quimperle. 
Die  über  dem  Gürtel  getragene  blaue  Weste 
ist  von  Tuch.  Das  Hemde  und  die  Hosen 
sind  von  Leinwand,  die  Gamaschen  von  Tuch, 
der  Hut  von  Filz  und  der  Gürtel  von  Wolle. 


Nr. 


Nr.  4. 
'rau  aus  Pont  TAbbe,  Arrondissement  Quim- 
perle. Der  vordere  Theil  der  Kopftedeckung 
ist  von  weisser  Baumwolle.  Er  liegt  auf 
einer  seidenen,  mit  Gold  gestickten  Kappe, 
die  das  Haar  nur  zum  Theil  bedeckt.  Das 
an  den  Armen  und  am  Halse,  wo  es  zuge- 
knöpft ist,  sichtbare  Hemd  ist  von  Baumwolle, 


das  Unterkleid  von  WoUe,  an  der  Brust  und 
am  unteren  Saume  mit  Seide  gestickt.  Das 
Oberkleid  ist  ebenfalls  von  WoUe;  die  Aermel- 
aufschläge  sind  mit  Seide  gestickt.  Schürze 
und  Güi'tel  sind  von  Seide.  Letzterer  ist  mit 
Blumenstickereien  versehen.  Schuhe  von 
Leder. 

Nr.  5  und  G. 

Frauen  aus  Pont  l'Abbe,    in   weniger   reichen 

Trachten  als   die  vorige,    die   aber  in  ihren 

Abweichungen  dazu  dienen,  die  Physiognomie 

dieser  alten  Tracht  zu  vervollständigen. 

Nr.  7. 
Frau  aus  Melguen,  Arrondissement  Quimperle. 
Die  Haube  ist  von  Musselin,  das  Kleid  von 
Wolle,  die  Schürze  mit  äusseren  Taschen  von 
durchwirkter  Seide  und  mit  Passements  be- 
setzt, der  Gürtel  von  goldgestickter  Seide. 
Das  Sammethalsband  ist  durch  ein  goldenes 
Herz  geschlossen,  von  dem  ein  goldenes  Kreuz 
herabhängt. 

Nr.  8. 
Frau    aus    Douarnenez,    zu    demselben    Arron- 
dissement gehörig.      Ihre  Tracht  ist  der  von 
Pont  l'Abbe  ähnlich.     Sie  weicht  nur  in  dem 
weiten,    gefalteten    Hemdkragen    ab.      Die 


leichte  Schwellung  des  Aermels  an  der  Schul- 
ter und  die  hohe  Haube  erinnern  an  die 
Hennins  des  XV.  Jahrhunderts. 

Nr.  9. 
Manu  aus  Saint-Goazec,  Arrondissement  Ohä- 
teaulin.  Das  Hemde  mit  dem  weiten  Kragen 
ist  von  Baumwolle.  Die  Tuchweste  ist  am 
Halsausschnitt  mit  Sammet  eingefasst.  Eine 
Oeffnung  an  der  Seite  gestattet  der  Hand, 
in  die  darunter  befindliche  Tasche  zn  greifen. 
Zwei  Reihen  kupferner  Knöpfe  gehen  rechts 
und  links  von  oben  nach  unten.  Die  blaue 
.Jacke  ist  zum  Theil  mit  schwarzem  Pelz  be- 
setzt. Die  kurzen  Hosen  sind  von  Leinwand, 
die  Gamaschen  von  Tuch,  der  Hut  von  Filz 
und  die  Schuhe  von  Leder.  Aus  dieser  Ge- 
gend kommen  vorzugsweise  diejenigen  Leute 
nach  Paris,  die  dort  als  Mehlsackträger  ar- 
beiten. 


Nr.  10. 
Frau  aus  Ploudaniel,  Arrondissement  Chäteau- 
lin.  Die  hohe  Haube  erinnert  ebenfalls  an 
die  des  XV.  Jahrhunderts.  Das  Hemde  ist 
am  Hals  gefaltet  und  der  Latz  der  Schürze, 
unter  welchem  das  befranzte  Brusttuch  über 
Kreuz  geschlagen  ist,  mit  einer  getollten 
Krause  besetzt. 

Nr.  11. 
Junges  Mädchen  aus  He-des-Batz,  Arrondisse- 
ment Morlaix.  Mit  ihi-er  unter  dem  Kinn  zu- 
sammengeknüpften Kaputze,  mit  ihrem  vorn 
offenen  Mäntelchen  und  dem  geschnüi'ten 
Leibchen  erinnert  diese  Bretagnerin  an  die 
Tracht  des  XV.  Jahrhunderts. 

Nr.  12. 
Frau  aus  Locmariaquer,  Arrondissement  Lorient. 


(Nach  Studien  und   Ge, 


ilden  der  Herre, 
von    Vaiard  . 


Gandon  und  J.  B 
m.   in    Quimperle.) 


■.stinos  und  Photographit 


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FRANKREICH 


TRACHTEN  DER  BRETAGNE 

7  8  10  £ 


XIX.  JAHRHUNDERT 
11         12 


Nr.  1. 

Einwohner  von  Faouet,  Arrondissement  Pontivy 
(Morbihan).  —  Kurze  Jacke  von  Tuch,  zwei- 
farbig quergestreifte  Weste  in  blau  und  weiss, 
mit  schwarzen  Bändern  und  zwei  Reihen  liup- 
ferner  Knüpfe  besetzt.  Die  Weste  ist  aus 
einem  besonderen  Wollenstoff  gefertigt.  Der 
lederne  Gürtel  ist  mit  Metallbeschlägeu  vei'- 
sehen.  Die  Tuchhosen  reichen  bis  auf  den 
Knöchel  herab.  Die  ledernen  Schuhe  sind 
vorn  zusammengeschnürt.  Filzhut  mit  schwar- 
zen Bändern.    Kurze  Haare  und  glatt  rasirt. 

Nr.  2. 
Mann  aus  Ploare  bei  Douarnenez  (Finistere).  — 
Jacke  und  Weste  aus  Tuch  mit  Borten  be- 
setzt. Seidener  Gürtel,  weite  Pumphosen  aus 
gestreiftem  Tuch,  die  unter  dem  Knie  zu- 
sammengebunden sind.  Tuchgamaschen  mit 
bunten  Franzen  an  der  oberen  Oefi'nung, 
Filzhut  mit  gesticktem  farbigen  Seidenbande. 
Vollbart  und  langes  Haar. 

Nr.  3. 
Junger  Mann  aus  Quimper.  —  Kurze  Matrosen- 
jacke mit  Borten  besetzt.  Zwei  Westen, 
deren  obere  über  der  unteren  ofl'en  bleibt. 
Breiter  Ledergürtel  mit  kupfernen  Beschlägen. 
Weite  Seemannshose,  Filzhut  mit  breitem, 
goldgesticktem  Seidenbande. 


Nr.  4. 
Einwohner  von  Combrit,  Arrondissement  Quim- 
per. —  Jacke  und  Weste  aus  Tuch  mit 
Bortenbesatz.  Weites  wollenes  Beinkleid. 
Holzschuhe  mit  geschwärzten  Spitzen.  Filz- 
hut mit  schwarzem  Bande. 

Nr.  5. 
FrauausPont-rAbbe,ArrondissementQuimper.— 
Die  mit  rothen  Bändern  befestigte  Kappe  ist 
von  goldgestickter  Seide  und  reicht  hinten 
nur  bis  unter  das  Ohr  herab,  so  dass  die  Haare 
hinten  chignonartig  zum  Vorschein  kommen. 
Kurze,  offene  Jacke  ohne  Schösse  mitAermeln, 
die  nur  bis  zum  Ellenbogen  reichen  und  mit 
Sammetstreifen  besetzt  sind.  Das  wollene 
Kleid  ist  vorn  auf  der  Brust  und  au  den 
Unterarmen  sichtbar.  Das  Leibchen  ist  mit 
farbiger  Seide  gestickt.  Das  Hemde  ist  unter 
dem  Kinn  zugeknöpft;  an  den  Handgelenken 
sind  die  gefalteten  Manschetten  desselben 
sichtbar.  Die  über  den  Hüften  umgebundene 
Schürze  ist  ebenso  wie  der  Gürtel  von  Seide. 
Wollene  Strümpfe  und  lederne  Schuhe  mit 
Patten,  die  mit  einem  Bändchen  zusammen- 
gebunden sind. 

Nr.  6. 

Frau  im  Sonntagsstaat,  aus  dem  Arrondissement 

Quimperle.  —  Das  wollene,  an  der  Brust  weit 


aufstehende  Kleid  lässt  das  Leibchen  sehen, 
dessen  Schnitt  der  Weste  der  Männer  gleicht. 
Die  Mütze  ist  von  Musselin;  die  breiten  hinten 
aufgenommenen  und  im  Nacken  befestigten 
Seitentheile  derselben  sind  gestickt.  Die 
Bänder  bleiben  frei  und  fallen  auf  die  Brust 
herab.  Schürze  und  Gürtel  sind  von  Seide 
und  mit  farbigen  Blumen  gestickt.  Die  Säume 
des  Kleides  und  der  Schürze  sind  mit  goldenen 
Borten,  der  Rand  der  Tasche  mit  seidenem 
Bande  besetzt. 

Nr.  7. 
Frau  aus  Chäteaulin.  —  Die  Seitenflügel  der 
Haube  sind  über  dem  Scheitel  kreuzweis  zu- 
sammengesteckt. Die  Kopfbedeckung  hängt 
mit  dem  hoch  hinaufgehenden  Halskragen 
nicht  zusammen.  Die  Schürze  ist  mit  einem 
Latze  versehen,  welcher  das- Leibchen  zum 
Theil  bedeckt.    Das  Kleid  ist  von  Tuch. 

Nr.  8. 
Frau  aus  Pont-Croix,  Arrondissement  Quimper.  — 
Die  baumwollene  Mütze,  welche  eine  Art  Ka- 
putze  bildet,  ist  hinten  gefaltet  und  reicht 
über  den  Nacken  muschelförmig  auf  den 
Rücken  herab.  Die  Seitenflügel  der  Haube 
fallen  von  hinten,  wo  sie  zusammengebunden 
sind,  auf  die  Brust  herab.  Der  Rock  ist  von 
Tuch,  die  Schürze  von  Wolle. 


Frau 


Nr.  9. 
Carhaix,  Arrondissement  Chäteaulii 


Nr.  10. 
Frau  aus  la  Feuillee.  —  Das  Schürzenband, 
welches  doppelt  um  die  Taille  geschlungen 
wird,  ist  an  der  Seite  zusammengeknotet. 
Die  Jacke  mit  umgeschlagenen  Aermeln,  welche 
das  Leibchen  des  Rockes  weit  sehen  lässt, 
ist  von  Tuch. 

Nr.  11. 
Frau  aus  St.  Thegonnec,  Arrondissement  Mor- 
laix.  —  Die  Haube  ist  arrangirt  wie  die  von 
Nr.  7.  Sie  ist  ebenfalls  aus  Baumwolle  wie 
der  breite  Kragen,  welcher  die  Schultern 
bedeckt.  Die  wollene  Jacke  wird  nicht  vom 
Gürtel  zusammengehalten,  sondern  die  Seiten- 
theile gehen  nach  unten  weit  auseinander. 


Frau  von  der  Insel  Batz,  Arrondissement  Mor- 
laix.  —  Steife  Haube  in  Kaputzenform,  welche 
die  Schultern  bedeckt.  An  den  Rändern  ge- 
faltet; unter  dem  Kinn  zusammengebunden; 
aus  Baumwolle.  Das  Leibchen  ist  ganz  von 
einem  seidenen,  befranzten  Busentuch  ver- 
deckt. 


(Nach  Studien  von  Gandin,  Malereien  von  Justin  Ba 


nd  Photographien  von  ViHard  fr.  in  Quimper.) 


^17  3- 


^nf 


FRANKREICH 


VOLKSTRACHTEN  DER  BRETAGNE  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


11 


Nr.  1. 
Sonntagstracht  aus  Kerlahan,  Arrondissemcni 
Brest.  Der  breitkränipige  Hut  ist  von  Filz, 
Halstuch  von  Musselin,  M'este  mit  einer 
doppelten  Reihe  von  Knöpfen,  am  Halsaus- 
schnitt mit  Seide  eingefasst  und  gestickt 
Ein  seidener  Gürtel  und  eine  Tuchjacke  mil 
Taschen,  welche  an  den  Säumen  eingefassl 
ist,  vervollständigen  mit  der  gestreiften  wol 
lencn  Hose  die  Tracht. 

Nr.  2. 
Arbeitsanzug  aus  derselben  Gegend.    Die  Weste 
ist  aus  Tuch,  das  Hemde  von  Baumwolle  und 
der  breite  gestreifte  Gürtel  von  Wolle. 


Greis  aus  der  Umgegend  von  Quimper.  Das 
weite  Tuchbeinkleid  wird  von  leinenen  Knie- 
bändern zusammengehalten. 


Einwohner  von  Plouvenet-le-Faon,  Arrondisse- 
ment  Chäteaulin. 

Nr.  5. 
Mann  aus  Pont-Croix  in  demselben  Arrondisse- 
ment.-    Ueber  der  Jacke  trägt  er  noch  eine 
üeberjacke  ohne  Aermel.     Seine  weiten  Bein-   | 
kleider    werden    unterhalb    der    Kniee    von   j 
Strumpfbändern  aus  Tuch  zusammengehalten,   j 


Nr.  G. 
Tracht  aus  Pleyben  in  demselben  Arrondisse- 
ment.  Dieser  Anzug,  dessen  schwarze  Farbe 
nur  der  blaue  Wollengürtel  unterbricht,  ist 
einschliesslich  der  Gamaschen  ganz  aus  Tuch, 
der  Hut  von  Filz. 

Nr.  7. 
Auch  diese  Tracht  aus  Saint  Goazec  im  Arron- 
dissement  Chäteaulin   ist  einschliesslich  der 
Gamaschen  ganz  aus  Tuch  gefertigt. 

Nr.  8. 
Bergbewohner  aus  la  Feuilleo.  Seine  Jacke  ist 
mit  langhaarigem  Pelz  gefüttert.  Die  über- 
einandergeknöpfte  und  vollständig  geschlos- 
sene Weste  wird  an  der  Taille  von  einem 
Ledergürtel  mit  Metallschloss  zusammen- 
gehalten.   Breiter  Filzhut. 

Nr.  9. 
Einwohner  von  Barnalec  im  Arrondissoment 
Quimperle.  Seine  kurze  Tuchweste  ist  mit 
Passementerieborten  besetzt.  Die  Weste  ist 
oben  am  Halse  mit  Seide  gestickt.  Der 
Gürtel  mit  Metallschloss  wird  über  einem 
Tuchgürtel  getragen. 

Nr.  10. 

Sommeranzug.     Zwei  Westen,  eine  untere,  die 

oben  mit  Seide  gestickt  ist,  und  eine  obere. 


die  über  der  Brust  herzförmig 
geht.  Ein  lederner  Gürtel  mit  Schloss  hält 
beide  zusammen.  Die  ärmellose  Jacke  lässt 
die  Hemdsärmel  sehen.     Strohhut. 


Nr.  U  und  12. 
Arbeitsanzüge  aus  Plougastel-Daoulas  im  Arron- 

(Nach  Malereien  von  Bastinos  und  Photogr 


dissement  Brest.  Hemde  von  Wolle,  Weste 
und  Jacke  von  Tuch,  Hose  von  Leinwand, 
Gürtel  und  Mütze  von  Wolle. 

Die  jüngeren  Männer  sind  durchweg  glatt 
rasirt  und  tragen  meist  das  Haar  sehr  lang. 


V 


M< 


$p^" 


BY 
FRANKREICH 


VOLKSTRACHTEN  DER  BRETAGNE. 
DEPARTEMENT  FINISTERE. 
2  3  4  5 


10 


Bäuerin  aus  Plougastel-Daoulas,  Arrondissement  Brest. 
Kopfputz  aus  Leinen  oder  Rattun  mit  Barben  und  Schleifen. 
Mieder  ans  blauem  Tuch  mit  Aermeln.  Weste  aus  rothem 
Tuch;  Jacke  aus  braunem  Tuch;  wollener  Kock;  Gürtelans 
gelben  Bändemi  Brusttuch  aus  gelbem,  blaugestreiftem 
Kattun. 


Frau  aus  PIonevez-du-Faou,  Arrondissement  Chäteaulin. 
Kopfputz   aus   Kattun   über  einer  Kappe  aus   rother  Wolle ; 
leicht  gesteifter,  leinener  Halskragen;  Jacke  aus   Tuch; 
wollener  Rock;  Schürze,  vorn  mit  einer  Tasche;  ein  roth- 
wollenes Band  als  Gürtel. 


Frau  aus  Donarnenez,  Arrondissement  Qnimper. 
Kopfputz  aus  Kattun  oder  Leinen  ;  über  der  Taille  ein  ärmel- 


loses Mieder  blau  mit  bun 


Frau  aus  Carhaix,  Arrondissement  Chäteaulin. 
lock    aus    hellgelbem    Tuch;   Leinenschürze;  Kopfputz 
demselben  Stoff. 


u  ans  Kerlouan,  Arrondissement  Brest. 

1  Kattun,  über  die  Schultern  herabfallend;  Brust- 


Kappe,  bedeckt  durch  einen  Musselinkopfputz;  Brusttuch  aus 
stark  gesteifter  Leinwand;  über  der  blauen  Taille  ein 
zweites,  gleichfarbiges  Mieder  mit  Stickereien  besetzt; 
weisse  Kattunschürze;  Ueberärmel. 


Junge  Bäuerin  aus  Ploare  bei  Douarnenez,  Arrondissement 
Quimper. 

Kopfputz  aus  Spitzen  oder  gesticktem  Tüll;  breit  gefältelter 
Leinentragen;  an  dem  Knüpfband  des  Kopfputzes  befestigt 
ein  goldgesticktes  Schmuckstück  über  den  hirits,  das  Hemde, 
herabfallend;  Mieder  und  Rock  aus  rothem  Tuch  mit  gold- 
gesticktem Besatz;  tavanger ,  Schürze  aus  Seide  mit  gold- 
gesticktem   Besatz;   Schuhe    aus   Tuch,    oft  mit  Seiden- 


iauer  aus  Saint-Yvi  bei  Rosporden,  Arroudis.semeiit  Quimper. 
lut,   toc,   aus  Filz  mit  langen,    schwarzen  Sammetbändern ; 

roludetmou,  "Weste,  tlau;  corquen,  Jacke,  aus  ebensolchem 

Tuch  mit  Stickereien; 


L  modernem  Schnitt. 


Nr.  10  und  11. 
Ehepaar  aus  Kerfeunteun,  Arrondissement  Quimper. 
Jr.  10.  —  Viereckiger  Kopfputz  aus  Kattun;  Stehkragen  aus 
demselben  Stoff;  Mieder  und  Rock  aus  rothem  Tuch  mit 
Seidenbändorn ;  tavatiffer  aus  Seide  mit  Goldstickerei;  Gold- 
kreuz an  einem  schwarzen  Sammetbande;  Schulterbaiid, 
von  beiden  Seiten  über  die  Brust  fallend;  Tuchschuhe. 


Nr.  11.  —  Blauer  rökedennou  mit  doppelter  Knopfreihe; 
dreifacher  corquen  aus  schwarzem  Saramet  mit  hellgelber 
Stickerei;  hragou-braz,  weite  Puff  hosen  aus  Tuch;  goiiriz, 
Ledergürtel  mit  durchbrochenen  und  ciselirten  Kupfer- 
platten; houseaux  aus  gleichem  Stoff,  wie  die  6ro5'02t-&ra£; 
Lederschuhe. 


Frau  i 


Nr. 


1  Plonevez-Porzay,  Arrondissement  Chäteaulii 


Viereckiger  Kopfputz  (vgl.  Nr.  10);  breit  gefältelter  Kragen, 
Mieder  und  Rock  aus  braunem,  gesticktem  Tuch;  breiter 
Gürtel  aus  ähnlich  gesticktem  Band;  tavariger  aus  geblümter 
und  gestickter  Seide. 


Nr.  7,  8,  9,  10,  11  und  12  nach  Photographieen. 
Vgl.   Emile  Soiwestre,  Le  Foyer  breton  und  EUaee  Heclus,  Geographie  universelle. 


Dnl 


p!7' 


BI 

FRANKREICH 


VOLKSTKACHTEN  IN  DER  BRETAGNE. 
DEPARTEMENT  FINISTERE. 


Filzhut  mit  verschiedenfarbiger  Chenille;  corgum,  Jacke. 
Roliedcnnon,  gestickte  "Weste.  Offene  Unterjacke  mit  roth- 
gestickten Knopflöchern.  Bragou-bras  aus  Leinwand,  um 
den  gouriz,  einen  Ledergürtel,  gefältelt. 

Nr.  6  trägt  einen  gestickten  Hemdkragen,  wie  er,  bisweilen 
auch  roth  oder  schwarz,  nur  hei  den  Bergbewohnern  ge- 
bräuchlich ist. 

Nr.  2. 
Bauer  aus  Carantec;  Arrondissement  Morlais. 

Filzhut  mit  bunter  Chenille.  Braune  Weste  mit  blauen 
Aermeln  und  schwarzen  HornkiiÖpfen.  Weissleinene  Hose 
mit  rothem  Oörtel. 

Nr.  3. 

Bauer  aus  Landivisiau;  Arrondissement  Morlaix. 


Nr.  4. 
Mann  aus  Douamenez;  Arrondissement  Quimper. 
Hut  mit  Sammetband   und  bunter  Chenille.     Corquen 


buntem  Besatz.   Weste  mit  gesticktem  Saum.  Breiter  rother 
Wollgürtel. 


Giienedouriens  oder  „Weisse";  Arrondissement  Quimperlö. 
Nr.  5.    Hut  mit  bunter  Chenille.    Weisse  Leinenjacke  mit 

rother  Stickerei.    Blaue  Weste.    Weite  Leinenhose. 
Nr.  7.    Bauer,   die  „junge  Bretagne"   repräsentirend.    Hose 

mit  Latz;  Weste;  weisse  Leinenjacke  und  runder  Hut  mit 

Sammetband. 


Quimper. 


Breiter  Filzhut;  gestickte  Jacke;  Weste  mit  doppelter  Knopf- 
reihe; Pumphosen. 

Die  bretonischen  Bauern  tragen  nur  an  Festtagen  den  hoioti- 
Uzr  oder  Lederschuh ;  ihre  gewöhnliche  Fussbekleidung  ist 
der  hotou-coad  (Holzschuh). 

Der  Bauer  hält  in  der  Hand  den  pen-las,  einen  Stock  aus 
Eichen  Wurzel. 


Mann  aus  Plonevez-Porzay;  Arrondissement  Chätcaulin. 
Blaue  Jacke  mit   Sammetbesatz,     Braune  Weste.     Kattun- 
gürtel.   Faltige  Hose.   Kothe  oder  gelbe  wollene  Strumpf- 
bänder.   Gamaschen  und  Lederschuhe. 


Nr.  10. 
Bi^rgbewobner  aus  der  Umgegend  von  Scaer;  Arrondisseraent 

Quimperle. 
Runder  Hut  mit  sclimaler  Krempe.    Weite  Jacke.    Doppel- 
weste, die  eine  oifen,  die  andere  quer  über  der  Brust  ge- 
schlossen.   Breiter  Stoffgürtel.   Leinenhose.  Tuchgamasche, 
auf  der  Seite  geknöpft. 

Nr.  11. 


Runder    Hut 


Weste.    Dicker  Wollgürtel.    Weite,  faltige  Hosen, 
gamaschen  mit  5  oder  6  Kupferknöpfen. 


Bauer  aus  Langolen ;  Arrondissement  Qaimper. 
'leinerHut;  kurze  Jacke;  zwei  Westen,  die  eine  geschlossen, 
die  andere  offen;  gouriz  aus  Leder  mit  Schnallen,    Faltige 
Lederhosen.    Gamaschen  und  Lederschuhe.    Eichenstock. 


Nach  Studien  von  Gandon,  Bildern 


Justin  Bastinos  irnd  Photograpliieen  von  Villard  jun.  in 
Quimper. 


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GC 
BRETAGINE 


HAARTRACHTEN  DER  FRAUEN  UND  KINDER:  DER  BlGOUDENYOl^,  RONT- 
L'ABBE  UND  DER  CABELLOU.  —  FRAUEN  VON  SABLES-D'OLONNE. 


SALZGEWINNENDE  BEVOLKERUNq  der  HALBINSEL  VON  GUEKANDE:   TRACHT  DER 
VERHEIRATHETEN;  DER  VENTEL,  KIRCHGANGSMANTEL. 


KOPFBEDECKUNG  DER  KINDER;  DER  CABELLOU. 

Knaben  und  Mädchen  tragen  den  cabeUou,  eine  kleine  bunte  Mütze.  Die  der  Knaben  ist  mit 
einer  Quaste  oder  Troddel  geschmückt.  Da  auch  die  Knaben  bis  zum  sechsten  oder  siebenten 
Jahre  ein  Röckchen  tragen,  so  ist  dieses  das  einzige  Untei-scheidungsmerkmal  der  beiden  Geschlechter. 

Haartracht  der  Frauen  von  Pont-1'Abbe,  Departement  Finistere:  der  bigouden.  Der  higotulen 
ist  eine  Kopfbedeckung  aus  Linon  oder  Kattim,  welche  die  Bäuerinnen  von  Pont-l'Abbe  über  ihre 
seidengestickte  Kappe  setzen.    Die  Frauen  selbst  werden  nach  diesem  Kopfputz  Bigoudens  genannt. 

Nr.  5. 

Bigoitden  aus  Kattun ,  dessen  Bänder   unabliaugig   über  den 

Kopfputz  gelegt  werden  müssen. 

Nr.  6. 

Bigonden  ans  Kattun,  zugleich  eine  Kappe  bildend,  an  deren 

Boden  die  Bänder  befestigt  sind. 


litt 

Nr.  1,  2,  7  und  8. 
zen  der  kleineu  Mädclicn. 

Nr.  3,  10  und  11. 

Mützen  der  Knaben. 

Nr.  4. 

Bigoi^en  aus  Lino 
Kappe  befestigt. 

,  mit  Bändern  über  einer  seidengestickten 

FRAUEN  VON  SABLES-D'OLONNE. 

Die  Männer  von  Sables-d'Olonne  sind  geschickte  Sardinenfischer;  die  Frauen  imterstützen  : 
ihrem  Gewerbe  imd  besorgen  die  ländlichen  Ai'beiten. 


Nr.  16. 
Fischerin  aus  Sables-d'Olonne;  Montagstracbt. 
Cäbriole  aus  Leimvand.  Goldenes  Halsband  und  Ohrringe. 
Wollene  Jacke  mit  Paffärmeln.  Darüber  ein  Shawl  mit 
Franzen.  Flanellrock.  Gestreifte  Schürze  mit  Taschen,  in 
der  einen  ein  Messer  an  silberner  Kette.  Wollstrümpfe. 
Lederschuhe. 


Gemäsegärtnerin  aus  Sables. 
Kleine  Leiuenhaube,  mit  einem  seitwärts  geknüpften  Bande. 
Wolljacke  mit  sammetbesetzten  Aermeln.  Rock  aus  dem- 
selben Stoff.  Latzschürze  über  einem  wollenen  Brusttuch. 
Wollstrümpfe.  Lederschnhe  mit  Seidenschleife.  Goldenes 
Herz  und  Kreuz  an  einer  schwarzen  Schnur. 


SALZGEWINNENDE  BEVÖLKERUNG  DER  HALBINSEL  GÜERANDE; 
DEPARTEMENT  LOIRE-INFERIEURE. 


In  Saille  und  Batz,  den  beiden  Hauptorten  der  Halbinsel,  hat  ; 
halten  und  bretonische  Sprache  und  Sitten  treu  bewahrt. 


Bevölkerung  rein  er- 


Nr.  13. 
Bewoliuoiin  von  Batz ;  Kiichgaugstracht. 
Schwarze   Kleidung;    darüber   der   ventel,    ein    Mantel    aus 
grobem  Gewebe  mit  dichten  Franzen  aus  gekämmter  und 
grün  oder  schwarz  gefärbter  Wolle,  der  sich  von  Generation 
zu  Generation  vererbt.   Die  junge  Mutter  trägt  beim  Kirch- 
gang ein  Körbchen,  aus  dem  sie  geweihtes  Brot  vertheilt. 
Nr.  14  und  15. 
Tracht  der  Verheiratheten  in  Saille. 
Nr.  14,  Gescheiteltes  und  geflochtenes  Haar,  über  der  Stirn 


diadomartig  zusammengenommen,  darüber  ein  Battisthiiub- 
chen.  Grosser  Spitzenkragen.  Violettes  Mieder  mit  rothen 
Aenneln  und  Bruststück  aus  seidengesticktem  Goldbrokat, 
Wollrock.  Seidene  Schürze  und  Schärpe.  Rothe  Zwickel- 
atrümpfe.    Schuhe  mit  Schleifen. 

Nr.  15,  Hut  mit  seitwärts  aufgeschlagener  Krempe.  Umge- 
legter Kragen.  Drei  Westen  übereinander.  Rothe  Jacke. 
Leinene  PufFhosen,    Weisse  Strumpfe.   Gelbe  Lederschuhe. 


Nr.  19. 
Savoyische  Bergbewoluieriu. 

Nr.  1,  2,  3,  4,  5,  6,  7,  8,  9,  10,  11  und  13  nach  Photograpliieen  und  Studien  von  Villard  jun.  in 
(Jiiimper. 

Nr.  12  und  16  nach  Photographieen  von  CoUin  in  Sables-d'Olonne. 

Nr.  14  imd  1-5  nach  Volkstypen  im  naturgeschichtlichen  Museum  in  Nantes. 

Nr.  17  im  ethnographischen  Museum  des  Trocadero. 

Vgl.  Pitre  -  Chevalier  und  Eniile  Souvcstrc,  Nantes  et  la  Loire-Inferieiu-e ;    1850.  —  Achüle 
Huverat,  Promenades  historiques  en  Maurienue  et  en  Tarentaise;  1872. 


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FRANKREICH.  —  XIX.  JAHRHUNDERT 


STICKEREIEN  UND  SCHMUCKGEGENSTÄNDE  DER  BRETONISCHEN 
BAUERN. 


Nr.  1  und  3. 
Stickerei  dea  clmpm  {Ueberweste  ohne  Aennel)  der  Männer 

von  Douarnenez,  Arrondissement  Quimper. 
Der  Grand  aus  Tuch;  Woll-  oder  Seidenstickerei;  das  Schwarze 

Sammet,  häufiger  Seide  oder  Tuch. 

Nr.  2. 
Spange  der   Frauen  von  GuiSrande,    Arrondissement  Saint- 


Nr.  4  und  5. 

Hemdenspangen  für  Männer  und  Frauen. 

Ir.  4  aus  Sainte  -  Radegonde ,   Arrondissement  Fontenay-le- 

Comte;  Nr.  5  mit  Glasperlen  aus  Lesneven,  Arrondissement 

Brest;  die  Quasten  aus  Wolle. 


Ring  mit  Kreuz.  Herz  und  Anker;  Frauenschmuck. 

Nr.  9  und  12. 

Hemdenspangen  für  beide  Geschlechter;  Sainte-Anne,  Arron- 
dissement Lorient. 

Nr.  9.  Gehänge  mit  Kupferplättchen ;  Nr.  12.  Messingdraht, 
Glasperlen  und  Wollquasten. 

Nr.  13  und  15. 


der  Pilgerschaft.  In  der  Mitte  ein  kleiner  Spiegel ,  um- 
gehen von  Kupferdraht  und  Seidenfäden;  d.as  Ganze  auf 
durchbrochenem  Papier. 

Nr.  14  und  16. 
Sicherheitsnadeln   aus   Plonevez-du-Faou,    Arrondissement 
Chäteaulin:    der  Kopf  Nr.  16    aus  Blei;    Nr.    14   email- 
artig gefärbt.    Anst.xtt  des  wollenen  Tuifs  bisweilen  Glas. 

Nr.  18  und  19. 


Gouriz ,  Ledergürtel ,  mit  gravirten  und  getriebenen  Kupfer- 
platten;  das  Leder  wird  immer  frisch  geweisst  {vgl.  Tafel 
BY,  Frankreich,  Nr.  11).  -  Plonevez-du-Faou,  Arrondisse- 
ment Chäteaulin. 


Pantoffelstickerei;  Riec,  Arrondissement  Quimper. 

Nr.  25. 
Spange  aus  Kerlouan,  Arrondissement  Brest. 

Nr.  27. 
Stickerei  eines  Justin ;  Fouesnant,  Arrondissement  Qu 


Nr.  28  und  31. 
;;  Riec,  Arrondi.>^sement  Qni 


i  Locmaria,  Arron- 


Nr.  29. 
Silber-  oder  Stahlkreuz  der  Bäuerin 
;  Chäteaulin. 


Nr.  30. 
Stickerei  des  corquen  (Mannsweste);  Pont-Aven,  Arrondisse- 


Antike  Fibeln. 
Nr.  8  und  24. 


Nr.  10. 
Fibula  vom  Kircbhof  in  FlaTion. 

Nr.  11  nnd  26. 
Fibeln  aus  den  Grabstätten  des  Departements  der  Marne. 

Nr.  17. 
Bronzefibel;  Museum  in  Vannes. 

Nr.  20. 
Fibula,  gefunden  in  StJrancourt,  Umgegend  von  Eourges. 


Die  antiken  Fibeln  sind  zum  Vergleich  mit  den  ähnlichen  modernen  Schmuckstücken  der  Bre- 
tonen  zusammengestellt. 
Originale  mitgetheilt  von  Herrn  Henri  de  Cleuzimi. 


FRANCE 


FR  AN  CE  FRANKREirH 


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AD 


FRANKREICH 


BÄUERLICHER  HAUSRATH.  —  DER  BAHUT  ODER  DIE  LADE  IN  DER 
BRETAGNE. 

Der  bahtit,  balm  oder  bahur  ist  eine  transportable  Lade  oder  Trulie,  die  zur  Aufbewalining 
von  Kleidern,  Geld,  Linnen  und  Weiiihgegenständen  dient;  sie  wird  gelegentlich  bei  Reichen  und 
Annen  auch  als  Tisch  oder  Bank  benutzt.  Bis  zum  Ende  des  fünfzehnten  Jahi-hunderts  erhielt  sich 
das  Wort  bnhut  ziir  Bezeichnung  eines  Reisekoffers. 

In  Manuskripten  des  fünfzehnten  Jahi-hunderts  stellen  die  Mniatui-maler  oft  die  Lade  neben 
Personen,  deren  bäuerlichen  Stand  sie  hervorheben  -wollen.  Noch  heutzutage  ist  sie  in  der  Vend^e 
und  Bretagne  ein  heilig  gehaltenes  Familienerbstück. 

Die  beiden  auf  unserer  Tafel  abgebildeten  Exemplare  zeigen  neben  alterthümlicher  Omamen- 
tirung  rohe  Figuren,  deren  Tracht  auf  das  Ende  des  XVI.  oder  auf  die  erste  Hälfte  des  XVII.  Jahr- 
hunderts hinweist. 

Der  Naturalismus  der  Pflanzenornamente  in  der  oberen  Lade  erinnert  an  keltische  Vorbilder, 
während  Umrahmung  und  Stilisirung  der  Dekoration  in  dem  unteren  Exemplar  sich  an  orientalische 
Muster  anlehnen. 

Nach  Photogi-aphieen. 

Vgl.  Violht-le-Duc,  Dictionnaire  raisonne  du  mobilier. 


FRANCE 


FRANCE-  ■    FRANKREICH 


^]i^ 


GD 


BRETAGNE 


INNERES  DES  FARMHAUSES. 

VOEBEREITUNGEN  ZUR  HOCHZEIT.    VOLKSTRACHTEN  VON  FINISTERE  UND  LOmE- 
INFERIEURE. 

Doppeltafel. 

Das  bretonische  Haus  besteht  mu'  aus  einem  Erdgeschoss  und  einem  Kornboden.  Au  die 
Aussenmauer  lehnen  sich  einige  kleine  Wirthschaftsgebäude  aus  Stein,  Holz  oder  Lehm. 

Die  Schwelle  des  Hauses  ist  lun  30—40  cm  erhöht  und  bildet  eine  Art  Bank  assie  de  hu, 
auf  der  man  Platz  nimmt,  um  sich  auszumhen  imd  mit  den  Nachharn  zu  plaudern. 

Der  Kamin  ist  gross  und  von  einem  schweren  Mantel  überragt,  von  dem  eine  Art  Lambrequin 
herabhängt.  Auf  dem  Gesims  des  Mantels  steht  ein  Crucifix  oder  eine  Mutter  Gottes,  von  ver- 
schiedenen Vasen  und  Geräthen  umgeben.  Der  eigentliche  Feuerraiun,  aus  grossen  Steinen  zu- 
sammengesetzt, lässt  Platz  für  einen  Kaminsitz,  den  meist  der  Grossvater  oder  auch  ein  Gast  eiu- 
ninmit,  dem  man  eine  besondere  Freundlichkeit  ei-weisen  will.  An  der  Innenwand  ist  der  (fllaume, 
ein  Holzai-m  befestigt,  der  die  Kerze  ti-ägt,  welche  bisweilen  den  ganzen  Eauni  erleuchten  muss. 

Das  bretonische  Mobiliar  geht  nicht  über  1600  hinaus;  der  älteste  hahut  trägt  die  Jahres- 
zahl 1630. 

Das  Bett,  gioile,  wird  von  der  Frau  in  die  Ehe  gebracht.  Im  Departement  Finistere  ist 
es  stets  ladenartig  durch  verschiebbare  Thüren  geschlossen.  Vor  dieser  Bettlade  steht  ein  Kasten, 
dessen  man  sich  zum  Einsteigen  bedient. 

Die  Laden,  arcWiou  füi-  die  Kleider,  grinoliou  (in  das  Korn,  sind  reich  geschnitzt  und  oft 
von  einem  Gestell  für-  GeschÜT  überragt.  Der  Schrank,  annel,  ursprünglich  für  die  Waffen  bestimmt, 
enthält  Kleider,  Leinen,  Silber  und  Familienerinnenmgen. 

Der  Esstisch,  taol,  enthält  einen  Kasten  für  das  Mehl  und  meist  auch  eine  Schublade  für 
Gabel  und  Löffel.  Auf  unsrer  Abbildung  hängt  ein  Ijöffelgestell  aus  Holz  wie  ein  Kronleuchter 
von  der  Decke  herab.  Als  Sitze  dienen  meist  Bänke  imd  dreibeinige  Stühle.  Der  Sessel,  Icaclor, 
ist  in  der  Bretagne  nicht  älter,  als  die  Zeit  Ludwigs  XVI.  Das  Thongeschirr  ist  einheimisches 
Fabrikat.    Gläser  sind  selten  imd  werden  dem  Fremden,  um  ihn  besonders  zu  ehren,  vorgesetzt. 

An  den  Deckbalken  smd  Haken  befestigt,  von  denen  verschiedene  Nahrimgsmittel  herabhängen. 

Die  dargestellte  Scene  zeigt  die  Vorbereitungen  zu  einer  Hochzeit.  Eine  Frau  von  Pont- 
l'Abbä  mit  gestickter  Stimbinde  und  Haube  bearbeitet  mit  einem  Stabe  den  Krapfenteig  in  einem 


kupfernen  Kessel,  wähi-end  ein  alter  glaseü  (ein  Blauer)'  aus  der  Gegend  von  Quimper  seine  Zu- 
bereitung auf  dem  Kaminsitz  überwacht.  Die  Eingeladenen  sind  duich  einen  Moorbewohner  von 
Batz  mit  seiner  Frau  repräsentirt ,  die  soeben  eintreten.  Der  junge  Ehemann,  ein  Bauer  von  Plo- 
gonnec,  conversirt  mit  dem  Doi-finusikanten,  Tcerniad,  der  wie  ein  ardaaded  (ein  Brauner)  von  Pleyben 
gekleidet  ist.  Eine  Bäuerin  von  Plougastel-Daoulas  legt  die  letzte  Hand  an  den  Putz  der  Neu- 
vermählten, einer  Bewohnerin  von  Kerfeuteun. 

Nach  einem  Interieiu-  im  ethnographischen  Museum  in  Paris  mit  lebensgrossen  Figuren. 

Vgl.  Emile  Souvestre,  Les  demiers  Bretons,  1858. 


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BR£T. 


Nr.  26.  —  Häuptling. 
Nr.  28,  29  und  34.  —  Details  seiner  Ausrüstung. 
Vergoldeter  Bronzehelm  mit  Kanun  imd  Haarbusch  (vgl.  Nr.  28).  Mantel  aus  rother  Wolle, 
mit  reich  verzierten  Bronzefibeln  befestigt  (vgl.  Nr.  29).  Lederkoller.  Breiter  Bronzegüi-tel  mit  Ge- 
hängen. Ein  Bandelier  ti'ägt  die  Holzscheide  des  Schwertes  mit  emaillirtem  Elfenbeingriff.  Quer 
über  der  Brust  hängt  der  Dolch  in  Bronzescheide.  Die  rechte  Hand  hält  eine  kleine  Bronzestreit- 
axt.   Ledergamaschen  gehen  bis  auf  die  Schuhe  herab. 

VERSCHIEDENE  BRONZEWAFFEN. 

Nr.  23  und  24.  —  Gallische  Brustpanzer,  bei  Grenoble  gefunden. 

Nr.  12.  —  Gelt,  gefunden  am  Pont  Saint-Michel  in  Paris. 

Nr.  17  und  19.  —  Bronzeäxte  im  Königreich  Neapel  gefunden  und  für-  celtisch  gehalten. 

Nr.  13.  —  Gallischer  Bronzedolch  in  der  Seine  in  Paris  gefunden. 

Nr.  20.  —  Gallo-griechischer  Schwertgi-iff  aus  Bronze. 

Eisenwaffen  des  merovingischen  Kriegers. 

Der  fränkische  AVurfspiess  Nr.  16  hatte  eine  Aehnlichkeit  mit  dem  pilum  der  Römer.  Die 
fränlcische  Axt  Nr.  15  diente  nicht  nur  zum  Niederschlagen  des  Gegners,  sondern  wurde  auch  auf 
gewisse  Entfernungen  geschleudert.  Als  Waffe  im  Nahkampf  diente  das  Schwert  Nr.  14  oder  die 
Nationalwaffe,  der  Scamasax,  ein  einschneidiger,  bisweilen  vergifteter  Dolch.  Der  Rundschild,  Nr.  21, 
bestand  aus  lederüberzogenem  Holz  mit  rundem  Mittelstück  aus  Eisen.  Die  fränkische  Lanze  Nr.  18 
hatte  ungefähr  Mannshöhe  mit  einer  Eisenspitze  von  wechselnder  Form. 

Der  Gebrauch  der  Bronzewaffen  hörte  in  Gallien  nach  der  Eroberung  durch  die  Römer  auf, 
und  der  salische  Franke  verwendete  für  seine  Ausrüstung  nur  das  Eisen. 

Abbildungen  nach  Photographieen  der  Sammlung   des  Artilleriemuseums   in  Paris.     Die   einzelnen 
Stücke  gehören  ebenfalls  der  Waffensammlung  dieses  Museums  an. 

Vgl.  De  Quatrefages,  L'Espece  humaine,  Paris,  1883.  —  De  Gobineau,  Essai  sur  l'inegalite 
des  races  Immaines,  Paris,  1884.  —  Pengtiill  y  l'aridon,  Catalogue  des  coUections  composant  le 
musee  d'artillerie  de  Paris. 


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